»Elora? Elora. Elora!«
Elyon zuckte erschrocken zusammen, als Lenius am nächsten Morgen seine Hand auf ihre Schulter legte. Mit größter Überwindung zwang sie sich, nicht aufzuspringen um seiner Berührung zu entgehen. Stattdessen stand sie langsam auf und seine Hand löste sich von alleine wieder von ihrer Schulter.
»Könntest du dir ein paar unserer Drachen anschauen?«
Elyon nickte und schnürte den Sack mit den Heilkräutern zu. Dann lief sie in das alte Haus, um Demians Kurzschwert, getrockneten Traumtod und ein paar Wurfmesser zu holen.
»Gilwa, bleib hier bei Alina. Wir kommen bald wieder zurück«, sagte Lenius gerade, als Elyon sich wieder zu ihm stellte. Ohne sie zu bemerken, drehte er sich um, schreckte bei ihrem Anblick zusammen und schnappte dann erleichtert nach Luft.
»Bitte schleich dich nicht so an, mir ist fast das Herz in die Hose gerutscht.«
»Elora ist immer so leise wie eine Katze«, kicherte Gilwa, der gerade auf Alinas Drachenrücken saß und ihr Fell zu kleinen Zöpfen flocht.
Elyon verstand den Witz nicht. Sie hatte sich das leise Gehen tatsächlich von Wildkatzen im Wald abgeschaut. Doch das behielt sie lieber für sich. Schweigend folgte sie Lenius Richtung Burg und wiederholte immer wieder den Namen ihrer Mutter in ihren Gedanken. Wenn sie weiterhin nicht auf Elora hörte, würden die anderen Verdacht schöpfen. Und ihren echten Namen, wollte sie noch nicht preisgeben.
Sie kamen vor einem hohen, hölzernen Tor zum Stehen. Lenius pfiff dreimal, dann wurde es hastig hochgezogen.
Als sie den Hof der Burg betraten, war Elyon erleichtert, dass sie ihr Kurzschwert mitgebracht hatte. Viele Augenpaare saugten sich förmlich an ihr fest. Neugierige, feindselige, fast hungrige Drachen- und Menschenaugen. Elyon hätte sich mit dem Kraut einschmieren sollen, dass sie Alina für ihre Wunde gegeben hatte, um ihren Eigengeruch zu verbergen. Jetzt wussten alle, dass sie weiblich war.
»Augen weg! Kümmert euch weiter um eure eigenen Sachen!«, bellte Lenius und führte sie rasch durch den großen Hof.
»Achte nicht auf sie. Solange ich in der Nähe bin, sollten sie dir nichts anhaben.«
Elyon verdrehte hinter ihm die Augen. Sie hatte nicht übel Lust ihm zu zeigen, dass sie nicht so hilflos war, wie er glaubte. Doch sie beugte den Kopf und vermied jeden Augenkontakt um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Besser war es, einen Kampf zu verhindern. Lenius musste nicht wissen, zu was sie wirklich fähig war.
Er führte sie in einen geschlossenen Stall hinein. Alle Fenster waren mit Holzbrettern verriegelt. Dadurch kam kaum Licht in den länglichen Raum hinein. Doch Fackeln, die gegenüber den Boxen zwischen den Fenstern hingen, beleuchteten die Stallungen mit einem warmen Licht. Ein seltsamer Geruch hing in der Luft. Scharf. Modrig. Ähnlich wie der Geruch der manchmal aus Alinas Bissnarbe strömte.
In einigen Boxen lagen Männer im Stroh, wimmernd, hustend, stöhnend, würgend. Am Ende des Stalls blitzten rote Augen auf. Sie näherte sich ihnen vorsichtig an. Als sie an einem der Drachen vorbeilief, blieb er zunächst regungslos liegen, dann sprang er auf die Beine und knurrte sie an.
»Lass das!«, bellte Lenius, der direkt hinter ihr stand. Seine Augen blitzten wie die eines wilden Tieres im schwachen Licht des Stalls.
»Was hat er?«, fragte Elyon.
»Der Fluch. Er steht kurz davor, sich in einen echten Drachen zu verwandeln. Wir warten gerade ab, ob er es schafft dagegen anzukämpfen.«
Elyon wollte ihm etwas von dem Kraut geben, doch als sie sich ihm näherte, bleckte er die Zähne. Die Drachen mussten sich zuerst an ihre Gegenwart gewöhnen. Am besten war es, wenn sie sich eine Beschäftigung im Stall suchte. Entschlossen ging Elyon zurück und hielt vor einer der Boxen an, in der ein hustender Mann lag, nicht viel älter als Lenius.
