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21| Paladin

Der Rest des Tages war schnell vorbeigegangen und Zellis schlief in einem kleinen hölzernen Gebilde, auf einem kleinen Haufen Stroh. Ihr Körper hatte die Ruhe so nötig, dass sie den gesamten nächsten Tag durchschlafen würde und erst den Tag danach mit den ersten Strahlen der Sonne erwachen solle.

Zellis krabbelte aus dem kleinen Unterschlupf heraus und streckte ihre verspannten Muskeln. Es war ein schöner Morgen, angenehme Temperatur, ein blauer Himmel und der strahlenden Sonne. Zumindest, wenn man die Zerstörung im Dorf ignorierte. Zellis musste aber anerkennen, die Einwohner waren fleißig. Das Dorfzentrum war bereits geräumt und mit vielen kleinen Bauten besetzt. Essenslager waren ausgegraben worden und in temporäre Depots gepackt, ebenso mit Werkzeugen und Bau Materialien. Sie musste länger, als nur bis zum nächsten Morgen geschlafen haben, da bereits so viel erledigt war. Zellis sah sich ein wenig um, während sie ihr übliches Morgentraining verrichtete und lächelte. Es war wirklich ein schöner Morgen. Selbst bei Regen wäre das noch der Fall, denn Zellis hat während ihrem Schlummer etwas gespürt. Eine Veränderung in ihr. Die Wellen der Natur Magie hatten ihren Körper umschlossen und wie damals, als sich ihre Panzerschuppen entwickelt hatten, spürte sie, wie die Magie in ihr arbeitete. Der Schwur den sie abgelegt hatte, schien Folgen zu haben. Denn Zellis war nun nicht mehr nur eine ehemalige Soldatin und Schmiedin. Zellis war nun ein Paladin des Dorfes Clifordly. Zumindest betitelte sie sich als solche. Es kam immer wieder vor, dass die wilde Magie der Natur zu Änderungen führten, so wurden Goblins zu Hobgoblins und Krieger wurden übernatürlich Stark. Seltener kam es vor, dass sich Magie manifestierte, obwohl man zuvor noch unbegabt war. Zellis fühlte ihre Brust und spürte ein brennen in sich, das nicht von ihrer Drachenherkunft stammte. Die Magie eines Paladins. Schutz, Heilung und... naja was auch immer ein Paladin sonst noch machte. Mit der Manifestierung der Magie hatte sich auch Wissen in Zellis hineingebrannt, so zum Beispiel wie man einen magischen Schild erschuf. Was genau alles bedeutete und mit dieser Veränderung kam, würde sie selbst herausfinden müssen, aber es gab viele Bücher in denen über dieses Phänomen geschrieben war. Zellis hatte über die Jahre hinweg einige davon gelesen, aber es war größtenteils Oberflächliches Wissen.

“Ob ich wohl lernen kann zu heilen?” murmelte sie vor sich hin, während sie ihre Situps machte. Sie würde mit Perilla und Torrn darüber sprechen, sie war nun in der Lage das Dorf richtig zu beschützen. Theorethisch zumindest. Zellis hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie andere Zauber lernen konnte, oder ohne eine Bibliothek herausfinden konnte, welche coolen Dinge sie nun bewirken konnte. ‘Hehe Paladin. Ausgerechnet ich’.

Ihr kam noch ein weiterer Gedanke nach einem Moment: ‘Ob sich mein Körper auch verändert hat?’ Als Zellis ihre Panzerschuppen erhalten hatte, hatte es sich später herausgestellt, dass sie zusätzlich allgemein ein wenig tougher war. Voller Vorfreude begann Zellis ihr Training zu verschärfen. Aus 50 Situps wurden 200, genau so die anderen Übungen und zusätzlich ging sie Kampfhaltungen durch, die von ihrer Familie seit Äonen praktiziert wurden. Es war im Grunde nichts besonderes, kaum mehr als die Schwungtechniken eines Schwertmeisters, aber auf den Kampf mit Klauen ausgelegt.

