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Calisteo - Stadt der Geister [German/Deutsch]
Die Geister der McClaines: Die Kunst des Lichts

Die Geister der McClaines: Die Kunst des Lichts

Etienne lehnte sich vorsichtig über die Kante und kniff die Augen zusammen, im Versuch etwas in der Dunkelheit ausfindig zu machen. Aber mit Ausnahme der lachenden Stimme, konnte sie nicht viel von dort unten vernehmen. Manchmal huschte etwas durch die Dunkelheit. Etienne konnte ein Schwert erkennen.

„Lass mich zuerst rein“, flüsterte Raffael und beinahe hätte sie ihn überhört, als es unten laut krachte, „Ich kann meinen Ring nutzen, mich wird nichts davon treffen. Zumindest so lange es physisch ist. Ich gebe dir dann ein Zeichen, wenn du nachkommen sollst. Und wenn er mich entdeckt, dann kann ich dir eine Chance geben, unbemerkt hereinzukommen.“

Etienne rieb sich unsicher die Finger. Das letzte Mal, als sie mit fremden Menschen zusammenarbeiten musste, war es eine Katastrophe gewesen. Und sie wusste nicht genug über ihn, um einzuschätzen, dass es diesmal nicht genauso werden würde. Aber er war hier im Haus und ist mit ihr hier heruntergekommen und auch wenn sie davon Ausging, dass seine Absichten ehrlich waren, woher sollte sie wissen, dass er in der Lage war seinen Vorschlag wirklich umzusetzen? Was, wenn er einen Fehler machte oder irgendetwas im Alleingang anstellte, was ihr zum Verhängnis werden würde?

Wartend auf eine Bestätigung wanderten seine Augen wieder nach oben. Etienne bemerkte, wie sie an ihren Händen hängen blieben und dann zu ihrem Gesicht. Fragend hob er die Brauen und Etienne presste unzufrieden die Lippen zusammen, weil sie nicht wusste, wie sie ihre Zurückhaltung verbergen sollte. Nach einem Moment schnaubte er belustigt, „Keine Sorge, ich werde dich nicht auflaufen lassen.“

„Das hab ich nicht gesagt“, erwiderte sie.

Er lachte leise, „Nein. Das brauchst du nicht.“

Raffael stand auf und drehte den Ring um seinen Finger und Etienne konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie er so einen ähnlichen genutzt hatte, um den Wächter im Château de la Fortune zu fangen. Damals hatte Crom ihm direkt seinen als Ersatz gegeben.

„Was halten eigentlich deine Beschützer davon, dass du ohne sie hier bist?“, fragte sie ihn. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Gilgian ihn schützen würde, wenn es darauf ankäme.

„Wieso hast du deine Fähigkeit noch nicht genutzt?“, fragte er zurück.

Sie blinzelte mehrmals überrumpelt, „Woher kommt diese Frage jetzt?“

Lächelnd prüfte er seine Waffe, holte das Magazin kurz heraus und ließ es wieder einrasten und anschließend berührten seine Finger ein kleines, dreieckiges Symbol am Rand und ein Zauber wurde aktivierte. Die feine Magie, welche dabei kurz freigesetzt wurde, trieb ihr die Gänsehaut die Arme hinauf. Sie konnte noch nicht genau benennen, um welchen es sich hierbei handelte, aber sie würde es herausfinden, bevor es die Chance bekommen würde, es auf sie zu richten.

„Antwort gegen Antwort. Das hatten wir schon.“

„Gut“, sagte Etienne und unterdrückte die Ernüchterung, welche in ihr hochstieg. Sie würde bei ihm nicht weiter kommen.

