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Kapitel 14 • Gravitation

»So ein Mist!«, entfuhr es Sarah.

»Was ist los?« Constance stieß sich vom Eingang der Brücke ab und ließ sich zu Sarah in deren Pilotensessel treiben.

»Ich hatte schon während der letzten Wochen immer wieder Ausfälle der künstlichen Schwerkraft. Aber meistens hat sich der Gravitationsgenerator von selbst wieder gefangen, spätestens nach einem Neustart hat er wieder funktioniert — für eine gewisse Zeit zumindest.«

Constance schüttelte ungläubig den Kopf. »Du traust dich was, mit so einer Klapperkiste mutterseelenallein durch den Asteroidengürtel zu streifen! Und hier in M53 gibt es natürlich weit und breit keine Werft, die so etwas reparieren könnte.«

Sarah lachte humorlos. »Hier gibt es gar keine Werft! Aber das mit dem GravGen ist nicht so tragisch. Ohne künstliche Schwerkraft ist es vielleicht etwas unbequem auf Dauer, aber ich weiß nicht, wie wir die Hülle der Squirrel wieder zusammenflicken sollen!«

»Die Löcher in der Außenhülle bekommen wir wieder hin, versprochen!«, versuchte Constance sie zu trösten. »Aber ich kann dir nicht sagen, ob ich überhaupt die notwendige Ausrüstung an Bord habe, um einen GravGen zu reparieren, geschweige denn die passenden Komponenten.« Sie sandte eine mentale Anfrage an Seki.

›Seit wir die Silver Eagle auseinander genommen haben, sind eure technischen Spielereien kein Problem mehr für unseren RepBot‹, prahlte Seki. ›Notfalls können wir die benötigten Komponenten auch einfach im TeleFab synthetisieren. Aber von diesem darf Sarah natürlich noch weniger mitbekommen als vom RepBot.‹

An den famosen TeleFab hatte Constance gar nicht mehr gedacht. Noch so ein Meisterstück der fremdartigen Krikri-Technologie, in diesem Fall eine unglaubliche Kombination aus Mikro-Wurmloch und 3D-Drucker, mit der beliebige Materialien nicht nur herangeschafft, sondern auch zu beliebig komplexen Bauteilen zusammengefügt werden konnten. ›Zugriff auf alle technischen Spezifikationen hast du selbstverständlich, oder?‹

›Selbstverständlich‹, bestätigte Seki pikiert. ›Vielleicht ist es am effektivsten, den kompletten Generator neu zu synthetisieren, als ewig Zeit mit der Fehlersuche zu vergeuden.‹

›Von mir aus gerne. Aber wenn ich mich recht erinnere, ist so ein GravGen ziemlich diffizil abzustimmen, sonst erzeugt er ein Vielfaches des gewünschten Gravitationsfeldes — mit fatalen Folgen für Raumschiff und Besatzung. Ist das ein Problem für dich?‹

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Sarah warf Constance einen fragenden Blick zu. »Was ist los? Du wirkst etwas weggetreten!«

Constance schüttelte den Kopf, was Sarah aber kaum bemerkte, steckte dieser doch im Helm des Raumanzugs. »Ich habe nur überlegt, wie wir die notwendigen Reparaturen am besten angehen. Ich denke, zuerst sollten wir die Außenhülle dicht bekommen, damit das Innere der Squirrel wieder mit Atmosphäre befüllt werden kann. Wie groß sind die Reserven an Druckluft, die du an Bord hast?«

»Nicht viel«, musste Sarah eingestehen. »Die Squirrel hat chemische Regeneratoren, mit deren Hilfe ich die Atemluft recyceln kann. Die brauchen nicht so viel Platz wie entsprechend große Drucklufttanks. Auf so einen extremen Notfall bin ich ehrlich gesagt nicht vorbereitet.«

»Wasser und Ammoniak können wir aus Asteroideneis gewinnen, und daraus über Elektrolyse die Gase Sauerstoff und Stickstoff. Kohlendioxid und Edelgase können wir aus den Felsbrocken ringsum extrahieren«, sinnierte Constance. »Alles nur eine Frage des Energieeinsatzes«, sie grinste breit, »und wir haben mehr als genug Energie für ein paar chemische Experimente.«

»Jetzt kommst du mir auch noch mit Astrochemie?!« Sarah stöhnte gequält, konnte aber eine gewisse Bewunderung nicht verhehlen. »Gibt es irgendein Fachgebiet, über das du nicht Bescheid weißt?«

»Das ist alles nur eine Frage der Quellen, auf die ich Zugriff habe.« Constance zögerte. Über ihren erweiterten DataPort und die mentale Schnittstelle zur Silver Eagle durfte Sarah ja auch nichts erfahren. »Ich habe mich nur schon auf diese Situation vorbereitet und recherchiert, wie notfalls eine Atmosphäre aus den hier verfügbaren Rohstoffen synthetisiert werden könnte.«

Sarah konnte nur fassungslos den Kopf schütteln. »Ich habe ja auch Naturwissenschaften studiert, bevor ich mich auf extraterrestrische Montangeologie und Prospektion spezialisiert habe. Aber ich wäre nie im Leben auf die Idee gekommen, aus Eis und Fels eine neue Atmosphäre für die Squirrel zu erschaffen!«

Constance hob abwehrend die Hand. »Wie sieht es mit Ersatzteilen aus?«, wollte sie dann wissen. »Hast du wenigstens ein paar Standardkomponenten an Bord? Werkzeug? Kabel?« Sie machte sich wenig Hoffnung.

Sarah ließ bedrückt die Schultern hängen. »Das haben sich fast alles die Leute auf der Basis gekrallt, um damit unser einziges verbliebenes Raumschiff wieder flott zu bekommen.«

»Warum haben deine Leute diese Teile nicht im Rahmen der Nachschublieferungen von der Mining Corp bekommen?«, wunderte sich Constance.

»Ich nehme an, dass ihnen dies zu lange gedauert hätte«, mutmaßte Sarah. »Und Ersatzteile kann man nicht essen«, fügte sie spitz hinzu.

»Ja, sicher. Aber sie hätten ja dann zumindest Ersatz für die entwendeten Ersatzteile der Squirrel bestellen können, oder?« Constance schüttelte den Kopf und murmelte, »aus den Augen — aus dem Sinn!«

»Eher eine Frage des geschickten Verhandelns. Wenn wir zu viel anfordern, treibt das die Preise nach oben.« Sie seufzte. »Fangen wir mit den kleinen Problemen an«, schlug sie schließlich vor. »Wie können wir die Außenhülle der Squirrel auf Beschädigungen untersuchen? Ich habe ehrlich gesagt nicht viel Lust, mir jeden Quadratmeter davon persönlich anzusehen.« Sie schüttelte sich entsetzt.

Constance rieb sich begeistert die Hände. »Dafür habe ich genau die passenden Gerätschaften an Bord!«