Eine riesige Feuerpeitsche schoss aus Finans Hand heraus, die er gezielt in Richtung der steinernen Attrappen schwang, um sie alle in einem Schlag komplett zu entfachen und zu schmelzen.
Doch Finan ignorierte sie, grinste und betrachtete mit größter Zufriedenheit sein Werk.
»Finan! Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du dich gefälligst zurückhalten sollst?!«, brüllte Oskar, sein Feuerlehrer und stampfte auf Finan zu.
Finan rollte seine Augen. »Mit all euren handwerklichen Fähigkeiten, solltet ihr einfach Attrappen herstellen, die auch meinen Kräften standhalten können. Es ist nicht meine Schuld, dass mein Feuer so ausgeprägt heiß ist.«
Finan zuckte mit den Schultern, während Oskars Kopf sich hochrot färbte. Seine dunklen Augen zuckten vor Wut.
»Du-« Oskars Geschimpfe wurde von einem lauten Glockenschlag unterbrochen.
Finan drehte sich zu den zwei hohen Türmen um, die neben dem weiß glitzernden Hauptgebäude der Wächterstadt standen.
»Elyon kommt bald!«, rief Finan und rannte über den Steinplatz, wo die Feuerschüler gelehrt wurden, an den Wasserwächtern vorbei, die immer während des Unterrichts anwesend sein mussten, um Unfälle zu vermeiden. Sie starrten ihn fragend hinterher, doch Finan ignorierte sie und ihre bissigen Bemerkungen über seine Kräfte. Er rannte weiter von den Übungsplätzen durch ein Tor, dann nach links in Richtung eines Seitenflügels eines riesigen hellgrauen Gebäudes, vor dem rote Flaggen gehisst waren.
Hier lebten alle alleinstehenden Feuerwächter und Feuerschüler. Auch Finan hatte hier ein Zimmer bekommen, dass er mit drei anderen jungen Auszubildenden teilte. Wenn er sich richtig erinnerte, befanden sie sich in einem Probeeinsatz im Tal. Finan legte seinen roten Filzmantel ab und hängte ihn zum Lüften hinaus auf den Balkon. Eine der Nachteile, die Feuergabe zu besitzen war, dass er immer nach Rauch und Asche stank. Selbst Lüften half nicht. Der verbrannte Geruch hing permanent in der Luft. Selbst nachdem er sich gewaschen hatte, bekam Finan den Geruch nicht mehr los. Am Anfang hatte es ihn sehr aufgeregt, da er sonst sehr auf seine persönliche Hygiene geachtet und teure Duftöle verwendet hatte.
Doch er nahm den Aschegeruch in Kauf, dafür dass er nun buchstäblich Feuer aus seinen Händen schießen konnte. Er konnte es kaum erwarten, Elyon seine Fortschritte zu zeigen. Neben seinen Feuerlektionen hatte er in seiner Freizeit auch ausgiebig die Stadt erkundet. Doch er hatte niemanden gehabt, um sie zu teilen. Janne war zu beschäftigt, um Finan so oft Gesellschaft zu leisten.
Seine Zimmer- und Lehrkameraden kamen ihm nicht gerade mit warmer Herzlichkeit entgegen. Und obwohl die Mädchen ihn immer anlächelten und mit ihm redeten, konnte Finan ihre schmachtende Blicke nicht leiden und durch vergangene Erfahrungen wusste er, dass es in diesem Fall immer besser war, so viel Abstand wie möglich zwischen ihm und diejenigen zu halten, die irgendwelche romantischen Gefühle für ihn hegen könnten.
Wenn es eins gab, dass er nie in seinem Leben tun würde, dann war es so eine Beziehung einzugehen. Sein Vater mochte ihn dazu zwingen, jemanden zu heiraten, doch er hatte nicht vor, jemals eine Ehe zu vollziehen.
Was Elyons Gesellschaft für ihn angenehmer machte, als er zugeben wollte, denn soweit er es beurteilen konnte, waren sie vom gleichen Schlag. Und er vermisste es mit jemanden aus seiner Heimat zu reden. Sein Gerwenisch hatte sich verbessert und er konnte fast alles verstehen, doch es war dennoch immer wieder anstrengend, sich mit einer fremden Sprache mit neuen Leuten und neuem Eindrücke zurechtzufinden.
