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Kapitel 15: geteiltes Leid

Clara Hegenfeld hat dich zu einer Gruppe eingeladen. Möchtest du der Gruppe beitreten?

Ich bin immer wieder von den Möglichkeiten, welches das System bietet, überrascht. Wenn du eine Kreatur tötest, bekommst du dafür Erfahrung und Sil. Bist du allerdings als Gruppe unterwegs, hat jeder unterschiedliche Aufgaben. In meiner Kombination mit Clara ist es meine Aufgabe, alles in Sichtweite nieder zu strecken, während sie mir nach Möglichkeit alle Biester vom Leib hält. Allerdings würde ich somit auch den Großteil der Erfahrung einheimsen und Clara hätte nicht besonders viel von dieser Aktion. Genau dafür kann man sich in einer, vom System anerkannten, Gruppe zusammenschließen. Die Erfahrung und das Sil werden dann fair zwischen allen Mitgliedern aufgeteilt. Ich finde es großartig, dass es so etwas gibt.

Wir beginnen mit ein paar Level 13 Ratten, welche keine große Gefahr für uns darstellen. Allerdings können wir uns so ein wenig aneinander gewöhnen. Clara ist mir insgesamt ein wenig zu angriffslustig. Im Prinzip nutzt sie die gleiche Strategie wie ich auch. Sie tauscht permanent Schläge mit den Ratten ab. Dank ihrer Lederrüstung, kommt sie allerdings wesentlich besser davon, als das bei mir der Fall war. Die Ratten scheinen nicht wirklich durch das Leder zu kommen.

“Siehst du, ich habe dir doch gesagt, dass Level 13 Ratten für uns kein Problem sein werden,” spricht sie selbstsicher. Ich meine, das Ergebnis gibt ihr Recht.

42 Erfahrung erhalten, 7 Sil erhalten

“Wie sieht es gegen Level 15 und 16 Nager aus,” frage ich, “bist du da genauso zuversichtlich?” “Drei oder vier von den Biestern kriege ich schon irgendwie in Schach gehalten. Du musst ihnen nur zeitnah das Licht ausblasen und alles ist super.” Ich bin zwar skeptisch aber werde noch früh genug herausfinden können, ob ihre Behauptungen wahr sind. Wir legen uns noch mit einer weiteren Gruppe Ratten an, bevor wir uns dazu entscheiden, zur Hauptjagd überzugehen.

Allgemeines

Name

Torben Lang

Klasse

Magier

Level

15

Lebenspunkte

38/38

Lebensreg.

2/h

Mana

18/36

Manareg

2 (3)/h

Erfahrung

102/297

Attribute

Stärke

8

Vitalität

12 (19)

Geschicklichkeit

5

Wahrnehmung

8

Intelligenz

35

Einsicht

18

6 freie Attributspunkte verfügbar

Mir fällt allerdings auch ein Nachteil der Gruppenfunktion auf. Eigentlich sollte so eine Ratte 13 Erfahrung geben, wir haben allerdings nur insgesamt zwölf Punkte erhalten. Anscheinend werden ungerade Zahlen einfach abgerundet? Nicht das ich mich beschweren möchte. Mir geht es blendend und meine Kleidung hat nicht einen Kratzer abgekommen. Ich entscheide mich schließlich dafür, zwei meiner freien Attributspunkte in Einsicht zu investieren. Alles, worauf ich bei diesem Ausflug achten muss, ist nicht im Weg zu stehen und immer genug Mana für meinen Zauber zu haben. Meine Manaregeneration also auf 4 zu erhöhen, erscheint mir überaus sinnvoll.

Auch wenn ich es bei meinen ersten Besuch hier unten nicht wirklich bemerkt habe, so scheint Clara doch Recht zu haben. Die Tunnel werden tatsächlich breiter. Unsere nächste Aufeinandertreffen findet mit sechs von den Biestern statt. Die junge Kriegerin versuch ihr Bestes, wird aber von einem unschönen Schwanzhieb zur Seite gerissen und zwei der Mistviecher stürzen sich auf mich. Ich reagiere einen Ticken zu spät um dem Frontalangriff ausweichen zu können.

