Sich als junger Rang zwei an einer Rang drei Aufgabe zu versuchen, ist für gewöhnlich keine gute Idee. Allerdings klingt zumindest das Auffinden des elementaren Feldes nach einer lösbaren Aufgabe. Immerhin schlägt das System mich ja quasi spezifisch für diese Angelegenheit vor. Trotzdem kann man bei solch hochrangigen Missionen nicht vorsichtig genug sein. Zum Glück sitzt mir jemand gegenüber, der sich mit der Materie bestens auskennen sollte: “Sir, was glauben sie am Ende ihrer Suche vorzufinden?”
Der Magier schaut mich leicht belustigt an: “Glaube ist etwas für Leute Herr Lang, die sich nicht mit der Wirklichkeit beschäftigen. Ohne genaue Erkenntnisse sollte man immer auf den besten und schlechtesten Fall vorbereitet sein. Um ihre Folgefrage direkt vorwegzunehmen, erlauben sie mir zunächst eine Gegenfrage. Was wissen sie über elementare Felder?”
Ich erzähle von meinem Einblick in “Studien der elementaren Felder und Fertigkeiten”, worauf der Magier ein trockenes Lachen von sich gibt. “Ein gutes Buch, wenn auch zugegebenermaßen nicht besonders einsteigerfreundlich. Sie haben inhaltlich vermutlich in etwa so viel verstanden wie ein Dreijähriger vom schriftlichen Dividieren.
Stark vereinfacht handelt es sich bei elementaren Feldern lediglich um eine enorme Ansammlung von Energie eines bestimmten Types. Diese Konzentration an Energie führt wiederum zu einzigartigen Effekten. Je dichter die Konzentration und je näher man sich am Kern des Feldes befindet, desto größer sind sie.
Im Fall eines elementaren Feldes der Dunkelheit sind das häufig schlechte Sichtverhältnisse und schädliche Luft. Schon mehrere Atemzüge können dich Lebenspunkte kosten. Die vorhandene Energie beeinflusst die Fauna und Flora maßgeblich. Prinzipiell ist alles, was in so einem Feld gedeiht entweder giftig oder kann dich verfluchen. Gleichzeitig lassen sich die hier gefundenen Materialien aber auch zur Herstellung von starken Heilmitteln oder Gegengiften verwenden.” “Und dieses Risiko gehen Leute freiwillig ein?”, frage ich ungläubig nach. Der Magier nickt nur: ”Wir reden hier von seltenen bis epischen Rohstoffen, die nur in einer Handvoll Orten auf der ganzen Welt vorkommen. Die Nachfrage ist enorm und somit auch die entsprechende Bezahlung. Für Rang 4 Abenteurer ist es ein einträgliches Geschäft.”
“Aber wenn die Materialien so begehrt sind, warum werden dann nicht mehr künstliche Elementarfelder erschaffen?”, frage ich nach. “Weil die natürlichen Gegebenheiten das nicht hergeben. Nehmen wir an, sie wollen einen Garten anlegen. Dafür brauchen sie ein Fleckchen Erde mit fruchtbarem Boden, genügend Sonnenschein und ausreichend Wasser. Ohne diese grundlegenden Voraussetzungen kann ihnen auch der beste Gärtner nur bedingt helfen. Mit elementaren Feldern verhält es sich da ganz ähnlich. Des Weiteren ist das Erzeugen und Instandhalten eines Feldes ein finanzielles Fass ohne Boden. Es kommt immer wieder vor, dass eine Adelsfamilie sich von ihrer Gier leiten lässt und dabei bankrott geht.
Weshalb das Erschaffen eines elementaren Feldes aber ohne Genehmigung in Usenia verboten ist, hat einen anderen Grund. Enorme Mengen an Energie sind nur schwer kontrollierbar. Schon ein kleiner Fehler kann zu einer Explosion führen, welche alles im Faktor 10 der ursprünglichen Größe zu Staub verwandelt.
Kommen wir nun zu ihrer ursprünglichen Frage zurück. Im besten Fall könnten die Strippenzieher versuchen, dunkles Mana zu farmen. Der Prozess ist recht simpel und mit wenig Risiko verbunden. Die abgefüllten Behälter lassen sich dann zu guten Preisen an verschiedenste Berufszweige verkaufen.
Im schlimmsten Fall versucht man, die Energiedichte zu erhöhen und danach das Feld implodieren zu lassen. Wenn dadurch eine Rang 4 Kreatur entsteht, haben wir ein Problem.” “Nur damit ich sie richtig verstehe Herr Pilkowski. Das Implodieren von elementaren Feldern kann neues Leben erschaffen?”, frage ich. “Mana ist zu einer Menge erstaunlicher Dinge fähig Herr Lang. Dungeons sind bekannt dafür, Mana in Kreaturen zu konvertieren. Ein elementares Feld verfügt über eine ähnliche Eigenschaft. Hier dauert so ein Prozess jedoch für gewöhnlich Monate, wenn nicht sogar Jahre. Das Ergebnis ist jedoch nicht mit der Fusion aller Energie in ein einziges Wesen zu vergleichen.