»Menschen zuerst.«
»Was?«, hakte Lenius nach.
»Menschen. Kranke. Zuerst versorgen«, sagte Elyon und ließ Lenius verblüfft stehen.
Sie betrat die Box. Der Mann war so fiebrig, dass er sich nicht regte, als sie ihre Finger auf seinen Hals legte, um seinen Puls zu untersuchen. Im Hintergrund rollte das Knurren der Drachen.
»Marek, komm her!«, rief Lenius. Ein weiterer junger Mann kam in die Box hineingestolpert, mit langen, ungekämmten Haaren.
»Geh bitte zu Ludo, er führt sich wieder auf.«
Marek hastete an ihnen vorbei zum anderen Ende des Stalls. Als er stehen blieb, hörten die Drachen sofort auf zu knurren, während Marek leise auf sie einsprach.
»Medizin?«, fragte Elyon.
Lenius führte sie zu drei Truhen, die am anderen Ende des Stalls standen.
»Du musst sie nicht versorgen, wir kümmern uns um sie. Du kannst dich ganz auf die Drachen konzentrieren.«
Elyon hatte keinen zweiten Blick gebraucht um zu sehen, dass die Männer nicht gerade gut versorgt waren. Um ihrem Vater zu entgehen, hatte sie sich ganz dem Lesen von Büchern zugewendet und viel Zeit mit den Ärzten und Wissenschaftlern verbracht, die es auf der Sturminsel gab. So hatte sie sich Wissen über Medizin und auch Gifte angeeignet.
Elyon überprüfte die erste Truhe und fand ein paar trockene Kräuter. Die meisten waren gut gegen Fieber und leichte Erkältungen. In der nächsten fand sie Flaschen. Sie hatten weder eine Beschriftung, noch war das Glas klar genug um den Inhalt deuten zu können. Elyon musste jede einzelne öffnen und daran riechen.
»Ein Eimer heißes Wasser, ein Eimer kaltes Wasser. Saubere Tücher, Schüssel, Mörser, Verband«, zählte sie auf.
»Sofort«, sagte Lenius, eilte aus dem Stall und rief den Männern draußen Befehle zu.
Elyon musste zugeben, dass Lenius Gegenwart ihr langsam nichts mehr ausmachte. Er war schnell auf den Beinen und stellte ihre Anweisungen nicht in Frage.
Mit einer Flasche in der Hand, versorgte sie zunächst diejenigen, die Fieber hatten, da sie ein fiebersenkendes Mittel durch den Geruch und eine kleine Geschmacksprobe erkannt hatte. Als sie gerade bei einem der Männer den Puls überprüfte, echote zunächst ein lauter, brechender Krach, dann ein Schrei durch den Stall.
Elyon sprang auf und rannte in den Gang. Der Drache, der sie vorhin angeknurrt hatte, stand hinter Marek, mit den Zähnen tief in seine Schulter gebohrt. Die Tür zu seiner Box lag zerstückelt auf dem Boden.
Der Drache bemerkte sie und ließ von Marek ab. Geifer floss wie ein Wasserfall aus seinem Maul. In seinen Augen flackerte es wild. Sein Fell war vorhin noch grau gewesen, jetzt war es schwarz.
Elyon zog ihr Kurzschwert, als der Drache auf sie zu raste. Sie ging leicht in die Knie, wartete bis der Drache seinen letzten Sprung auf sie zumachte und rollte unter ihm hindurch. Sobald sie auf den Füßen hockte, führte sie die Klinge mit voller Kraft durch die Muskeln seiner Unterbeine. Mit lautem Gebrüll, brachen seine Vorderbeine zusammen. Elyon kraxelte blitzschnell zu seinen Hinterbeinen, schnitt auch dort tief in die Muskeln hinein. Dann rollte sie schnell zur Seite, bevor der fallende Drachenkörper sie erdrückte. Sobald er unten lag, sprang sie auf seinen Rücken, klemmte den Schwertgriff zwischen ihren Zähnen und kletterte den sich windenden Körper hinauf in Richtung des Kopfs.