Als Zellis nach knappen zwei Stunden vollkommen erschöpft war und alle Muskeln in ihr schrien, musste sie sich eingestehen, dass sie sich nicht sicher war. Klar, sie hatte mehr geschafft als üblich, aber nur um ein Bisschen. Sie wunderte sich, ob Placebo auch in einer solchen Situation vorkommen konnte und beschloss nach wenigen Minuten, dass die Frage einfach zu viel für einen jungen Morgen war. Außerdem war sie zu erschöpft... Und Hunger hatte sie auch... Mehr Ausreden fielen ihr nicht ein, das musste also reichen.

So kam es, dass im sanften Licht, der aufgehenden Sonne, eine Drakken durch ein verwüstetes Dorf marschierte, die Arme hinter ihrem Kopf verschränkt. Das Zentrum hatte eine Bresche, die vollständig von Schutt befreit wurde und direkt zu den Barrikaden des nördlichen Tores führte. Trotz der frühen Stunde waren bereits einige der Einwohner auf den Beinen und am Arbeiten. Es wurden Holzbalken und Steine aus den Ruinen der Häuser geborgen, neue, wenn auch kleinere) Häuser gebaut und die Miliz stand der Wache bei. Torrn hatte wirklich gute Arbeit geleistet, nicht alles ins Chaos stürzen zu lassen, Zellis würde ihm auf jeden Fall ein Kompliment dafür machen.

“Guten Morgen Fräulein Stillwasser!” kam ein kurzer Ruf, von einer Menschenfrau, die gerade mit einem Halb-Elfen zusammen eine Ruine durchsuchte. Zellis hob ihren Arm im Gruß, ein wenig perplex über die Begrüßung. Sie hatte keine Ahnung wer die Frau war. Aber während ihrem Gang zum Tor wurde sie noch einige weitere Male gegrüßt, immer von ihr Unbekannten und immer schwang etwas achtungsvolles in den Stimmen mit. Daran könnte Zellis sich gewöhnen. Auch wenn es ein wenig seltsam war. Schlussendlich hörte sie jedoch einen Gruß, von einer Stimme, die sie sofort erkannte. “Hey Zellis. Guten Morgen. Wie gehts dir?”

Hauptmann Euris kam in seiner üblichen Ausrüstung, minus Waffen oder Schild zu ihr. “Du siehst schon viel besser aus. Das freut mich, die Miliz kann es kaum erwarten dich aufzunehmen, das muss ich mir seit zwei Tagen anhören.” Euris klang erleichtert und erfreut. Sein Arm kam ihr entgegen und sie ergriff ihn im Stonewall Stil des Soldatengrußes. “He, ich glaube, Perilla wird auch froh sein, mich nicht mehr pflegen zu müssen” “Perilla? Ach nein, sie hat dich immer nur kurz besucht, du schienst dich schneller zu erholen, als sie erwartet hatte. Zum Glück, muss ich sagen. Wir haben so viele Verletzte, dass wir fünf oder sechs Perillas bräuchten, um ehrlich zu sein.” “So schlimm?” “Komm und sieh selbst.” Er machte eine einladende Bewegung und drehte sich in Richtung der Barrikaden. Zellis ging an ihm vorbei und machte sich auf das schlimmste gefasst.

Das ehemalige Tor war mit zusammengeschusterten Holzwällen und kruden Pfählen verstärkt. Eine kleine Treppe führte zu einer Plattform, von welcher aus man nach draußen blicken konnte und, wenn nötig, Pfeile abfeuern konnte. Zwischen den massigen Pfählen waren zurechtgebogene Stücke Metall in regelmäßigen Mustern angebracht, damit auch kleinere Gegner nicht so leicht durchkommen würden. Für einen Leien wie Zellis sah es recht gut aus, nichts wackelte und die Barrikade war gute zwei Meter hoch.

Was sie aber besorgte, war die Besetzung. Die verängstigte und geschwächte Bevölkerung des Dorfes war mit Waffen ausgestattet, die diese Bezeichnung kam verdienten. Statt Speeren trugen sie Messer, die an Besenstiele gebunden waren, statt Schilden hatten sie Holzreste ihrer Häuser. Schwerter waren kaum zu sehen. Die Wachleute Clifordlys waren mit ihrer Standard Ausrüstung gesegnet, also gab es zumindest stets mindestens eine tatsächlich bewaffnete Person.

