Constance starrte Sarah ungläubig an. »Wie kann das sein? Hier ist doch weit und breit kein anderes Raumschiff!«
»Glaubst du mir etwa nicht?«, entrüstete sich Sarah. »Ich kenne sehr wohl den Unterschied zwischen dem Einschlag eines Asteroiden und dem eines Geschosses, insbesondere einer ganzen Salve!«
»Ich glaube dir ja«, beschwichtigte Constance die junge Frau. »Aber wer könnte dahinter stecken?«
»Das weiß ich doch nicht«, brauste Sarah auf. »Das ging alles viel zu schnell. Das andere Schiff ist hinter einem großen Asteroiden aufgetaucht, fast als hätten sie dort auf der Lauer gelegen. Dann haben sie auch schon ohne Vorwarnung das Feuer eröffnet, ich war völlig überrumpelt. Meine arme Squirrel musste mindestens ein Dutzend Treffer einstecken. Einen Augenblick später sind dann alle Systeme komplett ausgefallen und ich saß buchstäblich im Dunkeln.«
Constance schwieg betroffen. »Und dann hast du zum Glück deinen Raumanzug angelegt, sonst wären wir jetzt nicht hier.«
»Genau. Ich hörte das leise Zischen der entweichenden Luft und wusste sofort, was Sache ist. Also habe ich das Schott verriegelt, da die Brücke zum Glück nichts abbekommen hatte. Dann habe ich den Anzug angezogen, aber den Helm noch weggelassen. Ich wollte erst versuchen, die Luft auf der Brücke zu verbrauchen, bevor ich auf die Druckluftflaschen schalten musste.«
»Das war zwar riskant, aber hat dir vermutlich das Leben gerettet!«, bemerkte Constance bewundernd.
»Ja, kann sein.« Sarah zuckte mit den Achseln. »Leider hatte ich keine Möglichkeit, mir den Status des restlichen Raumschiffes anzusehen und wo vielleicht noch Druck gewesen wäre. Aber bei dieser kleinen Kiste wäre eh nur noch der Maschinenraum in Frage gekommen, und da wäre ich nicht hineingekommen, ohne auch dort die Atemluft zu verlieren. Ich war also auf der Brücke gefangen.«
»Ich frage mich nur, was aus dem anderen Schiff geworden ist«, sinnierte Constance. »Die Squirrel ist das einzige Raumschiff, das wir hier entdecken konnten. Hast du irgendwelche Details erkennen können?«
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»Nein, dafür war keine Zeit. Aber das Ding sah nach einem kleinen Jäger aus, wie sie die größeren Militärschiffe dutzendweise dabei haben.«
»Hm. Oder nach einem ausgemusterten Jäger, wie sie Piraten und Schmuggler auf dem Schwarzmarkt kaufen. Ihr seid offenbar nicht die einzige Piratenbande hier draußen. Wie fühlst du dich?«, erkundigte sich Constance. »Hast du Hunger?«
»Ganz gut, und ja, ich habe einen Bärenhunger!«
»Dann lass uns in den Salon gehen und eine Kleinigkeit essen.«
»‚Salon‘? Was ist das für ein Raumschiff?«, erkundigte sich Sarah neugierig. »Und wer bist du in Wirklichkeit?« Sie setzte sich auf und schwang die Beine zu Boden. »Ich habe die seltsamsten Gerüchte über dich gehört.« Sie stand vorsichtig auf, war aber noch etwas wackelig auf den Beinen.
Constance errötete verlegen. »Ich habe diese Sternenyacht sozusagen geerbt.« Sie nahm Sarah am Arm und führte sie in den Salon. »Offiziell bin ich die Botschafterin der Krikri, die auch die Silver Eagle mit ein paar ihrer technischen Spielereien aufgerüstet haben.« Mehr durfte sie nicht preisgeben!
Sarah wurde hellhörig. »Und inoffiziell?«
Constance seufzte und ließ sich im Salon in einen der Sessel fallen. Mit einer müden Handbewegung bedeutete sie Sarah, ebenfalls Platz zu nehmen. »Inoffiziell bin ich eine Verbannte, weil es den Militärs nicht in den Kopf will, dass sie einen Krieg gegen die Krikri mit fliegenden Fahnen verloren hätten.«
»Und die Krikri unternehmen nichts dagegen, dass ihre Botschafterin hier am Arsch der Welt festsitzt?«, fragte Sarah ungläubig.
Constance hob abwehrend die Hände. »Versuche nicht, die intergalaktische Politik zu verstehen. Ich scheitere auch daran«, antwortete sie ausweichend.
Der RoboChef trug scheinbar unaufgefordert Getränke und zwei Schalen mit Gemüseeintopf auf. Tatsächlich hatte Constance unterwegs das Menü über ihre mentale Schnittstelle zusammengestellt.
Sarah riss erstaunt die Augen auf. »Woher kommt das alles?«
»Ich habe die entsprechenden Befehle über meine SmartWatch gegeben«, improvisierte Constance. »Doch nun zu dir. Wie kommt es, dass du als Prospektorin für die Piraten arbeitest? Das ist doch ein eher ungewöhnlicher Werdegang, oder?«
Nun war es an Sarah, sich verlegen zu winden. »Die Piraten sind sozusagen meine Familie«, gestand sie schließlich. Sie nippte an ihrem Orangensaft. »Wow!«, entfuhr es ihr. Sie nahm einen großen Schluck und schloss verzückt die Augen.
Dann sammelte Sarah sich wieder. »Ich bin als Waise bei ihnen aufgewachsen, viele davon sind wie eine Familie für mich. Nach meinem Studium habe ich keinen anständigen Job bei den Minengesellschaften bekommen. Jemand hat mir dann den Tipp gegeben, dass sich das Betätigungsfeld der ‚Piraten‘ geändert hätte und sie vielleicht einen Job für mich hätten.«
Constance lachte überrascht auf. »Ich kann mir schon denken, von wem du diesen Tipp bekommen hast!«