Nach dem Bad zog er frische Kleidung an, die er nur zum Ausgehen benutzte und nicht ganz so streng nach verkohltem Holz roch. Es waren zunächst zwei einfache Leinenhemden, darüber kam ein gestricktes Oberteil, dass sich weich und warm anfühlte, dann zog er seinen dichten Pelzmantel das außen mit einem dunkelroten, samtenen Stoff belegt war. Sobald er seine dunkelbraunen Lederschuhe angezogen hatte, zischte Finan wieder hinaus und folgte dem Gehweg nach links.
Er lief an dem höchsten Gebäude vorbei, das selbst im grauen Wetter wie hoch poliert glänzte. Hohe Türme, die an Eiszapfen erinnerten schmückten den lang gestreckten Palast. Dazu passend sah man durch zahlreiche lange und dünne Fenster in das Gebäude hinein, wo viele Wächter hin und her eilten. Hier in der Wächterstadt nannte man ihn den Eispalast. Finan richtete den Blick zurück auf dem Weg und lief weiter.
Janne hatte ihm einen ungefähren Zeitplan ihrer Reise genannt und die Glocken hatten bereits die Mitte des Nachmittags angekündigt. Bald sollten sie ankommen. Er würde auf sie bei den Landebahnen warten, das bereits in Sichtweite war. Ein großer runder Platz zu seiner rechten. Ein großes, rundes blau gefärbtes Kringelsymbol war auf dem weißen glatten Boden zu sehen. Die blauen Steine leuchteten im Dunklen. Finan wollte unbedingt erfahren, wie dies funktionierte, doch außer Janne, konnte er niemanden fragen und dieser wusste es nicht.
Hier landeten nicht nur Flughunde, sondern auch riesige weiße Adler, die hier in Gerwenen als Schneefedern bezeichnet wurden, da ihr Flügelschlag kaum zu hören war, wie eine einzelne Feder die im Wind wehte. Schneefederfvögel waren die Hauptflugtiere der Wächter und schienen auch in anderen Teilen des Landes weiterverbreitet zu sein. Ein paar seiner Klassenkameraden hatten erwähnt, dass diese nur leider nicht so lange Strecken fliegen konnte wie die Flughunde, die äußerst selten waren.
Der Runde Platz wurde von weißen Balustraden eingegrenzt. Finan gesellte sich zu den anderen Wartenden und lehnte sich gegen das weiße Gestein an. Dabei versuchte er zu ignorieren, dass hinter ihnen der Boden so weit unten lag, dass er kaum mehr zu erkennen war. Sollte jemand hinunterstürzen, würde derjenige sicher in Einzelteile zerschmettert werden. Finan schauderte und weigerte sich, nach hinten zu blicken.
Die meisten Wartenden waren Wächter. Er warf unauffällige Blicke auf ihre langen Mäntel, um ihre Kräfte zu erfahren. Fast alle hatten braune Mäntel an, die Farbe für die Erdgabe. Wie Finan gelernt hatte, konnte sie Gestein, Erde, Sand und Metalle verändern und steuern. Sie gehörten zu der angesehensten Wächtergruppe im ganzen Land.
Und Finan konnte gut verstehen warum, denn sie waren oft die Handwerker, die für die fortschrittlichen Annehmlichkeiten in diesem Land verantwortlich waren. Die Wasserleitungen, die dafür sorgten, dass man jederzeit kaltes oder warmes Wasser in Badezimmer und Küche zur Verfügung hatte. Die warmen Öfen und Heizrohre, dazu auch die beheizten Fußböden. Die vielen Fenster und Glashäuser, welche die wunderschönen Gebäude schmückten und die kreative und neue Formgebungen annahmen, wie der Eispalast.
Finan hätte nichts dagegen gehabt, ebenfalls diese Gabe zu erhalten. Er interessierte sich für Architektur und auch die technische Seite vom Häuserbau, da er auch in Tannenschwärze mithilfe des Königs stets darum bemüht gewesen war, die Einwohner mit besseren Häusern auszustatten. Mit der Erdgabe hätte er all dieses neue Wissen erlernen uns selbst umsetzen können. Doch er konnte sich nicht über die Feuergabe beschweren.
Besonders in diesem eiskalten Land. Nun konnte er sich mithilfe seiner Gabe immer alleine warmhalten, wenn es zu kalt wurde. Zwar nicht für lange, da er sonst seinen Körper zu stark erhitzte und Finan Gefahr lief sich selbst zu kochen, aber es bot trotzdem kurzfristig einen Schutz gegen die verdammte Kälte.
