Novels2Search
Dornenflüche [German]
Kapitel 8 - gehört

Kapitel 8 - gehört

“Es… ugh… Es ist noch hier.”

Augenblicklich dreht sich Rhea zu ihm um.

“Malo? Scheiße, Malo!”, flucht sie beim Anblick ihres Ritters.

Er sitzt angelehnt an einem Baum, an dem er sich offensichtlich hochgezogen hat. Eine Blutspur folgt ihm durch das kurze Gras und mehr Blut sickert langsam aus einer langen Wunde quer über seinen Bauch sowie mehreren kleinen Wunden an der Unterseite seiner Beine.

Schmerz spiegelt sich in seiner Mine, als er versucht sich etwas weiter am Baum hochzuziehen. Doch der Ausdruck weicht augenblicklich purer Furcht, als sein Blick an etwas über Rhisceas Kopf hängen bleibt und er ruft: “Rhea, pass auf!”

In dem Moment sieht sie den dunklen Schatten auch.

Er hebt sich vom einem der hohen Bäume ab und legt sich herrschaftlich über das Blutbad unter ihm. Einen Moment lang scheint er vollkommen regungslos.

In der Sekunde ist alles wie gefroren. Die weit ausgebreiteten Flügel, welche die Sonne verdecken, schweben mit seinem menschlichen Körper in der Mitte reglos in der Luft. Es hat etwas majestätisches und einschüchterndes so wie ein Adler für eine Maus aussehen muss, während er ruhig seine Kreise durch das Blau des Himmels zieht, bis er plötzlich seine ruhigen Bahnen verlässt und wie ein Pfeil hinunterschießt.

Rhea reißt sich aus ihrer Trance, stürzt sich auf die Seite und landet neben Sith. Mit einer schnellen Handbewegung greift sie in Siths Mantel und reißt eine Pistole aus ihrer Halterung. Innerhalb eines Sekundenbruchteils hat sie die Waffe auf den Adler gerichtet, bereit abzudrücken.

Seine Schwingen verschwinden so schnell hinter seinem Rücken, dass man glauben könnte, sie wären nie da gewesen. Mit der Grazie und Sicherheit einer Raubkatze fällt das Wesen die letzten Meter zu Boden.

„Ich glaube nicht, dass ihm diese Waffe viel genützt hat, wenn er jetzt tot ist.“

Rheas Gedanken stocken und für einen Moment glaubt sie, sich verhört zu haben. Doch das hat sie nicht, der Hybrid hat gesprochen.

Langsam erhebt Es sich aus der Hocke, durch die Es den Fall abgefangen hat und fixiert die Fürstin mit seinem Blick.

Es scheint sich erst einmal von seinem Platz nicht weg zu bewegen und so nimmt sich Rhea einen Moment, um sich das Wesen genauer anzusehen.

If you stumble upon this narrative on Amazon, it's taken without the author's consent. Report it.

Das Gesicht vor ihr ist beinahe exakt dasselbe wie das auf die Bleistiftskizze. Die kleinen Wölbungen der Oberlippe über den Eckzähnen, die mageren Gesichtszüge und der stechend scharfer Blick. Das alles hatte die Zeichnung perfekt aufgenommen und dennoch konnte es die Abnormalität der gesamten Erscheinung nicht einmal ankratzen.

Nur kurz gleitet ihr Blick über die fleckig blau grüne Haut und traurige Ausrede eines zerrissenen Hemdes hinunter zu den Händen der Kreatur. Es hält zwei elfenbeinfarbene Messer, in jeder Hand eins und noch frisches Blut tropft an ihren Klingen herunter.

Eine Übelkeit macht sich in ihrem Magen breit, als sie an Malos tiefe Wunden denken muss.

Das Wesen macht einen Schritt auf sie zu und das holt sie wieder in die Realität zurück.

Sie zieht den Hahn der Pistole zurück und das Monster bleibt abrupt stehen. Langsam bildet sich ein Grinsen auf seinem Gesicht, das die spitzen Eckzähne entblößt.

“Du verlässt dich zu sehr auf diese Waffe”, schnurrt Es.

Die Tatsache, dass Es allem Anschein nach genug geistige Fähigkeiten besitzt, um wie ein gewöhnlicher Mensch zu sprechen, verstört sie zutiefst. Kurz überlegt sie, ob sie das Wesen falsch eingeordnet hat. Wäre es ein gewöhnlicher Vampir, würden sie seine Sprachkenntnisse natürlich nicht wunder. Doch der Hautfarbe und den großen Schwingen nach zu urteilen, muss es sich um einen Elf-Tierhybriden handeln. Und deren intellektuelles Niveau erreicht kaum das eines gewöhnlichen Hundes.

Es legt den Kopf schief, während Es eines der Messer mit Eleganz zwischen seinen Fingern hin- und hergleiten lässt.

“Worüber denkst du nach?”, schnarrt seine Stimme in einem beunruhigend sanften Ton.

Kleine Tropfen Blut lösen sich von der wirbelnden Klinge und verteilen sich im Sprühregen auf seiner Kleidung und dem braunen Gras unter ihm.

Die roten Spritzer bringen Rhea wieder in das Hier und Jetzt zurück und sie sucht die Umgebung hastig nach einem Ausweg ab.

Der Hybrid hat Ruby, Sith und Malo innerhalb von wenigen Minuten kampfunfähig gemacht. Sie wäre naiv, wenn sie glauben würde, allein auch nur eine Chance gegen dieses Monster zu haben.

Ihr suchender Blick bleibt an Viktor hängen. Er muss den Hybriden mittlerweile bemerkt haben, denn er ist aufgestanden und entfernt sich mit vorsichtigen Schritten. Leider kommt er dabei aber weiter weg von Rhiscea und ihrer Waffe und immer mehr in den Rücken des Vampirs.

Sie muss ihn etwas zu lange angestarrt haben, denn der Hybrid folgt ihrem Blick und fixiert den jungen Ritter.

Als dieser sieht, dass ihn das Monster bemerkt hat, bleibt er wie zur Salzsäule erstarrt stehen, fast so, als könnte ihn der Hybrid nicht sehen, solange er sich nur nicht bewegen würde.

Doch das ist leider genau die falsche Strategie. Ein Grinsen breitet sich auf dem Gesicht des Vampires aus, der mittlerweile das Interesse an Rhiscea verloren hat.

"Viktor", die Ruhe in ihrer eigenen Stimme überrascht die Fürstin, "Lauf zurück in die Stadt und hol Verstärkung."

Langsam dreht sich das Wesen von ihr weg.

Viktor reagiert nicht.

“Viktor!”

Er rührt sich immer noch nicht, den angsterfüllten Blick weiterhin auf den Hybriden gerichtet.

"Viktor, jetzt!", bellt sie schließlich und im selben Moment knurrt das Monster und rennt los.

Das reißt Viktor endlich aus seiner Starre. Er dreht sich um und stolpert in Richtung Stadt. Doch der Vampir holt den Vorsprung schnell auf. Die beiden verschwinden schon fast zwischen den Bäumen, als das Halbwesen mit einem Messer ausholt und Rhiscea abdrückt.

Nächstes Kapitel: "Die Waffen des Toten"