Naturgemäß konnte die Silver Eagle den Hyperraum nicht direkt neben der Squirrel verlassen, das wäre zu riskant gewesen. Seki hatte zwar die Bahnparameter der umliegenden Asteroiden ziemlich genau bestimmen können, aber die Squirrel war während der letzten Stunden ein gutes Stück durch den Asteroidengürtel gedriftet.
So verging eine weitere Viertelstunde, während Seki die Silver Eagle mit konventionellem Antrieb zur Squirrel bugsierte und schließlich andockte.
»Und jetzt?«, erkundigte sich Sarah. »Wie bekommen wir die neue Atmosphäre in die Squirrel? Wir können ja schlecht einfach die Schleusen zwischen den Raumschiffen öffnen, oder?«
»Nein, das wäre nicht ideal«, bekräftigte Constance. »Die Silver Eagle ist zwar deutlich größer als die Squirrel und der Druckverlust wäre nicht lebensgefährlich für uns, aber wenn wir einfach die Schleusentüren öffneten, könnten wir den Luftstrom nur schlecht kontrollieren. Außerdem sind die Schleusen ja auch doppelt und dreifach gesichert gegen Öffnen bei zu großem Druckunterschied. Ich weiß auch gar nicht, ob wir diese Sicherheitsmechanismen alle übersteuern könnten und ob sich die Türen überhaupt öffnen ließen.«
»Da ist was dran«. Sarah rieb sich das Kinn. »Die Entlüftungsventile neben den Türen sind auch nicht groß genug, da müssten wir ewig warten, bis der Druckausgleich hergestellt ist. Gibt es nicht irgendwelche anderen Leitungen, die wir hierfür zweckentfremden könnten?«
»Nein, diese müssten wir erst verlegen«, wandte Constance ein. »Und dafür müssten wir die passenden Durchlässe in die Außenhülle von Squirrel und Silver Eagle bohren, das möchte ich eigentlich vermeiden.«
»Sind die Gase eigentlich schon synthetisiert?«, erkundigte sich Sarah.
»Nein, bisher sind nur die notwendigen Rohstoffe isoliert worden«, sagte Seki.
»Dann könnten wir doch die Rohstoffe und das Teledings auf die Squirrel schaffen und die Gase gleich dort freisetzen, oder?«
»Das ist eine gute Idee!«, rief Constance begeistert. »Vor allem, weil wir die Rohstoffe gar nicht erst an Bord der Squirrel transportieren müssten, sondern nur den TeleFab. Dieser kann die benötigten Materialen ja dann ganz einfach nach Bedarf selbst heranschaffen.«
Gesagt, getan. Constance ließ die künstliche Schwerkraft auf der Silver Eagle auf einen Bruchteil senken, so konnten die beiden Frauen den schrankgroßen TeleFab mühelos bis in die Schleusenkammer der Silver Eagle bugsieren. Nachdem sie ihre Raumanzüge angelegt und die Luft aus der Schleuse abgepumpt worden war, öffneten sie die Türen und schoben den TeleFab hinüber in die Squirrel. Dort herrschte weiterhin keine Schwerkraft, und die größte Schwierigkeit bestand darin, dass die träge Masse des TeleFab von einer halben Tonne auch wieder kontrolliert abgebremst werden musste, wenn sie einmal in Schwung gekommen war.
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»Lass dir Zeit!«, mahnte Constance. Sarah hatte es offenbar eilig, die Squirrel wieder ohne Raumanzug betreten zu können.
»Ja, ja«, murrte Sarah, befolgte aber Constances Rat und ließ sich gemächlich mit dem TeleFab im Schlepp durch den kurzen Korridor der Squirrel treiben.
Auch so dauerte es nur ein paar Minuten, bis sie den hinteren Teil der Squirrel erreicht hatten. Sie zurrten den TeleFab mit Gurten vor dem Schott zum Maschinenraum fest, damit er sich nicht unkontrolliert bewegen konnte.
»Seki, alles bereit«, sagte Constance laut, damit auch Sarah davon mitbekam. »Bitte starte den TeleFab.«
Fasziniert beobachtete Sarah, wie aus etlichen Löchern an der Frontseite der Maschine Wolken von Eiskristallen zischten — unhörbar zwar, aber deutlich sichtbar vor der dunklen Oberfläche des TeleFab. »Ich kann das gar nicht fassen!«, gestand sie. »Das Ding hat keine sichtbare Materialzuführung und benötigt auch keine externe Energieversorgung!«
»Der TeleFab erzeugt die benötigte Energie gemäß der Einsteinschen Formel E = mc²«, erläuterte Constance. »Dadurch geht zwar ein verschwindend kleiner Bruchteil des eingesetzten Materials verloren, aber das fällt nicht weiter ins Gewicht und es steht praktisch unbegrenzt Energie zur Verfügung. Damit sind selbst energieaufwändige Prozesse wie die Umwandlung chemischer Elemente möglich, wenn auch nicht in großem Stil praktikabel.«
»Echt jetzt?« Sarah Augen leuchteten sogar durch das Visier ihres Raumanzugs. »Dann könnten wir damit auch Gold herstellen?«
»Theoretisch ja, aber Gold als Rohstoff ist unpraktisch weil viel zu schwer«, meinte Constance. »Der Goldpreis ist außerdem eh nicht so hoch, als dass sich das lohnen würde. Es gibt andere, viel wertvollere Substanzen, insbesondere wenn diese nur schwierig in hochreiner Form gewinnbar sind.«
»Wieder eine Lektion in Chemie«, murrte Sarah. »Aber sparen wir uns das für ein andermal. Ich verstehe immer noch nicht, wo der Teletubby das Rohmaterial herbekommt. Das haben wir schließlich nicht alles vor dem Transport hierher da hineingeladen, oder?«
Constance schüttelte lachend den Kopf. »TeleFab. Und nein, natürlich haben wir nicht zwei Tonnen Asteroideneis in den TeleFab gepackt. Das wäre sogar bei reduzierter Gravitation zu schwer geworden — und zu gefährlich.«
»Wie viel Gas produziert der TeleFab denn? Wie lange wird es dauern, bis wir hier drinnen die Raumanzüge ausziehen können?«, erkundigte sich Sarah hoffnungsvoll.
»Seki meinte vorhin, für derart einfache Umwandlungen — Ammoniak zu Stickstoff und Wasserstoff — liegt die Kapazität des TeleFab bei einigen Hundert Kilogramm pro Stunde.«
»Und wie viel ist das bitte?«, hakte Sarah nach. »Ich kann mir unter den Gewichtsangaben nichts vorstellen. Ich weiß, das hattest du alles schon einmal gesagt.«
»Stimmt, aber da warst du wahrscheinlich so überwältigt von all den technischen Spielereien an Bord der Silver Eagle, dass du mir gar nicht richtig zugehört hast.« Constance grinste breit. »Wir brauchen etwa zwei Tonnen des Gasgemischs, das Befüllen der Squirrel wird also ein paar Stunden dauern.«
»Und was machen wir in der Zwischenzeit?«, rief Sarah entsetzt. »Müssen wir den TeleFab die ganze Zeit beaufsichtigen?«
»Nein, zum Glück kann das Seki gut alleine erledigen. Wir überlegen derweil, was wir mit dem kaputten GravGen der Squirrel machen wollen. Das können wir aber gut während des Abendessens besprechen. Ich habe einen Bärenhunger.«