Meta lief in den ersten Raum, den sie finden konnte. Bevor sie Etienne die Tür ins Gesicht schlagen konnte, hielt Etienne ihren Fuß davor und ging schnell hinein. Meta verschloss sie dann und ließ sich an der Wand hinabsinken. Sie atmete schnell und hielt sich die Seiten.
Etienne sah die Tür stirnrunzelnd an, „Wenn das ein Geist ist, müsste er nicht durch die Tür schweben können?“
„Halt die Klappe!“, rief Meta beinahe weinend aus, „Mach es nicht schlimmer, indem du es schwarzmalst!“
Etienne lächelte und ermahnte sich, solche Sprüche zu lassen. Meta hatte es nicht verdient in dieser Situation geärgert zu werden.
Sie probierte den Lichtschalter aus. Die eine Hälfte des Raumes erleuchtete in schwachem Licht. An der Decke hing ein Gerüst aus drei Lampen, welche in alle Richtungen des Raumes ausgerichtet waren. Eine von ihnen leuchtete nicht, sodass die hintere Ecke des Raumes weiterhin in Dunkelheit gehüllt war. Die dritte Lampe flackerte in unregelmäßigen Abständen.
„Oh Gott, wieso hast du den Schalter betätigt“, wimmerte Meta und versenkte ihr Gesicht in ihren Händen. Etienne stieß beinahe ein anerkennendes Pfeifen aus, als sie den Inhalt des Raumes sah.
„Was ist das hier alles?“, fragte sie Meta. Der Raum war gefüllt mit hunderten von Spielzeugen und Puppen. Vor allem die Puppen erregten Etiennes Aufmerksamkeit insbesondere. Sie war sich sicher, dass manche von ihnen etwas Magisches an sich hatten.
„Das ist das Spielzimmer meines Vaters“, jammerte Meta, „Oh, lass uns wieder gehen, ich habe schon immer dieses Zimmer gehasst.“
Etienne sah kurz zu Meta. Sie sah aus, als würde sie gleich wieder panisch werden und losrennen.
Also entschied sie sich, eine etwas längere Pause einzulegen und sagte, „Nimm dir einen Moment, um durchzuatmen. Ein Spielzimmer also? Und wer hat hier gespielt?“
Der Raum war mehrere Schritte lang. In der Mitte gab es eine Couch und einen Tisch. Zwei Sessel waren drumherum angeordnet. Sie sahen weich und einladend aus und Etienne würde den Teufel tun, sich auf sie zu setzen. Sie spürte den Fluch schon von mehreren Schritten Entfernung auf ihnen lasten. Ein großer, flauschiger Teppich füllte den Boden des Raumes aus. Die Wände waren voll von Regalen, an denen verschiedene Puppen und Spielzeuge aufgereiht waren. Die Puppen waren handgemacht, mit bunten Haaren und ihre Kleider waren in einem sehr alten Kleiderstil gestaltet. Manche von ihnen waren etwas dreckig und sahen aus, als hätte man versucht sie wieder zu reparieren, sich dann aber dagegen entschieden, um noch mehr Schaden zu vermeiden. Etienne kam die Vermutung, dass einige von ihnen noch aus der alten Welt stammen.
„Ich meistens. Mein Vater hat hier alles eingeschleppt, was er finden konnte“, sagte Meta und drückte sich an die Tür. Sie atmete langsam und kontrolliert. Etienne war froh darüber. Meta tat, was man ihr sagte. Wenn Etienne sich darauf verlassen konnte, dass sie weiterhin auf sie hörte, würde es deutlich leichter sein, für ihre Sicherheit zu sorgen.
„Ich will mir die Sachen nur mal kurz anschauen“, sagte sie und trat von Regal zu Regal, „Er muss ja aus allen möglichen Jahren was gesammelt haben. Die hier sieht aus, als wäre sie aus der alten Welt.“
Sie lehnte sich nach vorne zu den kleinen Spielzeugen aus Plastik. Eines sah aus wie eine Rakete. Das letzte Mal hatte sie eine vor Jahren in einem Buch gesehen.
„Bist du ein Puppenfan?“, fragte Meta und fügte dann hinzu, „Frag mich bitte nicht, was das für seltsame Geräte sind. Ich bin sicher, mein Vater hat es mir erklärt, aber es ist Jahre her.“
Etienne strahlte zu ihr herüber, „Das ist eine Rakete.“
Meta sah sie verständnislos an, „Was?“
Etienne deutet mit dem Finger nach oben, „Sie fliegt ins Weltraum und zum Mond und zu anderen Planeten.“
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Als Meta sie stirnrunzelnd ansah und sich scheinbar überlegte, ob Etienne es ernst meinte oder nicht, nahm Etienne sich dies zum Anlass, das Thema zu wechseln und ihre andere Frage zu beantworten, „Nein, kein Puppenfan. Aber diese Sammlung ist beeindruckend. Oh schaue, diese Puppe hier ist sogar verflucht.“
Sie wechselte den Blick in die zweite Ebene. Die Farben der Magie wirbelten durch das Zimmer, sättigten es, dass es sich beinahe schon schwer zu atmen anfühlte. Die Farben waren dunkel. Ein tiefes violett und blau, dunkle Töne mit schwachen goldenen Linien, welche sich aufwirbeln ließen, als Etienne durch sie hindurchlief. Doch ihre Aufmerksamkeit erlangte ein dunkler, langer Schatten, welcher von außerhalb des Raumes seinen Ursprung zu haben schien und sich um die Puppen legte. Das war kein Fluch. Etienne hatte aber keine Idee, was es sein sollte.