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Vor etwas mehr als 4000 Jahren ist ein riesiges, elementares Feld des Windes im Fernen Süden implodiert. Dabei entstand ein waschechtes Windelementar, eine Rang 6 Kreatur. Die daraufhin folgende Zerstörung ist historisch beispiellos. 5 Königreiche und Abermillionen an Lebewesen vielen dieser Naturkatastrophe innerhalb der nächsten Tage zum Opfer. Der gesamte Kontinent nahm unter den Fertigkeiten des Windelementares neue Züge an. Nach schätzungsweise zwanzig Tagen war der Spuk vorbei. Die schiere Masse an instabilen Mana hat das Elementar schließlich auseinandergerissen.”
Mir läuft es kalt den Rücken runter. Mir überhaupt so ein mächtiges Wesen vorzustellen, überschreitet die Grenzen meiner Fantasie. Was tut man denn gegen eine Kreatur, die mit einem Fingerschnippen ganze Landschaften verschwinden lassen kann?
“Unser gesuchtes, künstliches Feld wird jedoch kein echtes Elementar erzeugen können”, versichert mir der Magier. “Trotzdem wäre auch eine Rang 4 Kreatur dazu in der Lage, viel Leid zu erzeugen. Dem einen Riegel vorzuschieben, sollte für uns eine hohe Priorität haben.” “Uns?”, frage ich nach. "Das System vergibt Missionen nicht ohne Grund, Herr Lang. Wie hoch ist die Belohnung dafür, dass sie das elementare Feld finden?”
Woher weiß der Magier den Inhalt meines Auftrages? Es dauert einen Moment, bis ich auf die Lösung komme: “Ihre eigene, vom System vergebene Mission hat sie zu mir geführt.” “Finde den Magier, der Herrn Köhler auf seiner letzten Reise begleitet hat. Sucht gemeinsam nach dem elementaren Feld”, bestätigt mir Herr Pilkowski. “Es hat mich überrascht zu sehen, dass sie ein Magier mit speziellen Veranlagungen sind. Allerdings sitzen wir im selben Boot oder in diesem Fall Kutsche, Herr Lang. Ich möchte so schnell wie möglich das elementare Feld finden und sie haben die Fähigkeit dazu. Im Ausgleich dafür winkt ihnen vermutlich eine hübsche Belohnung. Also haben wir einen Deal?
Ich willige ein. Der Magier hat zum Glück nur einen Teil meines Auftrages erraten. Nach den neuesten Erkenntnissen sind jedoch die restlichen Aufgaben ein für allemal vom Tisch. Somit gilt es nur noch herauszufinden, wie genau meine Augen funktionieren. Auch hier kann mir der Vizepräsident der Magierakademie weiterhelfen. Über den Kurs der nächsten Tage lerne ich jede Menge über die Thematik Mana.
Jedes Lebewesen, das Mana besitzt, strahlt dieses auch ab. Die Fähigkeit, Mana mit einem seiner Sinne wahrzunehmen, ist tatsächlich gar nicht so selten. Einige Reptilien können es über ihre Zunge kategorisieren, während gewisse Meeresbewohner die Art und Stärke durch Schwingungen der Energie deuten können.
Es ist, wie Identifizieren auch, ein Mittel zur Gefahrenerkennung. In meinem Fall bedeutet das, je greller die Farbe, desto mehr Mana hat das Lebewesen und desto gefährlicher ist es in aller Regel auch. Ein grüner Schein bedeutet Naturmana, während ein rotes Leuchten für Feuermana steht. Diese Helligkeit jedoch zu interpretieren ist in den weniger extremen Fällen nicht so einfach. Laut Herrn Pilkowski nimmt man dafür seine eigene Aura als Vergleichsgröße.
Allerdings sehe ich mein eigenes Leuchten nicht. Ein offenbar bekanntes Problem und vergleichbar mit der Sicht auf die eigene Nase. Solange man sich nicht wirklich darauf konzentriert, nimmt man sie nicht wahr. Es bedarf wochenlanges Training, um diese Tatsache zu korrigieren. Im Anschluss kann man dann auch lernen, seine Aura zu unterdrücken. Eine gegen manche Kreaturen durchaus nützliche Fähigkeit.
Am Ende des Tages gilt es für mich, nach einer kugelförmigen Erscheinung mit einem maximalen Durchmesser von 20 bis 30 Metern Ausschau zu halten. Mit meinen Augen betrachtet sollte die Kuppel ein undurchdringliches, tiefes Schwarz sein. Anzeichen dafür, dass sich ein elementares Feld in der Nähe befindet, sind “Turbulenzen im natürlichen Manafluss”. Einfach ausgedrückt sollten mir Farben auffallen, die nicht zum Rest des Bildes passen.
Unser erstes Ziel erweist sich als wenig ergiebig. Der vermeintliche Käufer ist an der Droge verstorben und mir fällt auch sonst nichts Ungewöhnliches im Dorf auf. Fairerweise ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass unser Feld irgendwo fernab der Zivilisation versteckt liegt. Trotzdem schadet es ja nicht, die Augen offen zu halten. Nach einer Nacht im Gasthaus machen wir uns schließlich auf den Weg ins nächste Dorf.