»Elora!«, schrie Lenius. Er rannte auf den jaulenden Drachen zu. Elyon erreichte gerade seinen Nacken, da streckte der Drache seinen Hals und schüttelte sich wie wild. Sie hielt sich am Nackenfell fest und stemmte die Füße gegen seine Wange. Dann schoss der Kopf nach vorne Richtung Lenius. Im selben Augenblick, ließ Elyon sich ein Stück fallen und griff rechtzeitig nach dem Fell in der Nähe seiner Kehle. Mit dem Schwert in der Hand holte sie aus und rammte die Klinge in seine Kehle hinein.
Das Brüllen ging in ein kurzes Winseln über, dann kam ein Röcheln und der Drache fiel zu Boden.
Elyon sprang rechtzeitig ab und landete auf den Füßen, mit einem schweren Atemzug. Lenius und zwei andere Männer standen regungslos da. Elyon schüttelte das Drachenblut von ihrer Hand und der Klinge ab.
»Wieso-«, setzte Lenius an.
»Marek verletzt. Wurde gebissen. Von ihm.« Elyon zeigte auf den toten Drachen. Lenius löste sich als erster von seiner Starre und rannte an ihr vorbei auf Marek zu. Dieser lag stöhnend auf den Boden, in der Nähe der zerstörten Box und hielt sich an der verletzten Schulter. Das Blut rann fast wie Wasser von seiner Hand herab.
If you stumble upon this narrative on Amazon, be aware that it has been stolen from Royal Road. Please report it.
»Marek!«, rief Lenius und half ihm, sich aufzusetzen. Elyon ging zu den beiden anderen Männern, die mit einem überrumpelten Gesichtsausdruck da standen. In ihren Händen hielten sie die Sachen, um die Elyon gebeten hatte. Dem linken Mann, mit glatten, braunen Haaren, nahm sie die Eimer mit Wasser ab.
»Gebranntes. Schnell«, sagte sie.
Glatthaar starrte Elyon entgeistert an.
»Sofort. Verletzt!«, zischte sie und er setzte sich in Bewegung. Sie stellte die Eimer vor einer Werkbang ab, dann nahm sie dem anderen einen der Körbe ab. Schnell bereitete sie mit Hilfe des Mörsers und etwas Wasser eine Paste mit den Kräutern aus der Truhe zu. Als sie fertig war, kam Glatthaar zurück und gab ihr eine Flasche Branntwein. Vollbepackt ging sie zu Marek und Lenius.
»Halt ihn«, befahl Elyon.
Lenius schlang seine Arme um Marek, während Elyon sein Hemd aufschnitt. Als die Fransen sich von seiner offenen Wunde lösten, brüllte er auf und wand sich in Lenius' Griff. Sie nahm sich den Eimer mit kaltem Wasser und schüttete es über seine Schulter. Erst jetzt konnte sie den Schaden genauer sehen. Sie presste die Lippen zusammen. Der Drache hatte etwas von der Schulter weggebissen und dabei auch das Schulterbein gebrochen. Lenius wimmerte leise und wandte den Kopf ab, während Elyon den Branntwein auf die Wunde schüttete. Marek zuckte, doch er biss die Zähne zusammen und hielt so still, wie es ihm möglich war. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß.
»Mach dir nicht zu viele Gedanken. Er ist ein Drache. Die Wunde sollte heute Abend wieder geheilt sein. Spätestens Morgen«, presste Lenius heraus.
Entgeistert stellte Elyon den Branntwein langsam auf den Boden. »Heilen? Von alleine?«
Lenius nickte und löste seinen Griff von Marek. Mit seinem Hemdsärmel wischte er sich den Schweiß von der Stirn. »Drachenblut besitzt schnelle Heilkräfte. Wir können uns von fast jeder Verletzung erholen, selbst in unserer menschlichen Form.«
Elyon stutzte. Dann nahm sie ihr Kurzschwert und schnitt sich tief in die Hand. Lenius und Marek schnappten erschrocken nach Luft, dann nahm sie mit den Fingerspitzen etwas Blut, das über Mareks Brust klebte, und tupfte es auf ihre Handfläche. Das fremde Blut sickerte in die Wunde und verschwand spurlos, als wäre es nie da gewesen. Danach spürte sie ein sanftes Kribbeln in der Wunde. Etwas Blut trat aus dem Schnitt heraus, bildete eine Kruste auf ihrer Handfläche, die jedoch nach einigen Momenten abfiel und enthüllte eine völlig geheilte Hand.
Elyon schloss und öffnete sie, fuhr mit den Fingern über die Handfläche, weil sie es nicht glauben konnte und tausend Fragen schossen ihr durch den Kopf.