Meta blickte mit großen Augen zu der Puppe, auf die Etienne gezeigt hatte, „Woher weißt du das.“
„Ich hab da so ein Gespür für“, sagte Etienne und ließ ihre Sicht wieder in ihre Welt zurückkehren.
Was ist dieser Schatten?
Sie ging dann weiter durch den Raum, „Hast du die Puppen je gesehen?“
Sie sah kurz zu Meta und Meta blickte zu der Couch und dem Tisch, bei dessen näheren Betrachtung Etienne nun ein Set aus hübschen zueinanderpassenden Tassen und Tellern vorfand.
„Vater hat mich früher immer mit ihnen spielen lassen“, sagte sie dann. Sie blickte auf ihre Hand und dann wieder zu den Spielzeugen und etwas in ihrer Stimme schien zu brechen, „Sind sie wirklich verflucht?“
„Nicht alle“, versicherte Etienne ihr, „Die meisten sind normal. Aber hier und da gibt es welche, die sich seltsam anfühlen. Wobei…“
Diese hier ist nicht gerade harmlos, dachte sie.
Sie sah wieder zu Meta, welche sie ausdruckslos anschaute. Etienne fragte sie, „Ist dir nie etwas Komisches aufgefallen?“
Meta lächelte sie traurig an, „Natürlich. Ich dachte aber immer, dass diese Dinger einfach nur gruselig sind. Ich mochte nie wirklich Puppen und Vater schleppte immer welche an, die er mir dann gab. Manchmal hatte ich Albträume und das so lange, bis er das Ding wieder aus meinem Zimmer geholt hat. Und manchmal haben sie sich sehr seltsam in meinen Händen angefühlt.“
Etienne nickte, „Manche von denen erkenne ich aus den Verschriftlichungen wieder. “
„Oh wunderbar“, sagte Meta und seufzte müde.
„Bist du wieder zu Atem gekommen?“, fragte Etienne sie. Sie musterte Meta vorsichtig aus dem Augenwinkel. Sie sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen und Etienne fühlte sich furchtbar. Raffael war ihr so unter die Haut gegangen, dass sie sich dazu hat verleiten lassen, voreilig zu handeln. Nach diesem Abenteuer schuldete sie Meta eine riesige Entschuldigung.
Meta sah grau im Gesicht aus. Ihr Beine zitterten noch etwas, während sie nun an der Tür lehnte. Seit Etienne sie nach den Puppen gefragt hatte, rieb sie sich andauernd die Handflächen.
„Tut dir etwas weh?“, fragte Etienne.
Kurz überlegte sie sich, ob sie nicht doch den Weg nach draußen einschlagen sollten, doch sie verwarf die Idee wieder. Meta hatte dies zweimal vorgeschlagen und beide Male ist etwas passiert, was sie tiefer in das Haus getrieben hatte. Wenn sie es noch einmal versuchten, dann würden wahrscheinlich noch mehr Hindernisse auf sie zutreffen. Wäre es besser, den Weg zunächst ohne Probleme weiter nach vorne einzuschlagen und sich dann durch alles zurückzukämpfen? Für Etienne bestimmt. Sie hatte mit diesen Dingen hier keine großen Probleme. Meta hingegen … das war ein Problem. Etiennes Augen suchten die von Catjill und deutete mit ihrem Kopf in Metas Richtung. Sie würde mit ihm später den Preis für Metas Schutz aushandeln.
„Ich hab mir nur was gestoßen“, erwiderte sie. Catjill schwebte zu ihr und schmiegte sich an ihren Hals. Etienne musste über seinen Trost lächeln. Sie war sich nicht sicher, ob das seine Djinnfähigkeit oder ob er einfach nur sehr empathisch war. Aber sie wusste, dass wenn es drauf ankam, er seine raue Art ablegte und tröstend da war. Am Anfang war er vorsichtig, fast schon schreckhaft, bereit davon zu laufen. Doch als Meta sich seufzend an ihn zurück schmiegte, wurde er mutiger und schien fast schon erfreut, dass seine Hilfe angenommen wurde. Er hatte das noch nicht oft erlebt, dessen war Etienne sich sicher. Genau genommen, war sie sich nicht einmal sicher, ob er es je erlebt hatte. Sie hatte ihn im Wald aufgesucht, welcher verflucht und verlassen war. Es war das perfekte Versteck für einen jungen Djinn gewesen und ein wirklich furchtbarer Ort für einen Menschen.