Es war ein strahlend schöner Tag, an dem sie das südliche Stadttor der Hauptstadt durchquerten, und nur ein paar Schäfchenwolken zogen gemächlich am Himmel entlang. Schon während ihrer Anfahrt hatte Viktoria ihre Nase gegen die Scheibe gedrückt und hatte aufgeregt, „Ist sie das? Ist sie das?“, gerufen. Nun durchfuhren sie die dunkle Höhle, die das dicke alte Tor ihnen bot. Die Torwächter salutierten bei der Durchfahrt des Erkorenen. Dann als sie wieder unter die Strahlen der Sonne gerieten, präsentierte sich die Kaiserstadt in all ihrer Pracht. Mit offenem Mund blickte das Kind gespannt beim Fenster hinaus, rannte dann hinüber zu dem auf der anderen Seite, um zu sehen, was man dort erblicken konnte. Wenzel kam da ein Lächeln über die Lippen. Sie erinnerte ihn an sich selbst. Als er in jungen Jahren hierher nach Hause zu seinen Eltern zurückgekehrt war, hatte er auch immer die beeindruckende Architektur der Stadt bewundert.
Und das Staunen ihrer neuen Adoptivtochter war in der Tat groß. Sie brachte ihren Mund gar nicht mehr zu, so sehr staunte sie über die riesigen Monumentalbauten, mit ihren charakteristisch goldenen Dächern. Sie waren ja auch in der oft als „Goldene Stadt“ bezeichneten Metropole. Sie fuhren zwischen den mit Heiligenstatuen gekrönten Säulen, die die sogenannte Reichsstraße säumten, passierten die großen Repräsentationsbauten und die Verkündigungskathedrale, bis sie letztlich beim Melgarionenpalast ankamen. Seine gewaltigen Dome ließen Viktoria sprachlos. Amalie war überaus unterhalten von und erfreut über das Verhalten des Mädels. Als sie ihre Kutsche verließen, sagte Wenzel dann zu ihr: „Wir sind da. Das ist dein neues Zuhause! Gefällt es dir?“ Das Kind war so baff, dass es nicht antwortete. Ihr Adoptivvater beließ es dabei.
Amalie wollte die Kleine an der Hand nehmen, aber diese zog sie überrascht zurück. Leicht enttäuscht davon, ging die Kaiserin dann einfach neben dem Kind die Treppen hoch, wobei Wenzel auf der anderen Flanke Viktorias blieb. Beim Betreten der Eingangshalle, blickte sie erneut mit großen Augen um sich. Vor allem die bunten Mosaikmuster der Marmorfließen am Boden hatten es ihr scheinbar angetan. „Mein Herr, ich werde mich hier nun von dir verabschieden müssen“, informierte ihn Brahm, der sie bis hierher begleitet hatte. Den formalen Ton schlug er an, da sie sich immer noch in einem offiziellen Milieu befanden. Privat sprach er immer noch wie ein Freund mit ihm, aber im Laufe der Jahre hatte man die Formalität und Etikette wieder in großen Teilen zurückgebracht. Sein Boss verabschiedete ihn kurz. Dann fuhr die frisch gebackene Familie damit fort, ihrer Tochter einige wichtige Dinge im Palast zu zeigen.
Zuallererst ging es hinüber in ihre Gemächer. Es waren mehrere große Räume, die ein großes Ehebett mit eigenem Baldachin, einen weitläufigen Kleiderschrank der Kaisergattin, sowie Wohnräume umfassten, die mit edlem Mobiliar bestückt waren, welches aber Großteils schon hier gewesen war, bevor sie eingezogen waren. Für die ersten paar Nächte würde Viktoria hier gemeinsam mit ihnen übernachten. Der Grund dafür war, dass ihr eigenes Zimmer, das sie bekommen würde, noch nicht bezugsfertig war. Es würde ein vergleichsweise mittelgroßer Raum sein, der ein Stück weiter den Gang hinunter lag und von wo aus man einen guten Blick über die geschäftigen Straßen draußen hatte. Das Kinderzimmer würde eben der Raum werden, der einmal Wenzels Büro gewesen war und in welchem er laut seiner Vision, die er vor vielen Jahren hatte, von August vergiftet werden würde. Daher hatte er sein Büro woandershin verlegt. Der Kaiser legte großen Wert darauf, dass diese Vision niemals wahr werden würde, wie er auch durch seine frühere, verwerfliche Handlung gegenüber dem einstigen Reichskanzler klar unter Beweis gestellt hatte.
Das Mädchen hatte noch nie so große Räume gesehen. Sie rannte überall herum und schaute sich alles an. Viktoria sprang auf Diwane deren Holzlehnen mit feinen Schnörkeln verziert waren, sie rannte in den Kleiderschrank, der ein ganzer Raum für sich war, und betrachtete und begrabschte die Kleider darin. Dann zischte sie wie ein Wirbelwind hinüber in die anderen Räume und sah sich auch dort alles genau an. Ihre Adoptiveltern setzen sich einstweilen an einen Tisch und ließen sich Tee von einem Diener bringen. Während die Kleine überall herumwuselte, beobachtete sie Wenzel genau. Sie war ein sehr anderes Kind als er es gewesen war. Nicht still und zurückgezogen, sondern neugierig, frech und voller Energie. Sie war noch völlig fremd hier und dennoch durchkämmte sie die Gemächer, als ob sie bereits ihr gehörten.
