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Kapitel 24: Ruhe vorm Sturm

Eine Woche war vergangen, seit Elowen und Thalors Vater aufgebrochen waren, um in der Drachenstadt gegen die Drachenjäger zu kämpfen. Der Zirkus hatte seine Routine wieder aufgenommen, doch eine spürbare Unruhe lag in der Luft. Thalor, der sonst immer eine zentrale Rolle im Zirkusgeschehen einnahm, war nun oft in Gedanken versunken, spürbar abwesend.

Elara, die all die Jahre so viel Verantwortung für ihn getragen hatte, beobachtete ihn besorgt. Sie hatte gehofft, dass die Entscheidung, im Zirkus zu bleiben, ihm etwas Ruhe verschaffen würde. Doch es war offensichtlich, dass Thalors Geist weit entfernt war — bei seiner Mutter, seinem Vater und dem unbekannten Schicksal der Drachenstadt.

Es war ein kühler Morgen, als Thalor am Rand des Zirkus stand und in die Ferne starrte. Sein großer, drachenhafter Körper wirkte ruhig, aber seine Augen, die leise in der Sonne glitzerten, zeigten die inneren Kämpfe, die er führte. Er hatte das Gefühl, dass die Zeit an ihm vorbeizog, während seine Familie und seine Heimat in Gefahr schwebten.

Elara trat leise neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Du machst dir Sorgen um sie, nicht wahr?" fragte sie sanft.

Thalor nickte, ohne den Blick von der Horizontlinie zu wenden. „Wie könnte ich nicht? Sie sind da draußen... kämpfen gegen etwas, von dem ich kaum etwas verstehe. Und ich bin hier, unfähig, ihnen zu helfen."

„Sie wollten, dass du in Sicherheit bleibst," erinnerte Elara ihn, ihre Stimme ruhig und fest. „Sie wussten, dass dies nicht dein Kampf ist. Du hast hier eine Aufgabe, Thalor. Es gibt Menschen, die dich brauchen."

„Aber was, wenn sie versagen?" fragte Thalor, und in seiner Stimme lag ein schmerzlicher Unterton. „Was, wenn sie nicht zurückkehren?"

Elara zögerte einen Moment, bevor sie antwortete. „Du kannst das Schicksal nicht kontrollieren, Thalor. Aber was du kontrollieren kannst, ist, wie du darauf reagierst. Wir alle stehen vor Herausforderungen, bei denen wir uns machtlos fühlen. Doch das bedeutet nicht, dass du nichts bewirken kannst."

Thalor schnaubte leise und ließ seine Schultern hängen. „Es fühlt sich einfach nicht richtig an, hier zu sein, während sie kämpfen. Ich... ich sollte dort sein. Ich bin stark genug."

„Stärke zeigt sich nicht nur im Kampf," sagte Elara sanft. „Manchmal zeigt sie sich in Geduld und Vertrauen. Deine Eltern haben dir ihr Vertrauen geschenkt, indem sie dich hier gelassen haben. Sie wissen, dass du hier eine Rolle spielst, die genauso wichtig ist wie ihre."

Thalor blickte zu Elara hinüber und sah den Schmerz in ihren Augen, als sie versuchte, ihn zu beruhigen. Sie fühlte seine Qual, aber sie versuchte, ihm Halt zu geben, obwohl sie selbst unsicher war, was die Zukunft bringen würde. Ihre Beziehung zu Thalor war tief und komplex geworden. Sie war nicht nur seine Mentorin, sondern auch eine Art Mutterfigur, und das wusste Thalor. Doch jetzt, wo seine leiblichen Eltern zurück in sein Leben getreten waren, schien sich alles zu verschieben.

„Es fühlt sich an, als ob ich zwischen zwei Welten stehe," sagte Thalor nachdenklich. „Zwischen dem Zirkus und der Drachenstadt. Zwischen euch und meiner Familie."

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Elara nickte. „Ich weiß, es muss schwierig für dich sein. Aber Thalor, du bist nicht allein. Hier im Zirkus sind wir auch deine Familie. Wir haben dich großgezogen, dich trainiert, dich unterstützt, wann immer du es gebraucht hast. Und wir werden immer für dich da sein, egal, welche Entscheidungen du triffst."

Thalor atmete tief ein und nickte. „Ich weiß. Und ich bin dankbar dafür." Seine Stimme war leise, aber in seinen Worten lag eine Schwere, die zeigte, dass er noch nicht mit sich im Reinen war.

