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30.2 Nevins Panik

Obwohl die Tiere sich mit gemächlichen Schritten voranbewegten, war es unbequem auf den Breiten Rücken zu sitzen. Nevin hatte schon etliche Sitzpositionen versucht. Gerade kniete er, was im Augenblick noch nicht allzu unbequem war, da das Fell ihrer Büffelkuh sehr dicht und weich war. Doch lange würden seine Knie es nicht aushalten. Auch Dilek, der neben ihm saß, schien keine gute Sitzposition zu finden. Währenddessen stand Elyon direkt vor ihnen, zwischen den Ohren ihres kolossalen Büffels, der die anderen in der Herde um einen Kopf überragte.

Nevin hätte sich eine schnellere Geschwindigkeit bevorzugt, doch Elyon wollte die Kraft der Tiere schonen. Wenigstens bewegten sich die Riesen bewegten selbst im Schritttempo schneller voran, als ein trabendes Pferd.

Nevin hätte gerne mit ihr zusammen auf dem Leittier geritten, um sich mit ihr zu besprechen, wie genau sie nun vorgehen wollte. Aber Elyon hatte darauf bestanden, alleine auf dem Bullen zu reiten und er hatte es nicht gewagt, ihr zu widersprechen.

Sie stand breitbeinig und scheinbar unbeweglich wie ein Fels auf der Stirn des Bullen. Ihre Beine wussten, wie sie die schaukelnden Bewegungen des Riesenbüffels ausgleichen mussten. Doch nicht alles an Elyon wirkte sicher und entschlossen. Ihre Schultern waren leicht nach oben gezogen und ihre Fäuste geballt.

Nevin wünschte, er hätte die richtigen Worte gehabt, um sie zu ermutigen, ihr etwas von der Anspannung zu nehmen. Doch er hatte keine. Und er selbst spürte eine schmerzhafte Anspannung im Nacken und in den Schultern, die ihm verriet, dass er nicht ganz so souverän das ganze Vorhaben anging, wie er es sich wünschte. Der Schreck, den der Fluch Nevin eben eingejagt hatte, spürte er immer noch in den Knochen.

»Ich kann es nicht glauben, dass sie tatsächlich die ganze Herde mitgebracht hat«, wisperte Dilek, der neben ihm, die Augen vor Ehrfurcht weit aufgerissen. »Ich kann es kaum erwarten, die Gesichter der Wächter zu sehen! Die werden sich in ihre eingebildeten Wächterhosen machen.«

Nevin gluckste. Darauf freute er sich auch. Doch sie erreichten gerade einmal die Hälfte des Wegs und mussten nun eine Rast machen.

Alle kletterten von ihren Tieren, versammelten sich etwas abseits von der Herde und begannen ihren Proviant auszupacken, oder sich Büsche zu suchen, um sich zu erleichtern.

Dilek richtete seine Augen auf den Horizont in Richtung Kaiserreich und riss sich nicht mehr von ihm los. Seine Iriden waren größer und leuchtender. Er benutzte seine Drachenaugen.

Nevin wagte es nicht, selbst auf die Kraft des Fluchs zurückzugreifen.

»Was ist los?«, fragte Nevin und suchte die Umrisse der Kaiserstadt und der Wälder ab. Auch die anderen zwei Männer, die verflucht waren, starrten mit ihren Drachenaugen wie gebannt in die Ferne.

»Der Urdrache. Ich kann ihn sehen. Er ist noch weit weg, aber ich kann ihn sehen«, flüsterte Dilek.

Elyon, die direkt neben ihm stand, schnappte nach Luft.

»Beeilung«, sagte sie. Statt etwas zu essen oder sich zu erleichtern, kletterte sie sofort auf ihren Bullen zurück, nahm ein Schluck von ihrem Wasserschlauch, dann setzte sie sich auf seinem Kopf. Die liefen umher, rannten in die Büsche, packten ihre Taschen. Auch Nevin stopfte sich ein Stück Dörrfleisch in den Mund und kletterte kauend zurück auf das Riesenbüffelweibchen und sobald alle anderen fertig waren, trieb Elyon die Tiere an. Er wusste nicht wie, sie schien irgendwie mit dem Leittier zu kommunizieren, legte ihre Hand auf seine Stirn, doch Nevin konnte sich nicht erklären, wie genau sie es schaffte, dieses gigantische Tier zu steuern, ohne es vorher abzurichten.

