»Lenius? Wo fliegst du hin?«, rief Alina, als er das Festland hinter sich ließ und über dem aufgewühlten Meer dahinschoss. Mit klopfendem Herzen starrte sie das wilde Wasser an. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Tosende, schäumende Wellen bäumten sich auf. Das laute Rauschen wurde nur von dem pfeifendem Wind übertroffen, der so stark an Alinas Haaren zerrte, als wollte er sie ausreißen.
»Zu der Insel! Wir müssen Elyon retten!«, rief Lenius.
»Was ist mit Gilwa? Wolltest du nicht fliehen?«
Er antwortete nicht, sondern flog weiter über das tosende Wasser, weg von dem Festland. Alina war erleichtert, ihn an ihrer Seite zu haben. Doch sie machte sich gleichzeitig Sorgen, wie ein Treffen zwischen ihm und Demian ausarten würde. Falls ihr Cousin Lenius tatsächlich verletzt hatte.
Am Horizont tauchte ein spitzer Berg auf. Dunst verbarg zunächst den Rest der Insel, doch bald sah sie, wie hohe Wellen gegen die Felsen des Steilufers schlugen, auf dem der Berg thronte.
»Siehst du das Schiff? Das gehört dem König.«
Das zweimastige Schiff wogte auf den wütenden Meereswellen. Zunächst verdeckte das Wasser die Hälfte des Schiffskörpers, doch dann hob es sich kurz über die Wellen und Alina konnte das Wappen mit dem fliegenden Fisch am Rumpf erkennen. Das Deck war leer. So wie der lange Steg neben dem Schiff, dass immer wieder von den brausenden Wellen überschwemmt wurde.
Lenius flog direkt auf den Fuß des Bergs zu, wo die Wellen sie nicht erreichten. Erste Regentropfen fielen vom Himmel herab und färbten den Felsen unter ihren Füßen dunkelbraun.
»Da vorne!«, brüllte Lenius und stemmte sich gegen den Wind. Er richtete seinen Kopf auf eine Höhle zu, die nicht weit von ihnen im Gebirge klaffte.
Alina bückte sich und verbarg ihr Gesicht in Lenius' weißes Fell, da die Regentropfen direkt in ihre Augen tropften, dass sie ihre Lider nicht offen halten konnten. Währenddessen, kämpfte Lenius sich durch den starken Wind auf den Höhleneingang zu.
»Du musst absteigen!«, rief er, als er vor der Höhle stand. Der Höhleneingang war gerade weit genug, damit Lenius sich hindurchzwängen konnte. Alina sprang von seinem Nacken ab und lief in die Höhle hinein. Endlich geschützt vor dem Regen, wischte sie mit ihrem feuchten Hemdsärmel das Regenwasser von ihren Augen und Brauen ab.
Als Lenius sich durch den Eingang zwängte, schirmte er fast sämtliches Licht mit seinem riesigen Körper ab. Alina konnte gerade noch sehen, wie sich ein langer Gang vor ihnen erstreckte.
Vorsichtig stieg Lenius über sie hinweg. Er streckte seine Nase in die Dunkelheit und schnupperte. Schaudernd zog er den Kopf zurück. »Das riecht wie der Fluch, nur noch saurer und schärfer. Meine Augen brennen jetzt schon.«
Jetzt roch Alina es auch. Angewidert legte sie einen nassen Ärmel über ihre Nase. Doch der Duft des Regenwassers verflog schnell und der widerliche Gestank drang in ihre Nasenhöhlen ein. Nur mit Mühe konnte Alina ihr Würgen zurückhalten.
»Halt dich an meinem Fell fest«, keuchte Lenius. Dann nieste er mehrmals.
Alina griff nach dem langen Fell an seinem Bauch und zog leicht daran. Sofort setzte Lenius sich in Bewegung und tauchte in den dunklen Gang hinein. Je weiter sie liefen, desto schlimmer wurde der Gestank. Alinas Augen tränten. Auch Lenius kämpfte schnaufend mit dem Gestank.
»Ist das ein Fluch?«, fragte sie atemlos.
