Montgomery schritt mit zwei Schüsseln Schweineeintopf in der Hand über den staubigen Boden des Sklavenlagers.
„Wie hast du zwei bekommen?“, fragte er.
„Es zahlt sich aus, auf PPs guter Seite zu sein.“
Er runzelte bei der Erwähnung von PPs Namen die Stirn.
„Mach dir keine Sorgen, er feiert nie mit uns. Er greift sich etwas zu essen und beobachtet dann alle, genau, wie er es auch an normalen Tagen macht.“ Montgomery zeigte in die Dunkelheit, wo die anderen Zelte standen.
Er schaute in die ungefähre Richtung, in die Montgomery gezeigt hatte. Wenn er seine Augen zusammenkniff, konnte er das knallbunte Haar des großen Mannes ausmachen. Also beobachtet er uns einfach nur? Unheimlich.
„Und, wie war deine Rückenwäsche?“, fragte Montgomery geheimnistuerisch, als er versuchte, das Thema der Unterhaltung zu wechseln.
„Du bist ein Hund“, antwortete er, um die Unterhaltung zu beenden.
Montgomery reichte ihm eine der Schüsseln, während sich ein Lächeln in seinem Gesicht ausbreitete. Der Duft ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er nickte ihm dankbar zu und nahm die Schüssel. Sie standen schweigend, während sie aßen, und es dauerte einen Moment, bevor Montgomery wieder die Unterhaltung aufnahm.
„Du bist kein Abenteurer, weißt du“, sagte Montgomery.
Er hielt für einen Moment mit dem Essen inne, aber er antwortete nicht.
„Du bist keiner von ihnen und das weißt du.“
„Aber ich bin auch keiner von euch. Ich bin ein Spieler, aber kein Abenteurer. Ich bin kein NPC, aber ich bin ein Sklave. Was bin ich?“
Montgomery legte ihm eine ermutigende Hand auf die Schulter. „Hör zu, Rekrut. Es ist egal, dass du ein Spieler bist. Wenn du hier gefangen bist, bist du ein Sklave. Wenn du ein Sklave bist, bist du einer von uns, und genau, wie der Rest von uns, kämpfst du ums Überleben. Das werden auch die Anderen irgendwann verstehen.“
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Bevor er antworten konnte, erschien Varyan, sein Erscheinen wurde von dem Geräusch seines Lachens angekündigt.
„Was hat es mit den ernsten Gesprächen auf sich?“, fragte er mit einem breiten Grinsen in seinem Gesicht. „Ihr zwei seht aus, als würdet ihr etwas aushecken.“
„Ich versuche einfach nur, etwas Verstand in diesen hartnäckigen Dummkopf einzuprügeln“, antwortete Montgomery.
„Es ist nichts, wirklich“, merkte er an.
Varyan schaute ihn ungläubig an. „Ich habe von Cadmun gehört, dass du ein Player bist.“
Er schluckte. Natürlich hat er das.
„Ich kann es erklären“, stammelte er.
Aber kann ich das wirklich?
Varyan winkte ab. „Mach dir keine Sorgen, ich hatte so eine Vermutung, als ich dich das erste Mal gesehen habe. Dein Geheimnis ist bei mir sicher. Wie geht es dir?“
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Er senkte seinen Blick Richtung Boden. „Es ist einfach nur… Schwer zu akzeptieren.“
„Ich verstehe. Aber ich teile Montgomerys Optimismus, dass dies eine zerbrechliche Chance für uns ist. Für den Moment ist es am Besten, uns ruhig zu verhalten und einen Plan zu schmieden, um deinen Status zu nutzen. Zwischen Cadmun, Lydia, Timmy und uns dreien hier, wird es erstmal niemand wissen. Besonders nicht mein Bruder.“
„Ich-“, er wusste nicht, was er sagen sollte.
„Du wirst darauf achten müssen, dass du nicht reagierst, wenn Reacher dich vor den Anderen schlecht macht. Wenn jemand an dir zweifelt, zeig ihnen einfach deinen Bauch. Die Anderen werden es irgendwann herausfinden, aber wir werden nicht erlauben, dass sie dich daraufhin anders behandeln“, sagte Montgomery, der seine Sorgen spürte.
Er schaute hoch. „Danke euch zwei. Das bedeutet mir eine Menge.“
Varyan nickte, sein Auftreten entspannte sich. „Wir hatten alle unsere Schwierigkeiten. Dieser Platz prüft uns auf Arten, die wir uns nicht vorstellen konnten. Aber es wird nur noch ein Jahr dauern.“
Ein Jahr? Das hat der Baron auch gesagt.
