»Was bedeuten diese hellroten Markierungen in den Kabinen?«, wollte Constance von der Krikri-KI wissen. Alle Kabinen bis auf eine einzige waren mit drei oder mehr der ominösen Leuchtpunkte gekennzeichnet. Hatten die Militärs ihr etwa auch noch Aufpasser mitgegeben? Aber insgesamt mehr als 30 davon wäre doch etwas übertrieben, oder?
Die KI zögerte mit der Antwort so lange, dass Constance schon glaubte, sie hätte ihre Frage nicht gehört. »Das sind Lebensformen«, antwortete sie schließlich ausweichend.
»Was für Lebensformen? Menschen? Krikri? Etwas anderes?« Constance überlegte kurz. »Brauchst du weiterhin tierische Proteine als Nahrung? Habt ihr die Kabinen etwa für die Haltung von Schlachtvieh umfunktioniert?«
»Nein, nichts dergleichen.«
Constance knurrte entnervt. »Ich habe genug von diesen Ausflüchten. Ich sehe selbst nach!« Sie erhob sich und ging mit weichen Knien zu der ersten Kabine, in der Lebewesen angezeigt wurden.
›In dieser Kabine sind Krikri-Krieger untergebracht. Sei vorsichtig!‹
Constance fiel vor Schreck beinahe über ihre eigenen Füße. Woher war die Stimme in ihrem Kopf gekommen? Wurde sie etwa schon verrückt, allein gelassen mit sich selbst und einer hybriden KI?
›Nein, du wirst nicht verrückt. Aber ich kann über deinen erweiterten DataPort mit dir kommunizieren. Bisher konntest du doch auch dem Schiff darüber Befehle geben oder dir Daten anzeigen lassen, ohne laut zu sprechen. Jetzt kann ich endlich auch mental antworten, das ist alles.‹
Sicher, nur eine Kleinigkeit. Direkte Einspeisung in den Hörnerv oder so. Constance wurde den Verdacht nicht los, dass die KI doch ihre Gedanken lesen konnte. Die DataPort-Schnittstelle hatte Menüs auf ihren Sehnerv projiziert und dann ihre Augenbewegung ausgewertet. Das war schon noch weniger invasiv als Gedankenlesen, oder? ›Kann ich dir jetzt auch ‚mental‘ Anweisungen geben?‹
›Korrekt.‹
Dachte ich‘s mir doch. »Und wenn ich mal nicht will, dass du mithörst?« Aus reiner Gewohnheit hatte Constance ihre Frage laut gestellt.
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›Dann lass mich das wissen. Dann ‚höre‘ ich weg. Das gebietet schon der Anstand.‹
Na klar. Constance streckte die Hand nach der Kabinentüre aus, noch unschlüssig, ob sie einfach hineinplatzen oder erst klopfen sollte. »Und jetzt raus mit der Sprache: Wie viele Krikri sind an Bord?«
›Zwanzig Krieger verteilt auf die ersten vier Kabinen, dazu fünfzehn Arbeiterinnen verschiedener Kasten und natürlich unsere Königin.‹
»Welche Königin?«, entfuhr es Constance.
›Unsere Königin. Meine, deine, die des Komm-Netzes. Du erinnerst dich, eine Königin hält die Verbindung zu den Arbeiterinnen, die in den einzelnen Knoten ihren Dienst verrichten. Diese Königin ist hier an Bord der Silver Eagle.‹
Constance stand wie erstarrt da, eine Hand immer noch nach dem Türgriff ausgestreckt. Sie mochte ihren Ohren nicht trauen, oder vielmehr den Worten, die die KI irgendwie in ihr Gehirn projizierte. Sie schüttelte vehement den Kopf. »Was heißt da ‚meine‘ Königin? Seit wann bin ich Teil eines Krikri-Schwarms?«
›Sie hat dein Leben gerettet. Daher bist du ihrem Schwarm zugefallen und ihr zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet.‹
Unbedingter Gehorsam? Das verhieß nichts Gutes. Constance stand immer noch vor der Kabinentür. Sie stützte sich mit der anderen Hand am Türrahmen ab, unfähig sich zu bewegen. »Was will diese Königin hier? Sie ist doch sicherlich nicht meinetwegen mit auf dieses Himmelfahrtskommando gekommen, oder?«
›Das soll sie dir am besten selbst erläutern. Dies steht mir nicht zu.‹
Constance schreckte hoch. Weiter den Korridor entlang öffnete sich eine andere Türe. Constance erinnerte sich dunkel, dass dahinter eine der beiden größeren Suiten lag. Sie hatte selbst nie einen Fuß hinein gesetzt. Vermutlich hatte sich die Königin dort einnistet.
Zunächst traten aber sechs schwer bewaffnete Krikri-Krieger aus der Suite, bauten sich drohend im Korridor auf und richteten fremdartig aussehende Schusswaffen auf Constance. Offenbar wurde sie auf ihrem eigenen Raumschiff als potentielle Gefahr für ihre unwillkommenen ‚Gäste‘ angesehen.