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Schuldgefühle

Dean war plötzlich sehr still geworden. Nach ein paar Minuten öffnet er die Tür, steigt hinaus in den Regen und geht rüber zu der Bank. Dort steht er, sieht hinab auf das Holz, während seine Kleidung durchnässt wird, und schiebt den Ring zurück in seine Hosentasche. Er schließt seine Augen, öffnet sie wieder, geht einen weiteren Schritt auf die Bank zu. Und nun kann er Cass vor sich sehen, ganz deutlich, wie er unter ihm sitzt, zu ihm hoch sieht und weint. Er weinte vor ihm, und er hatte nichts dagegen getan! Nein, er war wahrscheinlich der Grund dafür. 'Ist das, wo ihr drei Stunden rum geknutscht habt?' Oh Gott, was hatte er getan! Das muss sehr unangenehm für seinen Freund gewesen sein. Und was, wenn das nicht die ganze Geschichte war? Drei Stunden, verdammt, das war genug Zeit um... Dinge zu tun, die er wirklich nicht mit einem Freund tun sollte! Besonders nicht mit Cass! Er war ein Engel, er war rein, er sollte nicht benutzt werden wie...

'Oh Cass, es tut mir leid!', heult Dean und fühlt wie sein Herz bricht. Er kniet sich hin, genau in eine Pfütze, legt die Arme auf die Bank und vergräbt seinen Kopf in ihnen und weint. Betet. Gestehet. Entschuldigt sich. Alles zusammen: 'Castiel, ich weiß, du hast mich gebeten dich nicht zu rufen, und jetzt weiß ich auch warum! Es tut mir so leid, Cass, es tut mir leid, dass du all diese Dinge durch machen musstest, es tut mir leid, was ich dir angetan habe, es tut mir leid, dass du so leiden musstest, und es tut mir leid, dass ich dich zum Weinen gebracht habe! Ich kann mich immer noch nicht erinnern, was ich wirklich getan habe, und Sam weiß es nicht, aber ich wette es war schrecklich, weil du fort gegangen bist und jetzt vermisse ich dich so sehr... Sorry, sorry, ich sollte nicht selbstsüchtig sein, du hast wahrscheinlich so viel Schmerz in dir, von dem was ich dir angetan hab. Ich weiß es wirklich nicht, ich kann mich nicht erinnern, aber ich will mich so sehr entschuldigen! Cass, wenn du mir je verzeihen kannst, bitte komm zurück! Ich schwöre, ich werde dich nie mehr anfassen, du musst nicht mal in meine Nähe kommen, aber ich will einfach wissen, das du okay bist! Es tut mir leid, bitte komm zurück!'

Während er dies denkt, fühlt Dean wie sein Herz von einer dunklen Leere ergriffen wird, die ihn bis ins Mark frieren lässt. Er spürt so viel Pein, so viel Verlust, und einen brennenden Schmerz in seiner Wirbelsäule. Dann auf einmal ist das Gefühl verschwunden, und Wärme breitet sich in seinem Körper aus, drängt die Kälte des Regens und den Schmerz in seiner Brust zurück. Die Bank ist nicht mehr hart und feucht, sondern weich wie ein Kissen und trocken. Und warm. Und uneben? Dean will schon die Augen öffnen, als er eine Hand spürt, die über sein feuchtes Haar streichelt, und er zuckt verschreckt zurück. Er schaut auf und da ist Castiel, der echte Castiel, nicht nur eine Erinnerung. Sitzt auf der Bank, wird vom Regen durchtränkt und schenkt ihm ein leichtes Lächeln, wobei seine Hand noch über seinem Schoß schwebt.

