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14.1 Elyons Furcht

Ein schmerzhaftes Pochen riss Elyon aus ihrem tiefen Schlaf. Ohne die Augen zu öffnen, stöhnte sie und wollte sich zur Seite drehen, doch etwas hielt sie davon ab. Elyon versuchte es nochmal. Es ging nicht. Mit zitternden Lidern, öffnete sie ihre Augen. Alles sah unscharf aus. Nachdem sie ein paar geblinzelt hatte, wurde es langsam besser. Etwas Dunkles lag über ihr. Etwas Dunkelblaues. Vorhänge. Elyon lag auf etwas Weichem. Wo war sie? Es konnte nicht die Burg sein. Dafür sah der Vorhang über ihr zu edel aus. Sie sah auf sich herab. Ihre Füße waren an das Bettgestell gefesselt. Ihre Arme lagen nach hinten gestreckt und als sie versuchte, sie zurückzuziehen, wurden sie von einem schmerzhaften Zug um ihre Handgelenke aufgehalten. Ihr Herz fing an zu donnern. Sie war gefangen.

Elyon schnappte nach Luft und zog an den Seilen, bis sich die Stricke ihre Haut so stark aufgerieben hatten, dass sie brannte. Doch es hatte keinen Zweck. Keuchend ließ Elyon ihre Glieder wieder auf die Matratze fallen.

»Guten Abend, Eure Hoheit.«

Elyon zuckte vor Schreck zusammen. Demian saß neben ihr. Ein freundliches Lächeln auf den Lippen. Ein gieriger Blick in seinen Augen.

»Ganz ruhig, Eure Hoheit. Ich will Euch nichts tun, ich möchte nur mit Euch reden. Und ich habe sonst keine Möglichkeit gesehen, um mir Gehör zu verschaffen.«

»Freilassen!«, knurrte Elyon und versuchte einen Arm so weit runterzuziehen, dass sie mit dem Mund an ihr Handgelenk kam, doch das Seil war zu kurz. Elyon verschwendete nur Kraft. Sie musste sich etwas anderes überlegen. Schwer atmend sah sie sich um. Wie konnte sie sich befreien? Sie musste sich befreien.

»Ich bin erleichtert, Euch endlich in Sicherheit zu wissen. Das Kaiserreich ist nicht gerade der beste Ort für Euch, Prinzessin. Der Kaiser lässt überall nach Euch suchen.«

»Was wollt Ihr von mir?«, blaffte sie und traf kurz seinen kalten Blick. Elyon hatte keine Zeit für seine hohle Freundlichkeit. Egal wie liebenswürdig er sie auch anlächelte, er hatte sie gefesselt. Er hatte irgendetwas Gefährliches mit ihr vor, da war sich Elyon sicher.

Demian lächelte nur und lehnte sich zurück auf die samtene Lehne seines Sessels.

»Ich nehme wohl an, dass Ihr nicht dazu geneigt seid, mich zu heiraten?«

»Nein!« Elyon zog wieder an den Stricken. Biss die Zähne zusammen, um das Brennen an der Haut zu ignorieren.

»Sehr schade, ich hätte nichts dagegen gehabt. Ihr würdet eine äußerst faszinierende Ehefrau geben. Doch ich hoffe, Ihr werdet mir auch ohne einen Ehering zur Seite stehen.«

Elyon hätte ihn am liebsten an die Kehle gepackt. Stattdessen knurrte sie nur, was ein Lachen aus Demian herauslockte.

»Es ist erstaunlich, wie sehr Ihr wie ein Wolf klingt, Eure Hoheit. Doch ich sollte schnell auf den Punkt kommen. Ich brauche Eure Hilfe, Prinzessin. Nicht nur ich, sondern alle die den Fluch von Elyon dem Ersten in sich tragen.«

Der Name ihres Urahnen ließ Elyon innehalten und ihr Knurren verstummte. Ihr Herzschlag klopfte in ihrer Kehle. Das letzte Mal hatte sie diesen Namen in der Bibliothek gelesen. Was genau hatte ihr Urahne mit den Drachen zu tun?