Nachdem Amalie und ihr Gatte ihre Tees ausgetrunken hatten, zeigten sie ihrer Tochter noch ein paar andere Orte, die im Palast für sie wichtig waren. Sie gingen mit ihr hinunter in den Speisesaal, wo es drei Mahlzeiten pro Tag gab. Auch standen dort rund um die Uhr immer Schüsseln, die mit Dingen, die man zwischendurch einmal essen wollte, befüllt waren. Heimisches Obst wie etwa Äpfel, Birnen und Zwetschken waren hier zu finden, aber auch Bananen und Orangen, also Früchte, die man aus den südlichen Gefilden importieren musste. Ebenso konnte man sich Nüsse und süße Bonbons nehmen. Das Letztgenannte zog nun Viktorias Aufmerksamkeit auf sich. Die bunten, weichen Zuckerbomben mit Fruchtgeschmack verzauberten das Mädchen. „Darf ich was davon haben?“, fragte sie. Bevor Wenzel ihr entgegnen konnte, sprach aber schon Amalie: „Wir sagen hier bitte.“ Als Viktoria dann die Frage korrekt gestellt hatte, durfte sie natürlich etwas Süßes haben. „Boah! Die sie voll lecker!“, rief die Kleine da. So etwas hatte sie noch nie gegessen.
Das Kaiserpaar war wirklich erfreut, das Mädel so glücklich zu sehen. Sie zeigten ihr an diesem Tag nur noch ein paar wenige Räume, dann ließen sie es für heute gut sein. In den Folgetagen würden sie ihr noch die wichtigsten Bediensteten und ihre Leibwache vorstellen. Einstweilen war es aber genug. Es war schon ein anstrengender Tag für Viktoria gewesen.
Seine Hoheit saß gerade über seinen großen Schreibtisch im Arbeitszimmer gebeugt. Um ihn herum lagen Haufen an Büchern und Papieren, die einmal geordnete Stapel gewesen waren, bevor sie umgekippt waren. Das hier befindliche Material war so viel, dass es bereits den Zugang zu den Bücherregalen, die dahinter an der Wand standen, blockierte. Wenzel brauchte wirklich ein paar zusätzliche Regale. Soeben notierte er wieder seine Beobachtungen und Erkenntnisse, die er bei seinen Experimenten mit Magie gemacht hatte. Er schrieb sie auf Notizzetteln nieder, um die Inhalte dann später in überarbeiteter Form, in sein „De Arte Magica“ zu übertragen. Dies war sein Hauptwerk und er wollte nicht, dass es aus Kritzeleien und ständigen Umbesserungen bestand.
Als er dann fertig war, ging er, über das Durcheinander an Büchern und Unterlagen steigend, hinüber zur zweiten Tür im Raum. Durch diese betrat er ein anderes Zimmer, welches eine kleine Bücherei war. In der kaiserlichen Privatbibliothek saß eine kleine Dame mit pechschwarzem Haar. Sie war ebenso gerade in ihre Schreibarbeit vertieft und bemerkte erst relativ spät, dass sich der Kaiser ihr näherte. Sie setzte sich auf und wandte ihm ihren Blick zu, stand aber nicht vom Stuhl auf. „Kann ich euch helfen, mein Herr?“ Wenzel trat ein Stück näher heran und warf einen flüchtigen Blick über ihre Aufschrift. „Was machst du denn gerade?“, erkundigte er sich. Ich transkribiere das Buch, dass man im geheimen Keller gefunden hat“, erwiderte sie. „Sehr gut.“
Vor kurzem hatte man im Greifenburger Palast einen alten Geheimkeller entdeckt, der von den Usurpatoren offenbar genutzt worden war, um verbotenes Wissen über Zauberei zu verstecken. Zwar hatte man nur ein einziges Buch und ein paar weitere kleine Notizbücher ausmachen können, die in Verbindung mit Zauberkunst standen, aber trotzdem war das ein Sensationsfund. So lange schon hatte Wenzel vergeblich nach irgendeinem Wissen über Magie gesucht, dass er förmlich frohlockte, als ihn die gute Nachricht erreichte. Nun waren sie dabei das Buch zu übersetzen und zu analysieren. Es war, wie auch die Inschrift im Keller des Palastes, in der „Geheimsprache“ des Ostrisul, die eigentlich nur eine tote Sprache war, verfasst. Dieser Aufgabe widmete sich momentan die Dame hier.