Er lachte wieder leise und setzte sich hin, nahm ihr Hand und drückte ihr einen Ring rein, welchen er aus seiner der Innenseite seiner Jacke genommen hatte, „Ich bin mehr als bereit, mit anderen zusammenzuarbeiten. Aber nur, solange ich es auch im selben Maße zurückbekomme. Wenn du willst, dass ich dir Fragen beantworte, musst du das auch.“

„Nur damit das klar ist“, erwiderte Etienne und steckte den Ring ein, „Du bist derjenige, der einfach auftaucht und mir Schwierigkeiten bereitet. Wenn es nach mir ginge, würde ich euch alle gar nicht kennen.“

Er zuckte mit den Schultern, „Leider sind die Dinge nun so, wie sie sind. Zeit sich anzupassen. Muss ich auch.“

Sie schnaubte und ließ das Thema dann fallen, als sie lautes Gelächter unter sich vernahm, „Gilgian ich muss schon sagen, es ist immer wieder amüsant, dich beim Kämpfen zu betrachten. Ich kann es kaum erwarten, deine Kraft auszuprobieren.“

Sie seufzte schwer und resignierte. Ohne gute Ablenkung, war die Gefahr zu hoch, dort unten entdeckt zu werden und sie wusste nicht, was in den anderen Särgen drin war und ob der Geist es wecken konnte, wenn dort etwas drin war. Und sie würde Licht brauchen, ohne dass es an ihrem Hals hing. Etienne akzeptierte, dass sie es alleine nicht angehen würde und nahm ihre Kette und gab sie Raffael, „Du musst meine Lichtquelle sein. Ich erwarte aber, dass du mir das wiedergibst.“

Sie sah ihn ernst an, als er die Kette entgegennahm, das matte Licht noch immer schwach am leuchten, genug, dass sie ihre Gesichter sehen konnten, nicht genug, um zu hell zu sein.

„Versprochen. Wie nutze ich das?“

Ihre Schultern sanken hinunter und sie atmete erleichtert aus. Er hatte es versprochen. Sie würde es wiederbekommen.

„Drücke sie leicht zwischen deinen Fingern und stell dir Licht vor. Aktiviere es genau so, wie du einen einfachen Handwerkszauber aktivieren würdest. Wenn es nicht klappen sollte … nein. Es wäre schlecht, wenn es nicht klappen sollte. Versuche es bitte zu schaffen, selbst wenn es schwach ist. Sobald du es einmal geschafft hast, versuche dann darauf aufzubauen. Mach es aber nicht zu hell. Er soll die Regale nicht sehen können. Und ich muss die Statuen ausmachen können. Die meisten liegen am Eingangsbereich. Soweit müsste es reichen, also lass es etwas mehr in die Länge leuchten, ja? Schaffst du es?“

„Noch eine bestimmte Farbe?“, fragte er mit einem Grinsen und sie war sich nicht sicher, was er so lustig fand.

„Nein. Ich muss nur etwas sehen können.“

Er seufzte und nickte erneut, wickelte die Kette um seine Hand und legte den Talisman an seine Handfläche. Wiederholte leise ihre Anweisungen.

„Sonst noch was?“, fragte er dann und sie schüttelte den Kopf.

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Dann beobachtete Etienne ihn dabei, wie er sich an dem Stein festhielt und sich dann langsam hinunterließ. Sie fühlte sich entblößt, als das matte Licht verschwand und sie in der Dunkelheit zurückließ.

Etienne entschloss sich herauszufinden, wie gut er im Kämpfen war. Es war offensichtlich, dass er nicht unfähig war. Er lehnte sich nicht zurück, während seine Untergebenen seine Arbeit erledigten, sondern packte selbst an und schien genug Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zu haben, dass er sich hier hineingetraut hatte. Aber er warf sich nicht ins Geschehen wie sie. Er war viel zu vorsichtig, beinahe schon zögerlich und ein Bild von ihm, als vorsichtigen Planer, brannte sich in ihren Kopf. Ob er immer so war? Akribisch dabei seine Zeit zu verschwenden, jede Kleinigkeit durchzugehen?

„Ein starker Schlag kann dir keine Knochen brechen, aber sobald ein Messer angeflogen kommt, blutest du wie ein Schwein“, hörte sie den Geist sagen. Er schien sehr beschäftigt zu sein.