Wie war das möglich? Was war in ihrem Blut, das solche Heilkräfte besaß? Andere Tierarten kamen ihr in den Sinn, die ebenfalls schnell heilen konnten. Schnecken und Delphine. Doch nicht in so einer Geschwindigkeit wie das, was auf ihrer Handfläche geschehen war.
»Elora? Kannst du die nächsten Drachen bitte nicht töten? Solltest du sie nicht beruhigen können, dann überlass sie mir. Ich setze sie in die Wildnis aus.« Lenius seufzte und rieb sich die Stirn. »Das ist schon der vierte Drache, den wir in den letzten zwei Wochen verloren haben. Die anderen drei musste ich wegschicken.« Er musterte sie von Kopf bis Fuß. »Wie alt bist du eigentlich? Wie kannst du dich so schnell bewegen? Und wieso kennst du dich mit Krankenversorgung aus?«
Statt zu antworten, betrachtete Elyon Mareks Schulterwunde. Das Blut hörte bereits auf zu fließen, der Knochen, der vom Schulterbein leicht abgestanden war, kehrte vor ihren Augen langsam in seine Position zurück und wuchs wieder zusammen. Als würde die Zeit zurückgedreht werden und die Wunde so rückgängig gemacht.
Da kam ein Winseln aus dem hinteren Teil des Stalls. Elyon löste die Augen von der Schulter, stand auf und ging zu den drei Drachen, die ihre Körper wie Schlangen eng zusammen geschlungen hatten. Sie starrten ihr mit erschrockenen, gelben Augen entgegen. Was genau sie verängstigte, konnte Elyon nur vermuten. Anscheinend hatte ihr Angriff auf den nun toten Drachen ihnen gezeigt, zu was sie wirklich fähig war. Angst war zwar nicht das, was Elyon in ihnen erwecken wollte, doch das war schon mal ein viel besserer Anfang, um mit ihnen arbeiten zu können. Sie musste die Gelegenheit nutzen.
»Elora?«, fragte Lenius.
»Lenius, Hof leeren. Bringe einen Drachen nach draußen. Werde sie zähmen.«
–
Es war, als wäre sie zurück auf der Sturminsel. Ein Drache stand vor ihr. Um sie herum, linsten die Burgbewohner aus den Fenstern und Türen in den grauen Mauern heraus. Doch dieses Mal war der Drache nicht wütend. Und er war angekettet. Lenius und ein weiterer hellgrauer Drache hielten seine Ketten mit ihren Mäulern fest, damit das verängstigte Wesen nicht wegflog.
Jedes Mal, wenn er Elyons Blick traf, winselte der dunkelgraue Drache und zog an den Ketten, um von ihr zurückzuweichen.
Etwas Traumtod lag bereits in ihrer Hand. Sie atmete tief ein, um ihren Kopf zu klären und ihren Fokus zu schärfen. Alles, was sie nun wahrnahm, war der Drache. Seine Körperhaltung, seine Mimik, die Geräusche die er von sich gab.
Als sie einen Schritt nach vorne ging, zuckte der Drache zurück und winselte lauter. Elyon hätte sich das Blut von der Kleidung abwischen sollen, doch sie hatte keine Zeit mehr gehabt. Wahrscheinlich beunruhigte ihn auch der Geruch des Krauts in ihrer Hand. Egal was es war, sie musste ihn zuerst beruhigen. Also ging Elyon in die Hocke und näherte sich ihm so langsam an.
»Alles gut. Ich tue nichts.« Sie wiederholte leise diese beiden Sätze, bis der Drache die Mauer der Burg erreichte und ihr nicht mehr ausweichen konnte. Die Ketten waren stramm gezogen. Lenius und der Hellgraue brachten ihn mit einem heftigen Ruck an den Ketten wieder einen Schritt nach vorne. Doch der Dunkelgraue weigerte sich, lehnte sich gegen den Zug auf und drückte sich zurück an die Wand. Die Ohren waren eng an den Nacken angelegt, die Augen weit aufgerissen. Da er keinen Angriff zu wagen schien, setzte Elyon sich auf den staubigen Boden hin und starrte auf seine Füße, ohne sich weiterzubewegen.
