Das Licht schien auf Meta, welche ihre zitternden Hände in Catjills blaues Fell vergrub. Sie atmete langsamer, hielt die Augen geschlossen. Etienne rührte sich nicht, wollte ihr diesen friedlichen Moment nicht nehmen, in welchem sie scheinbar langsam wieder zur Ruhe kam.
Als ihre grauen Augen sich wieder öffneten und zu ihr wanderten, sah sie wieder die vorsichtige Fassung, mit welcher sie auch die letzten Tage alles um sich herum betrachtet hat. Dann wanderten ihre Augen hinter Etienne und die Fassung verschwand.
Etienne blinzelte verwirrt und drehte sich dann wieder um, nur um sich Auge um Auge mit den strahlend blauen Knöpfen einer Puppe wiederzufinden. Sie schrie erschrocken auf und sprang zurück. Schatten huschten durch das Zimmer, die Lampe knisterte und ging aus, die Letzte flackerte weiterhin über ihr. Weitere Puppen schwebten empor, kicherten und sprachen, sagten etwas in einer alten Sprache, welche Etienne nicht kannte. Eine fing zu singen an, tanzte im Kreis über ihrem Kopf um Etienne herum. Weitere schlossen sich ihr an, während sie lachend um Etienne schwebten. Sie trat langsam zurück und durchforstete beunruhigt in ihrem Kopf nach Wissen, welches das erklären konnte. Etienne traute sich nicht, den Blick in die andere Ebene zu wechseln, zu sehr war die Sorge präsent, davon verwirrt zu werden und den Überblick über das Geschehen zu verlieren.
Eine der Puppen schoss auf Etienne zu. Etienne fing sie auf, eher sie in ihrem Gesicht landen konnte. Sie sah verwirrt zu ihr hinunter, hatte ihre roten Stoffhaare in ihrer Hand. Als ihre Hand zu brennen anfing, stoß Etienne sie von sich und trat noch einen Schritt zurück, hielt jedoch an, als ihr bewusst wurde, dass sie nun näher an Meta war.
„Meta. Raus hier“, befahl sie ihr.
Etienne schrie auf und duckte sich, als ein weiterer Schwall Puppen mit Gelächter auf sie zuflog. Weitere Spielzeuge erwachten zum Leben. Kleine Autos, welche die Polizei darstellten, von der Etienne wusste, dass es sie in Calisteo unter diesen Namen nicht mehr gab, fuhren ihr über die Füße und trafen mit Vollgas gegen ihre Schienbeine. Fliegende Maschinen flogen mit voller Geschwindigkeit gegen sie, gefolgt von den Puppen, welche Etienne unter allen Umständen vermeiden wollte, denn in diesem Chaos konnte sie nicht ausmachen, welche verflucht waren und ihr schaden konnten und welche einfach nur von den verfluchten Puppen missbraucht wurden.
Sie stolperte zurück und ein Auto schaffte es unter ihren Fuß zu kommen. Dann fuhr es mit Vollgas nach vorne, sodass sie mit dem Rücken zu Boden fiel. Der Aufprall drückte ihr die Luft aus der Lunge. Nach Luft schnappend rollte sie sich herum und beeilte sich auf die Beine zu kommen, bevor die Menge an Spielzeugen sie erdrücken konnte. Die Maschinen flogen gegen ihre Arme und Beine, versuchten sie wieder herunterzureißen. Die Puppenmenge stürzte sich auf sie, versuchte sie unter sich zu begraben.
„Catjill!“, schrie sie verzweifelt, griff nach ihren Ampullen und zögerte, weil sie diese noch immer nicht nutzen wollte. Catjills Zauber schlug in einer Welle gegen die Spielzeuge, welche gegen die Regale gewirbelt wurden. Enttäuschte Rufe und Beschwerden erfüllten den Raum. Etienne nutzte die Chance und sprang auf. Eine Puppe flog auf sie zu, sie packte sie und schmetterte sie gegen die Wand, während sie aus dem Zimmer rannte und die Tür zuknallte.
Meta und Catjill pressten sich panisch an die Wand gegenüber. Etienne saß mit dem Rücken an die Tür gelehnt, hielt sie verschlossen. Sie atmete schwer und unterdrückte ein Schauder bei dem Gerümpel auf der anderen Seite, als die Spielzeuge gegen die Tür krachten und gegen sie hämmerten.
„Ein bisschen mehr Hilfe, wäre nicht zu viel verlangt“, meinte sie an Catjill gewandt.
„Bist du verrückt?“, fragte dieser panisch, „Hast du diese Dinger gesehen? Hast du sie gesehen? Ihr Menschen seid verrückt! Wer baut sowas?“
Meta ließ sich an der Wand hinuntersinken, „Ich will nach Hause.“
„Versiegle die verdammte Tür!“, rief Etienne aus.