Am späten Nachmittag erreichten sie die Hochebene. Die Riesenbüffel richteten ihre Ohren nach vorne, schnupperten in der Luft, als läge in den Schluchten, die sich vor ihnen erhoben etwas, das ihre Neugier anregte.

Elyon nahm einmal tief Luft, dann schnalzte sie und der Bulle bewegte sich auf die breiteste Schlucht zu. Durch die Landkarten, die Nevin als Junge studiert hatte und die Zeit, die er in Höhental verbracht hatte, wusste er, dass es in dieser Schlucht drei Wachposten gab. Der letzte, am nächsten an die Wächterstadt gebaut, glich fast einer Festung, als den brückenähnlichen, aus Holz gemachten Bauten, die sonst oben in den Schluchten standen. Verteilt auf die drei Wachposten, waren mindestens fünfzig Wächter und ihre Vögel stationiert. Sie hatten ungefähr die gleiche Anzahl an Tieren dabei, Elyon hatte gut daran getan, die ganze Herde mitzunehmen.

Der erste Posten tauchte auf, verschlossen durch ein dickes Holztor. Die Rufe der Wächter echoten bereits durch die Schlucht, von denen sich immer mehr auf dem Wehrgang versammelten und ihre Bögen anspannten.

Die Feuervögel kreischten, zunächst feindselig, so wie es sich für die territorialen Tiere gehörte, doch dann schienen die goldenen, vierbeinigen Vögel zu begreifen, was sich da annäherte und fingen an wie wild mit den Flügeln zu schlagen. Ihr Kreischen wurde hoch und panisch und sie versuchten sich mit den Schnäbeln von den Stricken los zu beißen, die sie mithilfe von Ringen an der Außenseite der Wehr festhielten.

Einige Wächter ignorierten die Riesenbüffel und versuchten ihre Reittiere zu beschwichtigen. Ohne Erfolg. Die ersten Feuervögel rissen sich von den Stricken los und flogen davon.

»Zieht euch zurück! Fremde sind nicht in Höhental erlaubt!«, riefen die Krieger Höhentals immer wieder, ihre Stimmen wurden immer lauter.

Die Büffel brummten leise und Nevins Herz begann zu klopfen. Hoffentlich wiegelten die Wächter nicht die Kolosse auf. Hoffentlich begannen sie nicht zu Röhren. Er griff an die Brusttasche seines Umhangs, in der zwei weiche, doch feste Wachsstücke lagen, die Elyon für sie vorbereitet hatte und klebte sie unter der Öffnung seines Gehörgangs an der Haut fest.

Sie standen nun keine zehn Schritte vor dem verschlossenen Tor. Kael, der neben ihnen ritt, stellte sich auf den Bullen auf, und hielt sich dabei an Isko fest, der sitzen blieb.

»Senan, das ist doch keine schickliche Art, deinen Vater zu begrüßen!«, rief er den Wächtern entgegen und grinste. Die Wächter hielten inne, man hörte nur noch das Geschrei der Feuervögel.

Einer der mittelalten Wächter, mit einem kurzen, hellbraunen Bart, ließ seinen Bogen langsam sinken, klappte dabei gleichzeitig seinen Mund auf. Eine lange Narbe zeichnete sich senkrecht über seine Wange. Nevin wusste, wer dieser legendäre Mann war.

»Vater?!«, rief Senan. Der oberste Wächter von Höhental stand genau in der Mitte der Brücke. Er wurde Senan, der Blitz genannt, weil er der schnellste Drachentöter im ganzen Land war. Und er war Kaels ältester Sohn.

»Was zur goldenen Feder ...?« Senan schauderte und blinkte mehrmals, als könnte er immer noch nicht seinen Augen trauen.

»Egal was dir die anderen Großwächter und Gelehrten erzählt haben, dein alter Vater ist noch quicklebendig. Also bitte deine Männer und Frauen darum, ihre Waffen zurückzuziehen und das Tor zu öffnen, sonst müssen wir nämlich die Riesenbüffel hindurchbrechen lassen und wir wissen beide, wie teuer eine neue Wachbrücke ist!«

Weitere Feuervögel flogen davon, doch keiner der Wächter schien ihnen noch viel Aufmerksamkeit zu geben, denn alle starrten hinunter zu Kael, der genau wie sein Sohn, ein bekannter Mann war, wenn auch für seine Intelligenz und seinen Posten als Gelehrter.

