Einen Mikrosprung später tauchte die Silver Eagle nur wenige Kilometer neben dem havarierten Erkundungsschiff aus dem Hyperraum auf. Aus der Nähe ließ sich auch zweifelsfrei erkennen, dass es sich um die gesuchte Squirrel und nicht um einen Asteroiden handelte.
Auf den ersten Blick wirkte das Raumschiff unversehrt, allerdings leuchtete keine der Positionslampen, auch aus dem Inneren drang kein Lichtschimmer. War die Squirrel aufgegeben und evakuiert worden?
Constance befürchtete das Schlimmste. Hatte doch ein Asteroid die zentrale Energieversorgung getroffen? Waren etwa alle Systeme ausgefallen?
»Seki, bring uns bitte näher ran und lass uns die Squirrel einmal umrunden, bevor wir entscheiden, wie wir weiter vorgehen.«
Aufmerksam studierte Constance die hoch aufgelösten Bilder, die die Bordkameras der Silver Eagle von dem Geisterschiff machten.
Die Außenhülle der Squirrel sah unbeschädigt aus, allerdings wäre das Einschlagsloch eines Asteroiden auch nicht unbedingt allzu groß. Derartige Zusammenstöße wurden in den billigen Netfilms-Schnulzen gerne spektakulär mit riesigem Feuerball und umherfliegenden Trümmerteilen inszeniert, aber das war völliger Unfug. Ein faustgroßer Felsbrocken würde höchstwahrscheinlich auch nur ein faustgroßes Loch in die Hülle reißen, anschließend wäre die Luft als unscheinbares Wölkchen aus Eiskristallen aus dem Raumschiff entwichen und mehr nicht. Ein derartiger Einschlag würde auch nicht dazu führen, dass alle Bordsysteme auf einen Schlag ausfielen.
›Nun hör endlich damit auf, dir diese Schauergeschichten auszumalen!‹, herrschte Seki sie an.
»Ist ja gut«, murrte Constance und seufzte tief. Dann beugte sie sich mit zusammengekniffenen Augen vor. »Was ist das für ein seltsamer Schatten am Heck der Squirrel?«
Sie ließ sich den entsprechenden Ausschnitt mit maximaler Vergrößerung anzeigen.
»Könntest du diese dunklen Partien rund um die Triebwerke bitte etwas aufhellen? Was verbirgt sich da?«
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Seki druckste verlegen herum. ›Das sieht nach Filamenten aus Dunkler Materie aus‹, gestand sie schließlich.
»Das habe ich mir auch gerade gedacht«, murmelte Constance. »Unsere Schwarm-Schwestern haben damit aber hoffentlich nichts zu tun, oder?«, fragte sie scharf.
›Nein, natürlich nicht. Wo denkst du hin?‹, entrüstete sich Seki. ›Wir kennen die Leute von der Basis vielleicht nicht alle persönlich, aber sie stehen dennoch allesamt unter unserem Schutz!‹
»Ich wollte mir nur vergewissern«, entgegnete Constance besänftigend. »Wer könnte dann dahinter stecken? Es ist ja offensichtlich Krikri-Technologie im Spiel. Die Konföderation verfügt zum Glück immer noch nicht über die DM-Generatoren, die zur Erzeugung dieser Filamente nötig wären. Ist etwa ein anderer Krikri-Schwarm hier in M53 unterwegs?«
›Es sieht ganz danach aus, obwohl uns darüber nichts bekannt ist.‹ Seki klang verunsichert.
»‚Uns‘ — das schließt unsere Königin ein, korrekt?«, hakte Constance nach.
›Ja, ich habe sie umgehend von dieser beunruhigenden Entdeckung in Kenntnis gesetzt.‹
»Wir sollten der Herkunft dieser DM-Filamente unbedingt auf den Grund gehen — später. Jetzt müssen wir uns erst einmal um Sarah kümmern. Bitte steuere die Silver Eagle ans Heck der Squirrel, damit wir als erstes die DM-Filamente unschädlich machen können.«
Seki tat wie geheißen, ausnahmsweise ohne Constance daran zu erinnern, dass sie sich in der Steuerung der Silver Eagle über ihre mentalen Schnittstelle zu üben habe.
»Geht von diesen ‚fremden‘ DM-Filamenten irgendeine Gefahr für unsere eigenen DM-Generatoren aus?«, erkundigte sich Constance besorgt.
Seki :schnaubte: amüsiert. ›Nein, wo denkst du hin? Du siehst wirklich überall irgendwelche Gefahren lauern! Die Physik der Dunklen Materie ist für uns alle dieselbe, ob Mensch oder Krikri, ob unser Krikri-Schwarm oder ein anderer.‹
Constance atmete erleichtert auf und versuchte, sich zu entspannen. Vielleicht hatte Seki ja durchaus Recht, und sie malte tatsächlich immer den Teufel an die Wand.
Endlich war die Silver Eagle in Position, ihr Bug mit den DM-Generatoren nur noch wenige Meter vom Heck der Squirrel entfernt. Aus der Nähe waren auch die verschlungenen, tiefschwarzen DM-Filamente eindeutig als solche zu erkennen. Sie hielten die Haupttriebwerke in einer Art Netz umgarnt und hatten sicherlich die gesamte Energieversorgung der Squirrel lahmgelegt.
Constance runzelte die Stirn. Das Erkundungsschiff hatte damit dasselbe Schicksal ereilt wie schon unzählige Militärschiffe zuvor, alle Systeme waren ausgefallen, auch die Lebenserhaltungssysteme. Zum Glück enthielt ein Raumschiff dieser Größe genügend Atemluft, um das Überleben einer einzelnen Person für mehrere Tage zu sichern, die Reserven in den Lufttanks der Raumanzüge allerdings eingerechnet. Blieb nur zu hoffen, dass Sarah nicht in Panik geraten war und damit ihren Sauerstoffbedarf auf ein Vielfaches erhöht hatte.