7 Schaden erlitten

Mein Brustkorb schmerzt aber wenigstens bin ich so dem Klauenhieb des zweiten Angreifers entkommen. “Torben!” höre ich Clara panisch durch die Höhle schreien. Verblüfft schaue ich zu der heran eilenden Frau. Ich bin mir nicht sicher, ob mich ihre Einstellung beruhigt oder kränkt. Als ob meine Wenigkeit nicht mit zwei popeligen Ratten zurecht kommt. “Alles gut, kümmer du dich um die anderen Zwei,” rufe ich ihr zu. Mit einem Tritt verschaffe ich mir etwas Zeit und bereite den nächsten Zauber vor. Die Ratte selbst hat jedoch andere Pläne.

6 Schaden erlitten. Vergiftung erlitten: 4 Schaden/h, Dauer: 2h

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Ich komme nicht drum herum vor Schmerzen einmal zu schreien. Warum beißen mir die Biester eigentlich immer in den Unterschenkel? Das ich auf diese Weise meinen Manabolzen nicht verfehlen kann, macht es nicht wirklich besser. Ich rolle zur Seite um den mächtigen Satz seines Kollegen zu entkommen. Der Nager setzt zum nächsten Angriff an, als ihn ein Stein am Kopf trifft. “Leg dich gefälligst mit jemanden an der sich auch wehren kann, du Mistvieh!” Die Ablenkung der Kriegerin gibt mir genug Zeit und mein zweiter Zauber trifft ebenfalls ins Schwarze. Ich versuche unmittelbar Clara zu unterschützen aber sehe direkt, dass meine Hilfe nicht von Nöten ist. Nachdem die Kriegerin die Ratte erledigt hat, kommt sie im Laufschritt angetrabt.

42 Erfahrung erhalten, 6 Sil erhalten

“Bist du okay? Soll ich dich tragen?” Ich schaue sie mit einem irritierten Gesichtsausdruck an. “Nur ein größerer Kratzer, nichts Lebensgefährliches.” Zum Glück kann ich den Stab als Gehhilfe benutzen. “Lass uns ein Stück den Gang zurück gehen und warten, bis mein Bein geheilt ist.”

Selbst als wir uns an einen guten Punkt niedergelassen haben, dauert es eine ganze Weile, bis die Kriegerin erneut das Wort an mich richtet: “Haben dich die Ratten etwa nur gestreift?” Ungläubig schaue ich zuerst Clara an und dann auf meine langsam heilende Wade. “Gestreift würde ich es zumindest nicht nennen.” “Wie kommt es dann, dass du okay bist? Zwei Ratten sollten eigentlich keine Probleme haben einen Magier in Stücke zu reißen.” “Indem ich nicht so ein Weichei bin und genug Punkte in Vitalität besitze, um solche Kleinigkeiten verkraften zu können.” Okay, vielleicht übertreibe ich hier ein wenig. Mein Bein schmerzt tierisch und die Auseinandersetzung hat mich sowohl die Hälfte meiner Lebenspunkte als auch meine Fluchtmöglichkeit gekostet. “Wieviel Vitalität besitzt du denn?”, fragt die Kriegerin. “Genug”, ist meine knappe Antwort.

Die nächsten drei Stunden vergehen größtenteils, ohne das jemand von uns etwas zu sagen hat. Meinem Bein geht es wieder gut genug, sodass ich ohne große Probleme laufen kann und mein Manavorrat sieht auch gut aus. “Neue Runde, neues Glück.”

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Es ist mitten in der Nacht. Dennoch bin ich viel zu aufgeregt, als dass ich einfach so schlafen könnte. Fast 200 Erfahrung an einem Tag! Ich musste mich auf den Rückweg selber kurz kneifen, um das wirklich fassen zu können. Allerdings ist Torben völlig wahnsinnig! Ich konnte buchstäblich durch sein Bein gucken und Stunden später zaubert er schon wieder als wäre das gar nicht passiert! Außerdem hat kaum eine Ratte mehr als einen Treffer von ihm überlebt. Er ist also nicht nur verrückt und hält mehr als einen Windhauch aus, sondern ist auch gleichzeitig ziemlich stark.

Meine Eltern waren natürlich alles andere als begeistert von meinem Abenteuer. Wie ich nur mit einem Wildfremden in Ratbi’s Höhle gehen könnte. Was mir alles hätte passieren können. Bin ich etwa immer noch zwölf? Mit wem soll ich denn sonst leveln gehen? Paps hat keine Kämpferklasse und Mutter gehört zu den Handvoll von Rang 2 Leuten im Dorf. Diese haben in der Regel Besseres zutun als mir bei der Rattenjagd zu helfen. Torben ist ohne Frage ein schräger Vogel. Das ist aber meilenweit besser als die alten Säcke, welche den ganzen Tag nichts anderes machen als sich volllaufen zu lassen. Ich bin dank heute sogar schon ein ganzes Stück an Level 18 herangerückt. Ich bin furchtbar gespannt, welche Spezialisierungen das System für mich bereithält.