“Du siehst, was ich meine?” kam von hinter ihr und Zellis stutzte kurz, bevor sie sich erinnerte: “Keine Bewaffnung, die Hälfte von ihnen mit Verletzungen und keine Heilmagie zur Unterstützung. Hm. Lassen uns wenigstens die Dinger in Ruhe?” “Es kommen immer wieder kleinere Wellen, vielleicht zehn bis zwanzig, aber das ist kein Problem, sind nur die Pflanzenknäuel. Unsere neu ernannten Späher haben aber berichtet, dass es immer mehr von den bewaffneten Holz Monstern gibt.” “Aber die greifen nicht an?” “Noch nicht, scheinen kein Interesse zu haben und wandern meist nur ziellos durch den Wald. Wir nutzen die Ruhe, um ein paar Leute loszuschicken und in der Umgebung nach Kräutern und Pilzen zu suchen.” Die beiden erstiegen während ihrer Unterhaltung die kleine Treppe. Von der Plattform konnte Zellis tatsächlich sehen, wie sich einige mutige Freiwillige in die nächsten Abschnitte des Waldes wagten. Allesamt mit kleinen Ledertaschen und Sicheln ausgestattet. “Für Perilla?” “Die meisten, ja. Aber einige suchen nach Essbarem. Fürs erste haben wir genug hier und die Späher können jagen, aber wir müssen damit rechnen, dass es länger dauern könnte, bis Hilfe ankommt.” “Warum das? Hatte Torrn nicht gesagt, er würde direkt eine Nachricht senden?” “Das hat er auch. Aber gestern erhielt er eine Antwort. Es war schwer zu entziffern, weil Torrn zwar den “Botschaft” Zauber wirken kann, aber er das magische Gewebe nur nach außen weben konnte, als er Empfangen musste, kam nur etwa die Hälfte an. Aber das Wichtigste war: Keine Hilfe.” “WAS?! Die Steinernen Ritter würden niemals ein Dorf im Stich lassen!” unterbrach Zellis ihn empört. Sie selbst war kein Fan des Ritterordens, vor allem, weil er nicht der Armee unterstand. Aber niemals würde der Orden zulassen, dass ihr Ruf in Frage gestellt werden könnte. Stonewall lebte davon, dass Adlige und Reiche die Dienste des Ordens für sich erstehen wollten. “Wir vermuten, dass es einen guten Grund gibt. Den Worten der Nachricht nach, sei das ganze Land Stonewall betroffen, nicht nur wir.” “Oh. Wow. Dann ist es also überall so wie hier... Verdammt.” “Und Torrn meint, da wir noch in der Lage waren uns selbst zu organisieren, würden wir wohl am Ende der Liste für Hilfe stehen.” Zellis ließ ihren Blick über das Gelände vor ihr gleiten. Rollende Wiesen, die nur langsam in Wälder übergingen. Viel Platz und gute Aussicht. Sie selbst würde Clifordly auch ans Ende einer Hilfeliste setzen. Aber würde das Dorf auch auf längere Zeit ausharren können? Sie sah zu Hauptmann Euris hinauf und sah ihm in die dunklen, Blutunterlaufenen Augen und erkannte trotz allem eine Intensität, die in ihr ein Gefühl der Zuversicht auslöste. Mit einer ihrer Klauen fuhr sie sich durch ihr Fell und realisierte, dass sie im Moment schrecklich aussehen musste. Mit aufgerissenen Augen wandte sie sich von Euris’ Blick ab und begann an sich herumzusuchen. Perilla hatte ihr vor einer Weile ein Haarband geschenkt. Es musste irgendwo- HA! Sie riss das dunkle Band aus ihrem Hosenbund und begann verlegen ihre Mähne in einen... sie hasste das Wort... Pferdeschwanz zu binden. Bei der Gelegenheit richtete sie auch das Fell um ihre Hörner, um schön und fluffig auszusehen. Sie hüstelte und vermied es Euris direkt anzuschauen. Stattdessen