»Ah, nun habe ich endlich Eure ganze Aufmerksamkeit. Gut. Euch ist doch sicher die Geschichte Eures Vorfahren bekannt? Dass er der König Höhentals war und eine Frau aus dem verbotenen Osten heiratete, die übernatürliche Kräfte mit sich brachte?«

Elyon fiel mit dem Kopf zurück auf das Kissen, während sie versuchte, Demians Worte in die Geschichte ihrer Vorfahren einzuordnen. Hatte sie schon mal davon gehört? So sehr sie auch in ihren Erinnerungen wühlte, diese Geschichte kannte Elyon nicht.

»Ihr seht nicht so aus, als wüsstet Ihr, wovon ich spreche. Dann ist Euch wahrscheinlich auch unbekannt, dass der damalige Kaiser Rovis diese Frau aus dem Osten ermordete? Aus Angst vor ihren Kräften? Als König Elyon der Erste erfuhr, dass nicht nur seine geliebte Frau, sondern auch seine Kinder getötet worden waren, verwandelte er sich in den ersten Drachen, wahrscheinlich mit dem Wissen über die östlichen Kräfte, die seine Frau mitgebracht hatte. Als er die Mörder seiner Frau getötet hatte, wurde er von den Bewohnern Höhentals verbannt und ist zu den Sturminseln geflüchtet. Er ist schuld daran, dass jeden Tag hunderte von Menschen von Drachen befallen oder gebissen werden. Euch ist das wohl alles unbekannt?«

Vor lauter Verblüffung, nickte sie einfach mit dem Kopf. In ihren Geschichtsbüchern stand nichts darüber, niemand hatte ihr etwas von diesen Ereignissen erzählt. Sie hatte einfach angenommen, dass ihre Familie schon immer auf den Sturminseln gelebt hatte. Wobei sie sich immer schon gefragt hatte, warum ihre Urahnen einst den Nachnamen Goldfeder getragen hatten.

»Da Eure Familie der Ursprung des Fluchs war, solltet ihr eigentlich auch mit seiner Aufhebung in Verbindung stehen. Ich hatte gehofft, Ihr oder König Elyon würdet ein Gegenmittel für den Fluch kennen. Wisst Ihr etwas? Irgendetwas?«

Wieder schüttelte Elyon den Kopf. Fast blieben ihre Gedanken an dem Fluch und ihrem Urahnen hängen, als Elyon sich ihrer Lage wieder bewusst wurde. Sie schluckte schwer und eine wütende Hitze stieg in ihrem Kopf auf, während sie fieberhaft den Raum absuchte. Die Fenster zeigten nichts außer dem goldenen Abendhimmel. Sie nahm an, dass sie nicht im Erdgeschoss waren. Doch eine Flucht aus dem Fenster war nicht ausgeschlossen. Elyon musste sich nur von den Seilen lösen.

»Prinzessin, jeden Tag werden mehr Menschen gebissen und ohne es zu wollen, in Drachen verwandelt. Von der Gesellschaft ausgestoßen, gejagt, ausgenutzt und gequält. Ich will den Drachen Freiheit und Sicherheit geben. Wenn Ihr irgendetwas wisst, teilt es mir bitte mit.« Mit einem drängenden Blick, beugte er sich in seinem Sessel zu ihr vor.

Noch halb in ihren Beobachtungen versunken, schüttelte sie wieder den Kopf. Elyon wusste nichts. Sie würde sich befreien und wenn sie sich die Handgelenke brechen musste.

Demian seufzte und rieb sich die Stirn.

»Gut, meinen ersten Plan muss ich verwerfen. Doch es ist noch nicht alles verloren. Mit Eurer Hilfe, kann ich immer noch Erfolg haben.«

Elyon schluckte und atmete tief durch, um das Donnern in ihrer Brust zu beruhigen. Ein klarer Kopf war jetzt gefragt. Sie wollte nichts mit ihm zu tun haben und musste so schnell wie möglich fliehen. Sie war stark. Die Bettpfosten waren so dick wie ihre Unterschenkel. Sie war stark. Stärker, als die meisten vermuteten.

»Prinzessin, ich will, dass ihr ein Wesen für mich zähmt.«

Elyon blickte in seine eisigen Augen und spürte, wie Schweißtropfen über ihre Schläfen rannen.

»Nein«, sagte sie und kämpfte wieder mit den Seilen, da sie sonst keine andere Möglichkeit sah. Sie biss die Zähne zusammen und zog an den Seilen um ihre Handgelenke.

