Constance ließ mit einem mentalen Befehl eine vergrößerte Darstellung von M53 auf dem Wandmonitor anzeigen. Deutlich waren die beiden Markierungen für die Squirrel und die Silver Eagle zu erkennen.
Robin stand auf, umrundete den Tisch und deutete mit dem Finger auf eine weitere Markierung. »Sieh hier. In diesem Sternsystem ist ein Raumschiff der RemCo unterwegs, das da vermutlich nichts zu suchen hat. Schließlich steht der gesamte Kugelsternhaufen sozusagen unter Quarantäne, oder?«
Constance schüttelte den Kopf. »Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was der aktuelle Status ist. Fakt ist, dass das einzige offizielle Hyperraumportal von den Militärs vermint worden ist — entgegen aller Gesetze! — und damit unpassierbar geworden ist.«
»Was macht die RemCo?«, erkundigte sich Sarah zaghaft.
»Rare Earth Metals — Seltenerdmetalle«, erklärte Robin. »Der Konzern ist auf die Gewinnung und Raffinierung von Übergangsmetallen spezialisiert.«
Sarah sah ihn verständnislos an.
»Die Seltenerdmetalle sind auch bekannt als Lanthanoide«, dozierte Seki. »Diese werden vor allem für LEDs und Katalysatoren gebraucht sowie in größeren Mengen für Permanentmagnete. Daneben gibt es noch die chemisch verwandten Actinoide, die allerdings radioaktiv sind.«
»Ja ja, schon gut«, wehrte Sarah lachend ab. »Ich will jetzt bitte keine Chemiestunde!«
Constance ließ sich das Unternehmensprofil anzeigen. Dann pfiff sie leise durch die Zähne. »Die RemCo ist einer der ärgsten Konkurrenten der Mining Corp. Beide gewinnen Metalle aus Erzen. Die RemCo hat sich auf die Lanthanoide spezialisiert, weil hier die Kilopreise und damit die Gewinnspannen deutlich höher liegen. Die Mining Corp hingegen kommt traditionell aus der Schwerindustrie, also Kohle, Erdöl und Eisen beziehungsweise Stahl. Da sind kaum noch Gewinne zu machen, schließlich finden sich die Rohstoffe praktisch überall. Daher versucht die Mining Corp seit Jahren, im Geschäftsfeld der RemCo Fuß zu fassen — mit mäßigem Erfolg.«
»Könnte es sein, dass die RemCo den Aktivitäten der Mining Corp hier in M53 auf die Schliche gekommen ist?«, sinnierte Robin.
»Das ist gut möglich«, stimmte Constance zu. »Obwohl ja außer unseren Versorgungsflügen noch nicht viel läuft. Weitaus mehr beunruhigt mich allerdings, dass die RemCo überhaupt einen Weg hierher gefunden hat — das einzige offizielle Portal ist ja blockiert.«
»Stimmt.« Robin nickte bedächtig. »Lass mich nachsehen, ob ich etwas über die Flugroute des Raumschiffes hierher herausfinden kann.«
»Was heißt ‚hierher‘ genau? Ist das fremde Raumschiff hier im selben Sternsystem wie wir?«, wollte Sarah beunruhigt wissen.
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Robin lachte. »Nein, Schätzchen. Die RemCorsar ist zig Lichtjahre entfernt von uns.«
»Es besteht also nicht die Gefahr, dass dieses Raumschiff unerwartet hier auftaucht?«, hakte Constance nach. »Und kannst du auch herausfinden, was für ein Schiffstyp diese RemCo-Dingsda ist?«
»RemCorsar«, korrigierte Robin. »Klingt irgendwie kriegerisch. Nach den Unterlagen ist das ein umgebautes Militärschiff, genauer eine ehemalige Fregatte.«
»Dann könnten da Hunderte Mann Besatzung an Bord sein!«, entfuhr es Constance. »Was wollen die hier? Das sieht immer weniger nach einem freundschaftlichen Besuch aus, findet ihr nicht auch?«
»Und es gibt keine Daten zu den Hyperraumportalen, die die RemCorsar hierher benutzt haben muss«, unkte Robin. »Das wiederum bedeutet, dass für die RemCo jemand bei der Flugaufsicht die Daten frisiert.«
»Ist das nicht strafbar?«, fragte Sarah und runzelte die Stirn.
Constance lachte humorlos. »Natürlich ist das strafbar. Aber ich möchte gar nicht wissen, wie viele Flüge mit gefälschter ID oder eben wie in diesem Fall ganz ohne Aufzeichnung in den Logs der Portale stattfinden. Das mache ja sogar ich mit der Silver Eagle.«
›Musst du unbedingt all unsere Geheimnisse preisgeben?‹, beschwerte sich Seki.
›Zu spät!‹ Constance grinste.
Robin sah erstaunt zu ihr hinüber.
»Sie redet wieder mit der Seki«, warf Sarah ein.
»Bist du Bauchrednerin, Constance?«, erkundigte sich Robin verwundert. »Ich habe gar nicht gesehen, dass du die Lippen bewegt hättest.«
»Nein.« Constance seufzte. Das war dann wohl auch kein Geheimnis mehr. »Ich habe einen erweiterten DataPort, über den ich mental mit Seki kommunizieren kann.« Zumindest konnte sie sich gerade noch rechtzeitig auf die Halbwahrheit besinnen, die sie auch schon Sarah aufgetischt hatte.
»Sie wirkt dann immer ein wenig weggetreten«. Sarah grinste breit.
»Zur Sache!«, ermahnte Constance. »Robin, kannst du irgendwie herausfinden, welche Daten zur Route der RemCorsar manipuliert wurden oder ob es noch irgendwelche Spuren davon in den Datennetzen gibt?«
Robin grinste spitzbübisch. »Vielleicht gibt es eine Möglichkeit. Für alle Systeme werden Kopien der Daten abgelegt, damit diese gegebenenfalls wieder hergestellt werden können. In der Realität ist ein solcher Fall schon ewig nicht mehr eingetreten, zu stabil laufen die Systeme mittlerweile. Aber die Kopien werden dennoch angefertigt als Versicherung gegen mutwillige Löschung.«
»Worauf willst du hinaus?«, erkundigte sich Constance und zog eine Augenbraue hoch.
»Ich will sagen, dass für einen kurzen Zeitraum die Flugdaten der RemCorsar im Datenraum der Flugsicherung existiert haben müssen, bevor sie von den Leuten der RemCo wieder gelöscht wurden. Wenn ich also Zugriff auf das passende Backup erlangen kann, kann ich daraus die echten Flugdaten wieder rekonstruieren. Aber die Zeit drängt!«
»Wieso?«, fragte Sarah und schüttelte den Kopf. »Lass gut sein. Ich verstehe sowieso nicht mal die Hälfte von dem, was ihr da redet.«
»Weil die Backups nicht ewig vorgehalten werden«, erläuterte Robin geduldig, »sondern nach einer gewissen Zeit die jeweils älteste Kopie der Daten endgültig gelöscht wird.«
»Wie groß ist das Zeitfenster?«, erkundigte sich Constance. »Das hängt wohl davon ab, wie lange diese RemCorsar bereits in M53 ist, oder?«
»Genau.« Robin nickte bedächtig. »Seltsamerweise haben die sich nicht die Mühe gemacht, die Flugbewegungen hier zu verschleiern oder zu löschen — oder sie haben es bisher nur noch nicht geschafft, die letzten paar Eintragungen zu tilgen. Ich versuch gleich mal mein Glück.«