Sie erhob sich und ging durch den Raum. Dabei konnte man nun ihre dunkelblaue Uniform sehen, die vorne ein Sonnenemblem zeigte, was das Wappen der Kaisergarde war. Es war eine gänzlich einzigartige Uniform für eine Person in einer einzigartigen Position. Denn die Frau war nur formell Teil der Kaisergarde. Eigentlich war Silke die „persönliche Assistentin des Kaisers für die Erforschung von Magie“. Ein unnötig langer Titel, der aber bestens bezahlt wurde, wie man sich wohl vorstellen kann. Silke war eine Koryphäe. Sie war die beste ihres Jahrganges der Akademie für Geschichtskunde gewesen, beherrschte mehrere Sprachen und hatte ein leidenschaftliches Interesse für Archivkunde….warum auch immer. Außerdem war sie die Tochter einer strikt teleiotischen, also altgläubigen, Familie, was aus Vertrauensgründen sehr wichtig war. Und aus den Gesprächen mit ihr war für Wenzel hervorgegangen, dass sie sich ebenso für Magie und deren Funktionsweise faszinierte wie er. Sie war die ideale Besetzung für diesen Posten.
Silke bewegte sich hinüber zu einem Kasten, der, als sie ihn öffnete, voll mit riesigen Pergamentrollen war. Bevor sie auch nur eine davon herausziehen konnte, sagte der Mann hinter ihr aber: „Lassen wir es heute lieber sein mit den Zauberkreisen. Mir wäre es zehnmal lieber, wenn du die Arbeit an unserem großen Fund fortsetzen würdest.“ Sie war eindeutig schon müde, hatte aber genug Enthusiasmus, um ein engagiertes, „Wie Sie wünschen!“, zu äußern. In den letzten zwei Jahren hatten sie gemeinsam viel Zeit damit verbracht die Funktionsweise von Zauberkreisen zu erforschen. Die Ergebnisse dessen waren durchwachsen. Sogleich ging die blutjunge Dame wieder an Wenzel vorbei und zurück an ihren Tisch. Ihrer körperlichen Attraktivität schenkte der Kaiser keine Aufmerksamkeit.
Bevor sie sich wieder ans Werk machen konnte, griff Wenzel aber nach dem Buch. Es war ein dickes, augenscheinlich uraltes Buch, mindestens zweihundert Jahre alt. Sein Ledereinband war dunkel und abgenutzt. Es war darin kein Autor angeführt. Die beiden gingen davon aus, dass es von mehreren der Melgarionen geschrieben worden war, welche es immer wieder von ihrem Vorgänger weitergeführt hatten. Das war an den unterschiedlichen Handschriften erkennbar. Der aktuelle Herrscher Ordaniens war in keiner Weise im Stande das Buch auch nur irgendwie zu lesen. Dennoch blätterte er es durch und schweifte mit seinem Blick interessiert über einige der darin aufgezeichneten Zauberkreise. Schließlich händigte er es wieder seiner Assistentin aus. „Dieses Ding ist unser Schlüssel zum Durchbruch, da bin ich mir ganz sicher.“, verlautbarte er. Silke nickte zustimmend.
Speisesaal, zur mittäglichen Essenszeit. An einem viel zu großen, langen Tisch saßen vier Personen: Kaiser Wenzel, seine Gemahlin Amalie, ihre Tochter Viktoria und Ylva, die neue Leibwächterin. Durch die Fenster schien die Sonne herein, aber nicht direkt, da es Mittagszeit war und deren Strahlen momentan senkrecht vom Himmel herabfielen. Dennoch war es überaus hell im Raum. Es gab nämlich eine zahllose Reihe an Fenstern hier, fast schon wie in einer Galerie.
Der Tisch war zugestellt mit einer Unzahl an Speiseplatten und Schüsseln, die unterschiedliche Gerichte präsentierten. Amalie und ihr Mann saßen ruhig und gesittet da und speisten mit Messer und Gabel. Neben ihnen saß ihre Tochter. Die Kleine tat es ihnen aber nicht gleich. Im Gegensatz zu den beiden griff sie sogleich nach „dem großen Hähnchen“ und riss sich davon mit bloßen Händen ein Bein herunter. „Viktoria?“, kam es da von Amalie in einem leicht warnenden Ton. Das Mädchen schaute sie daraufhin verdutzt an. „Wir benützen hier nicht unsere Hände, sondern nehmen das Besteck“, erklärte sie ihr dann. Unbeholfen schaute Viktoria neben ihren Teller, wo das Besteck aufgelegt war. Sie schnappte sich kurzerhand das Messer und schnitt damit an dem Stück Fleisch herum, das jetzt bereits auf ihrem Teller lag. Dabei hielt sie es aber mit den Fingern der linken Hand fest.
