Meta nickte im stillen Einverständnis. Sie schien sich nicht mehr zu sträuben. Catjill schwebte zu Meta und schmiegte sich beruhigend an ihre Wange. Meta griff mit ihrer Hand in sein weiches Fell. Etienne wandte sich von ihnen ab und betrachtete den Eingang vor ihr. Eine kleine Leiter führte einige Schritte nach unten. Sie konnte verstaubtes Marmor sehen, in welchem sich das Licht ihres Talismans spiegelte.
„Ich werde vorgehen. Wenn ich dir sage, dass es sicher ist, kannst du nachkommen“, sagte Etienne und sprang hinunter. Etienne wünschte sich, sie könnte die ganzen Spinnennetze ignorieren, aber die kleinen Spinnen schwirrten durch die Lüfte auf ihren unsichtbaren Fäden, dass sie nicht anders konnte, als angewidert das Gesicht zu verziehen. Und dann stellte Etienne etwas Unerwartetes fest, als eine von den kleinen Monstern an ihr vorbei schwirrten. Das waren gar keine echten Spinnen. Sie trat vorsichtig zu einer von ihnen, welche an den Weben in einer Ecke des Raumes neben der Leiter saß. Sie waren dunkel und aus der Entfernung schwer zu erkennen, denn Etienne traute sich nicht näher heran, aus Sorge, sie würde sie verschrecken. Dennoch war sie sich sicher, dass ihre Oberfläche zu eben war. Keine Härchen, welche die Beine zierten, keine anderen Farben, als nur dunkles Schwarz. Diese kleinen Spinnen waren auch Schatten. In diesem Haus schien alles aus Schatten zu bestehen. Etienne atmete tief durch und drehte sich um.
Meta und Catjill blickten durch den Kamineingang zu ihr herunter. Sie nickte ihnen aufmunternd zu und machte sich dann auf, den restlichen Gang zu erkunden, an dessen Ende eine dunkle Tür auszumachen war. Etienne versuchte die Weben wegzuschlagen, während sie zu dieser ging, und trat um die dunklen Spuren am Boden herum. Neben der Tür lag ein in sich zusammengesacktes Skelett, welches sie vorsichtig durch die zweite Ebene musterte. Nach kurzem Betrachten stufte sie es als ungefährlich ein, zumindest vorerst. Etienne öffnete die Tür und trat in einen großen, dunklen Raum hinein.
„Ihr könnt hineinkommen“, rief sie den anderen beiden zu. Sie sollten nicht zu weit weg von ihr sein.
Sie hörte, wie Meta eher ungeschickt hinuntersprang und dann nach einem dumpfen Knall einen leisen Schmerzenslaut von sich gab. Als Etienne sich nach ihr umblickte, sah sie, wie sie sich langsam wieder aufrichtete und sich das Knie rieb. Catjills Ohr zuckte, als eine der Weben es streifte und dort hängen blieb. Panisch fing er an, sich mit der Pfote das Ohr zu reiben und schmiegte sich dann näher zu Meta, versuchte den anderen Weben auszuweichen.
Als Meta mit Catjill zu ihr trat, ging Etienne langsam durch die Tür und ließ ihren Stein heller leuchten.
„Kennst du diesen Raum“, fragte sie Meta.
„Nein“, sagte sie kleinlaut.
Sie kamen in einer beachtlich großen Halle heraus, welche prall gefüllt war mit den unterschiedlichsten Gegenständen. Es gab Gold und Edelsteine, welche unter Etiennes Licht funkelten, und ganz viele alte Särge, alte Mosaike und Gegenstände, für die Magier und Hexen töten würden. Etienne entdeckte Artefakte wieder, von denen sie sich nicht sicher war, ob sie echt waren. Wenn doch, dann vermerkte sie sich in ihrem Kopf, dass es sich lohnen könnte, nach hierhin noch ein Mal zurückzukehren und sich vielleicht das eine oder andre noch mal genauer anzuschauen.