Demian seufzte wieder. Ein genervter Ausdruck kam über sein Gesicht. »Ich habe Euch nicht gefragt. Das Ungeheuer, von dem ich spreche, wird gezähmt. Ob Ihr wollt oder nicht. Es tut mir leid, dass ich Euch dazu zwingen muss, doch mir ist es lieber ein Opfer zu bringen, als das noch weitere Drachen ihr Leben lassen müssen.«

Sein Lächeln war verschwunden. Sein Gesicht war genau nun genau so finster wie der Ausdruck seiner Augen. Elyon ächzte laut und zog weiter. Sie war den Fängen ihres Vaters entkommen und sie würde nicht in die eines anderen geraten, nur um wieder ausgenutzt zu werden.

Elyon atmete tief durch und schloss die Augen. Ihr Wolfsrudel tauchte vor ihrem inneren Augen auf. Niemand hatte sie je jagen können. Keiner hatte sie einsperren können. Selbst den besten Jägern auf den Sturminseln waren sie entkommen. Elyon hatte in der Wildnis die Stärke von ihnen bekommen, die ihr erlaubt hatte, zu überleben. Elyon holte wieder tief Luft und mit dem Bild der riesigen Fähe, die sie großgezogen hatte, zog sie wieder an den Seilen um ihre Handgelenke. Da strömte eine pulsierende Hitze durch ihren ganzen Körper und sie spürte, wie ihre Armmuskeln sich stählten. Ihre Haut brannte, der Druck auf ihre Knochen war so groß, dass Elyon glaubte, ihre Handgelenke würden brechen. Doch etwas anderes brach. Es waren die Bettpfosten, die krachend ihrem Zug nachgaben. Das Seil entspannte sich. Ihre Hände waren frei.

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»Was um alles in der Welt ...?« Ein entsetzter Blick lag auf Demians Gesicht und er saß vollkommen vereist da. Elyon nutzte seine Überraschung aus, beugte sich vor und biss an den Seilen um ihre Fußgelenke. Demian löste sich gerade aus seiner Starre und baute sich über ihr auf, doch die Füße nun befreit, trat Elyon ihm in den Bauch und er fiel ächzend nach hinten. Sofort zog sie ihn knurrend an den langen, blonden Haaren und trat ihn mit voller Wucht in den Schritt, er brüllte auf vor Schmerzen, dann wurde die Tür aufgeschlagen.

»Haltet sie auf!«, presste Demian aus und stöhnte dann vor Schmerzen.

Elyon wich vor ihm zurück. Zwei riesige Männer traten ein, mit Armen breiter als ihre Oberschenkel. Beide zückten ihre Schwertern und näherten sich ihr langsam an.

Demian lag immer noch auf dem Boden, doch er versuchte sich gerade mit gelbglühenden Augen aufzurichten.

Elyon hatte nichts außer ihrem eigenen Körper als Waffe. Kämpfen war sinnlos. Doch sie hatte noch ihre Schnelligkeit. Die Tür war etwa zehn weite Schritte entfernt. Aber die zwei Grobiane standen ihr im Weg.

Mit einem riesigen Satz, rannte Elyon auf Demian zu und stieß ihn wieder um. Die zwei Männer rannten ihr hinterher und entfernten sich von der Tür. Blitzschnell drehte sie sich um, schlug einen Haken und rannte an den Männern vorbei, die über ihre eigenen Füße stolperten, auf die Tür zu. Nur noch drei Schritte. Elyon streckte die Hand nach der Türklinke aus. Da hörte sie ein Rauschen. Demian bückte sich und sprang in die Luft. Im hohen Bogen flog er direkt auf sie zu. Elyon sprintete weiter auf die Tür zu, doch es war zu spät. Ihre Fingerspitzen streiften gerade das goldene Metall, als Demian auf ihr landete. Der Stoß presste sämtliche Luft aus Elyons Lungen heraus und ihr wurde kurz schwarz vor Augen. Im nächsten Augenblick, packten sie zwei riesigen Hände.

