Am nächsten Tag, ehe die Sonne aufging, betrat Nevin das Gästezimmer direkt neben seinem, wo Prinzessin Elyon auf einem hohen Bett lag.
Mit einer Kerze in der Hand, leuchtete er sie vorsichtig an. Sie atmete immer noch. Die Schatten um ihren Augen hatten sich etwas gelichtet. Doch sie sah immer noch blass aus.
Der graue Kopf, der auf Elyons Oberschenkel lag, schoss hoch und gelbe Augen blitzten ihm entgegen.
»Keine Angst, Alina. Ich bin nur hier um nach ihr zu sehen. Ich will ihr nichts antun.«
Alina seufzte und legte ihren Kopf zurück auf Elyons Bauch. Sie hatte sich gestern über die Balkontür in das Zimmer hineingezwängt, als Elyon in einem fieberhaften Albtraum geschrien hatte. Die Prinzessin hatte sich erst beruhigt, nachdem der graue Drache den Kopf auf ihren Schoß gelegt hatte. Auf einer Matratze, am Fußende des Betts, lag Aiven der leise vor sich hin schnarchte.
»Alina. Später wird jemand kommen, um Elyon zu sehen. Sie dürfen dich nicht finden. Nicht in deiner Drachenform. Dilek wird euch Bescheid sagen.«
Alina kniff misstrauisch die Augen zusammen.
»Ihr wird nichts passieren. Solange es ihr nicht gut geht, wird sie hier auf der Burg bleiben. Keine Angst.«
Alina schnaubte leise, dann nickte sie und kehrte in ihre Schlafposition zurück, während Nevin die Kerze auf den Nachttisch stellte und eine Glasflasche nahm, die der Arzt gestern für Elyon da gelassen hatte. Das dickflüssige Mittel war gemischt mit medizinischer Kohle. Der Arzt vermutete, dass die Prinzessin vergiftet worden war.
Alle paar Stunden musste jemand ihr die Medizin einflößen. Vorsichtig öffnete Nevin ihren Mund und gab Elyon etwas von dem Mittel ein. Ein seltsamer, leicht modriger Geruch breitete sich aus. Doch es war noch zu ertragen. Viel schlimmer roch das, was aus Elyons Körper strömte.
Wie Alina es schaffte mit der empfindlichen Drachennase so nahe an Elyons zu bleiben, war für Nevin ein Rätsel. Sie mussten wohl gut befreundet sein, was eine Erleichterung war, denn so hatte Elyon wenigstens eine Verbündete. Die Prinzessin hatte genug Menschen, die nach ihr jagten. Und er gehörte dazu, dachte Nevin mit einem langen Seufzen.
Er zog sich zurück in sein Zimmer und setzte sich auf das Bett. Er hatte keine Zeit mehr für Schlaf. Es war Zeit sich zu überlegen, wie er seinem Bruder entgegentreten würde und wie er es verhindern konnte, dass sein Vater verlangte, Elyon zu ihm bringen zu lassen. Doch sie war unpässlich, was ihm sehr gelegen kam.
Nevin hörte ein altbekanntes Klopfzeichen an der Zimmertür. Dann trat Dilek ein.
»Ich hatte bereits erwartet, dich wach vorzufinden.« Dilek ließ sich auf den Boden sinken und lehnte sich an dem Bettrahmen zurück.