„Cass!“, ruft er aus, überrascht, doch glücklich, ein kurzes Lachen entfährt seiner Kehle. Aber dann kommen die Schuldgefühle wieder, und er sieht zu Boden, wobei er versucht Abstand zum Engel zu halten. Er kniet noch immer in der Pfütze, und ohne ihn an zu sehen sagt er: „Cass, es tut mir leid, was passiert ist, ich werd's nie wieder tun, ich schwöre!“ Die Hand des Engels sinkt und er antwortet leise: „Ja. Ich weiß. Ich weiß, du würdest das nie wieder tun...“ Dean ist so voller Reue, dass er nicht den traurigen Unterton in Castiels Stimme bemerkt. Immer noch runter schauend erklärt er: „Ich wünschte, ich könnte es wieder gut machen.“ Aber dann reißt er den Kopf hoch, und während er mit seinen eigenen, verheulten Augen Cass ins Gesicht starrt, bohrt er nach: „Hat es weh getan?“ Als Castiel darauf verwirrt eine Augenbraue anhebt, fügt er schnell hinzu: „Hat es weh getan, als... wir hier waren... diese drei Stunden? Hat es weh getan?“ Hier muss Castiel sich abwenden und im Aufstehen antwortet er düster: „Es war nicht deine Schuld. Und es ist okay. Andere Dinge haben mir viel mehr weh getan.“ „Es tut mir so leid, Cass! Es tut mir leid, dass ich dir das angetan habe!“, wiederholt Dean, ebenfalls aufstehend, wobei er sehr darauf bedacht ist, die Distanz zu wahren, obwohl er nichts lieber tun würde, als seinen Freund in den Arm zu nehmen und zu trösten.

„Hörst du endlich auf, dich zu entschuldigen!? Ich hab gesagt es ist gut. Diese drei Stunden waren nicht das Problem!“, braust der Engel plötzlich auf. Dean stolpert zurück und fragt ängstlich: „Oh Gott... sag nicht, ich hab noch Schlimmeres angestellt! Hab ich...“ „NEIN!“, schreit Cass nun durch den strömenden Regen, vollkommen durchnässt. Dean sieht ihn an mit unsicherem Blick, die Tränen fort gewaschen, doch seine Schuldgefühle lasten noch schwer auf ihm. Da stellt sich Cass nah vor ihn und erklärt mit gequälter Miene: „Es waren die dreieinhalb Wochen, die mir weh getan haben. Dein Ständiges: 'Cass ich liebe dich, Cass ich liebe dich, ich kann nicht ohne dich sein, mein Süßer, mein Liebling, mein Baby, mein Liebster, mein... mein Engel!' Dass du mich angesehen hast, als wäre ich die Sonne und die Sterne, angefangen hast zu weinen, wann immer du dachtest ich bin sauer auf dich, dass du eifersüchtig auf Sam wurdest, verdammt noch eins, wenn er es nur gewagt hat mal ne Minute mit mir zu reden! Das tat weh! Das war furchtbar, all diese unechte Zuneigung, diese unechten Gefühle, diese unechte Liebe, das tat weh, weil es mir gezeigt hat, dass das... dass das was ist, was nie passieren würde! Das es nie real sein würde. Das tat weh!“

Castiel war lauter und lauter geworden, gestikulierte wild mit den Händen, sodass Dean erschrocken zurück weichen musste. Verblüfft plappert er drauf los: „Aber... du hast geweint! Ich erinnere mich. Und Sam sagte, ich hab dich gezwungen, mich zu küssen...“ „Ja.“, gibt Cass zurück, doch als die Fragezeichen über Deans Kopf weiter zunehmen, gibt er matt zu: „Wie gesagt, das war nicht das Problem. Ehrlich gesagt, diese drei Stunden waren das einzige Mal, dass ich überhaupt annähernd glücklich war.“ Er tritt noch näher an Dean heran, und dieses Mal sind es seine Augen, die sehnsüchtig auf dem Jäger ruhen, als er zu gibt: „Du kapierst es immer noch nicht, oder Dean? Als... Als es dir wieder schlechter ging, wollte ich dir eigentlich nur helfen, aber als du mich dann so geküsst hast... Ich hab aufgehört nach zu denken. Ich hab mich nicht mehr gesorgt. Ich hab plötzlich nur noch... gefühlt. Ich fühlte mich... geliebt. Es war mir egal, dass es nicht echt war, ich war so glücklich, ich... ich konnte endlich verstehen, warum ihr Sterblichen bereit seid, für sowas zu töten und zu sterben. Als es vorbei und ich wieder bei Sinnen war, und kurz davor stand vor Scham zu sterben, da hast du echt gute Worte gefunden, um zu beschreiben, wie es sich angefühlt hatte. Du sagtest: 'Du bist wirklich mein Engel! Du hast mich in den Himmel getragen und sicher wieder zur Erde gebracht! Dankeschön!' Und ich hab mich schuldig gefühlt, weil ich so sehr wollte, dass du es ernst meinst! Weil ich dich wirklich... liebe.“