Ihre neue Mutter kratzte sich im Gesicht und atmete auf seltsam entnervte Weise aus. Ylva die neben der Kleinen saß konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Die Leibwächterin fragte: „Darf ich ihr helfen, Eure Hoheit?“ Amalie schien kurz im geistigen Leerlauf zu sein, erwiderte dann aber: „Nein. Lass es derweil. Wir bringen es ihr das nächste Mal bei. Ohnehin wird sie auch Etikettestunden bekommen.“ Wenzel dachte sich nur: „Die werden auch wirklich notwendig sein!“ Folglich begann das Kind auf relativ wilde Art ihr Essen zu sich zu nehmen. Mangels Tischmanieren schlang sie es förmlich hinunter und nahm sich gleich noch etwas nach. Ihre Eltern konnten gar nicht hinsehen.
Währenddessen saß Ylva immer noch da und aß nichts. Sie war zur Leibwache der Prinzessin bestimmt worden. Ylva war eine groß gewachsene Frau, mit starkem Körperbau, aber einem lieblichen Gesicht. Ihre kastanienbraunen Haare waren zu einem engen Haarknoten gebunden, um nicht bei der Arbeit in den Weg zu geraten. Die Dame wartete, bis sie an der Reihe war. Sie war niederen Standes hier am Tisch und den Gebräuchen nach war es üblich, dass die Ranghöheren zuerst aßen. Nur was sie an Essen ablehnten, würden die Nächsthöheren bekommen. Dies bedeutete, dass Ylva hier als Letzte dran war. Sie wusste, dass der Souverän ein sanfter Mann war, der es mit diesen alten Sitten nicht so streng nahm, aber dennoch wagte sie es nicht, von sich aus einen potentiellen Fehler zu begehen.
Auf dem Tisch waren allerlei interessante Speisen serviert. Das „Hühnchen“, wie ihre neue Tochter es nannte, war eigentlich ein Pfau. So eine Kreatur hatte sie natürlich noch nie gesehen. Des Weiteren standen am Tisch noch ein Fisch, der vermutlich eine gebratene Forelle war, Pastinakenpüree, was eine Beilage war, die Kaiserin Amalie besonders mochte, Brot und einige weitere Beilagen. Ein Stück von dem Fisch probierte die junge Prinzessin, spuckte es dann aber unter lautem, „Wei! Was ist das denn?“, aus. Sie hatte noch nie in ihrem Leben Fisch gegessen und verwehrte ihn daher erst einmal. Folglich nahm Ylva jenes Stück Fisch, das Viktoria nicht mochte.
Es war eine surreale Szene. Drei Hochadelige Erwachsene aßen gesittet am Tisch, während neben ihnen schmatzend und ungehobelt, ein Kind große Mengen an Essen in sich hineinschaufelte. Sie kannte keine Zurückhaltung. Wenzel war nur froh darüber, dass es ihr schmeckte. Ihm war völlig bewusst, dass es das erste Mal war, dass das Mädchen solch gut zubereitete Speisen bekam. Die Bauern Ordaniens lebten zum überwiegenden Teil von Brot, Getreidebrei, Gemüse und Linsen. Bei ihnen gab es nur sehr selten Fleisch und Gewürze waren ein Luxusgut.
Es dauerte wesentlich kürzer, als er erwartet hatte, bis seine Assistentin den gesamten Band übersetzt hatte. An jenem Tag war Silke so aufgeregt, dass sie wortwörtlich bei der Tür ihres Arbeitsplatzes hereinstolperte und zu Boden fiel. Wenzel, der schon vorher da gewesen war, drehte sich unmittelbar um und fragte sie, ob es ihr auch gut ginge. „Alles okay. Ich bin nur ein Tollpatsch!“, machte sie sich selbst runter und sammelte hastig die Bücher zusammen, die sie mitgebracht hatte. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, mein Herr. Die Hauptbibliothek ist ja doch einige Blocks weg von hier. Als ich bemerkt habe, wie spät ich dran bin, habe ich mich dann beeilt so schnell wie möglich herzukommen. Naja, das habe ich jetzt davon.“ – „Mach dir da keinen Kopf. Jetzt bist du ja hier“, erwiderte ihr Chef mit ruhigem Gemüt. Danach setzten sie sich zusammen und besprachen die Inhalte des übersetzten Buches.
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„Ich konnte noch nicht alles hundertprozentig übersetzen. Manche Wörter sind aufgrund der Handschrift einfach kaum zu entziffern. Trotzdem habe ich so einiges Interessantes darin finden können. Es scheint sich hier primär um ein Buch über Zauberkreise zu handeln. Das ist überaus passend, da wir auch in diesem Bereich beschäftigt waren….und sind.“ Jetzt fragte Wenzel nach: „Und steht auch etwas über allgemeine Regeln darin oder ist es nur eine Sammlung an Zauberkreisen, deren Regeln wir uns dann selbst ableiten müssten?“ – „Glücklicherweise sind ein paar Grundregeln in manchen Fußnoten genannt, aber generell ist es wohl eher ein Katalog an verschiedenen Kreisen.“ Es hätte zwar besser sein können, doch war es immerhin ein guter Umstand, über den sich der Magier trotzdem nicht beschweren konnte.