»Du hast wirklich unverschämtes Glück. Die Prinzessin ist dir praktisch vom Himmel gefallen. Aber ich gönne es dir. Du hast schon genug Mist in den letzten Jahren erlebt. Aber, jetzt wo wir sie haben, was hast du vor? Wärst du endlich bereit, dem Kaiserreich den Rücken zu kehren und dich in der Singbucht niederzulassen?«
»Du kennst die Antwort bereits.«
Dilek seufzte schwer und rieb sich die müden Augen. »Du wirst warten, bis dein Bruder hier aufkreuzt. Mit ihm reden, dann deinem Vater eine Nachricht überbringen lassen. Danach bringen wir die Prinzessin in die Singbucht. Dann versuchst du ihr zu helfen und dich mit ihr zu verbünden, um den Fluch aufzuheben und noch deinen Platz als Thronfolger zu verteidigen. Währenddessen wirst du jede Menge Attentate vonseiten deiner eigener Familie abwehren müssen, bis dein Vater endlich ins Gras beißt und du auf dem Thron sitzt. Woraufhin du weitere Attentate auf dich abwehren musst.« Dilek stierte ihn von der Seite an. »Sag mir jetzt bloß nicht, dass du erwartest, dass Prinzessin Elyon sich tatsächlich auf deine Seite ziehen lassen wird, sich mit dir vermählen und dir zwölf Kinder schenkt. Denn ich weiß, dass du dir keine Konkubine nehmen wirst.«
»Du hast ja schon ganz schön weit vorgeplant«, spottete Nevin. »Ich plane nicht, meine eigenen Kinder als Aufseher über jedes Königreich einzustellen. Ich möchte den Königen ein wenig mehr Freiheit lassen. Und der Gedanke daran, so viele verschiedene Frauen schwängern zu müssen, bekommt mir nicht so ganz. Und dann noch die Streitereien zwischen den ganzen Konkubinen. Darauf kann ich verzichten.«
»Verstehe.« Dilek lehnte sich wieder zurück, schloss die Augen und seufzte. »Ganz ehrlich, ich weiß, du wärst der bessere Kaiser. Besser als dein Vater, besser als deine Brüder. Aber ich wurde dazu erzogen, dich zu beschützen. Wir sind zusammen aufgewachsen und du bist mir näher als ein Bruder. Mir lauern zu viele Gefahren rund um den Kaiserthron. Ich zweifle sehr stark daran, dass alles so laufen wird, wie erhofft.«
Dilek schloss seine rechte Hand zu einer Faust, um dann einen Finger nach dem anderen auszustrecken. »Erstens, könnte Davenius verlangen, die Prinzessin sofort mitzunehmen. Zweitens, könnte es sein, dass die Prinzessin nicht mit uns kooperiert und versucht uns zu töten, sobald sie aufwacht, sie wird den Schrecken ihres Lebens kriegen, wenn sie den Verlobten vor sich sieht, dem sie entlaufen wollte. Drittens, vielleicht weiß sie gar nicht, wie man den Fluch aufhebt. Viertens, hast du ganz König Demian vergessen, der uns bestimmt bald auf den Fersen sein wird, um die Prinzessin zurückzuerlangen? Wahrscheinlich mit König Elyons Unterstützung? Fünftens, glaube ich kaum, dass die Prinzessin dich jemals freiwillig heiraten würde.«
Nevin rieb sich seufzend das Gesicht. »Das ist mir alles bewusst. Deswegen gehe ich eins nach dem anderen an, um meine Pläne dementsprechend zu verändern. Als Erstes, muss die Prinzessin wieder gesund werden und wir müssen verhindern, dass sie in diesem Zustand in die Kaiserstadt gebracht wird. Danach sehe ich weiter. Und vergiss nicht, ich bin nicht in die Prinzessin verliebt, dass ich sie um jeden Preis heiraten muss. Es wäre mir recht, sie als meine Verbündete zu haben und wenn wir schon verlobt sind, dachte ich, könnten wir vielleicht heiraten. So wäre es einfacher, sich gegenseitig zu unterstützen.«
Dilek schwieg. Nevin spürte, dass seine Gedanken jetzt ganz woanders lagen. Im schwachen Licht, benutzte er kurz seine Drachensicht um Dileks Augen sehen zu können. Dieser trug eindeutig noch etwas mit sich herum, das er sagen wollte.
»Ich muss dir noch was erzählen. Ehe wir zurück in der Singbucht sind, solltest du es erfahren«, sagte Dilek endlich.
Nevin wappnete sich bereits. Er hatte die Prinzessin gefunden. Alle anderen Probleme, konnten ihn nun nicht mehr stark belasten.
»Wir mussten Ilka einsperren. Ihr Fell hat sich schwarz gefärbt.«
Nevins Entschlossenheit zerfiel. Ein furchtbares, kaltes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Nicht Ilka. Nicht sie auch noch. Nevin lehnte sich vor und legte sein Gesicht in den offenen Händen. Seine Augen wurden heiß.
»Wie ... wie geht es Jaro?«, fragte Nevin vorsichtig.
»Er ist untröstlich. Er hatte bis zuletzt gehofft, dass sie den Fluch noch überwinden würde. Jetzt hat er neben seinem Bruder auch noch seine Frau verloren.«
Nevin rieb sich seufzend die Stirn. Hoffentlich hatte Dilek Unrecht. Hoffentlich waren die beiden nicht für immer verloren. Und hoffentlich würde die Prinzessin aufwachen und eine Lösung für den Fluch kennen.
Die ersten Strahlen der Morgensonne drangen durch das offene Balkonfenster hinein. Schweigend saßen die beiden Freunde da, als es an der Tür klopfte und Naias eintrat.
»Sie sind angekommen, eure Hoheit. Prinz Davenius und Prinz Finan.«
»Finan ist ebenfalls hier?«, fragte Nevin überrascht, während er sich einen Umhang über die Schultern legte.