sah sie zu der Miliz herunter, die mit ihren armseligen Waffen um das Tor verteilt saßen, “Wir sind hier in einer guten Position um das Dorf auch gegen eine größere Menge an Monstern zu halten. Ich werde ein paar Fallen planen, die wir mit dem Schutt den wir haben basteln können. Damit können wir uns eine zweite Defensiv Linie etablieren. Bei Monstern, die auf Quantität, statt Quälität setzen, ist es wichtig so viele separate Defensiven zu haben, wie möglich. Die Fallen müssen nicht übermäßig stark sein, es müssen nur viele sein.” “Du klingst als hättest du Ahnung, von dem was du so redest. Darf ich fragen woher?” Zellis lehnte sich an einen der rauen Pfähle, den Blick noch immer auf das Gelände gerichtet, “Ich war fast fünfzehn Jahre lang in der Armee. Monster Schutz Einheit.” “Monster Schutz Einheit? Also dieses eine berüchtigte Bataillon, das aus Monstern besteht?” seine Augen waren groß und rund. “Wa-? Nein. Arghhh. Monster SCHUTZ! Einheit. Du weißt schon, die Truppen, die gegen gefährliche Monster geschickt werden, wenn keine Abenteurer sich darum kümmern wollen. Manchmal auch mit den Abenteurern zusammen, wenn die dringend Geld brauchten.” “Ohhhh. Ok das macht deutlich mehr Sinn. Siehst nicht wirklich aus wie ein Monster, hehe.” Zellis rollte nur die Augen und fuhr fort. “Wir waren meist in kleinen spezialisierten Jagdkommandos unterwegs. Ich habe genügend Monsterhorden gesehen, um in etwa einschätzen zu können, was uns hier am ehesten helfen wird.” “Erklärt, warum du so cool warst und dich direkt ins Getümmel geworfen hattest, als die Dinger kamen...” Zellis ignorierte das und wandt sich stattdessem dem Dorfinneren zu, “Ist Torrn schon wach? Oder ist das dein Aufgabenbereich? Ich benötige ein paar geübte Hände und genug Material.” Euris kaute auf seiner Unterlippe und seine Augen wanderten gen Dorfzentrum. Nach kurzem Überlegen schien er sich entschieden zu haben. “Torrn hat auch so schon genug um die Ohren. Ich werde mich darum kümmern. Ein Großteil der Miliz sitzt ohnehin nur faul auf ihren Ärschen, da wird sich bestimmt der eine oder andere finden lassen, der keine zwei linken Hände hat. Was Material angeht...” er überlegte und sah dann zu Zellis herab, “Mach mir bitte eine Liste, mit Beschreibungen. Was für Steine, wenn überhaupt, welche Arten von Holz, Planken, Balken, Äste, Stämme und so weiter. Und alles, das dir sonst noch in den Sinn kommt. Ich wette Maria wird einen guten Überblick haben, was unser Lager angeht. Sie überwacht und steuert die Bergungen und den Wiederaufbau.” Zellis nickte und ging in ihrem Kopf bereits einige der üblichen Fallen durch. “Ich werde mich direkt dransetzen. Sobald wir eine grobe Ahnung haben, womit wir hier arbeiten können, werde ich ein paar Prototypen bauen. Sobald dann die nächste Welle dieser Pflanzenknäuel kommt, werden wir sehen, was am wirksamsten ist.” “Wunderbar. Maria musst du aber selbst finden, ich habe keine Ahnung wo sich die alte herumtreibt um ihre Untertanten anzutreiben” kicherte Euris und begann zu Lachen. Es war nicht übermäßig laut, aber ehrlich und herzhaft. Zellis spürte wie ihre eigene Schnauze sich in ein Lächeln verzog und dank der guten Peripheriesicht der Drakken, konnte sie sehen, wie auch die Miliz zu lächeln begann.

