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Chrysalis 1 • Das Amulett [Deutsch/German only]
Kapitel 16 • Der Tanz der Tiere

Kapitel 16 • Der Tanz der Tiere

Eine Woche später neigte sich ein heißer und anstrengender Tag seinem Ende entgegen. Chrysalis hatte den Nachmittag damit verbracht, die zum Trocknen aufgehängten Heilkräuter durchzusehen und so weit möglich wegzupacken. Diese Arbeit war seit ihrem ungeplanten Ausflug zu den Bergbauern liegen geblieben.

Endlich war sie damit fertig und gönnte sich ein paar Augenblicke der Ruhe. Das Kollegium wirkte wie ausgestorben, die wenigen Anwesenden waren wohl vor der Hitze in ihre Gemächer geflüchtet. Chrysalis hatte keine weiteren Verpflichtungen mehr und beschloss, die Gunst der Stunde zu nutzen, auch wenn sie lieber im Schatten der Veranda auf der faulen Haut gelegen hätte.

Seufzend raffte sie sich auf und schlenderte hinüber zur Küche. Dort schenkte sie sich ein großes Glas kalten Kräutertees ein und ging damit in ihr Zimmer.

Sie trank immer wieder ein paar Schlucke, während sie sich in eine eng anliegende Tunika aus weichem hellen Stoff und eine dazu passende Hose kleidete. Dann schob sie ihren Tisch in die Ecke, packte den Stuhl oben darauf und stellte sich barfüßig in die Mitte des Raums.

Chrysalis schloss die Augen und sammelte sich. Sie verlangsamte ihre Atmung, suchte ihren inneren Rhythmus und hob dann in einem fließenden Bogen die Arme über den Kopf. Anschließend beugte sie sich hin und her, erst unmerklich, dann immer weiter ausholend, bis sie ihre Hände seitlich bis auf Hüfthöhe absenkte. Sie war die Schlange.

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Als nächstes kauerte sie nieder und stützte sich auf die flachen Hände vor sich. Dann streckte sie ein Bein zur Seite, nach hinten, absetzen. Anderes Bein. Sie hatte erst einige wenige Bewegungen gemacht, als sie von energischem Klopfen an ihrer Türe aus ihrer Konzentration gerissen wurde.

»Wer da?«, rief Chrysalis ungehalten. Sie fand selten genug die Muße und Abgeschiedenheit, den Tanz durchzuführen. Am Kollegium herrschte meist reges Treiben, und sie wollte mit den Übungen keine Aufmerksamkeit erregen.

»Ich bin es, Cedrik«, erwiderte der Störenfried. »Komm bitte mit in mein Studio, ich muss mit dir reden!«

»Einen Augenblick, ich komme gleich.« Chrysalis hatte noch gar nicht mit der Rückkehr ihres Lehrmeisters gerechnet. Sein Tonfall hatte dringlich geklungen, er hatte sicherlich schlechte Neuigkeiten mitgebracht.

Chrysalis warf sich ihre graue Robe über. Zum Glück war sie mit dem Tanz noch nicht weit gekommen, sonst hätte sie sich noch waschen und umziehen müssen.

Auf halbem Weg zur Tür fiel ihr noch der Enzianschnaps ein, den ihr Marie für Cedrik mitgegeben hatte. Sie zog die Flasche aus einem Fach ihrer Kommode und verstaute sie in einer Innentasche der Robe. Nicht jeder sollte sie mit einer Schnapsflasche durch die Gänge laufen sehen, schon gar nicht in Begleitung Cedriks.

Sie eilte hinaus und zog die Türe hinter sich zu. Sie nickte ihrem Lehrmeister kurz zu, dann folgte sie ihm in dessen Studio. Unterwegs dorthin musterte sie verstohlen seinen Begleiter, einen verschüchtert wirkenden jungen Mann.