Sie fuhr fort: „Eine der essenziellsten Regeln haben wir ja selbst schon herausgefunden, nämlich dass die Kreise mit irgendeiner Art von Flüssigkeit, also Tinte oder sogar Blut, gezeichnet werden müssen. Des Weiteren scheinen sie nur zu funktionieren, wenn man sie in der Ostrisulischen Schrift schreibt. Alle Zaubersprüche und Symbole müssen sich zudem in der Rundung befinden, das Innere des Kreises muss immer leer bleiben. Und alle Zauberzirkel benötigen einen Zauberspruch, der aufgesagt werden muss, um aktiviert zu werden.“ Ihr Zuhörer sah sie kurz an, dann erhob er die Stimme: „Du hast noch eine Sache vergessen.“ Bevor sie antworten konnte, sprach er aber schon: „Zauberkreise brauchen Magie, um aktiviert werden zu können. Entweder die magische Kraft eines Zauberers oder eine, die in einem Objekt versiegelt ist, ist vonnöten.“
Sehr uncharakteristischer Weise begann da Silke fast schon zu schmollen und erwiderte: „Mein Herr, Ihr nehmt mir die Worte aus dem Mund. Das wollte ich soeben sagen!“ – „Oh, dann tut es mir leid!“, entschuldigte sich Wenzel gleich. Es war durchaus möglich Gegenstände, die Magie enthielten zu erschaffen. Wie genau dies möglich war, wussten sie zwar noch nicht, aber das einstige Seelenamulett des Herrschers war ein unleugbarer Beweis dafür. Auf diese Weise war es auch „normalen“ Menschen möglich Zauberei zu wirken oder zumindest Zauberkreise zu aktivieren. Dann setzte seine Assistentin wieder fort:
„Ich habe mir außerdem die Mühe gemacht, die unterschiedlichen Zauberkreise und deren Wirkungen hier aufzulisten.“ Wenzel nahm ihre Liste dankend entgegen. Als er sie durchlas, sprang ihm ein Eintrag besonders entgegen. „Ein Heilungsritual“, sagte er ungewollt und für Silke hörbar aus. Die Dame packte da gleich der Ansporn. „Wollt Ihr dieses etwa ausprobieren?“, erfragte sie in unverkennbar erpichtem Ton. Wenzel wollte fast schon zögern, gab ihr aber gleich nach. Es gab hier keinen einzigen Grund zögerlich zu sein. Dies war höchstwahrscheinlich jenes Heilungsritual von dem Elisabeth damals gesprochen hatte. Hätte er es zu diesem Zeitpunkt gekannt, hätte er sie womöglich noch retten können. Möglicherweise hätte dadurch das Melgarionische Kaiserhaus überlebt und die Geschichte von ganz Kaphkos hätte einen ganz anderen Verlauf genommen. Nun ja, was geschehen ist, ist geschehen. Dennoch erinnerte sich der Kaiser, den die Revolution hierhin gebracht hatte, an diesen Schicksalstag mit nüchternem Affekt. „Was wäre wenn“ war eine Frage, die man sich lieber nicht stellen sollte.
Während er über all das sinnierte, holte Silke bereits eine große Rolle Pergament hervor und stellte ein Tintenfass bereit. Wenzel bestand darauf den Kreis selbst zu zeichnen. Sie hielt ihm unterdessen den Bogen straff, da er sich vom langen Aufgerollt-Sein weigerte flach liegen zu bleiben. Es waren einige komplizierte Symbole, die der Zauberer da möglichst korrekt aufmalen musste. Er war nicht der Begabteste, was Fingerfertigkeit anbelangte, doch genau deshalb wollte er es auch hier üben. Als er mit seinem Werk fertig war, verbesserte ihm seine Assistentin noch zwei kleine Malheure, dann war der Zauberkreis fertig. Um ihn zu aktivieren, benötigte man noch Knochenpulver und schwarzen Sand.
Tatsächlich hatten sie beides bei der Hand, da sie schon die letzten zwei Jahre herumexperimentiert hatten. Silke kippte ein wenig von beiden Zutaten in Wenzels linke Hand. Mit seiner rechten hielt er das Buch, dessen Text er nun vorlesen sollte. „Einen Moment!“, mahnte sie ihn noch kurz zu warten. „Wir brauchen etwas, dass man heilen kann, um zu testen, ob das Ritual auch Wirkung zeigt.“ Der Kaiser fackelte nicht lange herum und schnitt sich mit dem kleinen Messer, das er zur Selbstverteidigung immer dabeihatte, in den eigenen Finger. Die Frau schien davon gar nicht allzu schockiert zu sein. Als die ersten warmen Tropfen auf den Boden fielen, begann Wenzel den Zauberspruch laut aus dem Buch aufzusagen.