»Wenn das einer ist, will ich nicht wissen, wer ihn trägt.«
Sie kämpften sich weiter vor. Ein entferntes Brüllen hallte durch den Höhlengang. Lenius hielt an. Ein Schauer fuhr über Alinas feuchte Arme und sendete einen kurzen Schmerz, wegen der Kälte, über ihre Haut. Dann schallte ihnen ein wütender Schrei entgegen, der fast wie das Brüllen eines Tieres klang. Sie kannte die Stimme. Elyon.
»Halt dich an meiner Seite fest!«, rief Lenius.
Alina stützte sich am Boden ab, schwang sich hoch, krallte sich an dem nassen Fell fest und drückte ihre Beine fest gegen den langen Drachenkörper, gerade rechtzeitig, bevor Lenius durch den langen Gang lief.
Unter dem Beben in ihrem Körper, stieg eine Hitze in ihr auf, die sie inzwischen gut kannte. Der Fluch drang aus ihrer Bissnarbe heraus und wollte sich in ihren Gliedern entfalten. Sie kniff die Augen zusammen und drückte die Hitze zurück in die Narbe.
Am Ende des Gangs, vor einem großen Loch, standen drei Männer und ein Drache. Das Poltern und Schlagen kam aus dem Loch und brachte die Wände zum Zittern. Niemand hörte sie kommen, vor allem nicht, als sich ein lautes Zischen und Grollen mit dem anderen Krach vermischte. Demian stand direkt vor dem Loch und hielt sich die Ohren zu.
»Demian!«, rief Alina und sprang von Lenius ab, der gerade schlitternd zum Stehen kam. Der graue Drache bemerkte sie und fletschte die Zähne. Alina ignorierte ihn und zog an Demians Umhang, der sofort herumfuhr. Er riss die Augen auf.
»Alina! Was machst du hier?«, brüllte Demian.
»Wo ist Elyon?!«, schrie Alina zurück.
Ein weiterer Schrei zerriss die Luft. Obwohl sie wusste, dass es Elyons Stimme war, klang sie so verzerrt, dass sie fast jede Menschlichkeit verloren hatte. Mit zitternden Knien ging sie auf das Loch zu.
»Was ist da drinnen los?«, fragte Alina und wollte einen Blick durch das Loch werfen, da packte Demian sie an den Schultern und zog seine Cousine zurück.
»Bleib hier! Es ist zu gefährlich!«, rief er.
Sie riss sich von ihm los. Ihr Herz klopfte so heftig, dass ihr ganzer Körper im Takt bebte. »Was ist da drin?«, fragte Alina mit brennenden Augen. Der beißende Gestank, der aus dem Loch quoll, war nicht mehr zu ertragen und so wie die anderen, musste Alina durch den Mund atmen um nicht völlig davon benebelt zu werden.
»Alina, kehr um! Flieg mit Lenius wieder zurück nach Siegenshafen. Hier ist es zu gefährlich für dich.« Demian schob sie Richtung Lenius, der grollend da stand und keinen von ihnen aus den Augen ließ. Alina wandte sich unter seinem festen Griff. Etwas stimmte nicht. Demian würde nie etwas unternehmen, ohne es mit seinen Verwandten zu besprechen, oder es ihnen zu erklären.
»Nein! Was hast du hier mit Elyon vor? Was ist da drin?« Alina wartete auf eine Antwort, doch im selben Moment zitterte die Luft durch weiteres Gebrüll, gefolgt von einem gellenden Schrei. Alinas Blut stockte in ihren Adern. Lenius trat näher heran und knurrte.
»Alina, bitte! Du musst mir vertrauen! Elyon ist ein wichtiges Werkzeug für meine Pläne. Durch sie können wir es endlich schaffen, Rovisland und Höhental für Drachen sicher zu machen!«
Bei dem Wort Werkzeug, erstarrte Alina. Selbst ihr Herzschlag schien für einen Augenblick auszusetzen. Sie konnte nichts erwidern. Fieberhaft versuchte Alina die Bilder, die Geräusche und all die Worte die sie aufnahm zu einer Erklärung zu formen, die ihr Herz nicht vor lauter Angst zum Rasen brachte.