Nach ein paar Augenblicken ebbte das Winseln ab, auch wenn seine Beine noch zitterten. Elyon kannte sich mit vielen Tieren aus und wusste, welche Geräusche oder welche Haltung es brauchte, um sie zu beruhigen. Doch Drachen waren anders. Sie waren Menschen, aber auch irgendwie nicht. Und Menschen konnte sie nicht zähmen. Sie musste völlig neu lernen, wie sie mit diesen Mischwesen umging. Doch sie hatte es schon einmal geschafft. Oder fast. So öffnete sie ihren Mund, um das zu tun, was Elyon sonst immer vermied, seitdem es ihr von ihrer Mutter und ihrer Amme eingeschärft worden war.
»Alles ist gut. Bin hier, um zu helfen.« Elyon öffnete die Hand mit dem Kraut und hielt sie ihm hin. »Gut für dich. Beruhigt. Klarer Verstand.«
Sie murmelte immer weiter. Einfache, doch erklärende Sätze. Der Drache zitterte nicht mehr, sondern hielt inne und richtete seine Ohren nach vorne. Nach ein paar weiteren Worten, löste der Hellgraue sich von der Wand und kam einen winzigen Schritt näher. Er schnupperte in der Luft.
»Essen. Ist gut für dich«, sagte sie sanft. Mit dem Kopf dicht über den Boden, kam der Drache näher und starrte auf ihre Hand. Elyon bewegte sich nicht, sondern wartete, bis er endlich nahe genug war. Erst dann streckte sie ihre Hand näher auf ihn zu.
Der Drache schnupperte, starrte sie an und schnupperte wieder. Dann hielt er inne, mit den Augen auf das Kraut gerichtet, schien er zu überlegen, ob er es nun schlucken sollte, oder nicht.
Endlich öffnete er sein Maul und streckte seine Zunge raus. Elyon legte das Kraut hinein. Der Drache schluckte den Traumtod und schüttelte dann angewidert seinen Kopf. Er setzte sich hin. Mittlerweile waren seine Ketten erschlafft und die beiden hellen Drachen setzten sich ebenfalls hin.
Statt gelb zu leuchten, wurden seine Augen langsam dunkler. Elyon lächelte zufrieden in sich hinein und stand auf. Der Drache wich nicht vor ihr zurück, sondern sah sie neugierig an. Wieder hielt Elyon still und wartete, den Blick wieder hauptsächlich auf die Drachenpfoten gerichtet und beobachtete den restlichen Körper aus den Augenwinkeln.
Irgendwann stieß er ein tiefes Geräusch aus, ähnlich wie ein Gurren und trat auf sie zu. Sie belohnte ihn mit etwas mehr Traumtod aus ihrem Beutel. Dieses Mal öffnete er gleich sein Maul und ließ sich füttern. Elyon hielt wieder still, beobachtete ihn. Langsam, färbten sich seine Augen in ein dunkles Braun.
»Komm mit, zurück in den Stall.«
Der Drache rührte sich nicht. Und Elyon dachte bereits, dass sie es noch nicht geschafft hatte. Dass der Drache noch zu wild war, um auf sie zu hören. Doch er erhob sich und kam ein paar Schritte näher. Lenius und der andere Drache standen ebenfalls auf und folgten ihm, langsam und mit einigem Abstand.
Elyon hob ihre Hand flach zu ihm hin. »Hand folgen. Nur darauf schauen. Nirgendwo anders.«
Er senkte seinen Kopf und starrte auf ihre Handfläche. So weit, so gut. Sie begann rückwärts auf den Stall zuzugehen. Ohne ihn auch nur für einen winzigen Moment aus den Augen zu lassen. Elyon beobachtete vor allem seine Augen. Sollten sie sich wieder umfärben, würde sie sich hüten müssen. Doch die braune Augenfarbe blieb, der Drache folgte ihr. Als sie die offene Stalltür erreichte, zog Elyon noch mehr Traumtod heraus und gab es ihm.
»Gut gemacht.«
Elyon bedeutete Lenius die Ketten loszulassen. Sie ging in den Stall hinein und der Drache folgte ihr. Sobald sie sich dem hinteren Teil des Stalls wieder näherten, winselten die anderen zwei dunkle Drachen wieder. Doch der Dunkelgraue, der Elyon folgte, brummte laut und brachte sie zum Schweigen. Sie merkte sich das Geräusch. Es würde ihr hoffentlich gleich bei den zwei übrigen helfen.
Elyon öffnete die Box für den Drachen und er ging widerstandslos hinein und legte sich wieder hin. Sie gab ihm ein letztes Mal etwas von dem beruhigenden Kraut, dann schloss sie die Tür und atmete tief ein. Einer war geschafft. Es fehlten nur noch zwei.