Meine Euphorie wird die nächsten Tage allerdings in Arbeit erstickt. Ich putze das gesamte Haus von oben bis unten, hole und bringe verschiedene Lederwaren für Paps und helfe schließlich unserem Nachbarn ein neues Blumenbeet anzulegen. Nichts gegen Hilde und ihren Mann aber laut meiner Klassenbeschreibung bin ich immer noch eine Kriegerin und keine Gärtnerin.

“Ich habe alles erledigt und werde morgen wieder zur Höhle aufbrechen,” verkünde ich beim Abendbrot meinen Eltern. “Konntest du Miriam und Tom also überzeugen dir behilflich zu sein?”, fragt meine Mutter neugierig nach. “Nein leider nicht,” ist meine kurze Antwort. Tom ist nunmal Tom aber Miriam benimmt sich die letzten Tage mir gegenüber merkwürdig. Sie ist zwar wieder gesund aber läuft jedesmal kreidebleich an wenn sie mich sieht. Hoffentlich ist das nur so eine Phase von ihr.

Meine Eltern schauen sich kurz an, bevor mein Vater besorgt das Wort an mich richtet: “Triffst du dich wieder mit dem Abweichler?” “Er heisst Torben aber ja, dass habe ich vor.” Meine Mutter knallt plötzlich das Besteck auf den Tisch. “Hast du denn gar nichts aus deiner Zwickmühle gelernt? Du solltest besser auf dich aufpassen und nicht Wildfremden vertrauen! Jungen Frauen können da draußen schlimme Dinge passieren.”

“Wenn Torben versuchen sollte mich anzufassen, box ich ihn einfach nieder. Er ist komisch ja, aber ich glaube nicht, dass er ein schlechter Kerl ist. Ich bin kein Kind mehr und kann ganz gut auf mich selber aufpassen.” Mutter scheint allerdings nicht viel von meinen Argumenten zu halten: “Du bist sechzehn Clara. Glaub mir, dieser Mann bringt nur Probleme mit sich.” Jetzt bin ich es die sauer wird: “Wie soll ich denn selber Erfahrungen machen, wenn ihr mir alles Mögliche verbietet? Was ich betteln musste um endlich in die Höhle abtauchen zu dürfen. Nur mit meinen Freunden, nur so und so tief und wehe ich bin nicht bis zum Abend wieder im Dorf. Klaus hatte viel mehr Freiheiten als ich!”

“Die Situation deines Bruders ist doch gar nicht mit Deiner zu vergleichen!” “Genau, weil er ja so viel besser war als die Leute in seinem Alter.” Ich habe es satt dieses Gespräch zu führen und stapfe wütend in mein Zimmer.

Als die ersten Sonnenstrahlen den neuen Tag ankündigen, schleiche ich mich aus dem Haus. In meinem Rucksack befindet sich genug Proviant für die nächsten beiden Tage. Marco ist überrascht, bereits so früh jemanden am Tor zu sehen. Allerdings braucht es nicht viel Überzeugungsarbeit und er entlässt mich in die Natur. Den Weg zu Ratbi’s Höhle könnte ich wahrscheinlich mit verbundenen Augen gehen. Die Frage ist nun, wie ich Torben aufstöbern kann. Der Magier hat mir nicht verraten, wo er seine Zeit außerhalb der Tunnel verbringt. Somit bleibt mir nichts anderes übrig, als es mir im Höhleneingang gemütlich zu machen. Früher oder später muss er ja an mir vorbei kommen.

Ich schaue verträumt dem fallenden Regen zu, als sich endlich eine Gestalt aus dem Wald schält. Mit großen Schritten stapft der Magier über den nassen Waldboden und bleibt schließlich neben mir stehen. “Wartest du auf jemand bestimmtes?”, fragt mich Torben. Er ist in meiner Abwesenheit erneut ein Level gestiegen. Wenn ich nicht aufpasse, erreicht er noch vor mir Level 20. “Jetzt nicht mehr. Hast du Lust ein paar Ratten zu verprügeln?” Torben lächelt für einen Moment, bevor vor meinen Augen ein mir gut bekannter Bildschirm erscheint.

