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Kapitel Eric III

11.04.800 BC, Athen

Schweigend starrte ich auf mein Glas Orangensaft, das vermutlich noch nicht einmal echt war, und dachte über das Telefonat von eben nach. Scheinbar hatte Fatima jemanden aufgetrieben, der uns helfen konnte. Hoffendlich war er keine Illusion, denn er hatte meinem Professor den Willen zurückgegeben, aus diesem Unsinn hier wieder in die Realität zu finden. Ob er wohl jemals wieder der Alte sein würde? Ob ich wohl jemals wieder mit ihm in seinem Labor sitzen und mir seine Ideen anhören konnte? „Weißt du, Eric“, meinte er mit diesem breiten Grinsen, dass mich heute das erste Mal seit Tagen wieder mit Freude und Zuversicht erfüllte, „ich bin schon richtig gespannt, was dieser Sanders zu erzählen hat. Von dem lernen wir beide bestimmt viel. Ich wüsste zu gerne schon jetzt, welche anderen Zeitreiseverfahren es noch so gibt!“ Vielleicht kann es ja doch so werden, wie früher, dachte ich. Während eines kleinen Monologs seitens Lars über verschiedenste Theorien, wie Sanders uns hier rausholen konnte, erkannte ich ihn endlich wieder, den Mann der mich einmal für den ganzen Scheiß hier begeistert hatte. Trotzdem, auf ein derartiges Experiment würde ich mich garantiert nicht nochmal einlassen. Plötzlich machte Lars eine kurze Pause, bevor er fortfuhr: „Wenn wir wieder zurück sind… das, was hier zwischen uns beiden passiert ist… ich meine, neben den ganzen Halluzinationen…“ „Keine Sorge, das bleibt definitiv unter uns“, erwiderte ich schnell. Insgeheim war ich erleichtert, dass er anscheinend genau wie ich einfach vergessen wollte, dass wir uns näher gekommen waren. Zu dem Zeitpunkt hatte es mir echt gefallen... Aber als ich gemerkt hatte, dass er im Laufe der Zeit sowohl mich, als auch die ganze Situation hier immer weniger ernst genommen hatte, das hatte schon weh getan… Auch wenn ich ihn immernoch sehr mochte und mir sehnlichst die Zeit vor diesem Test zurück wünschte… meine Sicht auf ihn war trotzdem eine andere. Auf einmal riss mich das Geräusch einer aufgehenden Tür aus meinen Gedanken. Ein Mann mittleren Alters betrat dieses Hirngespinst eines irischen Pubs. Interessiert betrachtete ich den Stab in seiner Hand, um den sich eine lebende Schlange wand. Begleitet wurde er von einer jungen Frau, die einen großen Koffer. „Faszinierend“, kommentierte Lars diese seltsame Erscheinung, „Siehst du da auch Asklepios und eine seiner Töchter?“ Ich nickte. Der Bärtige lächelte. „Genau der bin ich“, sagte er mit der beruhigendsten Stimme, die ich jeh gehört hatte, „Könnt ihr euch denken, warum ich hier bin?“ Ich sah zu Lars hinüber, die Verwirrung stand ihm genauso ins Gesicht geschrieben, wie warscheinlich auch mir. „Oh, sieht nicht danach aus“, fuhr er fort, „Nun, ein gewisser Herr Sanders hat mir berichtet, dass ihr beide an Halluzinationen leidet, ist das richtig?“ Überschwänglich nickte ich. Oh mein Gott, endlich Hilfe! Lars schmunzelte. Ich konnte ihm sein gedankliches „ich bin mal gespannt, wer das ist, wenn der Schleier der Einbildung gefallen ist“ ansehen. „Ja, das ist richtig“, sagte er. Asklepios nickte. „Dann lasst uns mal die Untersuchung beginnen. Panakeia, gibst du mir bitte mal den Hirnstromanalysator aus dem Koffer?“ „Natürlich“, antwortete sie und reichte ihm ein kleines Gerät mit einem Kabel mit sonde am Ende, „Hier. Bitteschön.“ „Danke.“ An mich gerichtet fuhr er fort: „Mit dir fangen wir mal an, Junge.“ Er hielt mir die Sonde vor die Stirn und bewegte sie langsam auf meinem Kopf hin und her. „Panakeia, was sehen wir hier?“ „Eine deutliche Fehlfunktion im Okzipitallappen. Die Art, wie die visuellen Reize verarbeitet werden, ist eindeutug gestört. Die ungewöhnlichen Aktivitäten im Temporal- und Parietallappen sind warscheinlich darauf zurückzuführen, dass sein Gehirn die auditiven und taktilen Reize erwartet, die visuellen Halluzinationen hervorrufen würden, wenn sie echt wären.“ „Sehr gut, Töchterchen. Und was würdest du als Mittel dagegen vorschlagen?“ „Oftalirion“, erwiderte Panakeia und nahm eine Dose mit der Aufschrift „ὀφθαλἰρἰδιον“ aus dem Koffer, während Asklepios anerkennend lächelte. „So“, meinte er zu Lars, „dann wollen wir mal sehen, ob du das gleiche Problem hast.“ Er führte die gleichen Scans durch wie bei mir. „Ja, auch hier wieder die selbe Problematik.“ „Na dann. Hier, einfach auf der Zunge zergehen lassen.“ Panakeia reichte sowohl ihm als auch mir eine Oftalirion-Tablette. Direkt steckte ich sie mir in den Mund und sah zu Lars rüber. Er lächelte zurück. „So ein süßes Hündchen…“ Dann nahm auch er seine Tablette. Den Kommentar hätte er sich echt sonst wo hin stecken können, aber jetzt war nicht die Zeit, ihn dafür anzuscheißen. Langsam normalisierte sich meine Sicht wieder, ich erkannter Lars’ Gesicht wieder. Der Pub verschwand und ich sah wieder Athen. Die Zeitreise war also doch keine Einbildung gewesen. Ich wandte meinen Blich wieder zu dem Mann und der Frau, um zu sehen wer sie wirklich waren, und erstarrte. Sie waren unverändert. Ihr Equippment war noch da und von Asklepios’ Stab züngelte mir immernoch die Schlange entgegen. Lars schien noch schockierter als ich, wäre das hier ein Comic, wäre seine Kinnleiste jetzt auf dem Boden. „Ich weiß, das muss verblüffend sein, dass wir die echten sind“, meinte Panakeia, „Passiert ja nicht alle Tage, dass wir uns von Hephaistos hierher in diese Welt versetzten lassen. Verarbeitet das erstmal. Sanders wird euch bestimmt gleich abholen lassen. Viel Glück noch, hoffendlich braucht ihr uns nach eurer Rückreise nicht nochmal.“ Danach verschwanden die beiden scheinbar ins Nichts.

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