»Ein Werkzeug? Elyon ist kein Werkzeug! Was für ein tugendhafter Plan soll das sein, indem Elyon in ein dunkles Loch geworfen wird, wo irgendein Ungeheuer sie bedroht?«
Demian seufzte und drückte die Hände an die Ohren, als ein erneutes Brüllen die Höhle zum Beben brachte. Alinas Kehle schnürte sich zu. Sie wagte es nicht sich vorzustellen, was diese schrecklichen Geräusche von sich gab.
Demian seufzte und rieb sich die Schläfen. »Das ist der Urdrache. Der erste Drache. Von dem der Fluch stammt. Elyon soll ihn für mich zähmen.«
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»Was?«, wisperte Alina.
»Du brauchst dir keine Sorgen um die Prinzessin zu machen. Sie ist die beste Tierabrichterin in ganz Rovisland. Nichts wird ihr zustoßen. Und nun geh endlich.« Sobald Demian fertig gesprochen hatte, drängte sich der kleinere Drache zwischen sie, als wollte er Demian vor Alina schützen. Ihr Herz gab nach, als ihr Cousin ihn nicht zur Seite schob, selbst als der Drache sie anknurrte.
Alina wich zurück. Suchte verängstigt Demians Gesicht ab, auf der Suche nach den alten, weichen Zügen und dem warmen Blick. Doch sie waren verschwunden. Den kalten Ausdruck in seinen hellblauen Augen kannte Alina nicht. Sie ballte die Fäuste.
»Hol Elyon da raus. Sofort.«
»Das geht nicht, Alina. Du hast keine Ahnung, was alles von Elyons Erfolg abhängt.«
Alina schüttelte fassungslos den Kopf. »Da drinnen ist ein junges Mädchen, das von irgendeiner Bestie gejagt wird! Was, wenn sie nicht mehr lebend da rauskommt?«
Demian schob sein Kinn nach vorne und packte Alinas Arme. Seine Pupillen zitterten vor Erregung.
»Alina, du hast keine Ahnung, von was du redest. Du hattest Glück. Du musstest nicht für Jahre um dein Überleben im Kaiserreich kämpfen. Du musstest nicht zusehen, wie deine Freunde von den kaiserlichen Drachenjägern getötet wurden. Du wurdest nicht von Bluthändlern gefangengenommen, die dir wochenlang das Blut abgemolken haben, bis du kaum noch deinen Kopf heben konntest und dich gefragt hast, ob du den nächsten Tag überlebst.« Seine Stimme klang immer belegter, je weiter er sprach. Tränen sammelten sich in seinen Augen. »Du musstest nicht dabei zusehen, wie die Liebe deines Lebens wegen Blutmangel elendig vor deinen Augen gestorben ist.«
Demian ließ sie los und rieb sich die Stirn. »Ich kann nicht noch mehr verlieren. Wenn es für den Fluch keine Erlösung gibt, dann muss ich mit anderen Mitteln Sicherheit für meine Freunde schaffen. Und für dich. Begreifst du jetzt endlich? Die Prinzessin muss nichts als ein kleines Opfer bringen. Mit dem Urdrachen an unserer Seite, sind wir unbesiegbar und können endlich alle aus dem Weg schaffen, die uns erledigen wollen. Wir können endlich in Höhental eindringen und unsere Familie wiedersehen!«
Alina taumelte zurück. Ihre Augen brannten. Und nicht mehr allein wegen dem Gestank. Tausende Gedanken und Gefühle fluteten Alinas Verstand, bis sie glaubte, dass es sie völlig zerreißen würde. Da spürte sie eine Wärme hinter sich. Es war Lenius, der sie entsetzt, und mit tausenden von eigenen Fragen in den Augen ansah. Lenius, der sich gerade erst von seinen Wunden erholt hatte. Lenius, der sein Dasein als Drache fristen musste. Genau wie sie selbst. Genau wie die Menschen, die Demian verfluchen ließ. Sie sah immer noch die leblose Wächterin vor sich, die an diesem Morgen gebissen wurde. Alina hielt die Luft an, als eine neue Erkenntnis in ihr aufging.
»Du bist der Grund. Warum Höhental von immer mehr Drachen angegriffen wird. Sie kommen von dir.«
Demian antwortete nicht, doch der dunkle Ausdruck seiner blauen Augen, war ihr Antwort genug.
