Novels2Search
Interdimensional [German]
Kapitel Sanders III

Kapitel Sanders III

24.06.2026, 12:36 Uhr, Steinfurt

Die junge Frau vor mir nimmt den gerade eingetroffenen Anruf entgegen. Den Anruf, den selbst ich leider dank des starken Umgebungsrauschens von außen nur bruchstückhaft entschlüsseln konnte. Das subatomare Tunnelsystem im Zeitbereich ist, was Datenschutz angeht, halt echt unschlagbar, wie du mittlerweile vielleicht weißt. Aber jetzt, wo ich Fatima aufgebracht in ihr Handy rufen höre; „Eric? Was ist passiert? Wo bist du?“, sollte ich ein besseres Bild vom Geschehen bekommen, denn das am anderen Ende Hilfe benötigt wird, das ist trotzdem klar. Da uns beide das natürlich auch interessiert, bedeute ich ihr mit einer Geste, sie soll bitte mal auf laut stellen. Sehr gut, sie hat es verstanden. „Du wirst das nicht glauben, Fatima!“, ertönt die Stimme eines jungen Mannes auf der anderen Seite, Herr Aschmer, würde ich sagen. „Herr Dr. Kinger und ich, wir sind -“ „durch die Zeit gereist?“ beendet seine Studienfreundin den Satz. „Aber… Aber… woher weißt du…?“ „Herr Sanders hat mir alles erzählt.“ „Sanders? Ich kenne keinen Sanders. Wer ist das?“ An Frau Kecmaz’ Gesicht sehe ich, dass sie ihm nicht glaubt, also nicke ich und sage: „Er kennt mich wirklich nicht.“ Also entgegnet sie: „Naja, ist ja auch egal. Erzähl weiter.“ „Also, wir sind in Athen...“, fuhr er fort, merklich nervös, „In der Antike! Glaub ich zumindest, ich bin mir nicht sicher. Diese verdammten Halluzinationen machen mich wahnsinnig…“ Halluzinationen also? Ich bin Ingeneur und kein Arzt, also ziehe ich ein entsprechendes Symptombeschreibungsformular aus der Hosentasche, um die nachfolgenden Informationen zu dokumentieren. Da bleibt nur noch die Frage, an wen ich das schicke, aber darüber kann ich später nachdenken. „Was für Halluzinationen? Hörst du Stimmen?“ Frau Kecmaz’ Angst um Herrn Aschmer ist immer noch erkennbar und zudem auch ziemlich verständlich. „Nein, ich sehe Dinge… aus der Zeitmaschine hat mein Kopf ne Kneipe gemacht und jedes Mal, wenn ich Dr. Kinger ansschaue… seh ich ein Känguru. Und er… naja ich geb ihn dir mal.“ Nach einem kurzen Moment der Stille meldet sich der Professor in einem ungewöhnlich fröhlichen Ton am anderen Ende zu Wort: „Hallo, Frau Kecmaz!“ „Herr Dr. Kinger. Ich habe Fragen.“ Sie ist sichtlich irritiert. Bestimmt wundert sie sich, wie jemand in so einer Situation so gute Laune haben kann. Du begreifst das auch nicht? Denk doch mal nach, je nach dem, ob und was er so halluziniert, ist das schon gut möglich. „Wissen Sie eigendlich, was für ein schönes, weiches Fell ihrem Komilitonen mittlerweile gewachsen ist?“ Oh ha, Kinger geht ja überhaupt nicht auf Kecmaz ein… und macht sie damit echt wütend. „Sind Sie jetzt völlig übergeschnappt? Ist das alles, was Sie jetzt interessiert? Nicht, wie Sie jetzt wieder zurückkommen? Haben Sie denn gar kein schlechtes Gewissen Eric gegenüber?“ Sie schreit ja förmlich… Das ist zwar nachvollziehbar, aber wenn Kinger deswegen auflegt, wird es sehr schwer, wieder an die beiden ranzukommen, da ich die genaue Raum-Zeit-IDK-Nummer, ihre „Telefonnummer“ quasi, nicht kenne. Also nehme ich ihr das Handy weg und teile ihr mit einem ernsten Blick mit, sie solle ab jetzt mir das reden überlassen. Das ist zwar nicht die feine englische Art, aber du willst doch auch, dass Herr Dr. Kinger und Herr Aschmer nochmal wiederkommen, oder? „Entschuldigen Sie bitte diesen kleinen emotionalen Ausbruch“, sage ich zu ihm. Frau Kecmaz will gerade wieder zum Sprechen ansetzen, doch Kinger ist schneller: „Kein Problem.“ In seiner Stimme schwingt immernoch die pure Glückseligkeit mit. „Herr Aschmer, mein süßes Hündchen, ist auch ganz verzweifelt, weil wir beide nicht mehr in der Verfassung sind ohne fremde Hilfe nach Hause zu kommen.“ Höre ich da etwa einen Anflug von Mitleid? „Dabei ist die Dokumentation dieses Projekts auf meinem Rechner. Frau Kecmaz ist doch eine kluge Studentin, sie kann sich bestimmt einarbeiten und eine Fernsteuerung für die Zeitmaschine entwerfen. Ich bin da zuversichtlich. Wenn sie Hilfe braucht, ich habe mich ab und an mit meiner Kollegin, Frau Dr. Melanie Stremer, über das Projekt unterhalten, die wird sie sicher unterstüzen.“ „Das ist keine gute Idee“, widerspreche ich ihm, „Wie Sie vielleicht merken, hat ihre Methode, durch die Zeit zur reisen, erheblichen neurologischen Schaden bei Ihnen angerichtet. Um eine weitere Verschlechterung Ihres Zustandes zu vermeiden, überlassen Sie die Art Ihrer Rückreise am besten mir.“ Ich bin mal gespannt, wie ich das anstelllen werde. „Ach, Sie kennen sich auch mit Zeitreisen aus? Sagen Sie, wer sind Sie?“ „Sanders mein Name. Und ich würde behaupten, ich kenne mich mit Zeitreisen aus, das subatomare Tunnelsystem in Zeitbereich war Teil meines Studiums.“ Kinger kichert. „Wie spannend! Wo haben Sie denn studiert? Vielleicht kann ich da ja noch was lernen.“ „Dazu müssten Sie erstmal wieder im 21. Jahrhundert sein.“. „Na dann machen Sie sich mal an die Arbeit! Ich freue mich schon!“ Mit einem geradezu manischem Lachen legt Kinger auf. Verdammt! Meine Ausbeute an Informationen über die Situation ist echt dürfig. Ich habe noch nicht mal den Tag herausgefunden, an dem sie sich befinden! Was? Wen soll ich fragen? Kronos, den Vater von Zeus? Ach, Chronos mit CH? Da gibt’s einen Unterschied? Okay, das glaube ich dir jetzt einfach mal, da kennst du dich besser aus. Ich werde Hephaistos mal bitten, ihn ans Götter-Telefon zu holen. Wo wir gerade beim Thema sind, Kennst du zufällig jemanden, der unsere beiden Zeitreisenden wieder richtig im Kopf machen kann? So so, den Namen hab ich schon mal gehört. Der soll es also mal versuchen. Ich geh dann mal ein paar Gespräche führen und einige Formulare verschicken.

The author's content has been appropriated; report any instances of this story on Amazon.