»Jawohl, Eure Hoheit. Beide warten unten im Empfangssaal auf Euch.« Naias half ihm mit dem Umhang und band ihm danach die Haare zusammen.
»Dilek, bitte bring Alina und Aiven aus dem Zimmer«, sagte Nevin.
»Mach ich.«
Dilek hastete ins Nebenzimmer, während Nevin so langsam wie möglich nach unten ging, um den anderen Zeit zu verschaffen. Auch wenn Neugier ihn nach unten drängte, um den Grund für Finans Erscheinen zu erfahren. Hoffentlich hatte sich sein kleiner Bruder keinen Ärger mit ihrem Vater oder Davenius eingebrockt. Oder noch schlimmer, Idris.
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Unten im Saal angekommen, saßen beide Brüder auf einem Sofa, das gegenüber der Tür stand. Finan, wie immer gekleidet in prächtigen Stoffen und Farben. Davenius, dessen Mutter aus Siegenshafen kam, trug die Blautöne des Hafenreichs, die seine hellbraune Haut zur Geltung brachten. Genau so wie die blauen Augen, die unter den buschigen, fast schwarzen Brauen lagen.
»Davenius, ich hoffe, du hattest eine gute Reise«, sagte Nevin und umarmte seinen Bruder, kurz und steif, dann wandte er sich seinem kleinen Bruder zu. »Finan, was für eine Überraschung! Ich hatte dich nicht erwartet.«
»Ich bin in der Hauptstadt gewesen, als Davenius losgezogen ist.« Finan tauschte einen bedeutungsschweren Blick mit Davenius aus.
Nevin unterdrückte ein Seufzen. Es sah so aus, als würden weitere Probleme auf ihn zukommen.
»Wollt ihr gleich hinauf, oder soll ich uns zuerst ein paar Erfrischungen bringen lassen?«
»Naias, bring etwas Saft und ein paar Kleinigkeiten zu essen. Wir könnten eine Stärkung brauchen«, sagte Davenius. Naias verbeugte sich und zog sofort los.
Nevin setzte sich auf das Sofa ihnen gegenüber. Er bemerkte Finans Blick der im Raum umherwanderte und wahrscheinlich jeden kleinen Gegenstand beurteilte. Oder besser gesagt, verurteilte.
»Ich bin hier, weil ich weiß, dass Idris selbst sich nie dazu herablassen würde, dich um Hilfe zu bitten. Und Finan ist hier, um das zu bestätigen, was gerade am Hof vor sich geht.«
Naias kam herein und stellte zwei Tabletts auf dem Tisch, eins mit kleingeschnittenen, belegten Brotscheiben und das andere mit einem Krug Apfelsaft und drei Silberkelchen. Davenius wartete, bis Naias mit dem Einschenken fertig war und sich zurückgezogen hatte, ehe er weiter sprach.
»Also, was ist los?«, fragte Nevin.
Davenius seufzte und starrte in die Leere, als müsste er erst die Bilder in seinem Kopf verarbeiten, ehe er sie beschreiben konnte.
»Vater ist am Durchdrehen, das ist los«, platzte es aus Finan heraus.
»Finan, pass auf deine Worte auf!«, mahnte Davenius.
»Es ist doch wahr! Nevin, du weißt doch, dass das Fürstentum Goldfeld unter einer Dürre leidet. Die gesamte Ernte ist dieses Jahr ausgefallen. Vater hat sie dazu gezwungen, ihre Lager zu leeren, um ihren Tribut an ihn zu zahlen. Das ist doch wahnsinnig!«
Nevin seufzte und lehnte sich zurück. Er fasste seinen Kelch nicht an, denn sein Magen war zu gereizt, um irgendetwas zu sich zu nehmen. Das mit der Ernte war ihm bewusst, doch es gab anscheinend noch mehr, denn Davenius sagte nichts, sondern schwieg.
»Nicht nur das, alle westlichen Reiche, die um Siegenshafen liegen, sollen doppelt so viel Tribut zahlen wie letztes Jahr. Das Volk hat kaum noch etwas übrig um für sich selbst zu sorgen. Die Handelspreise schießen immer weiter in die Höhe. Tannschwärze musste seine Arbeiter von den Mienen, Wälder und Feldern abziehen, damit sie bei der Waffenherstellung aushelfen. Die Frauen sind gezwungen, diese Arbeit zu übernehmen, damit unsere Wirtschaft nicht völlig zusammenbricht und sie kommen kaum hinterher. Wenn das so weiter geht, verlieren wir noch die Hälfte unserer Ernte und können kaum Holz in die anderen Königreiche liefern, da wir alles an Vater abgeben müssen.« Finans Kopf war hochrot und seine Nasenflügel bebten. Er regte sich selten so auf.
