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16| Die Lichtung

Der letzte Gedanke, den Mir noch vernahm war ‘Bitte lass mich nicht auf die Menschin fallen’ Danach war er von wunderbarem Nichts eingehüllt worden und das Chaos der Schlacht trieb in weite Ferne.

Ob es ein Traum oder eine halbwache Halluzination war konnte Mir nicht sagen, aber was er sah brachte Angst in jeden Teil seines Körpers. Magie dunkler als die düsterste Nekromantie bewegte frei durch die Welt und verdarb alles, das sie berührte. Statt reine Essenz zu sein, wie es bei Arkaner Magie normalerweise war, war es eher wie eine zähe Flüssigkeit, die umher floss. Mir sah Pflanzen wie jene, die ihn angegriffen hatten und sah, wie sie immer mehr zu Monstrositäten wurden und kaum noch als Produkt der Natur zu erkennen war. Wurzeln war rottendes Fleisch und Teile der Pflanzen verholzten und ließen viele schwerfällig werden. Tiere verloren erst ihre Krallen, dann ihr Fell an die Magie. Mir schwebte vor einer zerstörten Welt, die diese dunkle Magie atmete. Er konnte keine richtigen Gedanken bilden und so sehr er es auch versuchte, nichts, dass er fokussierte wurde zu einem klar erkennbaren Bild. Doch zu schnell war alles vorbei, er spürte, wie die Welt zerfiel und Licht seine Gedanken flutete.

Nach Luft schnappend erwachte Mir und schoss mit dem Oberkörper hoch. Alles war zu hell, die Geräusche um ihn herum zu wirr. Wo war er und was war passiert? Er sah noch innerlich, wie er vor Adelaide kniete und sie zu retten versuchte. Hatte es funktioniert? Wenn ja, konnte sie es aus dieser Hölle herausschaffen? Und was war mit ihm selbst?

Nach und nach klärte sich seine Sicht und die Wirren Töne formten langsam eine Stimme neben ihm. “Du bist wach? Sei froh, dass du Addy gerettet hast. Sie soll entscheiden was wir mit dir machen werden” Die Stimme war weiblich und tief, voll eisiger Kälte und kaum verborgener Feindseligkeit.

Mir blinzelte die restlichen Flecken in seiner Sicht weg und sah sich um. Er war in einem Wald auf einer Lichtung, neben ihm saß die Halbelfe und ein Stück entfernt lag die verletzte Adelaide. Erst dann spürte er das Gewicht an seinen Armen und blickte herab. Die Ketten, mit welchen Erin zuvor noch gekämpft hatte, waren um seine Arme geschlungen und fesselten ihn. Wie hatte sie die Schlösser geöffnet wunderte er sich, aber bevor er den Gedanken zu Ende formen konnte, sah er die Schellen an den Handgelenken der Halbelfe. Sie hatte die Ketten wenige Glieder nach der Handschelle selbst abgerissen. Was für eine Kraft dafür nötig sein musste. Es war erschreckend.

“Du bist so ein Magier, stimmts? Was in den sieben Höllen war da vorhin los?” Mir sah zu ihr auf. Sofort erfüllte ihn der altbekannte Hass und er musste sich zwingen ihn zur Seite zu drücken, damit er antworten konnte: “Ich bin ein Meister der Künste aus den Schatten, ich bin kein biologischer Zauberer oder Druide.” Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: “Ich weiß es nicht, aber es hätte nicht existieren sollen, zumindest nicht so viel und vor allem nicht so schnell, ohne dass ich nicht das geringste bisschen Magie gespürt hatte, bevor es geschah.” Das Dreckblut schaute ihn nicht an, aber antwortete: “Das ist wie etwas aus den alten Legenden und Geschichten, die mir früher vorgelesen wurden. Aber da kam immer ein Held zur Rettung...” ihre Stimme versagte am Ende und Mir setzte sich auf, die Arme mit den schweren Ketten in seinem Schoß. Es war friedlich hier. Wehende Blätter flogen sanft zu Boden, ein kühler Wind zog über seine Haut und das Gras wogte sanft vor sich hin. Es war eine Verspottung des Grauens, das er erleiden musste. Die Sonne stand schon tief und ein tiefes Rot erfüllte den Himmel. Mir schloss die Augen. Langsam atmete er ein. Hielt den Atem kurz. Atmete aus. Als er danach seine Augen wieder aufschlug, war er noch immer am selben Ort. Noch immer saß er auf dem weichen Gras in einer Lichtung, die direkt aus einem Gemälde stammen könnte.

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Ohne zu ihr zu sehen fragte er Erin: “Wie lange war ich weg?” “Paar Stunden.” “Und wie... wie weit sind wir hier von den Kreaturen entfernt?” “Paar Stunden.” “Verstehe.” Und damit war alles gesagt. Mir war also doch nicht in einem der drei Himmel gelandet. Stattdessen hatte ihn eine Vertreterin der schlimmsten Humanoiden Rasse Kilometer weit getragen und somit gerettet. Würde er sich je verzeihen können, dass es dazu kam? Vermutlich nicht. Und er war im Moment viel zu schwach um etwas gegen sie unternehmen zu können. Die Ketten waren jedoch kaum ein Problem. Mir musste seine Hände nicht bewegen können um zu zaubern zu können, das größte Problem war, dass er kaum noch Mana in seiner Seele hatte. Es würde Tage dauern sie auch nur um die Hälfte wieder zu füllen.

Erschöpft ließ er den Kopf hängen. Erst musste Mir sich erholen. Er hatte während dem Kampf mehr Magie gewirkt, als im gesamten vorigen Jahrzehnt. Ihm war es sogar gelungen einen seiner liebsten Zauber abzuändern und anzupassen. Statt seine Ketten zu beschwören und sie um jemanden zu schlingen, war es ihm gelungen stabile Haken an den Enden zu manifestieren, die er mit genügend Geschwindigkeit durch Objekte treiben konnte. Sobald er herausfand, wie er die bereits manifestierten Haken noch einmal verändern konnte, würde es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er endlich einen Zauber auf dem Niveau der Magi hatte.

Die meisten Magier schafften es nur in die unteren Ränge, so etwas wie Magie, Taika oder Zauber. Aber Mir hatte lange Jahre damit verbracht sich das nötige Wissen anzueignen um seine angeborene elfische Magie mit ihrem vollen Potential nutzen zu können. Er wurde von der Universität der alten Magie in Uzakya sogar zu einem Meyster ernannt. Als Meyster war er im fünfthöchsten Rang der akademisch anerkannten Titel. Zumindest war er das. Bis ihm alles genommen wurde, weil eines seiner Experimente... misslungen war.

Der Gedankenfluss, in dem Mir schwelgte wurde schlagartig unterbrochen, als das verdammte Halbblut plötzlich aufstand und sich zu Adelaide setzte, die scheinbar immer wieder ins Bewusstsein hinein und wieder herausrutschte. ‘Kann sich die grobschlächtige Kreatur denn nicht langsamer bewegen...’ , aber nein, Mir konnte jetzt keine Gedanken an sie verschwenden. Er versuchte sich wieder in den Fluss seiner Gedanken hinab zu lassen um über seine Magie zu meditieren.