Wenige Minuten später hatte die Silver Eagle die gewünschte Position in 100 Millionen Kilometern über der Ringebene des Asteroidengürtels erreicht. Aus dieser ungeheuren Entfernung waren mit bloßem Auge nur die allergrößten Felsbrocken mit vielen Hundert Kilometern Durchmesser auszumachen. Constance konnte immer noch nicht so recht daran glauben, dass die Teleskope der drei Raumsonden das vergleichsweise winzige Erkundungsschiff mit einer Länge von gerade einmal 30 Metern entdecken könnten.
»Es kommt darauf an, dass das Abbild des Raumschiffes sich immer an derselben Stelle auf den Sensoren befindet, sonst wird es beim Übereinanderlegen der Einzelbilder herausgemittelt«, murmelte sie halblaut vor sich hin. »Seki, wir müssen die Kameras entlang der angenommenen Flugbahn des Erkundungsschiffes nachführen, ähnlich wie das bei der Langzeitbelichtung von Kometenaufnahmen gemacht wird.«
›Wird sofort erledigt. Ich passe die Programmierung der Sonden entsprechend an‹, antwortete Seki prompt.
»Wann ist mit den ersten Bildern zu rechnen?«, erkundigte sich Constance gespannt.
›Ein paar Minuten musst du dich schon noch gedulden! Ich habe eine Belichtungszeit von 60 Sekunden eingestellt, kürzer geht nicht, sonst erwischen wir das leuchtschwache Raumschiff garantiert nicht. Und ein paar Bilder brauchen wir schon für das Zusammenrechnen, sonst verbessern wir den Kontrast nicht ausreichend.‹
Constance rutschte unruhig auf ihrem Sessel herum. Sie überlegte kurz, ob sie sich einen weiteren Cappuccino holen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Sie war jetzt schon zappelig genug.
Endlich wurde auf dem Monitor vor ihr das erste Bild angezeigt.
›Links siehst du die Rohfassung, gemittelt aus fünf Aufnahmen‹, erläuterte Seki ungefragt. ›Rechts habe ich Kontrast und Gamma nochmals angepasst, um die lichtschwachen Objekte noch etwas deutlicher herauszuarbeiten. Die entsprechenden Einstellungen kannst du aber gerne nochmal nachbessern, ich war mir nicht ganz sicher, was optimal für deinen Sehapparat ist.‹
Constance spielte eine Weile mit den Parametern der Darstellung herum, ohne eine nennenswerte Verbesserung zu erreichen. Die kleinsten Lichtpünktchen waren und blieben nur schwer zu erkennen.
Dann kam ihr eine Idee. »Bitte invertiere das Bild!«
Stolen novel; please report.
Sofort hoben sich die vorher unscheinbaren Lichtquellen viel deutlicher als dunkle Linien vor dem weißen Hintergrund ab. Die einzelnen Asteroiden waren zu kurzen Ovalen quer über das Bild verzerrt, von denen die Kleinsten aber fast nicht mehr zu erkennen waren.
Constance ließ ihren Blick über die Aufnahme schweifen, konnte aber kein auffallend ‚rundes‘ Objekt ausmachen.
»Wir müssen die Aufnahmezeit noch weiter ausdehnen!«, murrte sie verdrossen.
›Ich habe die nächsten fünf Aufnahmen integriert‹, meldete Seki.
Die gezeigten Bilder hatten kaum an Kontrast gewonnen, zudem waren die Spuren der Asteroiden auf die doppelte Länge angewachsen.
»Was ist das?«, entfuhr es Constance. Ein gutes Dutzend Lichtpünktchen war in einem regelmäßigen Gittermuster angeordnet. »Gibt es hier eine Raumstation?«
›Nicht dass ich wüsste‹, antwortete Seki. ›Das sieht eher nach eine Flotte von Raumschiffen aus. Es kann sich aber nicht um die Squirrel handeln, dazu sind die Objekte viel zu lichtstark.‹
Constance schüttelte missmutig den Kopf. »Sicherlich hochinteressant, aber darum müssen wir uns später kümmern. Ich fürchte auch, dass das Raumschiff einfach zu klein und lichtschwach ist, um auf diesen Aufnahmen zu sehen zu sein.«
›Gedulde dich ein wenig!‹, herrschte Seki sie an. ›Wirf nicht gleich die Flinte ins Korn. Wir haben noch nicht einmal eine Viertelstunde Belichtungszeit.‹
»Du hast leicht reden. Du trudelst ja auch nicht schwer verletzt in einem havarierten Raumschiff da unten herum, vielleicht nur Augenblicke von einer weiteren Kollision mit einem Asteroiden entfernt!«, brauste Constance auf.
›Reiß dich bitte zusammen!‹, ermahnte sie Seki brüsk. ›Die Qualität der Aufnahme steigt leider mit dem Quadrat der Anzahl von Einzelbildern. Das ist angewandte Mathematik, ein Naturgesetz sozusagen. Es bringt gar nichts, sich darüber aufzuregen oder gar das Ganze abzubrechen, bevor wir überhaupt vernünftige Ergebnisse erzielen können!‹
»Du hast ja recht«, gestand Constance zerknirscht ein und ließ den Kopf hängen. »Uns läuft nur leider die Zeit davon.«
Constance überlegt fieberhaft, wie sie noch mehr aus den Aufnahmen herausholen konnte, aber ihr fiel nichts mehr ein.
Alle paar Minuten zeigten die Bilder noch längere Linien von den Flugbahnen der Asteroiden, die zudem immer weiter verblassten. Die Flugbahnen der kleinsten Felsbrocken waren mittlerweile fast nicht mehr zu erkennen.
Plötzlich beugte sich Constance nach vorne und studierte ein dunkles, leicht ovales Pünktchen nahe der Oberkante des Monitors. »Was ist das?«, entfuhr es ihr.
Unaufgefordert stellte Seki einen vergrößerten Ausschnitt des Bildes auf dem zweiten Monitor dar.
»Bingo!« rief Constance übermütig. »Das kann doch nur unser vermisstes Raumschiff sein!«
›Oder ein Querschläger, ein Asteroid mit stark elliptischer Bahn‹, unkte Seki.
»Bring uns bitte näher ran! Können wir die Sonden derweil hier lassen, damit sie weitere Aufnahmen machen? Wann sind wir in der Nähe des Raumschiffes?«
›Du plapperst schon wieder!‹, beklagte sich Seki, ohne auf Constances Fragen einzugehen.