Constance eilte durch den Korridor der Silver Eagle zur Druckschleuse. Dort angekommen trat sie ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Sie konnte es kaum erwarten, dass sich die Schleusetüre nach drausen endlich öffnete.
Wie angekündigt wartete Steve Dunnett direkt am Übergang zu den Dockanlagen der Piratenbasis. Bei ihrem Anblick hellte sich sein Gesicht merklich auf und er empfing sie mit ausgebreiteten Armen.
Constance ignorierte seine Geste und streckte ihm stattdessen ihre Rechte entgegen. Sie war nicht gefasst auf die überschwängliche Begrüßung und versuchte, auf Abstand zu bleiben. Vergeblich.
Dunnett schien dies nicht zu bemerken, packte ihre Hand und zog sie mit seinem linken Arm in eine ungestüme Umarmung.
Sie bemerkte, dass er am ganzen Leib zitterte, und erwiderte verlegen seine Umarmung. Dann schob sie ihn sanft auf Armeslänge von sich und musterte ihn besorgt. »Was ist denn mit Ihnen los, Kommandant?«
Dunnett fuhr sich mit bebenden Händen übers Gesicht. »Es geht um meine Tochter«, stammelte er schließlich.
»Sie haben eine Tochter?«, entfuhr es Constance.
›Was für eine stupide Frage! Du bist wenig hilfreich‹, schalt Seki sie spitzbübisch.
»Ja, aber das weiß niemand hier auf der Basis, selbst Sarah nicht«, gestand Dunnett. »Das muss auch unbedingt so bleiben, sonst könnte sie Gefahr laufen, als Druckmittel gegen mich missbraucht zu werden. Deshalb ist es so wichtig, dass dieses Gespräch unter uns bleibt. Habe ich Ihr Wort darauf, Kommandantin?«
Constance lachte humorlos. »Für diese Forderung ist es ein wenig spät, Kommandant! Aber selbstverständlich haben Sie mein Wort darauf, dass ich Ihr Geheimnis nicht ausplaudern werde, ich bin ja kein Unmensch. Doch nun zur Sache. Was ist mit Ihrer Tochter?«
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Dunnett holte tief Luft. »Sarah arbeitet als Prospektorin für uns und ist mit der Squirrel, einem kleinen Erkundungsschiff, im Asteroidengürtel unterwegs. Vor zwei Stunden ging ein automatisch abgesandter Notruf bei uns ein, sie hatte vermutlich eine Kollision mit einem der Asteroiden.«
Nun war es an Constance, bestürzt die Hände vor ihr Gesicht zu legen. »Wie ernst ist die Lage?«
»Das weiß ich leider nicht. Sie antwortet auch nicht über Funk. Ich befürchte das Schlimmste.« Dunnett wandte den Kopf ab und wischte sich verstohlen über die Augen.
»Haben Sie noch andere Schiffe im Asteroidengürtel, die den Notruf empfangen haben könnten?«
»Nein, das ist es ja. Sie ist ganz alleine da draußen, und wir haben hier auf der Basis auch kein einziges Raumschiff mehr, das einsatzbereit wäre, geschweige denn eines, das die Unglücksstelle schnell genug erreichen könnte.«
»Wie weit draußen ist Ihre Tochter denn unterwegs?«, erkundigte sich Constance ungläubig.
»Sie hat sich praktisch in den gegenüber liegenden Teil des Asteroidengürtels vorgearbeitet. Daran bin ich nicht ganz unschuldig.« Dunnett ließ niedergeschlagen den Kopf hängen.
»Wie das?«, fragte Constance verblüfft. »Sie muss ja schon seit Tagen auf sich alleine gestellt sein!«
»Sie ist vor über zwei Wochen aufgebrochen. Wir hatten in letzter Zeit wiederholt Streit, insbesondere betreffend ihren Umgang mit gewissen jungen Männern«, gestand Dunnett zerknirscht.
Constance schüttelte amüsiert den Kopf. »Das kann ich mir gut vorstellen. Und was nun?« Sie konnte sich mittlerweile allzu gut ausmalen, worauf Dunnett auf seine weitschweifige Art hinaus wollte.
Dunnett verschränkte flehend seine Hände vor der Brust und war augenscheinlich nahe daran, vor ihr auf die Knie zu fallen. »Ich bitte Sie inständig, mit der Silver Eagle zu den letzten bekannten Koordinaten von Sarahs Raumschiff aufzubrechen und ihr — und mir — beizustehen.«
»Natürlich. Sie haben hoffentlich nicht nur diese letzte bekannte Position, von der aus der Notruf ausgesandt wurde, oder?«
Dunnett schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich habe leider nicht viel mehr als die allgemeine Richtung, in der Sarah unterwegs war. Die letzte exakte Position ist bereits ein paar Tage alt und wird Ihnen nicht viel bringen.«
»Senden Sie bitte sämtliche Koordinaten und weitere Punkte der Flugroute an die Silver Eagle, dann breche ich unverzüglich auf. Den gemeinsamen Kaffee verschieben wir.« Constance machte auf dem Absatz kehrt und spurtete zurück an Bord ihrer Sternenyacht. Endlich hatte sie eine sinnvolle Aufgabe, auch wenn die Aussichten auf Erfolg ähnlich gering waren wie bei einer Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen — und das auch noch gegen die Zeit!