Demians kalte Hand griff nach ihrem Kinn und zog es hoch, sodass sie ihm in die Augen schauen musste. »Warum sind Eure Augen aufgeleuchtet? Und Eure Zähne! Was verschweigt Ihr mir?« Er versuchte mit Gewalt ihren Mund aufzureißen, doch Elyon schaffte es in ihrer Benommenheit noch auf den Finger zu beißen, der sich zwischen ihren Zähnen drängte. Demian jaulte auf vor Schmerzen, dann zog er sich erschrocken zurück. »Eure Hoheit, ich wollte Euch nicht so behandeln. Aber Ihr lasst mir keine Wahl«, sagte Demian atemlos. »Wieso habt ihr Fangzähne? Seid ihr etwa auch ein Drache?« Sie konnte ihm nicht antworten, der Stoß raubte ihr immer noch die Luft zum Atmen und vor ihren Augen tanzten schwarze Punkte.

»Werft sie in den geheimen Kerker. Der, der nur zwei Zellen hat und direkt zum Meer führt«, blaffte Demian.

Immer noch leicht benommen hing sie im Schwitzkasten des Grobians herab, der sie aus dem Zimmer trug. Als sie versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, drückte er den Arm fester um ihren Hals. Sein Griff war zu stark für sie. Sie gab auf und ließ sich davon tragen. Ihr Kopf klärte sich endlich auf und sie beobachtete den Weg, den sie nahmen. Sie prägte sich vor allem die auffällige Dekoration ein, denn sie hatte ihre Flucht noch immer nicht aufgegeben.

Sie wurde in eine etwas größere Abstellkammer hineingetragen. Der dicke Staub auf den Regalen, auf denen nur wenige Gegenstände lagen, deutete an, dass sie schon länger nicht mehr benutzt wurde. Der zweite Grobian griff in eine dünne Lücke zwischen den Holzbrettern auf dem Boden, zog es hinauf und enthüllte einen Treppensatz der hinunter in einen geheimen Gang führte.

Es dauerte eine Weile, bis sie tief unten im Verlies ankamen. Nachdem einer der Männer sie nochmal auf Waffen abgesucht hatte, was Elyon nur knurrend über sich ergehen ließ, warf der Grobian, der sie die ganze Zeit festgehalten hatte, in eine Zelle, der andere warf ihre Stiefel vor die Füße. Kaum stand sie wieder aufrecht, wurde die Zelle bereits zugesperrt. Wortlos machten sie kehrt und stiegen die Treppen hinauf.

Elyon horchte, bis die Tür zuschlug. Erst dann musterte Elyon ihre Umgebung. Die zwei einzigen Zellen waren riesig. Es gab nur zwei. Warum sie leer waren, konnte sie sich nicht erklären. Doch es war besser für sie. Mehrere Pritschen lagen an der rechten Seite ihrer Zelle, bedeckt mit alten Tüchern. Weit über ihr, fand Elyon ein winziges Loch in der Wand, das etwas von der Abenddämmerung hineinließ, mit Stangen die in das hellbraune Gestein übergingen.

Elyon überlegte kurz, ob sie hochklettern sollte, doch das Loch war zu klein und die Stangen zu dick. Sie wusste nicht, wie viel Zeit ihr noch übrig blieb. Man hatte ihr alle Waffen und Werkzeuge abgenommen. In der Zelle lagen keine Gegenstände herum, außer der Pritsche und einem Nachttopf. Keine abgebrochene Steinstücke, oder etwas Ähnliches, um ihr hinaus zu helfen. Elyon tastete die Wände ab, den Boden. Nichts. Keine Falltür keine versteckten Gänge. Gegenüber ihrer Zelle stand eine einfache Holztür. Ein lautes Meeresrauschen drang durch die Türritze. Wasser brach auf Stein. Das Meer musste direkt unter der Tür liegen. Die Tür musste dazu dienen, um Fäkalien und anderen Müll ins Meer zu werfen. Oder Leichen. Mit einem Schauder wandte Elyon ihren Blick von der Tür ab.

Als nächstes wollte sie sich das Schloss anschauen, da hallte das Knacken des Kerkerschlosses durch den Raum. Mehrere Männer stiegen die Treppen hinunter. Einer von ihnen war Demian.

Ein lautes Knurren schlüpfte ungewollt aus ihrer Kehle heraus. Doch sie gab sich keine Mühe es zu verbergen.