Ein paar Stauen aus Stein und Marmor schienen aus der alten Welt zu stammen. Sie waren teilweise beschädigt, sahen aber aus, als hätte jemand versucht sie zu restaurieren. Andere sahen aus, als hätte man versucht, sie nachzubauen und dabei sehr erfolgreich gewesen, wenn sie denn nicht teilweise kaputt wären.
Etienne blickte wachsam durch die Halle, sah einige Regale, in welchen noch mehr Gegenstände zu finden waren. Sie war sich nicht so ganz sicher, wo sie anfangen sollte.
Sie trat langsam in den Raum und versuchte die ganzen Gegenstände auf dem Boden zu meiden. Wenige Schritte weiter entdeckte sie eine weitere Statue aus Stein am Boden liegen. Sie trat vorsichtig an ihr vorbei und meinte zu Meta und Catjill, „Bleibt hier hinten. Ich schaue mich um. Catjill, ist hier etwas, worum ich mir Sorgen machen muss.“
„Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen zu machen brauchst“, sagte er. Etienne blieb kurz stehen und dachte über seine Aussage nach. Dann fragte sie noch mal, „Ist hier eine andere Präsenz im Raum, als wir drei?“
„Ja“, sagte er. Sie sah kurz stirnrunzelnd zu ihm.
„Was?“, meinte er, „Ich beantworte nur deine Fragen.“
„Was ist es?“, fragte sie Catjill.
„Ein Geist“, antwortete er.
„Wo ist dieser Geist?“, fragte Etienne weiter, leicht genervt, da er immer zu den seltsamsten Momenten entschied, nicht mehr so viel zu quatschen. Catjills kreuzförmige Augen wanderten durch den Raum und kamen in der Ecke zu ihrer Rechten zur Ruhe. Etienne blickte auch dorthin, entdeckte aber nichts. Entweder war es kein starker Geist und er konnte wahrscheinlich nur in der ersten Ebene existieren oder er hat sich aus irgendeinem Grund noch nicht dazu entschieden, sich ihnen zu zeigen. Falls er schwach war, könnte Etienne schnell nach dem Stein suchen und hoffen, dass die verfluchten Gegenstände nicht erwachen würden, um sie zu belästigen. Sie blickte in den zweiten Raum. Die Sicht verschwamm etwas und nach kurzer Zeit konnte sie in der Ecke einen alten Mann stehen sehen. Seine grau leuchtenden Augen starrten in die ihren. Etienne konnte Wut drin sehen. Dunkle Schleier legten sich um seine Gestalt, wanderten um ihn herum und Pfade schienen von ihm aus in andere Bereiche des Raumes zu verlaufen. Etienne folgte diesen mit den Augen und entdeckte ein altes Schwert, welches von dem Nebel umhüllt wurde. Ein weiterer Schatten schlang sich um ein Buch und einer endete in einem der Särge. Weitere verschwanden in der Decke. Etienne hatte die Vermutung, dass der Hund, dem sie draußen begegnet waren, und die verfluchten Puppen ebenfalls davon umschlungen waren. Sie konnte nicht einschätzen, ob er gefährlich war, aber er sah auf jeden Fall nicht freundlich aus. Sie ließ die Sicht in den zweiten Raum fallen und sah zu Meta und Catjill. Catjill erwiderte ihren Blick, „Ich glaube, du solltest dich beeilen. Die linke, hintere Ecke. Irgendwo dort. Such selbst.“
A case of literary theft: this tale is not rightfully on Amazon; if you see it, report the violation.
Etienne drehte sich dem Bereich zu, den er genannt hatte und lief hin. Sie würde den Stein finden. Solange es nicht nötig war, würde sie mit dem Geist nicht interagieren. Dann würde sie Meta packen und einen Weg nach draußen suchen. Sie könnten zum Dach gehen und Etienne würde Catjill nutzen, um Meta in Sicherheit bringen zu lassen. Oder sie könnten sich überlegen, an welchen Gegenstand der Geist gebunden war. Geister konnten auch ohne eine Verbindung zum ersten Raum existieren, aber dann wären sie nicht in der Lage, in diesen zu wandern. Seine Schatten ließen Etienne jedoch vermuten, dass er das durchaus konnte, also müsste es etwas geben, was ihn mit dem ersten Raum verband. Dafür müsste sie mehr über den Geist in Erfahrung bringen und ihre einzige Quelle war Meta. Alles andere wäre zu zeitaufwendig und dafür war die Umgebung nicht sicher genug, zumindest nicht mit jemandem, den sie stetig schützen musste.