»Vater rüstet also für einen Krieg auf?«, fragte Nevin leise.
Davenius nickte. »Seine Berater sind völlig aufgelöst, da er momentan nicht auf sie hört. Sie befürchten, dass die Könige und ihre Völker sich gegen die Kaiserstadt wenden werden. Und, dass sie sich irgendwann Demian anschließen.«
»Handelt Vater nur von sich aus?«, fragte Nevin.
Wieder tauschten seine Brüder einen Blick aus.
»Nein. In letzter Zeit, haben wir ein paar ... sonderbare Gäste im Hof.« Davenius rieb sich nachdenklich das bärtige Kinn. »Es sind Ostländer.«
Nevin verstand zunächst nicht was sein älterer Bruder meinte, da sich östlich nur Höhental befand, das er nie so genannt hätte. Dann riss er die Augen auf, als er verstand.
»Aus dem Verbotenen Osten?«, fragte Nevin atemlos.
Beide nickten.
»Das kann nicht eurer Ernst sein! Seid ihr euch sicher?«
Davenius rieb sich weiter das Kinn. »Doch. Wir sind uns ziemlich sicher. Sie alle haben fast weiße Haut, helle Augen und helle Haare. Ihr Anführer ist ein Mann in Vaters alter und der Fremde ist ständig in Vaters Nähe. Wir haben sie häufiger in seinem Arbeitszimmer über Karten und Dokumente gebeugt gesehen, oder draußen in den Gärten, in langen Gesprächen vertieft.«
»Wir haben alte geschichtliche Aufzeichnungen durchforstet«, warf Finan ein. »Die Beschreibungen passen auf die Fremden und sie sprechen mit einem Akzent, der eindeutig nicht vom südlichen Kontinent kommt.«
»Idris vermutet, dass dieser Fremde schon seit einiger Zeit mit Vater im Kontakt steht«, murmelte Davenius.
»Wieso?«, fragte Nevin.
»Wegen Vaters Verhalten. Er hat es schon immer seltsam gefunden, dass Vater so sehr auf deine Vermählung mit Prinzessin Elyon besteht. Zudem sind Vaters Regierungsentscheidungen immer unbegreiflicher geworden und er hört immer weniger auf Idris. Hinzu kommt, dass Idris erstaunlich viele Bücher und Dokumente in Vaters Zimmer gefunden hat, die alle mit dem Verbotenem Osten zu tun haben.«
»Moment mal, aber das macht doch keinen Sinn«, überlegte Nevin. »Der einzige Weg um in den verbotenen Osten zu gelangen, ist durch Höhental. Und die Grenze wird dort streng von den Wächtern überwacht. Alle anderen Wege sind nur mit viel Mühe und Kosten zu bewältigen. Die Küsten sind zu steil und zu hoch im Osten, als dass man sicher mit einem Schiff anlegen könnte. Und das Meer um die Küste hat bis jetzt all unsere Schiffe gekentert. Zudem ist der Kontakt zu den östlichen Ländern nicht ohne Grund verboten. Wie sollen diese Fremden überhaupt hierhergekommen sein? Und warum sollte Vater, der sonst so auf Tradition beharrt und jegliche Verbindungen zu Menschen mit übernatürlichem Glauben verbietet, sich mit ihnen zusammentun?«
»Wenn wir das wüssten, wären wir nicht hier.« Davenius nahm den Kelch und stürzte das süße Getränk mit einem Zug in seine Kehle. »Idris versucht verzweifelt Vater zur Vernunft zu bringen und ihn von diesem Fremden fernzuhalten, doch der Anführer ... Wie heißt er nochmal Finan?«
»Aik.«
Davenius nickte. »Ja genau, das war sein Name. Idris hat die Vermutung, dass es Aik ist, der darauf besteht, Elyon in unsere Familie zu bringen. Wir wissen nur nicht warum. Unsere erste Vermutung wäre, dass es irgendwie mit den Drachen zusammenhängt.«
Nevin ballte die Fäuste. Darum hatte Idris versucht, Elyon während seines letzten Besuchs auf der Sturminsel zu töten. Er bereute es, damals nicht mitgegangen zu sein. Doch er war zu der Zeit in Höhental gewesen. Nevin hatte nicht gedacht, dass Prinzessin Elyons sechzehnter Geburtstag so wichtig sein würde. Es war immer davon die Rede gewesen, dass sie mit 18 seine Frau werden sollte.