Stolen novel; please report.

Die Liste war schnell erstellt, in der Tat, war sie so schnell damit fertig, dass sie sich nicht die Mühe machte, nach Pergament und Feder zu suchen, sie merkte es sich einfach und machte sich auf den Weg zu Maria. Sie musste lediglich den Geräuschen der schlagenden Hämmer folgen, denn Maria stand auf einem Tisch, Arme in die Hüften gestemmt, strengen Ausdruck im Gesicht, während die neuen Häuser errichtet wurden.

“Hey, du bist Maria, richtig?” der strenge Blick wanderte zu Zellis und sie fühlte sich sofort wieder wie in der Schule. Sie zuckte ein wenig zusammen und fuhr fort, “Ich habe eine Liste an Material erstellt, die ich für unsere Miliz benötige. Wir werden unsere Verteidigung ausweiten.” Maria antwortete nicht in Worten, sondern mit einer erhobenen Augenbraue und einer noch strengeren Mine, wie auch immer sie das hinbekommen hatte. “Ich muss nur wissen, was und wie viel von der Liste wir zur Verfügung haben.” “Nein.” Zellis wollte gerade erleichtert danken, als sie realisierte, was aus Marias Mund kam. “Nein?!” “Nein.” es kam so sachlich und nüchtern von den dünnen Lippen, dass es jeglichen potenziellen Ärger aus Zellis’ Segel nahm. “Wie, nein? Es geht um unsere Verteidigung! Unseren Schutz!” Doch Maria antwortete nicht. Zellis warf ihre Arme in die Luft und krallte in ihr Fell. “Du kannst nicht einfach nein sagen und nicht einmal einen Grund angeben!” “Muss ich das?” “Äh... ja? Hauptmann Euris braucht die Information.” “Das ist nicht meine Aufgabe.” Bevor Zellis etwas erwidern konnte schnallte Marias Kopf in Richtung eines Bauarbeiter Trupps und ihre kühle Stimme verlor jeglicher Nüchternheit, “IHR! Arbeit! Stieren und Lauschen könnt ihr in eurer Pause. Wenn ich sie nicht streiche, ihr faulen Jungspunde!” Zu Zellis erstaunen, gab es weder eine Erwiderung, noch genervtes Gemurre. Stattdessen wurde die Arbeit sofort weitergeführt, diesmal aber fast doppelt so schnell.

Als Zellis wieder zu der Schreckgestalt auf dem Tisch hinaufsah, musste sie erkennen, dass das Thema für Maria scheinbar vollkommen erledigt war und Zellis nicht mehr existierte. Für einen Moment musste die Drakken den Drang ersticken, einfach den Tisch anzuzünden. Für wen hielt die alte sich bitte?! Sie verhielt sich schlimmer als Zellis’ alter Schmiedemeister... und der war ein ZWERG!

Sie zwang sich einige tiefe und ruhige Atemzüge zu nehmen, bevor sie etwas dummes tat. In jeder anderen Situation hätte sie der Schreckschraube gezeigt, dass man eine wütende Zellis nicht ignorierte! Aber dafür war hier und jetzt einfach falsch. Also drehte sie sich auf ihren Absätzen und versuchte jemanden auszumachen, der als Ersatz für Maria herhalten musste. Sie wanderte durch die Bauarbeiter und Lagerleute, als sie einen clever aussehenden Gnom entdeckte, der gerade Balken überprüfte, ob sie verwendbar waren. Perfekt.

“Hey du! Gnom. Ich brauch kurz deine Hilfe.” Der Ersatz für Maria machte der Schrecke alle Ehre mit seiner genervten Mine. “Verschwinde Echse. Ich habe hier Arbeit zu verrichten.” Damit wandte er sich wieder seiner Aufgabe zu. “Argh. Jetzt hör mal. Ich muss wissen, wie viel meiner Liste wir haben um unsere Defensive Linie zu erweitern. Es ist wichtig!” “Wenn es wichtig ist, dann sprich mit Maria.” Die monotone Sprechweise war fast so schlimm wie die Aussage selbst. Zellis funkelte den kleinen Lagerarbeiter böse an. “Du kleiner Scheißer wirst mir jetzt gefälligst helfen. Ich habe es bis HIER mit dir und Maria”, Zellis hob eine Hand ein gutes Stück über ihren Kopf, “ich werde dir eine Liste an Materialien geben und du wirst mir sagen, wie viel wir haben!” Für einen kurzen Moment hielt der Gnom absolut still und Zellis war im Begriff ihren Sieg zu genießen, als er einfach seinen Kopf sinken ließ, um weiter zu arbeiten.

Als Tochter der Drachen, war Zellis in ihrer Natur, wie viele Drakken, leicht zu verärgern. Zellis jedoch wurde in der Armee gut genug trainiert, um zu jedem Zeitpunkt volle Kontrolle über ihre Emotionen zu behalten.

ABER.

Sie wurde nach ihrer Soldatenzeit von einem konstant verstimmten Zwerg, mit dem Hang zu cholerischen Anfällen und einer Zerstörungswut, die selbst Kriegsmaschinerie in den Schatten stellt, ausgebildet. Kurz gesagt: Zellis explodierte.