Etienne blickte die Regale durch. Desto mehr sie sah, desto weniger konnte sie fassen, dass ein einzelner Mann so viel gesammelt hatte. Wenn die großen Familien davon wüssten, dann würde Calisteo wahrscheinlich zum Zentrum eines Machtkampfes werden. Vielleicht war das der Grund, weshalb Gilgian das Haus verschlossen gehalten hatte? Verstand er das Ausmaß dessen, was sich hier angesammelt hat? Meta schien es nicht zu verstehen. Sie ging verwirrt an der Tür auf und ab, sah zwischendurch die Gegenstände an, aber hauptsächlich blickte sie zu den Edelsteinen und den Münzen, welche verteilt im Raum lagen oder in die Ecke, in welcher der Geist sein sollte. Dabei ging sie an weiteren, unscheinbaren Gegenständen vorbei und schenkte diesen keine Beachtung, obwohl Etienne Menschen kannte, welche für diese töten würden.
In einem der Regale erblickte Etienne ein rötliches Schimmern. Sie schob die Gegenstände beiseite, und betrachtete dieses.
„Hast du es?“, meinte Meta von der anderen Seite des Raumes.
„Nein“, sagte Etienne, „Wobei ich das auch gerne mitnehmen würde.“
„Was ist das?“, fragte Meta und Etienne ging auf das Gespräch ein, da sie vermutete, dass es Meta die Anspannung nehmen würde, „Ein Relikt von Rosemary Dupont. Sie hatte es genutzt, um die Magie von Gegenständen auszuschalten. So konnte sie beispielsweise in Orte eindringen, welche von Magie geschützt wurden. Sie ist damit überall reingekommen.“
„Rosemary Dupont“, wiederholte Meta, „Ich hätte nie gedacht, dass Vater von solchen Persönlichkeiten etwas hat.“
Rosemary Dupont war nach dem Zusammenbruch der alten Welt noch ein Kind gewesen, dennoch, zusammen mit ihrem Bruder unter der Führung von Blue Moon, hat sie mitunter dafür gesorgt, dass die Menschen den Kampf gegen die Bestien, welche sie überrannt hatten, gewonnen haben. Sie haben die Welt stabilisiert, welche so menschenunfreundlich geworden war. Die Geschichten wurden in allen Schulen gelehrt.
Etienne sah wieder zum Geist und blickte in den zweiten Raum. Er war diesmal näher an Meta. Betrachtete sie von oben bis unten. Sie strahlte in vielen bunten Farben. Hauptsächlich jedoch in Blau, was ihrer Angst zur Schulde war. Etienne spannte sich an und nickte Catjill zu. Er würde sie beschützen, wenn es dazu kommen sollte. Sie würde mit ihm den Preis dafür später aushandeln. Auch das war ein Teil ihres Vertrages.
Sie blickte weiter die Regale durch und fand ein Kästchen, welches ihr bekannt vorkam. Es sah ähnlich dem, welches Raffael an sich genommen hatte.
Sie packte es und betrachtete die Verzierungen, welche diese schmückten. Nachdem sie sich versichert hatte, dass dort nichts gefährlich dran war, öffnete sie das Kästchen und sah zufrieden, dass der zweite Stein von Expulsio dort drin verstaut war. Sie packte das Kästchen in ihre kleine Tasche, in welche gerade mal genug Platz für dieses und ihre kleine Tasche mit den Ampullen war. Sie hatte ein oder zwei, welche ihr gegen Geister helfen könnten. Wenn es hart auf hart kommen sollte, würde sie ihnen einen weiteren Tod bescheren. Doch sie würde das lieber vermeiden.