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✝✝✝

Dean starrt Cass an, und Cass starrt Dean an. Es donnert in der Ferne von dem Gewitter, was zu ihnen zieht, und es wird dunkler, aber die beiden mustern einander, überwältigt, unsicher was sie tun sollen. Dann beschließt Castiel, dass er besser nichts gesagt hätte, und will verschwinden, aber in der Sekunde ergreift Dean seinen Arm und schreit: „Nein!“ Castiels Augen werden groß und Dean lässt wieder los, aber er drängt ihn: „Bitte, verlass mich nicht wieder Engel!“ Und als Cass sich dann nicht bewegt, greift Dean nach seiner Schulter, drückt sie, sodass etwas Wasser durch seine Finger rinnt, um dann zu flehen: „Geh nicht. Bitte. Cass ich brauche dich. Bitte komm mit mir mit.“ Es herrscht zunächst Stille. Dann jedoch haucht der Engel leise: „Okay.“

Und er zuckt nicht mal zusammen, als Dean seine Hand nimmt, und ihn sanft mit sich zum Auto zieht. Er bleibt still, als er die Tür öffnet und Cass hinten einsteigen lässt, und sagt immer noch nichts, als er statt los zu lassen sich mit ihm nach hinten setzt. Sam, der sie die ganze Zeit nicht gestört hat, als sie im Regen standen um zu reden, ist nun perplex bei dem Anblick und muss fragen: „Ist alles wieder okay zwischen euch?“ „Hmm. Könntest du bitte fahren, Sam?“, antwortet Dean, ohne Cass los zu lassen, weder mit seinen Augen, noch mit seiner Hand. Cass scheint selbst unfähig, den Blick vom Jäger ab zu wenden, als zuckt Sam mit den Achseln, rutscht rüber auf den Fahrersitz und startet den Wagen wieder. Dann ist es einige Minuten still, man hört nur den Regen und das nahende Gewitter, über das Summen des Impala.

Schließlich merkt Castiel an: „Dean? Ich werd nicht plötzlich verschwinden, wenn du los lässt!“ Der andere blinzelt, bevor er zurück gibt: „Möchtest du, dass ich aufhöre?“ „Nun, nicht wirklich. Aber ich denke, du solltest versuchen dich abzutrocknen, ehe du dich erkältest.“, antwortet Cass. „Du bist auch vollkommen nass!“, merkt Dean an, sodass sich nun Sam einschaltet: „Ja, ihr zwei solltet die nassen Klamotten los werden, ihr seid nicht grad nett zu den Sitzen, wisst ihr!“ Cass schaut zu ihm rüber, kommt dann wieder zu Dean und bemerkt errötend: „Aber dann müssen wir sie ausziehen.“ Er wird etwas nervös, aber Dean drückt ihm aufmunternd die Hand und brummt: „Ich kann weg gucken, wenn du willst.“

Castiel schüttelt jedoch den Kopf, und so beginnen sie, die Oberbekleidung aus zu ziehen, wie die Jacke, Mantel, Shirts und Krawatte Gleich danach nimmt Dean sofort wieder Castiel Hand. Dann fängt er an sich mit der freien Hand die Schuhe aus zu ziehen, tritt sie ab, rollt die Socken runter und wandert hoch um seinen Gürtel zu öffnen, doch er stoppt um Cass besorgt an zu sehen und stellt klar: „Ich kann sie an lassen, wenn du willst.“ Cass beschließt einen Witz zu versuchen und erwidert: „Um mir den Genuss deiner schönen Beine vor zu enthalten? Auf keinen Fall!“ Dies lässt alle inne halten, und Castiel fängt an sich unwohl zu fühlen, aber dann beginnt Dean zu lachen und kichert: „Wow, Cass, du, du bist... du bist gnadenlos, Baby!“ Cass hatte ebenfalls begonnen zu schmunzeln, ist dann jedoch sofort wieder ernst, und diese Mal ist es Sam, der auf die Bremse tritt, um sich zu den beiden um zu drehen und zu brüllen: „Okay, was zum Teufel geht zwischen euch vor? Von dir wusste ich ja, aber du? Was zur Hölle, Dean?“