„Schrei mich nicht an!“, erwiderte Catjill, setzte sich aber in Bewegung und berührte mit seiner Stirn die Tür. Daraufhin sprang Etienne zur Seite und war bereit, Meta zu schnappen und wegzulaufen. Aber die kleinen Biester kamen nicht durch. Sie hörte nur noch beschwerendes Weinen.
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Schwer atmend und mit großen Augen wechselte sie den Blick in die zweite Ebene. Hinter Catjills goldener Magie, welche die Tür verschlossen hielt, sah sie dunkle Schleier eines Schattens, welcher sich wand und zuckte und versuchte durch die Tür durchzubrechen. Derselbe Schatten, den sie vorhin hat ausmachen können. Er war dichter und mächtiger geworden und Etienne fragte sich, ob er etwas mit dem stürmischen Angriff auf sie zu tun hatte. Und dass es ein Angriff gegen sie war, war eindeutig, denn keines der Spielzeuge war Meta und Catjill nach draußen gefolgt.
Schwer atmend fasste sie an ihren Hals, spürte das unangenehme Ziehen des Schmerzes. Sie packte Catjill und drehte ihn zu sich, „Siehe dir die Kratzer an. Bin ich verflucht? Haben sie mich verflucht?“
Seine großen Augen blickten panisch in ihr Gesicht. Etienne spürte das Ziehen an ihrer alten Narbe, weiteren Schmerz an der anderen Seite ihrer Wange. Sie war so froh um ihre dicke Jacke.
„Nein“, sagte der Kater, „Ich bin mir sicher, du bist nicht verflucht.“
„Ah ja?“, meinte Etienne, leicht wütend, „Wie sicher bist du dir? So sicher wie du meintest, dass niemand im Haus sei?“
Sein Fell richtete sich auf, „Ich bin mir sehr sicher! Und da war niemand!“
Etienne seufzte und atmete kurz durch. Sie war so sehr von den kleinen Monstern überwältigt worden, dass sie ihre Wut an Catjill ausließ.
„Tut mir leid“, sagte sie, „Ich glaube dir und ich hab das nicht so gemeint.“
Er riss sich aus ihrem Griff los und kuschelte sich an ihren Hals. Sie hätte ihn nicht anschreien dürfen. Beruhigend strich sie ihm durch das Fell, als er Trost bei ihr suchte, obwohl sie diejenige war, die ihn angefahren hatte.
Sie wandte sich an Meta, „Wo ist das Arbeitszimmer deines Vaters?“
Diese zögerte, doch dann erreichten die Worte ihren Verstand, „Ich bin immer noch der Meinung, dass wir von hier verschwinden sollten.“
Catjill hob den Kopf und sah sie an, „Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie uns einfach wieder heraus spazieren lassen?“
Meta fing zu stottern an, „W-Wie meinst du das?“
„Naja,“, meinte Etienne und zeigte mit dem Daumen hinter sich zu der geschlossenen Tür, „Die haben versucht mich umzubringen und wir haben sie eingesperrt.“
„Ich glaube, dass es da auch Geister gab“, sagte Catjill, „Nicht alle waren verflucht.“
„Ah, wie schön“, erwiderte Meta sarkastisch.
„Nicht wirklich“, erwiderte Catjill, welcher den Unterton nicht verstanden hatte, „Geister sind nie freundlich. Außerdem sind sie gierig. Die lassen uns nicht raus.“
„Also bist du auch gierig?“, fragte Etienne.
„Nein, du dummes Mädchen, ich bin ein Djinn. Meine Sorte ist nicht gierig, denn das hat sie nicht nötig. Wir erobern nicht, wir besitzen.“
„Das ist doch nicht dein Ernst?“, erwiderte Etienne spöttisch.
„Das ist jetzt nicht das Thema!“, schrie Meta dazwischen, ihre Stimme einige Oktaven höher, „Sind wir hier eingesperrt?“
Etienne lächelte sie an, „Das waren wir vorher auch schon.“
Meta atmete schwer, „Wie kannst du bei so einer Situation lachen?“
Etienne half ihr auf, „Es gib weitaus schlimmeres als gruselige Häuser mit mordlustigen Geistern, die nach deinem Blut trachten, um es nach deinem qualvollen Tod zu trinken und anschließend deinen Körper zu verspeisen.“
Meta sah sie schockiert mit großen Augen an, „Ist das dein Ernst?“
Catjill lachte. Etienne zwinkerte ihr lächelnd zu, hoffte, dass ihr morbider Humor Meta genauso beruhigen würde, wie er sie beruhigte. Dann schlug sie ihr auf die Schulter und sagte, „Los. Bring mich zum Arbeitszimmer deines Vaters! Und ich kümmerte mich um den Rest.“