Dann löste sich Senan von der Brüstung und sauste auf den linken Turm zu. Kurz danach schlüpfte er unten aus einer winzigen Tür heraus, die im dicken Tor eingebaut worden war und nur von der anderen Seite geöffnet werden konnte.

Isko half dem alten Gelehrten dabei, den Bullen hinabzuklettern, dann rannte er mit offenen Armen auf seinen Sohn zu, der Kael fest umarmte. Senan verbarg sein Gesicht auf der Schulter seines Vaters und Nevin meinte, ein leises Schluchzen zu hören. Die Großwächter hatten also sogar ihren obersten und besten Wächter angelogen.

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Elyon war ebenfalls hinuntergeklettert, ihr Bulle beobachtete jeden ihrer Schritte, als gäbe es kein anderes Wesen in dieser Schlucht.

Sie trat auf Vater und Sohn zu. Als Kael sie bemerkte, löste er sich von der Umarmung und wischte sich schnell die Tränen von den Wangen und seinem dichten, hellgrauen Bart.

»Senan, wir haben leider keine Zeit. Höhental ist in Gefahr und wir brauchen eure Hilfe«, sagte Kael hastig.

Senan hob eine Augenbraue, dann sah er Elyon an, die sich vor ihm aufstellte, als stünden sie auf gleicher Augenhöhe, obwohl sie um drei Köpfe kleiner war als er Wächter.

»Ich bin Elyon die Siebte. Prinzessin der Sturminseln und Eigentümerin der ganzen Hochebene von Höhental«, verkündete sie langsam und mit fester Stimme, laut genug, dass auch die Wächter oben auf der Brücke es mitbekamen.

Die Wächter auf dem Tor wisperten nervös miteinander. Nur Senan schwieg, sein Blick fuhr Elyon auf und ab, dann starrte er hilfesuchend seinen Vater an.

»Was? Woher ... wie?«

Elyon nickte Isko zu, der sofort ein rundes, ledernes Etui aus seiner Tasche nahm und es ihr übergab.

»Hier sind Dokumente, die mich als Eigentümerin bestätigen. Ich habe das Recht, Zugang zu Höhental zu bekommen. Und ich will in die Wächterstadt, um mit den Großwächtern zu sprechen«, erklärte Elyon, öffnete das Etui, zog vorsichtig ein altes Pergament heraus und rollte es langsam vor ihm auf.

Wieder starrte Senan seinen Vater an, ohne das Dokument zu lesen.

»Es ist wahr«, sagte Kael nickend. »Ich habe die Dokumente selbst studiert und kann dies bestätigen, mein Junge. Um es kurzzufassen, ein riesiges Ungeheuer, größer und gewaltiger als der größte Drache und diese Riesenbüffelherde marschiert geradewegs auf Höhental zu. Er stößt ein schwarzes Sekret von sich, das alles Lebendige zerfrisst, das auf dem Weg liegt. Prinzessin Elyon will diese Bestie erlegen, doch dafür braucht sie die Hilfe der Wächter aus Höhental.«

Senan schüttelte den Kopf. »Einen Augenblick. Ungeheuer? Was für ein Ungeheuer? Und warum sollte Höhental das etwas angehen? Der Kaiser soll sich doch darum kümmern.«

Kael seufzte schwer. »Senan, das Ungeheuer ist der Urdrache, der Ursprung des Fluchs, der Drachen in Menschen verwandelt. Ein Überbleibsel des letzten Königs von Höhental.«

Nun da sich die fünf übrigens Vögel beruhigt hatten, hörte man nichts, außer dem Pfeifen des Windes, der durch die Schlucht wehte.

»Ich muss durch das Tor. Schnell. Wenn ihr uns das Tor nicht aufmacht, tun es die Riesenbüffel für mich«, erklärte Elyon. Ihre Nasenflügel bebten, ihr Blick so intensiv, als wollte sie allein mit ihren fast schwarzen Augen Senan davon überzeugen, wie dringend ihre Mission war.

»Junge, es ist besser, wenn du den Befehl gibst. Gegen die Büffel habt ihr keine Chance.« Kael legte eine Hand auf Senans Schulter und schüttelte sie leicht.