Sie beobachtete Raffael weiter dabei, wie er hinuntersprang und auf den Flügeln des Monsters landete. Er gab keine Geräusche von sich, sein Gesicht konzentriert in den Raum gerichtet und dann hob er einen Finger an den Mund und signalisierte leise zu sein. Etienne bemerkte, wie seine Augen durch den Raum huschten und nach einigen weiteren Sekunden sah er zu ihr hoch und deutete mit der Hand, ebenfalls hinunterzukommen

Während sie das tat, hörte sie den Geist weiter sprechen, „Ich muss aufpassen, dass ich dich nicht ausbluten lasse. Es wäre eine Schande, deinen Körper zu übernehmen, nur um in ihm zu sterben. Und ich würde ungern noch mal sterben.“

Raffael hob seine Arme, um sie aufzufangen und sie ließ sich darauf ein, da dies die Chancen senken würde, dass sie auf etwas landete, was sie verriet.

Sobald sie im Raum war, sah sie sich kurz um. Der Geist war mit Gilgian beschäftigt, welcher sie beide sicherlich schon bemerkt hatte. Auch Meta blickte mit großen Augen zu ihr. Dies gab Etienne den Anstoß, sofort zu handeln. Sie stahl sich in die Dunkelheit, hinter die Regale. Wenn der Geist auf Meta aufmerksam werden würde, würde er nur noch Raffael entdecken. Ihre Augen wanderten durch das Zimmer und ihr Körper hatte sich mittlerweile an die Menge der Magie gewöhnt, welche sich im Zimmer angestaut hatte. Es fühlte sich an, wie ein nasser Tag voller Feuchtigkeit in der Luft, welche die Kleidung an der Haut kleben ließ. Nur dass es nicht feucht war. Sie atmete tief durch und ließ ihre Magie unter ihre Haut sickern. Weit genug, dass der Geist es durch die zweite Ebene ihre Farben nicht sehen würde, aber genug, um von der magiegetränkten Luft nicht beeinflusst zu werden. Das Gefühl der Schwere löste sich und sie konnte wieder leichter atmen.

Ihre Augen suchten die Statuen. Im dunklen Licht fiel es ihr schwer sie genau auszumachen. Vor allem nach dem Einsturz von einzelnen Teilen der Decke sah sie viel Gestein herumliegen, welches die Suche noch weiter erschwerte. Hoffentlich war keine von ihnen bereits begraben. Das würde die Suche ungemein erschweren. Unter Umständen sollte sie sich schon mal einen Plan B zurechtlegen. Meta als Erstes aus dem Haus zu bekommen, sollte das Hauptziel sein, denn danach könnte Etienne Catjill wieder zu sich nehmen. Als sie jedoch zu Gilgian blickte, war sie sich nicht mehr sicher, ob das der richtige Ansatz war. Er hielt sich seine Seite. Etienne hoffte, dass er nicht allzu schwer verletzt war, doch sie konnte es nicht deutlich erkennen.

Etwas huschte durch den Raum auf ihn zu, Gilgian packte es am Griff und warf es direkt an die Wand zu seiner rechten, wo es stecken blieb. Das Schwert, in welchem zuvor dunkle Schatten geendet hatten. Sie wechselte kurz den Blick in die zweite Ebene und war überrascht davon, wie erdrückend sich die Schatten im Raum verteilt hatten. Sie ließ den Blick fallen. Dort war nicht klar zu sehen.

Auf ein Mal leuchtete der Raum in warmen, gelben Licht auf und Etienne schloss reflexartig die Augen. Kurz darauf wurde das Licht etwas gedämmt und Etienne sah erschrocken zu Raffael, welcher entschuldigend zu den anderen lächelte, „Entschuldigung. Das war das erste Mal, dass ich es nutze.“

Immerhin hatte er nun die Aufmerksamkeit aller Personen auf sich, dachte sie mit einem pochenden Herzen. Sah vorsichtig zum Geist, aus Angst, er hätte sie in dem Licht auch gesehen, aber er sah nur zu Raffael.

Etienne wandte ihre Aufmerksamkeit auf die Statuen. Eine von ihnen stellte eine Person dar, welche auf allen Vieren auf den Schätzen kroch. Eine andere sah aus, als würde jemand um Hilfe flehen. Die nächste hatte die Hände über den Kopf. Und sie sahen sich alle von der Konsistenz her ähnlich. Sie würde unter dem Licht nicht ausmachen können, welche von denen echt waren und welche ein versteinerter Mensch sein sollte. Also musste sie zu Gilgian und ihn fragen.