Er schaut von Cass zu Dean, aber beide Männer geben ihm einen hilflosen Blick, um dann gleichzeitig zu reden an zu fangen. Cass fragt: „Was meinst du damit, du wusstest es?“ Dean meint: „Ich hab bloß ne witzige Bemerkung gemacht!“ Cass bekräftigt: „Ich hab dir nie irgendwas erzählt!“, während Dean behauptet: „Und überhaupt, was soll's, er ist mein Ehemann, oder?“ Jetzt starren Castiel und Sam beide mit Sorge Dean an, und Cass versucht sich aus seinem Griff zu lösen, doch Dean sieht runter auf ihre verbundenen Hände, realisiert etwas und holt den Ring aus seiner Tasche. Er sieht den Engel an, atmet tief ein und fragt: „Cass, du hast etwas in meinem Zimmer verloren, als du verschwunden bist. Möchtest du es wieder haben? Denn, wenn ja, würde mich das sehr glücklich machen!“

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Die anderen beiden starren ihn noch besorgter an, und Cass, der sich langsam verraten fühlt, grübelt: „Vielleicht ist der Zauber nicht komplett gebrochen worden... Ich hätte nicht wieder kommen sollen.“ Als er das hört, bekommt Dean Angst, dann Wut. Doch er schließt bloß die Augen, drückt Castiels Hand erneut und fragt ganz ruhig: „Sam, hab ich mich wieder selbst verletzt, nachdem Cass verschwunden ist?“ „Nein.“, antwortet der, und Dean fährt fort: „Hab ich darüber gesprochen, dass ich ihn vermisse?“ Sein Bruder versucht zu erklären: „Nicht viel, nein. Obwohl du ihn vermisst...“, doch wird unterbrochen: „Hab ich irgendwie seltsam auf dich gewirkt, oder war ich noch in der Lage, dass zu tun, was wir tun: Dämonen den Arsch aufreißen?!“ Sam gibt zu: „Naja... Es war beides irgendwie... ich meine, du hast immer noch Frühstück gemacht, und aufgeräumt, und du konntest zu Anfang nicht allein schlafen, und du hast den Ring behalten, um damit Mädels ab zu wimmeln, was echt schräg war, aber sonst... Es war so wie die anderen Male, wenn Cass weg war: Du tust dein Bestes, aber du... vermisst ihn... eigentlich sofort! Whoa, warte!“

Dean öffnet wieder die Augen, sieht Cass lange an und sagt: „Vielleicht ist es kein Zauber. Vielleicht hab ich einfach endlich was kapiert. Ich will nicht, dass du wieder weg bist! Ich will dich hier haben, an meiner Seite. Ich will wissen, dass du okay bist. Ich will mit dir reden können. Und dich zum Lachen bringen. Und dich fest halten, wenn du traurig bist. Ich will einfach für dich da sein. Und wenn das schräg ist, dann will ich nicht normal sein!“ Castiel sieht aus, als sei er wieder den Tränen nahe, Sams Augen werden immer größer und seine Kinnlade fällt runter, als mehr und mehr Puzzlestücke an ihren Platz fallen, und Dean hält erneut den Ring hoch, um vor zu schlagen: „Was meinst'e Cass? Lust mit mir zusammen schräg zu sein?“ Und als der Engel das Gesicht zu einem Grinsen verzieht, um endlich zu nicken, steckt Dean ihm wieder den Ring an den Finger, um seine Hand dann mit beiden Händen zu halten, während sich auch bei ihm Tränen sammeln.

„Tja, ich schätze mal, du darfst die Braut jetzt küssen!“, bemerkt Sam trocken, dreht sich um und startet das Auto erneut. Als der Motor aufheult fügt er an: „Aber macht es euch da nicht zu gemütlich, ja? Ich will nicht, dass uns die Autobahnpolizei anhält, weil ihr beiden es auf dem Rücksitz treibt!“ Doch die zwei ignorieren ihn. Cass ist zu beschäftigt damit, zu fühlen wie sein Herz vor Freude explodiert, und Dean betrachtet seinen Freund eindringlich, übers ganze Gesicht strahlend. Später ziehen die beiden doch noch endlich die Hosen aus, kuscheln sich unter einer Decke zusammen, und Castiel, gegen Deans warme Brust gedrückt, hört sein Herz für ihn schlagen und fragt sich zum ersten Mal, ob Engel vor Glück sterben können.

✝ Ende ✝