Der Wächter erstarrte und sein Blick zuckte hin und her, ohne etwas zu sagen. Kael sah ihm tief in die Augen.

»Wir brauchen deine Hilfe. Dein alter Vater braucht deine Hilfe. Unser Leben steht auf dem Spiel.«

Senan verankerte seinen Blick in den braunen Augen seines Vaters und schien darin nach etwas zu suchen. Dann löste der Wächter sich aus seiner Starre und sah hoch zu seiner Mannschaft.

»Öffnet das Tor! Schnell!«

Stille. Keiner bewegte sich. Elyon ging zu ihrem Bullen und legte eine Hand auf sein Bein. Er brummte laut.

Die Männer und Frauen zuckten zusammen, dann stolperten sie fast übereinander, während alle auf einmal die Befehle in die Türme hinein riefen. Elyon und die anderen kletterten auf ihre Reittiere. Senan blieb kurz vor dem Riesenbüffel seines Vaters stehen, schüttelte den Kopf und kletterte seinem Vater hinterher. Ein lautes Knarren brachte den Staub in der Schlucht zum Beben und Nevin fragte sich, wie lange dieses alte Tor schon nicht mehr geöffnet worden war. Der Bulle schritt voran, passte nur allein durch die breite Öffnung, doch die anderen Tiere konnten sich zu zweit hindurchdrängen.

Elyon sah zurück auf das Tier, auf dem Isko, Kael und Senan saßen, schnalzte, dann trabte das Weibchen an die Seite von ihrem Bullen vor.

Nevin klappte seinen Mund auf.

»Wie um alles in der Welt ...?«, stieß Dilek aus.

»Ich weiß es nicht. Muss etwas mit dieser Gabe zu tun haben«, murmelte Nevin.

Sie trabten durch die breite Schlucht und ließen das Kreischen der Feuervögel hinter sich, nur um wenig später erneut davon begrüßt zu werden, als sie das zweite Tor erreichten. Auch hier, sammelten sich die Wächter auf der Brücke, Bögen angespannt und riefen sie dazu auf, kehrt zu machen. Trotz ihrer lauten Befehle, starrten doch die meisten der Höhentaler mit blassen Gesichtern auf die riesigen Tiere.

Senan legte seine Hände trichterförmig um den Mund. »Macht das Tor auf! Es ist ein Notfall!«, rief er.

Die Wächter zögerten kurz, ihre weit geöffneten Augen lösten sich nicht von der riesigen Herde. Doch als der Bulle mit der Vorderhufe scharrte und das Vogelgeschrei lauter wurde, wurden auch hier hastig Befehle weitergeben und das zweite Tor ging auf. Dank Senan, hatten sie keine Zeit verschwenden müssen. Es fehlte nur noch das dritte und größte Tor.

Dieses Mal, tauchte eine breite, steinernen Festung vor ihnen auf. Das Tor war aus Eisen. Ob die Büffel kräftig genug waren, um es in der Not aufzureißen, wusste Nevin nicht. Doch er konnte es ihnen durchaus zutrauen.

Hinter dem Wehrgang zeterten und flatterten die vierbeinigen Vögel umher, während über dreißig Wächter ihre Pfeile auf sie richteten.

»Zieht eure Waffen zurück!«, rief Senan. Doch die Wächter gehorchten ihm nicht. Die Lippen der Frauen und Männer zitterten, während sie unentschlossen die Pfeile mal auf Elyon, mal auf Nevin und dann wieder auf die Tiere richteten.

Elyon bückte sich leicht, als würde sie mit ihrem Kopf den Bullen berühren wollen und hob die Hand. Sofort steckte Nevin die Wachsstücke in die Ohren, gerade noch rechtzeitig, als der Bulle röhrte, laut genug um die Festung vor ihnen zum Zittern zu bringen, doch nicht so laut, dass es sie umbringen konnte.

Der Ruf schüttelte Nevin bis in die Knochen und er hielt sich die Ohren zu, trotz des Waches in den Ohren. Als der Bulle schwieg, legte sich das Schütteln in seinem Körper und er zog die Wachsstücke heraus.

»Zieht die Tiere zurück! Sofort!«, rief ein kräftig gebauter Wächter.