»Alina. Glaub mir, ich tue alles aus einem guten Grund. Und jetzt wo ich dich gefunden habe, bin ich noch entschlossener meine Pläne durchzuführen. Ich weiß, es geht gegen alles, was uns in Höhental beigebracht wurde. Doch im Kaiserreich ist ein Leben nicht viel wert. Noch weniger, wenn du ein Drache bist. Und Höhental hat uns diese ganzen Jahre belogen. Ich werde das nicht weiter zu lassen.«
Ein Brüllen zerriss die Luft. Es war so laut, dass sich wieder alle die Ohren zuhalten mussten. Und selbst dann fühlte es sich für Alina an, als würde ihr Trommelfell platzen.
»Alina, geh jetzt endlich!«, rief Demian mit schmerzverzerrtem Gesicht.
Weglaufen. Wie eine Fliege zog das Licht, das von der anderen Seite des Gangs kam, sie an. Alles hinter sich lassen, was sie so zerriss. Ihren Cousin, der nicht mehr der war, den sie in Höhental geliebt hatte. Das Ungeheuer, dessen Brüllen sie vor Angst zittern ließ. Elyon, ihre Retterin, mit der sie sich anfreunden wollte, doch die so unnahbar war, dass Alina keine Möglichkeit sah, dem Mädchen näherzukommen. Sich selbst und den Drachen den Rücken zu kehren, die sie an den Fluch erinnerten, der ständig drohte ihren Verstand zu übernehmen. Weg von der Ungewissheit, was der morgige Tag bringen würde.
Alina drehte sich von Demian weg und nahm die Hände von ihren Ohren, als das Brüllen endlich abklang. Sie starrte der spärlichen Helligkeit entgegen, die vom Höhleneingang hineindrang. Alinas Körper zitterte immer noch. Ihr Herz hämmerte immer noch gegen ihre Brust. Angst lähmte sie für einen kurzen Moment. Doch dann stieg eine Gewissheit in ihr auf, die sie zurück zu dem Loch zog. Sie würde weglaufen. Aber nicht ohne Elyon. Alina ließ der Hitze freien Lauf und rannte auf die pechschwarze Höhlenöffnung zu.
»Alina, nicht!«, rief Demian, doch es war zu spät. Sie stürzte sich bereits in das dunkle Loch. Brennende Schmerzen durchfluteten ihre Glieder, doch nur für einen kurzen Augenblick. Sobald das Brennen nachließ, füllte Alina ihre Flughaut, um den Fall abzufangen, ehe sie mit dem Boden kollidierte.
Es war so dunkel, dass selbst ihre Drachenaugen einige Augenblicke brauchten, um etwas zu erkennen. Sie befand sich in einer riesigen Höhle. Elyon war nirgends zu entdecken. Das einzige, was sie noch klar wahrnahm, war der furchtbare Gestank. Vor lauter Übelkeit stieg Alina Galle in die Kehle.
Da donnerte etwas in der Ferne, an einer Gruppe feuchter Stalaktiten vorbei. Ein riesiges, pechschwarzes Wesen. Alinas Magen verkrampfte sich noch mehr. Erst als sie tief durch den Mund einatmete, schaffte sie es in Richtung des Ungeheuers zu fliegen.
Alinas Augen konnten immer nur noch vage Umrisse erkennen, sodass sie gerade noch rechtzeitig den Stalaktiten oder einer Felswand auswich. Dann stand er vor ihr. Ein kolossaler Drache, dessen Kopf bis knapp unter die Höhlendecke reichte, seine genaue Gestalt verborgen durch die Dunkelheit.
Alina hielt abrupt an. Ihre Flughaut zog sich vor lauter Panik eng an ihren Körper. Sie fiel auf den Boden zu. Schnell weitete sie wieder die Haut und konnte sich nur mit Mühe in Gegenwart des Biests in der Luft halten. Noch hatte der Urdrache Alina nicht entdeckt.
Die schlangenähnlichen Augen leuchteten gelb und waren auf eine seiner Pranken gerichtet, die er langsam in Richtung seines Mauls führte. Dünne Beine zappelten zwischen seinen Krallen. Zwischen all dem Zischen, das der Urdrache von sich gab, hörte sie ein leises Grollen. Elyon. Alina schoss auf das riesige Biest zu.