Demian wurde nicht von den Grobianen begleitet, sondern von zwei Wachmännern, die einen leblosen Körper zwischen sich trugen. Übersät mit Blutflecken. Ihr Knurren verstummte. Es war Lenius. Er wurde in die Zelle neben ihr geworfen. Elyon suchte zwischen den Gitterstäben nach einem Lebenszeichen. Seine Brust hob und senkte sich noch. Elyon atmete erleichtert auf. Da trat Demian an sie heran und betrachtete sie mit gerunzelter Stirn.

»Vielleicht habe ich mich versehen. Aber ich hätte schwören können ...«, murmelte er leise. »Doch Ihr könnt kein Drache sein. Ich konnte den Fluch nicht an Euch riechen.«

Elyon zog sich zurück zu den Pritschen und drehte sich mit dem Rücken zu ihm.

»Ruht Euch für den morgigen Ausflug gut aus. Es wird Zeit, dass Ihr einen alten Verwandten kennenlernt.« Ein kalter Schauer breitete sich in ihrem Körper aus. Doch sie blieb eisern auf der Pritsche liegen, ohne zurückzublicken, bis Demian und seine Männer verschwunden waren. Sobald sie das Schloss der Kerkertür zuschnappte, stand sie auf und lehnte sich gegen die Stäbe, die sie von Lenius trennten.

»Lenius?«

Er regte sich nicht. Sein ganzer Körper war mit Blut und schwarzen Schlack besudelt. Seufzend lehnte sie ihre Stirn an die kühlen Stäbe. Da hörte sie ein leises, helles Ächzen. Es kam von der alten Holztür. Das Schlagen von Metall auf Holz war zu hören, dann riss sie auf und schlug laut gegen die Außenwand des Schlosses, gleichzeitig wehte eine starke, salzige Brise hinein und Meerwasser spritze durch die offene Tür auf den Boden herein. Eine kleine Hand, mit langen Krallen an den Fingern hielt sich am Türrahmen fest, dann schwang sich Gilwa in seiner menschlichen Gestalt durch die offene Tür herein.

»Gilwa!«, wisperte sie. Der kleine Junge zuckte überrascht auf, sah sich kurz im Verlies um, dann trat er näher an Elyons Zelle heran.

»Elyon? Warum bist du hier eingesperrt? Du solltest doch oben im Zimmer sein?« Er sah sie mit bebender Lippe an. »Ich mag es hier nicht. Ich will hier weg. Ich wollte gerade für kleine Jungs und dann kam auf einmal ein Diener, der mich am Kragen gepackt hat und mich irgendwohin zerren wollte. Ich hab meine Drachenkräfte benutzt und bin ihm entkommen, dann bin ich aus dem Fenster geklettert, mit Hilfe von meinen Krallen, die ganze Schlosswand hinunter, bis ich diese alte Tür gefunden habe und zum Glück war sie offen, aber ich muss mich jetzt verstecken, weil sonst schnappen sie mich!«

Da bemerkte Gilwa die leblose Gestalt in der Nebenzelle.

»Lenius!«, wimmerte er und zwängte seinen Kopf durch die Gitterstäbe. »Was haben sie mit ihm gemacht?«

»Gilwa, genau zuhören. Brauche Hilfe. Such nach Alina. Sag, dass Demian mich und Lenius gefangen hat. Muss uns heute noch befreien. Morgen bin ich nicht mehr hier. Bitte.«

Gilwa sagte nichts. Seine Augen waren starr auf Lenius fixiert. Tränen quollen aus ihnen heraus.

»Warum ist Demian so gemein? Warum haben sie Lenius verletzt?« Gilwa schniefte laut. »Er wird sich jetzt lange nicht mehr verwandeln können, weil er so verletzt ist! Vielleicht erst morgen!«

»Gilwa, schnell. Lenius braucht Hilfe. Such nach Alina.«

Endlich stand er auf. Gilwa wischte sich die Tränen von den Wangen und nickte ihr entschlossen zu. Dann rannte er wieder zur Tür und fuhr die Krallen aus seinen Fingern und Zehen raus. Dann krallte er sich an der Tür, die noch außen auf der Burgmauer aufgeschlagen lag. Nach einigem Geklapper des Holzes gegen die Wand, schlug die Tür mit einem Schwung wieder zu.

Elyon lehnte sich zurück auf die Gitterstäbe. Hoffentlich glaubte Alina ihm. Sie war Elyons letzte Chance, um von hier wegzukommen.