Etienne sah nach dem Geist. Erschrocken musste sie feststellen, dass er in ihre Nähe gekommen war. Er blickte sie weiterhin wütend an. Etienne konnte nun einen besseren Blick auf ihn erhaschen. Er war hochgewachsen und dürr. Die Hälfte seines Gesichtes war in einem dicken Bart gehüllt, welcher sie an einen dichten Busch erinnerte. Oder an das Dickicht, welches im Garten gewütet hatte.
Sie lächelte ihm verunsichert entgegen. Er knurrte sie an. Wahrscheinlich hatte er schon festgestellt, dass so lange Catjill in Metas Nähe war, er ihr nichts tun konnte. Also war sie das nächste Ziel. Die dunklen Schleier zogen sich in ihre Richtung, versuchten, sie zu umkreisen. Sie trat um ihn herum, zurück zu Catjill und Meta. Meta sah sie erwartungsvoll an, „Wie sollen wir nun hier rauskommen?“
Etienne zögerte kurz, als sie beobachtete, wie der Blick des Geistes zu ihr wanderte. Er knurrte erneut, wütend.
Etienne hörte ein Geräusch hinter sich. Es hörte sich nach einem Klappern an, gefolgt von einem unangenehmen Knirschen. Hinter ihnen erhob sich das Skelett, welches nun von dunklen Schatten umgeben war. Es schien sein Gleichgewicht nicht halten zu können, kämpfte damit, nicht wieder auf den Boden zu fallen. Etienne sah wieder schnell zum Geist. Die Wut verzerrte sein Gesicht.
„Oh mein Gott“, wimmerte Meta, sie ging näher zu Etienne.
„Catjill“, meinte Etienne zu ihm, „Kannst du die Verbindung zwischen ihnen brechen?“
Der Kater sprang von Metas Schulter hinunter und sprang durch die Schatten, welche den Geist mit dem Toten verband. Das Skelett fiel in sich zusammen. Etienne hörte erneut ein Knurren. Sie blickte zum Geist und sah noch, wie sein Gesicht sich verzog und er einen markanten Schrei ausstieß. Meta schrie auf und hielt sich die Ohren zu.
Etienne bemerkte, wie die Raumgrenze auseinander gerissen wurde, als er versuchte sich gewaltsam in der ersten Ebene zu manifestieren. Es gelang ihm, wenn auch nicht sehr erfolgreich. Staub und Luft bewegte sich um seine geistige Gestalt, ließen Konturen erkennen, die einst zu seinem Aussehen gehört haben. Sie füllten Lücken und Stellen, welche er selbst durch seine Magie nicht rekonstruieren konnte. Eine alte, bärtige Gestalt stand nun vor ihnen. Seine Form war noch nicht richtig gefasst. Dies war ein Zeichen dafür, dass er seine Macht nicht richtig unter Kontrolle hatte. Das konnte kein alter Geist sein. Erst einige Jahre.
„Nun haben wir ihn wirklich wütend gemacht“, meinte Catjill, der sich wieder zu Meta stahl.
„Bleib bei ihr“, befahl ihm Etienne. Sie würde schauen, ob sie mit dem Geist eine Abmachung eingehen könnte. Wenn er sich gezeigt hat, würde er sicherlich mit ihnen sprechen wollen. Ansonsten würde er weiterhin aus dem zweiten Raum heraus sie angreifen. Nun, wo sie jedoch wusste, was die Quelle verfluchten Gegenstände war, würde er es schwerer haben. Catjill könnte alles auf dem Weg unschädlich machen, indem er die Verbindung zum Geist löste. Somit würde er nichts mehr aktivieren können.
Der Geist schien es aufgegeben zu haben, seine Gestalt zu stabilisieren und hatte stattdessen nur sein Gesicht klar identifizierbar manifestiert.
Meta schnappte hinter Etienne nach Luft und Etienne blickte kurz zu ihr. Mit großen Augen blickte sie zu der Gestalt.
„Oh. Oh Gott Etienne, das ist mein Vater“, sagte sie leise zu ihr.
Etienne sah wieder zu der Gestalt. Es war keine überraschende Erkenntnis. Blieb nur herauszufinden, was sie mit ihm machen sollte.