In diesem Moment erschien Mara, die Tierpflegerin, die eine warme Mahlzeit für Thalor brachte. Sie lächelte, als sie sich den beiden näherte, aber auch sie konnte die gedrückte Stimmung nicht ignorieren.

„Ich habe dir etwas zu essen gebracht," sagte sie sanft und stellte die Schale mit frischem Fisch vor Thalor ab. „Ich dachte, du könntest etwas Kraft gebrauchen."

Thalor schenkte ihr ein kleines Lächeln und nickte dankbar. „Danke, Mara."

Mara setzte sich neben ihn und sah ihn mitfühlend an. „Weißt du, es ist in Ordnung, sich Sorgen zu machen. Es zeigt nur, dass dir etwas an ihnen liegt. Aber du kannst nicht alles kontrollieren."

„Das hat Elara auch gesagt," antwortete Thalor und griff nach einem der Fische, um langsam zu essen.

Mara nickte und sah Elara an, die neben ihnen saß. „Sie hat recht. Und in der Zwischenzeit sind wir hier, um dich zu unterstützen. Du musst das nicht alleine durchstehen."

Thalor schaute von einer zur anderen, seine Augen voller Dankbarkeit. „Ich weiß nicht, was ich ohne euch machen würde."

„Du wirst es nicht herausfinden müssen," sagte Elara fest. „Denn wir sind hier. Und egal, was passiert, wir werden es gemeinsam durchstehen."

In den folgenden Tagen versuchte Thalor, sich so gut es ging abzulenken. Er nahm wieder aktiv an den Trainingssessions teil, half bei den Aufbauten für die Shows und kümmerte sich um die kleinen Aufgaben, die ihm zugedacht wurden. Doch in stillen Momenten, wenn die Welt um ihn herum zur Ruhe kam, kehrten die Gedanken an seine Eltern zurück.

Eines Abends, als die Sonne hinter den Hügeln verschwand und das Zirkuslager in goldenes Licht getaucht wurde, geschah etwas Unerwartetes.

Ein mächtiges Donnern war aus der Ferne zu hören, und die Luft begann zu zittern. Die Crew, die gerade dabei war, sich für die Nacht fertigzumachen, hielt inne und blickte auf. Thalor, der auf seinem Bett in seinem Stall gelegen hatte, spürte das Zittern tief in seinen Knochen.

„Was war das?" fragte Mara besorgt, als sie aus ihrem Zelt trat.

„Ich weiß es nicht," antwortete Elara und sah sich um, während das Donnern näherkam.

Plötzlich tauchte am Horizont eine riesige Gestalt auf. Es war ein Drache, größer und massiver als jeder, den sie je gesehen hatten, mit silbernen Schuppen, die in der untergehenden Sonne funkelten. Thalors Herz setzte einen Schlag aus. Es war sein Vater.

Der Drache landete schwer auf dem Boden und wirbelte Staub auf. Sein mächtiger Körper schien die Erde zu erschüttern, als er sich aufrichtete und mit seinen Augen die Menge absuchte. Elowen saß auf seinem Rücken, ihre Gesichtszüge angespannt und besorgt.

„Vater... Mutter..." flüsterte Thalor und trat aus seinem Stall.

Der silberne Drache verwandelte sich in seine menschliche Gestalt zurück, und Elowen sprang sanft von seinem Rücken. Beide wirkten erschöpft, aber sie hatten keine Verletzungen.

„Thalor," begann Elowen, ihre Stimme voller Sorge. „Wir... wir haben etwas Wichtiges zu besprechen."

Thalors Herz raste. „Was ist passiert? Geht es der Drachenstadt gut?"

Sein Vater trat einen Schritt vor. „Die Drachenstadt steht noch. Aber der Kampf ist noch nicht vorbei. Und wir brauchen deine Hilfe."

Thalor fühlte, wie sich in ihm ein Funken entzündete, eine Mischung aus Angst und Entschlossenheit. „Meine Hilfe?"

„Ja," sagte Elowen leise. „Die Zeit ist gekommen, dass du deinen Platz einnimmst, Thalor. Du bist bereit."

Elara trat an seine Seite, ihre Augen voller Sorge. „Was bedeutet das? Was wollt ihr von ihm?"

Thalors Vater antwortete ruhig: „Es ist Zeit, dass Thalor seinen wahren Platz in der Welt einnimmt. Der Kampf ist noch nicht vorbei, und er spielt eine wichtige Rolle darin. Aber es ist seine Entscheidung."

Die Worte hallten in Thalors Kopf wider, und er wusste, dass dieser Moment alles verändern würde.