»Alina!«, hallte es durch den Höhlenraum. Lenius schlängelte sich zu ihr vor. Der Urdrache schwenkte langsam den Kopf in seine Richtung. Lenius hielt japsend an, seine Augen leuchteten kurz auf, dann flog er auf Alina zu. »Kümmere dich um Elyon! Ich lenke ihn ab!«, rief Lenius.
Alina jagte voran, mit donnerndem Herzen. Sie fuhr ihre ausgestreckten Krallen in die Pranke des Urdrachens hinein. Das Biest brüllte und brachte die Luft so heftig zum Beben, dass Alina schwindelig wurde. Sein giftiger Atem hauchte ihr entgegen, als sein geöffnetes Maul auf Alina herabsank. Seine Krallen waren immer noch eng um Elyon umschlungen.
Da schoss Lenius zwischen ihnen vorbei. Seine Krallen mussten den größeren Drachen an der Schnauze getroffen haben, denn er grollte vor Schmerzen und richtete seinen Blick auf den weißen Drachen.
Verzweifelt biss Alina in einen seiner langen Finger hinein. Ein drittes Brüllen schepperte in ihren Ohren. Endlich öffnete sich die Pfote. Elyon glitt mit einem lauten Ächzen aus der Pranke. Alina fing sie an ihrem Arm ab. Elyon stöhnte laut auf, als hätte sie sich verletzt. Erschrocken warf Alina einen Blick auf das baumelnde Mädchen in ihrer Pfote, da wurde sie von etwas an den Hinterbeinen getroffen, das sie gegen die Wand der Höhle schleuderte.
Japsend traf sie auf das feuchte Gestein. Der Schmerz drückte sämtlichen Dampf aus ihrem Körper heraus und Alina stürzte mit Elyon hinab. Kaltes, dumpfes Wasser schlug ihr entgegen, dann umfing das salzige Nass sie von allen Seiten und drang durch ihr geöffnetes Maul. Es brannte in Alinas Kehle. Schnell schnappte sie das Maul zu und strampelte durch die dichte Flüssigkeit.
Alles um sie herum war schwarz. Panisch suchte sie nach der Oberfläche, schwamm nach oben, unten, links und rechts. Druck baute sich in ihren Lungen auf. Da spürte sie ein ziehen an ihrem Rückenfell. Die dunkle Flüssigkeit floss an ihr herab. Lenius hatte sie fest am Nacken gepackt und flog mit ihr von dem schwarzen Wasser weg.
Erleichtert spuckte sie das widerliche Gebräu aus ihrem Mund aus und schloss ihre Pfoten fester um Elyons Körper. Das Mädchen hustete, würgte und keuchte. Dann wimmerte sie mit schmerzverzerrter Stimme.
»Alina, kannst du fliegen?«, fragte Lenius.
Schnell füllte sie ihre Flughaut, wodurch Alinas Körper leicht nach oben schwebte. Lenius ließ sie los und lotste sie an ein paar Stalaktiten vorbei, während hinter ihnen die polternden Schritte des Urdrachens immer lauter wurden.
»Alina, Vorsicht!«, rief Lenius.
Zwei Gestalten flogen auf sie zu. Der graue Drache und Demian, in seiner weißen Drachenform. Für einen kurzen Moment hoffte Alina, dass sie hier waren um zu helfen. Um ihnen das schreckliche Ungeheuer vom Hals zu schaffen und Elyon zu retten. Doch die Hoffnung löste sich auf, als Demian sein Maul öffnete.
»Pass auf!« Wieder packte Lenius Alina am Rückenfell und zog sie rechtzeitig zur Seite. Demians schwarzer Schlack flog an ihnen vorbei auf den zornigen Urdrachen zu. Dieser öffnete sein Maul und ein betäubender Gestank breitete sich wie eine dichte Wolke um sie aus.
Alina hustete und drückte Elyon enger an ihren Körper, während Lenius sie aus der Gestankwolke herausflog. Die Sicht wurde wieder klarer. Sie atmete auf. Dann schoss Lenius auf den Ausgang zu, so schnell, dass sie keinen zweiten Blick auf ihren Cousin werfen konnte. Sie hörte nur noch das wütende Gebrüll des abscheulichen Ungeheuers.