„Osto me kokalo, haima me haima. Gia na therapeuthoun xana. Pare auti ti dynami apo mena kai kane to xana olokliro.“
Langsam begann der Kreis zu seinen Füßen bläulich zu leuchten. „Tropf, tropf“, ging es weiterhin von seinem Finger herab.mSchließlich las er den letzten Vers, woraufhin er dann das Pulver in seiner linken Hand hinunter auf den Zauberkreis warf. Er begann ganz kurz grell zu scheinen und der, der darinstand, spürte, wie das Mana aus ihm herausfloss. Dann ging sein Licht plötzlich aus. Darauffolgend überprüfte der Magier seinen Finger. Es war kein Schnitt mehr zu sehen. Die Wunde war geheilt. „Jawohl!“, begann Silke nun enthusiastisch zu rufen. Auch Wenzel war hocherfreut, so sehr, dass er in seinem Überschwang seine Assistentin umarmte. „Bitte, mein Herr, ich glaube nicht, dass….“, setzte sie an, beendete ihren Satz aber nicht mehr.
Grund dafür war die Dame, die nun in der Tür stand. Als Wenzel seinen Kopf hinüberdrehte, begegnete ihm Amalie. Mit eiskaltem Blick. Sofort trat er wieder zurück von Silke, aber es war schon zu spät. „Ich ähm,….es war nur ein Experiment mit Magie, das uns geglückt ist, Schatz. Es gibt nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest.“ Seine Gemahlin zog eine Augenbraue hoch und blickte ihn und die Dame neben ihm scharf an. „Sicher doch, Liebster.“ Eigentlich musste sie wissen, dass sie alles für Wenzel bedeutete, aber mit der Eifersucht war es halt so eine Sache….
Freudig stürmte Viktoria den Gang nach vorne, so weit, dass Amalie ihr zurufen musste, doch bitte etwas zusammen zu warten. Ylva sah hier momentan keine Gefahr im Palast und spazierte einstweilen neben der Kaiserin, mit der sie ein Gespräch führte. Heute hatten sie ein Treffen mit Irnfrids Töchtern, Marzia und Eleonore, ausgemacht. Marzia war circa in Viktorias Alter, Eleonore war zwei Jahre jünger als diese. Am Ende des Gangs, wo dieser nach links und rechts abzweigte, wartete das rothaarige Energiebündel ungeduldig. „Wenn du immer so weit vorläufst, kann ich nicht auf dich aufpassen, junge Dame!“, richtete sich die Leibwächterin an das Mädel, als sie endlich zu dieser aufgeholt hatten. „Aber Warten ist immer so langweilig!“, beschwerte sich die Kleine und lief gleich wieder voraus, als sie sah, in welche Richtung es weiter ging.
In einem Raum, der als Spielzimmer adaptiert worden war, trafen sie dann Irnfrid, die Ehefrau des Obersten Marschalls. Ihre beiden Töchter waren bereits beschäftigt. Sie saßen am mit Teppichen ausgelegten Boden und spielten mit ihren Puppen. Beide Kinder hatten schwarzes, dichtes Haar, wie ihr Vater, aber die hübschen, femininen Gesichtszüge ihrer Mutter. „Hier, Viktoria! Du kannst ruhig hinübergehen zu den zwei Mädchen und mit ihnen spielen.“ – „Okay!“, entgegnete sie kurz und rannte gleich hinüber zu den beiden. „Hallo, ich bin die Viktoria. Was spielt ihr denn da?“ Das Kind hatte gar nicht nach den Namen der beiden anderen gefragt. „Mit Puppen spielen wir gerade“, antwortete ihr Marzia etwas schüchtern.
Unterdessen setzten sich Irnfrid und Amalie zusammen und unterhielten sich, während sie ein Auge auf ihre Kleinen warfen. Ylva boten sie auch an, sich in der Zwischenzeit zu ihnen zu gesellen. „Und wie geht es deinem Mann so? Ich habe ihn in letzter Zeit nicht so oft gesehen“, erkundigte sich die die Kaisersgemahlin über Theodor. Ihre Freundin meinte da nur: „Es geht ihm so gesehen eigentlich ganz gut. Er ist halt immer recht beschäftigt. Momentan verbringt er viel Zeit mit Alexander. Er versucht den Burschen immer viel zu sehr zu drillen, weil er unbedingt möchte, dass er so wie er selbst wird. Ich habe ihm schon viel zu oft gesagt, dass sich das nicht erzwingen lässt, aber du weißt ja, wie er ist. Auf mich hört er ja sowieso nicht.“
Amalie konnte ihr da nur beipflichten. All die Jahre des Krieges hatten den Mann abhärten und abstumpfen lassen. Beide wussten das und doch war es nicht einfach damit umzugehen. Dann wandte sich Irnfrid an Amalie: „Du siehst so glücklich aus, weißt du das?“ – Tu ich das?“, fragte die Adressierte, die sofort eine Parallele mit dem, was Flora ihr gesagt hatte, zog. Diese hatte wortwörtlich dasselbe über sie behauptet. „Verstehe ich. Ich war auch überglücklich, als ich mein erstes Kind bekommen habe. Auch wenn bei dir nicht ganz dasselbe ist, so wird es wohl ein sehr ähnliches Gefühl sein“, vermerkte die Dame. Etwas verlegen erwiderte Amalie einfach: „Ja. Da hast du sicher recht.“ Ihre Wangen röteten sich ganz leicht, was Irnfrid amüsierte. Auch Irnfrid war sichtlich älter geworden. Sie hatte zwar noch nicht viele Falten, doch die Krähenfüße an ihren Augen begannen sich schon zu formen und sie war nicht mehr ganz so schlank, wie sie einmal gewesen war.