»Was genau soll ich für euch tun? Ich kann mich nicht in der Stadt blicken lassen«, sagte Nevin.
»Ist die Prinzessin immer noch nicht gefunden worden?«, fragte Davenius, schon fast hoffnungsvoll.
»Ich habe sie gefunden. Deswegen habe ich euch vorhin hoch gebeten.«
»Das ist ungünstig für uns«, seufzte Davenius. »Vater wird natürlich zufrieden sein. Wir brauchen jedoch eine Entschuldigung, warum sie nicht mit uns kommen kann, denn Vater verlangt nach ihrer Gegenwart in der Hauptstadt. Wir müssen versuchen, sie so lange hier zu behalten, bis wir Vaters und Aiks genaue Pläne kennen.«
Nevin konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er hätte nie gedacht, dass Davenius mal mit ihm zusammen gegen seinen Vater arbeiten würde.
»Ich kann euch beruhigen. Wir haben die Prinzessin schwer krank und verletzt aufgefunden. Sie kann unmöglich eine Reise antreten. Wahrscheinlich wird sie noch länger genesen müssen.«
Beide Brüder rissen ihre Augen auf. Dann seufzte Finan erleichtert, nahm sich eine Scheibe Brot mit geräuchertem Schinken und lehnte sich genüsslich auf das Sofa zurück.
»Das kommt uns wirklich sehr gelegen. Damit können wir Vater definitiv hinhalten.« Davenius nahm sich nun ebenfalls eine Scheibe Brot. »Doch irgendwann wird sie genesen. Und Vater wird wieder nach ihr verlangen. Und nach dir.«
»Dann benutzen wir einfach Demian als Entschuldigung. Er sucht doch auch nach ihr. Sollte er wissen, dass die Prinzessin in der Kaiserstadt ist, wird er bestimmt angreifen. Übrigens, diese Sofas sind zwar sowas von altbacken, aber sehr gemütlich. Kannst du dich noch an den Namen des Polsterers erinnern?«, fragte Finan.
Davenius verdrehte die Augen. Bevor er Finan zurechtweisen konnte, überlegte Nevin weiter.
»Finan hat recht. Vor mir hatte Demian die Prinzessin. Sie ist dank der Hilfe von Drachen geflohen. Also wird der König ihr auf den Fersen sein. Wir können ihn als Deckung für uns nutzen. Sobald ihr abreist, schaffe ich sie aus der Burg.«
»In dein unauffindbares Versteck? Wo du dich die meiste Zeit herumtreibst?«, fragte Davenius, den Mund voll mit Brot.
»Ja. Und nein, ich werde weder dir noch Idris verraten, wo ich mich die meiste Zeit herumtreibe.«
»Wehe dir! Sonst beleidigst du mich. Selbst ich weiß nicht, wo du eigentlich wohnst«, sagte Finan.
»Gut, dann lass uns keine Zeit verlieren. Zeig uns die Prinzessin. Ich werde einen Bericht schreiben und diesen Idris und Vater überbringen.« Davenius stand auf.
»Idris wird nicht glücklich sein, dass du mich eingeweiht hast«, erwähnte Nevin und führte die beiden aus dem Saal hinaus, zu der alten Steintreppe die hoch zu den Zimmern führte.
»Als ob wir Idris davon erzählen würden«, sagte Finan.
»Davenius, ich weiß, dass du immer zu Idris gehalten hast. Deswegen bin ich von deiner plötzlichen Offenheit sehr überrascht«, gab Nevin zu.
»Ich mag zwar deine weiche Art nicht, aber du bist gewitzter als wir alle. Irgendwie hast du es geschafft, Vaters Schwert jedes mal zu entkommen, obwohl er dich seit deinem Unfall loswerden will. Wenn einer ihn schlagen kann, dann bist du es. Ich habe dich in unserer prekären Lage lieber als Verbündeten und nicht als Gegner. Und Finan hat recht. Idris wird von uns nichts über dein Mitwissen hören. Ich vertraue Finan, denn er hat mich vergewissert, dass du uns unterstützen würdest. Bis wir Vater wieder dazu gebracht haben, sich zu besinnen.«
Nevin lächelte. Er hätte seinen älteren Bruder ärgern können, denn er war noch nie demütig genug gewesen, um Nevin um Hilfe zu bitten. Davenius war ebenfalls gegen die Entscheidung ihrer verstorbenen Großeltern, Nevin auf den Thron zu setzen. Doch er behielt seine Gedanken für sich und führte seine Brüder zu Elyon.