»Was ist das?«, rief ein Wasserwächter, sein Finger zeigte auf einen dunklen Punkt am Himmel.
Ein schwarzer Drache. Jesko. Vor ihm flog ein weißer Flughund. Endlich. Sie waren hier.
Als die Drachen und ihre Passagiere besser zu erkennen waren, entdeckte Finan jemanden, den er nicht kannte. Ein dunkelblonder Mann ganz schwarz gekleidet saß hinter Janne.
»Ist das nicht Wotan?«, wisperte einige und anhand ihrer leuchtenden Augen erkannte man, dass der schwarz gekleidete Mann eine ziemlich hohe Stellung unter den Wächtern hatte.
Er folgte mit seinen Blicken wie gebannt den beiden Tieren, die auf die Landeplattform zugeschlängelt kamen.
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Sein Herz schlug sogar ein wenig schneller, als Jeskos dunkle Pfoten auf den glatten Boden trafen. Finan lief los. »Elyon! Jesko!«
Außer, dass ihr Haar länger war und einen neuen Fellmantel hatte, schien Elyon noch die gleiche zu sein. Ihr Gesicht war ernst und wirkte wie eingefroren, ein Paar dunkle Augenringe ließen sie noch älter wirken, als sie es eh tat.
»Hallo, Finan«, sagte Elyon mit ihrer tiefen, heiseren Stimme und klopfte ihm auf die Schulter. Finan war so erstaunt von ihrer Geste, dass er für einen kurzen Augenblick erstarrte.
»Ich habe euch vermisst«, sagte er schließlich leise und etwas verwirrt, während er sich fragte, ob Elyons Begrüßung vielleicht nicht nur eingebildet war.
Jesko riss ihn schnell aus seinen Grübeleien, indem er einmal mit seiner Zunge über Finans Gesicht fuhr.
»Onkel! Lass das!«, rief Finan aufgelöst. »Das hier ist mein Lieblingsmantel! Der Ausnahmsweise nicht so stinkt, als hätte ich mich einen ganzen Tag lang in verkohltem Holz gewälzt.«
Elyon ignorierte ihn und wandte sich stattdessen einem großen Korb zu, der an Jeskos Brustgürtel hing.
»Oh! Du musst Finan sein«, sagte eine hohe männliche Stimme. Als er sich umdrehte, stand der schwarz gekleidete Mann vor ihm. Er war größer als Janne und Janne überragte Finan bereits um anderthalb Köpfe. Wotan hatte dunkelblonde Haare, eine lange Nase, große Augen ... Finan stutzte. Seine Augen waren blau wie alle anderen, doch sie schienen ihn nicht anzusehen. Sie schienen gar nichts zu anzusehen. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Er suchte Hilfe suchend nach Janne, der noch mit Aldas Ausrüstung beschäftigt war.
»Das ist Wotan«, sagte Elyon. »Mein Lehrer. Er ist auch ein Gestaltwandler.« Elyon stand immer noch vor dem Korb. Sie öffnete die Tür und kroch hinein.
»Hallo Finan.« Wotan lächelte breit und reichte ihm die Hand. Wieder schienen seine Augen nicht auf Finan fokussiert zu sein, sondern ins Leere zu starren. Dennoch streckte er seine Hand in die richtige Richtung aus und als Finan seine vorsichtig entgegenstreckte, nahm Wotan sie ehe Finan es erwartete.
»Freut mich, dich kennenzulernen. Elyon ist meine Lieblingsschülerin. Oh ja, ich bin übrigens blind. Aber anders als Elyon, bin ich komplett blind seit Geburt.«
»Oh! Jetzt verstehe ich«, gab Finan zurück. »Tut mir leid, ich war verwirrt, weil du mich nicht angeschaut hast. Freut mich ebenfalls. Ich bin Finan, ich komme wie Elyon aus Rovisland.«
»Du redest, als wärst du ein einfacher Einwohner. So wie ich es verstanden habe, bist du niemand anderes als einer der Söhne des Kaisers«, flüsterte Wotan und grinste. »Wir müssen unbedingt irgendwann einen trinken gehen, ich habe noch nie mit Adeligen geredet.«
»Wotan, du bist zum Arbeiten hier, nicht zum Trinken«, warf Janne ein und seufzte schwer. Er stand neben dem Gestaltwandler und sah ziemlich erschöpft aus. »Du meldest dich am besten gleich im Einsatzbüro.«
»Jawohl, Vater«, sagte Wotan und kassierte sich dafür einen Fausthieb auf dem Oberarm von Janne ein.