Senan nahm wieder das Wort. »Macht das Tor auf! Sofort! Eine riesige Bestie ist auf dem Weg nach Höhental und wir müssen mit den Großwächtern sprechen! Wir können keine Zeit mehr vergeuden!«

Einige Wächter entspannten ihre Bögen, doch behielten die Pfeile weiter auf Elyon gerichtet.

»Dann holen wir die Großwächter hier her! Wir lassen keine Fremde einreisen!«, rief der kräftige Wächter.

»Sie ist die Besitzerin von Höhental!«, rief Kael. »Und wir können es beweisen! Und macht nun endlich das Tor auf, oder ich werde dir die Ohren langziehen, Tiran!«

Als der alte Mann sprach, wich Tiran erschrocken zurück. Eine Frau stieß ihn zur Seite und kniff die Augen leicht zusammen. Sie trug rote Schulterklappen und stand somit höher als Tiran, der braune trug.

»Bist du blind, Tiran? Vor dir steht der oberste Wächter, siehst du die goldenen Klappen nicht? Macht das verdammte Tor auf!« Der Befehle der Wächterin brachte die anderen in Bewegung.

Schneller als Nevin erwartet hätte, wurde das ächzende Tor nach innen aufgezogen, wo Tiran und die Wächterin bereits standen und ihnen den Weg versperrten.

»Cassia, wir müssen durch, schnell!«, rief Senan. Doch weder Cassia noch Tiran bewegten sich.

»Nehmt uns mit und erklärt alles genauer auf dem Weg«, gab Cassia zurück und verschränkte die Arme. Ein strenger Blick zeichnete sich unter den braunen Stirnhaaren ab, die ihr bis zu den Augenbrauen reichten.

Elyon drehte sich um und starrte die Riesenbüffel an, die noch keinen Reiter hatten. Es dauerte nicht lange und eins davon trabte nach vorne. Nevin verfolgte mit offenem Mund das Tier, das an ihnen vorbeilief, ohne irgendeinen hörbaren Befehl bekommen zu haben.

»Klettern, neben Senan reiten.« Elyon zeigte auf das freie Tier.

Tiran und Cassia kletterten blitzschnell auf dem Kopf des Tieres. Dann schnalzte Elyon und die Herde trabte los.

»Warte mal, dich kenne ich doch!«, rief Tiran und zeigte auf Nevin.

Dieser schenkte ihm ein breites Lächeln und dachte an den Abend zurück, den er zusammen mit anderen Pferdeknechte und ein paar hochrangigen Wächter in einer Kneipe verbracht hatte.

»Grinsebacke!«, rief Tiran.

»Du solltest deinen Ton schnell ändern, mein Lieber.« Kael schmunzelte. »Vor dir steht der Kronprinz des Kaiserreichs, Ilias Nevin von Rovis.«

Tiran hielt die Luft an, während Cassia einen überraschten Laut von sich gab.

»Bitte, nennt mich einfach nur Nevin.« Er lächelte wieder und verbeugte sich. »Danke, dass ihr mit uns kooperiert.« Dann wandte er sich von den entsetzten Gesichtern ab nach vorne und beobachtete Elyon, die mit angewinkelten Beinen auf dem Bullen saß.

»Das war einfacher als gedacht«, flüsterte Dilek und atmete erleichtert aus. »Die Prinzessin ist wirklich beeindruckend.«

»Warten wir es ab. Die Großwächter werden es uns nicht so leicht machen«, sagte Nevin.

»Jetzt klingst du so wie ich, Nevin.« Dilek machte eine ausladende Handbewegung in Richtung der Riesenbüffel. »Mit so einer Herde? Glaubst du wirklich, dass sie es wagen werden, sich aufzumucken? Elyon hat die Tiere unter Kontrolle, als wäre sie das Leittier. Sie haben keine andere Wahl, als uns anzuhören.«

»Ja, aber das garantiert uns immer noch nicht ihre Hilfe. Und sie zwingen, werden weder ich noch Elyon tun.«

Nevin seufzte und beobachtete den Pfad, der vorne an der linken Seite der Schluchtwand begann und sich im Zickzack entlang der Wand schlängelte und sie hinauf zur Hochebene bringen würde. Wo sie vor den massiven Toren Höhentals stehen würden. Wenn die Großwächter sich weigerten Elyon anzuhören, oder ihr zu helfen, würden sie ihre Hoffnungen auf Demian setzen, was einen üblen Geschmack in Nevins Mund zurückließ.