„Er ist da schon eine Weile“, sagte Etienne und er bemerkte, dass sie ihn ansah, „Wer ist das?“
Er versuchte seinen Gesichtsausdruck zu bewahren und sah wieder zu ihm, „Das ist Braad. Er ist nicht häufig an der Schule. Und er ist nicht gerade gesellig.“
„Weißt du, wieso er das macht?“, fragte sie.
„Keine Ahnung. Ich habe nicht so viel mit ihm zu tun, um ihn gut einschätzen zu können. Vielleicht ist er in sie verknallt und malt sich Chancen aus. Meta ist genauso sehr ein Außenseiter wie er.“
„Wusste gar nicht, dass man so seine Liebe gesteht“, sagte sie und er hörte die Missbilligung heraus.
„Hast du vor, dich einzumischen?“, fragte er. Das war die Frage, die ihn wirklich interessierte. Braad war nicht kompliziert, aber er war es auch nicht wert, sich mit seiner Familie anzulegen. Diese waren auch nicht kompliziert, aber könnten nervig werden.
„Sollte ich?“, fragte sie zurück, „Sag du es mir, da du scheinbar sowieso alles besser weißt.“
Er warf ihr einen säuerlichen Blick zu, doch sie grinste einfach nur vor sich hin.
„Wenn wir es Gilgian sagen, wird er ihn zusammenschlagen“, sagte Raffael, „Er ist in Elias’ Provinz. Das wird Konsequenzen haben. Und wahrscheinlich einen Toten. Ehrlich gesagt möchte ich es Gilgian gar nicht wissen lassen.“
„Was tun wir dann?“, fragte sie und es fühlte sich wie ein Test an.
Er legte seinen Kopf auf seine Arme und sah von unten zu ihr herauf. Ihre grünen Augen stachen in dem dumpfen Licht besonders unter den schwarzen Haaren hervor. Sein Blick fiel auf ihre blasse Narbe und er wunderte sich, woher sie diese hatte, doch dann verschwand die Frage aus seinem Kopf, als er ihren herausfordernden Blick sah. Und er weigerte sich bei ihr einen Rückzieher zu machen.
„Sollen wir etwas tun?“, fragte er.
„Du hast gesagt, ich soll zu dir rennen, wenn etwas passiert. Zeig was du kannst.“
Ihre Augen blitzten auf, als sie den Blick wieder von ihm abwandte und sich dem Geschehen unter ihnen wandte.
„Lass uns sein Handy klauen“, schlug er vor.
Sie lachte, „Schon wieder Diebstahl? Wieso wundert mich das nicht.“
„Es ist nicht so, als würden aktuell viele produziert werden“, erklärte er, ohne darauf einzugehen, „Er wird mächtig Ärger bekommen, wenn er es verliert. So viel kann sich seine Familie auch nicht leisten. Und wenn er ein Zweites bekommt, tun wir dasselbe. Und dann wird er fürs Erste keines mehr haben. Und es wird keine Toten geben.“
Sie lächelte zufrieden, „Und wie willst du das anstellen?“
„Einer von uns lenkt ihn ab, der andere holt es sich. Er wird uns gleich sowieso zeigen, wo er es verstaut. Mich hasst er leidenschaftlich und zeigt das auch sehr gerne. Also werde ich ihn damit gut ablenken können, wenn ich mich einfach vor ihn stelle. Dich kennt er noch nicht, aber ich will wetten, wenn die hübsche Neue ihn anspricht, wird er ganz hin und weg sein.“
Sie blinzelte überraschte und er verspürte Genugtuung, an ihrem nichtssagenden Lächeln gerüttelt zu haben. Beobachtete sie dann weiter dabei, wie sie es überdeckte und es ihr schnell gelang, aber nicht schnell genug, dass sie es verbergen konnte.
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„Ich will nicht, dass er mich sieht.“
Und wenn er bedachte, wie Braad gerade mit Meta umging, wollte er es auch nicht.