»Ich hab keine Zeit mehr für dich, du weißt, dass ich Elyon bei der Wächterklinik anmelden muss.«
Wotans Grinsen verschwand und sein Gesicht wurde ernst. Finans Augen zuckten zu Elyon, die sich gerade zu ihnen gesellte. Neben ihr stand der größte Wolf, den Finan jemals in seinem Leben gesehen hatte. Ein prachtvolles Tier. Mit schneeweißem Fell und blauen Augen.
»Was ist mit dir los?«, stotterte Finan »Bist du krank? Und was ist das? Seit wann hast du einen Wolf?«
Elyon schüttelte den Kopf. »Gabe ist korrupt. Das ist Valka. Mein Seelentier.«
»Was? Wie? Seit wann? Und was ist ein Seelentier?«
Janne setzte sich zusammen mit Wotan in Bewegung und Elyon folgte ihnen mit dem weißen Wolf, der wie ein fröhlicher Welpe um Elyon herumsprang. Finan blieb einen Augenblick zurück, schürzte die Lippen, weil man ihn ignorierte und lief ihnen dann hinterher, während Alda und Jesko von den Flugtierpflegern zu ihren Ställen gebracht wurden.
»Hey! Ich habe euch Fragen gestellt! Elyon! Was ist passiert?«, rief er und holte mit Elyon auf.
»Beim Verwandeln vom ganzen Körper, die anderen haben gesehen, dass meine Gestalt korrupt ist«, erklärte Elyon in der Kaisersprache.
»Ehe unser temperamentvoller Prinz sich noch aufregt«, warft Wotan ein. »Seelentiere sind ein Vorrecht der Gestaltwandler. Wir verbinden uns eng mit einem Tier fürs Leben, diese leihen uns ihre Kräfte aus und helfen uns dabei, unsere Gestalt effektiver zu verwandeln.« Wotan blieb an einer Weggabelung stehen. »Nun, hier trennen sich unsere Wege, doch ehe ich in den Kampf ziehe, werde ich mich noch mal heute Abend an eurer Gegenwart beglücken.« Er verbeugte sich und dann hetzte er auf einen Seitenflügel des weißen Palasts zu.
»Für jemand, der blind ist, kann er sich erstaunlich gut alleine zurechtfinden.« Finan beobachtete den Mann, wie er ohne zu zögern den Weg entlang lief, fünf Treppenstufen erklomm und dann eine große Flügeltür öffnete.
»Wotans Augen mögen vielleicht keine Sehkraft haben, aber er kann Echoortung nutzen. So finden sich auch Fledermäuse im dunklen zurecht«, erklärte Janne und führte sie nach links, zu einem anderen Gebäude hin. Anders als die anderen Türen des Palastes und seinen Häusern, die in einem hellen Grau, oder blau gehalten waren, war diese Tür strahlend weiß und so sauber, als wäre sie nagelneu. Sie sah nicht aus Holz gemacht aus, da der Lack selbst im gräulichen Licht des bewölkten Himmels so stark glänzte, dass Finan mit den Augen blinzeln musste.
»Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst und wo sind wir hier?«
»In der größten Klinik der Wächterstadt. Hier kommt jeder, der sehr schlimme Verletzungen erlitten hat, oder unter korrupten Gaben leidet«, erklärte Janne. »Es tut mir leid, aber Tiere dürfen hier nicht rein.«
»Natürlich«, sagte Elyon leise und legte eine Hand auf die Schulter des weißen Wolfs. Valka hielt still, als würde sie etwas hören, dann legte sie sich neben dem Eingangsbereich hinter einer nackten Hecke.
»Moment, was ist gerade passiert? Du hast ihr nicht mal einen Befehl gegeben. Und was ist mit deiner Gabe? Warum ist sie korrupt?« Finan verschränke die Arme. Er hatte erwartet, dass Elyon mit neuen Fähigkeiten zurückkommen würde, doch er wollte gerne wissen, was sie waren und es passte ihm nicht, dass keiner sich die Zeit nahm, ihm alles zu erklären. Vor allem nicht, was es mit Elyons Korruption auf sich hatte.