„Was wird in einem Jahr passieren?“, fragte er.
Varyans Ausdruck wurde ernst. „Wenn wir achtzehn werden, dann erwecken wir unsere Fähigkeiten.“
„Was meinst du mit Fähigkeiten?“
„Naja, Fähigkeiten,“, versuchte Varyan zu erklären, „wie in: du verstehst instinktiv, was deine Berufung ist.“
„Wie das?“
„Ich stamme von einer langen Reihe von Magiern ab“, erklärte er. „Mein Ururgroßvater war der Erste, was im Osten damals selten war. Seither hat jeder zweite Nachfahre sein Verständnis für Magie mit seinem achtzehnten Lebensjahr, scheinbar über Nacht, erweckt. Genau wie meine Schwester vor zwei Jahren.“
Ihm viel etwas ein. „Cassandra?“
„Ja, Cassandra.“, bestätigte Varyan. „Sie floh aus dem Lager, als ihre Fähigkeiten erwachten.“
„Das war ein verrückter Abend“, lachte Montgomery, „Feuerbälle und magische Projektile flogen kreuz und quer über den ganzen Platz. Diese Ritter hatten Schwierigkeiten, sie zu fangen. Sie zerstörte einige der Häuser in der Umgebung hier. Deswegen schlafen wir in Zelten.“
Er zeigte in Richtung der Hütten. „Das war sie?“
„Nein“, sagte Montgomery kichernd, „das ist, was übrig ist.“
Wow. Also können Sklaven auch so stark sein.
Varyan versuchte, beim Thema zu bleiben. „Seither sucht sie nach unserem Großvater, der im Westen war, bevor der Krieg ausbrach. Wir glauben, dass er uns helfen kann, die Sklaven zu befreien.“
„Warum glaubt ihr, dass er uns helfen kann?“
„Wow, du weißt wirklich gar nichts“, mischte sich Montgomery in die Unterhaltung ein. „Lord Alastair ist einer der schlauesten und stärksten Menschen der Welt. Er hat Arslan geholfen, die Götter zu töten.“
Die Götter zu töten?
„Ich dachte, der Gott des Lebens schützt uns. Wie kann er tot sein?“
„Ganz einfach, der Gott der Auferstehung hat ihn zum Leben wiedererweckt“, sagte Montgomery, als wäre das selbsterklärend.
Er begann daran zu zweifeln, dass die Beiden ihm die Wahrheit erzählten. Es war immerhin Montgomery.
„Bevor die Abenteurer kamen, wussten wir auch nichts vom Gott der Auferstehung“, versuchte Varyan ihn zu beruhigen.
Er hatte noch immer das Gefühl, dass die Beiden ihm einen Streich spielten, vielleicht, um ihn aufzuheitern, aber Varyan hörte sich ehrlich an.
„Aber wenn dein Großvater einen Gott töten kann, warum ist er dann noch nicht zurückgekommen?“
Varyan senkte den Kopf. „Das wissen wir auch nicht.“
„Er ist letztlich auch nur ein Mensch. Er hat die Götter nicht allein getötet. Er hat in den Schlachten mitgekämpft, aber es waren die Abenteurer, die letztlich die Götter getötet haben. Wie der Vater des Barons, zum Beispiel.“
„Der Baron muss mächtige Verbündete haben, wenn sein Vater so ein starker Abenteurer ist“, er spürte, wie seine Hoffnung, zu fliehen, schwand.
„Und das ist der Grund, warum Cassandra herausfinden muss, was mit ihm passiert ist. Aber mach dir keine Sorgen“, ermutigte Varyan ihn, „er kennt noch andere starke Abenteurer. Sie lassen den Baron im Vergleich erbärmlich aussehen.“
Ein Name tauchte in seinem Kopf auf. „Leonhart?“
Varyans Augen leuchteten auf. „Du kennst Leonhart?“
„Naja, nein. Aber der Baron hat ihren Namen erwähnt.“
„Ah, natürlich.“
Varyan schlug sich gegen die Stirn, er war sauer auf sich selbst, weil er sich falsche Hoffnungen gemacht hatte. Es tat ihm weh, ihn zu enttäuschen.
„Egal“, sagte Varyan, „Cass wird herausfinden, was mit unserem Großvater passiert ist und sie wird innerhalb des nächsten Jahres hierher kommen, um uns zu retten.“
Cass? Süß.
Ein unangenehmer Gedanke kam in ihm hoch. „Aber was passiert, wenn sie das nicht tut?“
Varyan schaute ihm tief in die Augen. „Lass es uns so ausdrücken: Der Baron wird nicht die Erweckung von zwei Magiern gleichzeitig erlauben.“