Torben Lang hat dich zu einer Gruppe eingeladen. Möchtest du der Gruppe beitreten?

Die nächsten Stunden verbringen wir mit dem Suchen und Töten der Biester. Endlich kann ich meiner angestauten Wut freien lauf lassen. Allerdings bin auch ich nur ein Mensch und brauche irgendwann eine Pause. Eine schöne Stulle ist jetzt genau das Richtige für mich. “Bedrückt dich irgendetwas?”, fragt mich schließlich der Magier. “Wie kommst du darauf?” “So wie du heute kämpfst, ist irgendetwas anders als beim letzten Mal.” “Ach, ich habe mich nur mit meinen Eltern gestritten.” Es folgt ein bedrückende Stille bis Torben erneut das Wort an mich richtet: “Willst du darüber reden?”

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Ich bin mir nicht sicher, ob meine Wenigkeit die richtige Ansprechperson für junge Frauen mit Problemen ist. Allerdings hilft es ja meistens schon, wenn einem jemand zuhört. Nach und nach sprudelt es aus Clara nur so heraus. Die Kriegerin erzählt mir von dem Streit mit ihren Eltern, davon, dass sie sich wünscht, dass Tom endlich mal mehr Rückgrat zeigt und Miriam auch mal ihre Meinung sagt. Sie erzählt mir vom Wirt Guido und was für ein Arsch er sei und wie die Wache Marco ihr immer “unauffällig” hinterher schaut.

Schließlich kehrt wieder Stille in den Tunnel ein. Ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll. Ich weiß nichts über das Leben auf Vera. Welche sinnvollen Ratschläge kann also jemand wie ich einer Sechzehnjährigen schon geben? Stattdessen erzähle ich ihr ein wenig über mich. Wie ich in dieser Höhle aufgewacht bin und was mir seitdem widerfahren ist.

“Und ich dachte mein Leben wäre schon beschissen. Du kannst dich echt an gar nichts mehr erinnern?” Ich schüttle mit dem Kopf: “Hin und wieder schnappe ich ein paar Sachen auf, die mir bekannt vorkommen. Als mir die Wegweiserin zum Beispiel von Usenia erzählt hat, kam mir das Wort bekannt vor. Was aber Level, Klassen, Ausrüstungen und den ganzen anderen Kram angeht….” “Muss kacke sein, du zu sein.” Ich schaue die Kriegerin irritiert an. Diese fängt an zu lachen und ich schließe mich ihr kurz darauf an.

“Was wirst du also machen, wenn man dich nicht mehr als Abweichler erkennen kann?”, fragt mich Clara. “Ich werde mich auf die Suche nach Antworten machen. Irgendjemand muss ja Näheres über Abweichler wissen. Vielleicht finde ich in einer Stadt mehr über Leute wie mich heraus.” “Die nächste Stadt liegt zwei Wochen nördlich von Mirheim. Allerdings solltest du nicht alleine durch den Wald reisen. Mein Vorschlag wäre, du schließt dich in Nistelheim einer Händlergruppe nach Torfbergen an. Auf diesem Wege bist du zumindest vor den meisten Raubtieren sicher.” Clara’s Vorschlag klingt nach einem guten Plan. Hoffentlich ist der ganze Spaß nicht so übertrieben teuer wie ein Wegweiser.

“Und was ist dein Plan für die Zukunft?”, frage ich die Kriegerin. “Ich will stark genug werden um meinen Bruder in einem Schwertkampf zu besiegen.” “Ist denn dein Bruder so ein fähiger Schwertkämpfer?” “Worauf du aber wetten kannst! Klaus ist so talentiert, dass er bereits mit 14 Jahren Level 20 erreicht hat! Ein Jahr später hat er dann Mutter, Paps und mich zurückgelassen. In Mirheim konnte ihn einfach keiner mehr das Wasser reichen. Deshalb wollte er sich einer größeren Gilde anschließen um dort sein Können weiter zu verfeinern. Er schreibt uns immer mal Briefe von seinen Abenteuern. Zum Beispiel sein Kampf gegen eine Schar Brunstküken war legendär. Er...” Es scheint so als hätte ich erneut unfreiwillig ein Fass ohne Boden geöffnet. Es könnte schlimmer sein. Zu sehen, wie die Frau von ihrem großen Bruder schwärmt, zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Vielleicht gibt es ja irgendwo da draußen eine kleine Schwester, die genauso über mich denkt.