Elyon seufzte. »Später.«
Finan stutzte. Sonst klang ihr Seufzen immer genervt, wenn er zu viele Fragen stellte. Doch dieses klang einfach nur erschöpft. Finan hielt den Mund und folgte Janne in das Gebäude hinein. Sobald sie den Eingangsbereich betraten, wehte ihnen der Geruch von destilliertem Alkohol entgegen. Direkt gegenüber des Eingangsbereichs stand ein langer Empfangstisch mit drei Männern und Frauen in weißen Hemden gekleidet.
»Guten Tag, wir haben eine Patientin mit einer korrupten Gabe«, begann Janne, während er an den Tresen trat. Alle fünf Köpfe erhoben sich und suchten prüfend die drei Gesichter vor ihnen ab.
»Einer von euch?«, fragte die älteste Dame streng und schob eine graue Strähne, die von einem ihrer vielen Zöpfe gefallen war, hinter ihr Ohr.
»Die junge Dame neben mir«, sagte Janne.
Elyon wurde erneut mit zusammengekniffenen Augen begutachtet. Dann nickte die Dame nur und reichte ihnen ein Stück Papier auf einem dünnen Schreibbrett hin.
Mittlerweile überraschte ihn das nicht mehr, dass es in Gerwenen selbst in Arzthäusern massenweise Papier gab. In Rovisland war es immer noch ein teures Gut, das nur wohlüberlegt vom gemeinen Volk genutzt wurde.
»Kommt mit, ihr beiden.« Janne führte sie in einen großen Raum neben dem Eingang, der vollgestellt war mit weißen Bänken. Wächter in bunten Uniformen saßen auf den Bänken. Einige waren blass um die Nase, andere hielten sich an einer verletzten Körperstelle, wieder andere saßen nur da und starrten ins Leere. Sie setzten sich auf einer Bank, die zusammen in einer Gruppe mit anderen in der Mitte des Raumes stand. Janne stellte Elyon die Fragen auf dem Papier und füllte diese dann für sie aus.
Finan musste sich auf die Lippen beißen, um nicht mit seinen eigenen Fragen herauszuplatzen. Was es mit Elyons Korruption auf sich hatte. Wie Elyons Zeit in Jannes Siedlung gewesen war. Warum dieser Raum so langweilig eingerichtet war. Es gab nur Fenster und weiße Bänke, weiße Wände und einen hellen Holzboden, sonst nichts. Wie es Jesko ging. Wie es jetzt weitergehen würde, da Elyon zurückgekehrt war. Wann sie endlich den ausländischen Besuch bekommen würden, der ihnen vielleicht dabei helfen konnte, den Fluch zu lösen. Wann sie wieder die Reise zurück nach Hause antreten würden.
Finan lenkte sich damit ab, dass er die Kleidung der anderen Patienten so unauffällig wie möglich betrachtete und schaffte es so geduldig zu warten, bis die beiden fertig mit dem Fragebogen waren. Am Ende angelangt, verließ Janne den Raum, um das Papier zurückzubringen.
»Wie war es in der Oberger-Sippe?«, fragte Finan in ihrer Muttersprache.
»Viel gelernt«, gab Elyon nachdenklich von sich. Ihre Augen waren halb geschlossen. Im weißen Raum schienen ihre dunklen Augenringe schon fast schwarz zu sein.
Da Elyon jedoch geantwortet hatte, wagte Finan es weiterzumachen.
»Und was genau hast du gelernt?«
In diesem Augenblick kam Janne zurück und sagte ihnen, dass sie ihm wieder hinausfolgen sollten.
»Du hast einen Termin für ein Erstgespräch morgen am Vormittag bekommen. Hier ist dein Pass, den musst du einfach nur am Empfang vorzeigen, dann schicken sie dich in den richtigen Raum.«
Janne drückte Elyon ein Stück Papier in die Hand, während Valka aus den Büschen gesprungen kam und ihnen über den gepflasterten Weg in Richtung der Wächterhäuser folgten.
»Könntest du sie begleiten? Der Termin ist um zehn. Es wird empfohlen, dass eine vertraute Person mitkommt«, sagte Janne zu Finan.
»Auf jeden Fall.« Dies würde hoffentlich auch seine Neugierde über Elyons Korruption stillen. Dafür beschloss er auch, sie für den Rest des Weges nicht mehr auszufragen.