Aus dem Nichts heraus riss es die beiden aber plötzlich aus ihrem gemütlichen Gespräch heraus. Der Teppich, auf dem die Mädchen spielten, stand auf einmal in Flammen! Was war passiert? Viktoria verweigerte mit den zwei anderen, Puppen zu spielen. „Das ist langweilig!“, hatte sie gesagt. Sie wollte stattdessen, dass ihre Spielkameradinnen gemeinsam mit ihr mit den Bauklötzen spielten. Die anderen beiden wollten dies aber partout nicht. Sie war mehrmals deswegen zu ihnen gegangen, weil sie nicht alleine spielen wollte. Sie hasste es alleine zu spielen! Das rief in ihr Erinnerungen an die Eltern in Dorf, die deren Kinder von ihr fernhielten, wach. Als sie nun wieder auf Ablehnung gestoßen war, wurde Viktoria schließlich wütend. Die Magierin knirschte mit den Zähnen und ballte die Fäuste. Dann sprang sie herum und schrie die zwei an. Ihre Emotionen ließen die Magie für das freie Auge erkennbar aus ihr herausströmen. Die Wut der Kleinen entzündete schließlich den Spielteppich!
Infolge mussten die Mütter der drei sie gleich von dort wegschaffen. Die Leibwächterin spielte kurzerhand Feuerwehr. Das Feuer war aber schnell gelöscht und das Problem somit behoben. Nur der Teppich war im Eimer. Amalie gab ihrer Tochter natürlich gleich Schimpfen. Die zwei anderen wichen dem lieber aus und Eleonore wollte sich sogar hinter ihrer Mama verstecken. Viktoria machte ihr Angst. Das Spieltreffen war ruiniert.
Der Zauberer schaute hinunter auf sein Werk. „De Arte Magica“ stand darauf. Grüner Einband. Er schlug es auf und las das dritte Kapitel. Es war mit „Heilige Artefakte“ betitelt.
Normalerweise ist Magie an die Seele, also etwas Lebendiges gebunden. Es scheint nun so, dass es möglich ist Magie an Objekte zu binden. Diese sind aber nicht beliebige Objekte. Jeder der Gegenstände, die magische Eigenschaften aufzuweisen scheinen, hat einen Edelstein darin eingesetzt. Bedeutsam ist hier auch zu vermerken, dass bisher alle solchen Artefakte, die gefunden wurden, bis auf die Zeit Melgars des Großen zurückgehen. Es ist davon auszugehen, dass der ursprüngliche Erkorene selbst diese erschaffen hat. Die Methode ist unbekannt. Es lässt sich aber die Regel ableiten, dass das Binden von Magie an ein Objekt ausschließlich mit Edelsteinen vollziehbar ist. Eine plausible Theorie wäre hierbei, dass ein Teil der Seele selbst in den Edelstein eingeschlossen wird, um die Magie darin zu halten. Weitere Tests sind diesbezüglich notwendig.
Auf solche Art entstandene Gegenstände werden von nun an als „Heilige Artefakte“ bezeichnet werden, im Einklang mit der teleiotischen Definiton des Heiligkeitsbegriffes und seiner Verbundenheit mit Magie. Die bisher belegten Heiligen Artefakte sind folglich gelistet:
* Die Kaiserkrone Melgars
* Das Reichsszepter
* Der Reichsapfel
* Das Amulett Melgars
* Das zeremonielle Krönungsschwert
Diese sind die fünf Kronjuwelen, welche traditionell bei der Krönung aller bisherigen Kaiser des Heiligen Reiches verwendet wurden. Es schien für Melgar große Bedeutung gehabt zu haben, dass genau diese Gegenstände zusätzlich zu ihrer symbolischen Relevanz auch noch eine weitere bekamen. Weshalb kann bisher nicht genau eruiert werden. Einen weiteren Hinweis darauf gibt uns allerdings die Inschrift im Keller des Kaiserpalastes in Meglarsbruck.
„Fünf wertvolle Schätze. Fünf Schlüssel zur Ewigkeit. In einer Hand vereint reichen sie das Schicksal in die Zukunft weiter.“
Dies lässt den Schluss zu, dass seine Heiligkeit der Erkorene eine Methode des Bewahrens von Magischer Kraft durch Objekte anstrebte. Die Magie wäre hierin als „Schlüssel zur Ewigkeit“ zu verstehen, da sie scheinbar nicht mit der Zeit ausgeht, sondern sich darin dauerhaft hält.