„Dann werde ich ihn ansprechen. Und du erledigst den Rest“, sagte er und beobachtete ihn dabei, wie er das Handy in eine hintere kleine Tasche seines Rucksacks steckte, „Und nachdem wir unseren Plan erfolgreich hinter uns gebracht haben, was hältst du davon, wenn wir danach über einen zu Halil sprechen?“
Auf einmal drehte sie sich zu ihm um und sah ihn direkt an, „Ich mache dir ein Angebot.“
„Ah ja?“, fragte er überrascht.
„Gib mir Zeit bis morgen Abend und ich werde dir einen guten Plan zu Halil präsentieren. Du wirst sehr überrascht sein.“
„Werde ich das?“, fragte er und richtete sich auf, „Und wenn nicht?“
Sie grinste, „Ich versichere dir, du wirst sprachlos sein, wie einfach ich dir eine Lösung präsentieren werde. Und nachdem du mir deine zu diesem Problem gezeigt hast, ist es nicht fair, mir dieses hier zu lassen?“
Sie hatte bereits etwas ausgeheckt. Sein Instinkt sagte es ihm. Und er vertraute ihr keinen Moment, dass sie ihm morgen Abend etwas präsentieren würde. Blieb nur für ihn zu klären, ob er bereit war, ihr das in die Hand zu geben oder nicht. Das Bild des Crawlings schoss ihm durch den Kopf und er wurde nur zu neugierig, wie sie das Problem angehen würde. Und seine Neugierde war groß genug, dass er sich darauf einlassen wollte.
„Gut“, sagte er, „Aber dann will ich morgen Abend alles dazu hören.“
Sie strahlte ihn an und er kaufte es ihr nicht ab, „Einverstanden.“
„Und wir werden über Verbesserungsmöglichkeiten sprechen. Uns austauschen und das Beste daraus machen.“
Sie nickte feierlich,. „Natürlich.“
Er schnaubte und sah dann wieder hinunter. Meta machte sich auf den Rückweg mit einem Haufen Bücher, welche sie sich ausgeliehen hatte. Sie war immer so ernst, was das Lernen anging, und sie war nicht schlecht darin. Wenn sie nicht mit Gilgian verwandt wäre, würde er versuchen, sie ihm abzuwerben.
Braad duckte sich hinter den Regalen und Raffael seufzte, als er das sah. Unmöglich, das Meta ihn nicht merkte. Aber sie tat es wirklich nicht.
„Sollen wir bis nach der Pause warten?“, fragt er
Etienne nickte grinsend. Er merkte, dass sie es zu genießen schien, aktiv zu sein. Kein Wunder, dass sie sich mit Halil angelegt hatte. Mittlerweile glaubte er, dass sie sich selten wirklich zurückhalten konnte oder es überhaupt wollte. Nicht das, was er in diesem Maß von einem Herrscher wollen würde.
Sie warteten, bis es geklingelt hatte, und er hatte sich in der Zeit ein Buch als Alibi herausgesucht. Meta schien auch die Pause abzuwarten, denn sie ging erst durch die Tür nach draußen, nachdem einige Minuten vergangen waren. Mitleid flammte in seiner Brust auf. Er wusste, dass sie es nicht einfach an der Schule hatte, aber ihm war nicht bewusst, wie sehr sie die anderen Menschen zu meiden schien. Er hatte es auch nie wirklich mitbekommen, nur Geschichten gehört. Nachdem Gilgian Herrscher wurde, wurde es etwas leiser um sie und er hatte es dann nach all den Ereignissen, welche in seinem Leben stattgefunden haben, vergessen.
Sie beobachteten kurz, ob Braad Meta folgen würde, doch er tat dies nicht. Stattdessen setzte er sich an einen hinteren Tisch in der Bibliothek. Raffael sah sie auffordernd an und Etienne nickte ihm zu. Sie hatten sich kaum darüber ausgetauscht, was sie jeweils vorhatten zu tun. Es fühlt sich sonderbar für ihn an, denn normalerweise plante er mit seinen Leuten jeden Schritt akribisch und ging dann in Aktion, wenn er wusste, wer wo stehen und was derjenige tun würde.
Er sah zu ihr, wie sie zwischen den Regalen ging und musste grinsen. Das erinnerte ihn so sehr an ihr Abenteuer von vorgestern. Und irgendwie zweifelte er nicht daran, dass es funktionieren würde.