“JETZT HÖR MIR VERDAMMT NOCHMAL ZU! ICH WE-” weiter kam Zellis nicht. Mit trockener, beinahe apathischer Stimme unterbrach er sie und wiederholte seine vorherige Aussage: “Wenn es wichtig ist, dann sprich mit Maria.” “ARGHHHHHH” möglicherweise spieh sie in dem Aufschrei der Verzweiflung eine klitzekleine Flamme, aber selbst das ließ den Gnom kalt. Mit dunklem Rauch, der Zellis aus den Mundwinkeln floss stapfte sie zurück zu Maria, die noch immer ihren Posten auf dem improvisierten Podium besetzte.

“Hey!” Keine Antwort. "HEY!” noch immer keine Reaktion, abgesehen von einem scheinbar unschuldigen Drehen des Kopfes. Was Zellis als nächstes tat, war nicht ihr stolzester Moment, aber zu ihrer Verteidigung: Sie war kochend vor Wut.

Mit einem Schmettern der Handgelenke wandelte Zellis die mechanischen Teile ihrer Klauen von “Sicher” zu “Angriff”. Die kleinen Haken, die das Gestell zusammenhielten schnappten zurück und die rasiermesserscharfen Klingen klappten über die Krallen an jeder Klaue. Sie spürte den altbekannten Schmerz an den Punkten, die Fleisch, Knochen und Metall verbanden und in weniger als einer Sekunde war Zellis bewaffnet.

Die metallenen Krallen fuhren durch die Beine des Tisches, wie durch Butter und mit einem SEHR befriedigenden WUMMS, krachte der Tisch in sich zusammen, Maria mit eingeschlossen. Der Menschenfrau entfuhr ein hohes Kreischen des Entsetzens und in Schock stürzte sie unsanft zuboden. Der Schock ging sofort in eine Empörung über, die geradezu greifbar war, als sie Zellis vor sich sah. “WAS UM ALLES IN DER WELT SOLLTE DAS?!” Mit ausgefahrenen Krallen, dunklem Rauch aus den Mundwinkeln und gebleckten Zähnen funktelte die Drakken auf die Menschin nieder und mit unglaublichem Aufwand behielt sie ihren Zorn im Zaum und versuchte zivilisiert zu klingen: “Hauptmann Euris und ich erweitern die Verteidigung des Dorfes. Ich benötige eine Liste des Inventars, was Baumaterialien angeht. Bitte und vielen Dank, ich warte geduldig hier.” Empörung, Zorn, Schock und Furcht kämpften um Vorherrschaft in Marias Gesicht, während sie in den zerstörten Resten des Tisches hockte. Schließlich gewann jedoch Besonnenheit. Zellis musste gestehen, dass sie beindruckt war, als Maria sich erhob, den Dreck aus ihrer Kleidung klopfte und mit der Professionalität einer Verwalterin kam sie auf Zellis zu: “Ich werde eine Liste anfertigen lassen. Gib bitte Simmick Bescheid, er wird sich sofort darum kümmern.” “Und wer ist Simmick?” Um Zellis und Maria befanden sich eine Menge Bauarbeiter, die verstohlene Blicke umherwarfen. “Meine rechte Hand, dort der Gnom” Sie zeigte auf einen Gnom und Zellis stöhnte: “Der hat mich ignoriert, so wie du! Muss ich echt noch mehr kaputt machen, bis mir jemand endlich mal hilft?!” Statt Zellis zu antworten rief Maria quer über den Bauplatz, dass Simmick sich um Zellis kümmern solle.

Mit getaner Aufgabe drehte Maria ihr den Rücken zu und stolzierte auf einen noch intakten Tisch zu. Zellis’ Kinnlade hing knapp über dem Boden, als sie darüber nachdachte, wie viel Ärger es ihr wohl einbringen würde, wenn sie Maria in einen Spießbraten verwandelte. Bevor sie handeln konnte, kam aber von hinter ihr die monotone Stimme des Gnoms: “Wie kann ich helfen Echse?” Resigniert ließ Zellis die Schultern hängen und wandte sich ihm zu: “Ich bin keine Echse.”

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