Der Mann schlug das Buch wieder zu. Es gab noch so vieles, was er über Magie in Erfahrung bringen musste, und er würde das alles aufzeichnen, rational erklären und hierin zu Papier bringen. Es würde sein Magnum Opus werden, sein Vermächtnis. Er drehte sich um und blickte in Richtung der Wand links von sich. Hinter dem Regal, das hier stand, war ein geheimes Fach in der Mauer eingelassen. Darin hatte er die fünf Kronjuwelen versteckt. Der Erkorene hatte sie hier bei sich aufbewahrt, da er sie genau untersucht hatte und Experimente damit durchführte. Auf der anderen Seite des Zimmers war soeben Silke dabei, die furchtbare Unordnung, die ihr Boss hier entstehen hatte lassen, aufzuräumen. „Alles liegt hier kreuz und quer, mein Herr! Ich hätte euch sicher geholfen, wenn ihr mich früher darüber in Kenntnis gesetzt hättet.“
Wenzel ignorierte ihre offenkundig falsche Schlussfolgerung, dass er dieses Chaos verursacht hatte und nicht das Umfallen seiner Bücherstapel. Beim ihm hatte alles seine Ordnung und er wusste, wo er was hingelegt hatte, nur hatte er nicht genug Stauraum dafür, das war alles. Mit einem Finger deutete er ihr lediglich auf einen der Haufen und verwies sie: „Bitte, lass mir den Stapel hier. Die anderen Sachen kannst du ruhig woandershin räumen, aber das hier sind meine historischen Unterlagen, mit denen ich mich momentan noch beschäftige.“ Seine Assistentin wollte fast schon die Augen verdrehen, traute sich dann aber nicht und gab ihm einfach recht.
Nun ging Wenzel hinüber zum Geheimfach und holte die vier Heiligen Artefakte heraus. Ja, Sie haben richtig gelsen: Vier! Wie der Kaiser und seine Assistentin herausgefunden hatten, war der Reichsapfel eine Fälschung, deren Edelstein keine magischen Eigenschaften besaß. Er war überzeugt, dass der echte noch irgendwo sein musste, an einem Ort, wo ihn keiner finden konnte. Ihn ausfindig zu machen war nun eine weitere seiner Aufgaben. Bis dahin würde das Fake hier verweilen, um den Eindruck zu bewahren, dass alles so ist, wie es sein sollte.
Wenzel ließ die Artefakte herüber auf seinen Tisch schweben und begann wieder einmal mit ihnen zu experimentieren. Vor ihm aufgelegt waren nun: Das Schwert Melgars mit einem ins hellviolette Rot gehenden Juwel darin, das Szepter mit einem azurblauen Edelstein, der (falsche) Reichsapfel mit einem gelben, die Krone mit einem grünen und letztlich das Amulett mit einem zerbrochenen, feuerroten Stein. Wenn er sie berührte und Mana in diese einleitete, begannen sie zu leuchten. Was das Schwert konnte, hatte er schon von Theodor erfahren, beziehungsweise auch selbst nochmal in Erfahrung gebracht. Die Krone erlaubte es ihm die Sprache von Tieren zu verstehen. Der Tag, an dem er das herausgefunden hatte, war jener, an dem ein paar Spatzen an seiner Fensterscheibe gesessen hatten, als er mit der Krone hantierte. Die Eigenschaften der anderen Heiligen Artefakte waren ihm bisher nicht bekannt. Kurioserweise leuchtete das Szepter einmal stärker und einmal schwächer, wenn er es mit Magie durchfloss. Sein Licht begann unmittelbar heller oder matter zu werden, je nachdem wohin er es richtete. Es hatte noch nicht herausgefunden wieso.
Genau deshalb „spielte“ er aber jetzt wieder mit dem Reichsszepter herum. Er hielt es senkrecht nach oben und es leuchtete nur halb. Dann zeigte er mit dessen Spitze auf die anderen Heiligen Artefakte und es leuchtete einen Hauch mehr, aber nicht ganz. Leicht nach rechts gewandt und es wurde noch eine Spur heller. Seltsam. Silke warf nur gelegentlich einen Blick zu ihm herüber. Sie wusste auch noch nicht, was der Gegenstand genau machte, aber vermutlich war es wie mit einer Art Wünschelrute. Nur wonach suchte die Wünschelrute? Bald schon würden sie es herausfinden. „Ach, ja, Silke, nur dass du’s weißt! Ich werde mir ein wenig von unserem Knochenmehl und dem schwarzen Sand nehmen“, informierte er sie unverblümt. „Sicher doch, mein Herr“, war alles, was die Frau ihm darauf entgegnete. Wenzel würde künftig eine winzige Phiole, die diese Zutaten enthielt, mit sich führen, um im Notfall ein Heilungsritual durchführen zu können. Den Zauberkreis hatte er mittlerweile eingeübt und konnte ihn aus dem Gedächtnis heraus aufzeichnen.