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Interdimensional [German]
Kapitel Fatima II

Kapitel Fatima II

30.06.2026, 18:18 Uhr, Steinfurt

Erschöpft saß ich auf meinem Bett. Die letzte Woche hatte mich echt fertig gemacht. Ich hatte mir von Sanders noch einmal ganz genau erklären lassen, was Dr. Kinger bei seinem Experiment alles angestellt hatte. Vom subatomaren Tunnelsystem im Zeitbereich, das nur für Nachrichtentransport gedacht war, bis zu den Gottheiten, die nun versuchten, uns zu helfen. Letzteres hätte ich ja nicht geglaubt, wäre da nicht dieser Mann (oder dieses Wesen?) aus dem Nichts aufgetaucht, oder besser gesagt, hätte er nicht mithilfe eines Quarksfarbdrehöffners die Gluonenladungssperre der 2. Dimensionsebene durchbrochen? Heisenberg sagte mal: „Der erste Schluck aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grunde des Bechers wartet Gott!" Früher hatte ich ihn dafür belächelt, mittlerweile würde ich ihn nur fragen: „Welchen Gott meinst du?“ Hätte man mir früher gesagt, dass ich mal Hephaistos mit einem Menschen über ein technisches Problem diskutieren sehen würde… nur, das. es nicht einfach ein technisches Problem war. Es ging darum, Eric zu retten. Und Kinger am besten auch, damit er zur Verantwortung gezogen werden konnte für sein fahrlässiges Handeln. Ob Eric wohl erkannt hatte, dass Kinger nicht der Held war, für den er ihn gehalten hatte? Wenn ich meinen besten Freund überhaupt nochmal wiedersehen würde… die Türklingel riss mich aus meinen Gedanken. Erst wollte ich überhaupt nicht öffnen, aber wer auch immer da draußen war, hatte beschlossen, Sturm zu klingeln. Also drückte ich den Öffner für die Haustür und trat aus der Wohnung, um zu sehen, wer da war. „Eric!“ Ich konnte es nicht glauben! Sofort rannte ich ihm auf der Treppe entgegen, um ihm um den Hals zu fallen. „Fatima… ich hab dich vermisst.“ „Ich dich auch. Komm erstmal rein.“ Kurze Zeit später saßen wir mit einem Kakao auf meiner Couch. Vorsichtig begann ich: „Möchtest du darüber reden, was passiert ist?“ Eric atmete tief durch. „Ganz ehrlich, als du versucht hast, mich vor Kinger zu warnen, ich hätte auf dich hören sollen. Diese Zeitreise war echt ein Horrortrip.“ Dann erzählte er mir alles, angefangen von den ersten Tierhalluzinationen, über Professor Kingers zeitweise Weigerung, sich mit einer Rückkehr in die eigene Zeit zu beschäftigen, und wie es Eric mich mithilfe eines Buches, „Grundlagen der intertemporalen Kommunikation“ von Dr. Arkanov, das bei uns in der Bibliotek aufgetaucht war, anrufen konnte, bishin zu Asklepios und Panakaia, die sie von den Halluzinationen befreit hatten. „Du musst mich ja für völlig verrückt halten, dass ich dir hier was von göttlicher Hilfe erzähle“, meinte er, den Blick auf den Boden gerichtet. Ich sah ihn an. „Vor einiger Zeit hätte ich das vielleicht, aber mittlerweile weiß ich es besser.“ „Was?“ „Ich war dabei, als Hephaistos sich persönlich ein Bild von eurer Apparatur gemacht hat, um besser einschätzen zu können, wie man euch zurückholen könnte. Ich habe am Telefon gehört, dass Hermes die Idee hatte, die Nornen um Rat zu fragen.“ „Die Nornen… die hatte Sanders auch erwähnt. Keine Ahnung, wie die drei das angestellt haben, aber nachdem Asklepios und Panakeia weg waren, habe ich nicht nur Athen gesehen, sondern auch das Labor von Kinger. Gleichzeitig! An beiden Orten konnte ich hören, riechen, mich bewegen, Dinge berühren und sie auf meiner Haut süren, obwohl ich in der anderen Welt vielleicht ins Nichts griff. Und dann war Athen auf einmal weg, und ich war nur noch in Steinfurt.“ „Und Kinger?“ „Der war die ganze Zeit neben mir. Sanders hat gesagt, dass er seine Zeitreisetechnologie verbieten lassen will.“ „Zu recht! Und was passiert mit ihm jetzt?“ „Laut Sanders werden jetzt diese interdimensionalen Behörden ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleiten. Das Entwickeln der Zeitmaschine wird wahrscheinlich keine Konsequenzen nach sich ziehen, da er eigendlich niemand war, der überhaupt vom Tunnelsystem und den Konzepten der Interdimensionalität wusste, auch keine Ahnung von den gesetzlichen Regelungen hatte. Aber es soll darüber diskutiert werden, ob die Tatsache, dass er mich mitgenommen hat, eine fahrlässige Körperverletzung ist. Missbrauch seiner Position und Vertrauensstellung steht auch noch im Raum. Wen die Behörden mit der Urteilsfindung beauftragen werden, ist noch offen. Von Themis, über Ma’at oder Yama, bishin zu Tezcatlipoca. Wir beide müssen dann wahrscheinlich auch eine Aussage machen.“ „Du klingst nicht gerade begeistert.“ „Bin ich auch nicht, ich will einfach nur meine Ruhe, was ihn angeht. Warum hab ich mich überhaupt auf soetwas eingelassen?“ Ich hörte einen Anflug von Wut in Erics Stimme. Ich erwiederte: „Du hast ihn geliebt. Deswegen.“ „Ja, und irgendwo liebe ich ihn auch immer noch, verdammt! Warum nur?“ „Das ist menschlich. Das wird nur die Zeit heilen können.“ Eric nickte. „Vielleicht war es aber auch Schicksal. Weißt du, Fatima, ich habe dir das bis jetzt nie erzählt, du hättest mir ja eh nicht geglaubt, aber vor ungefähr sieben Jahren, da hat mir jemand mal etwas gezeigt.“ Und dann begann er wieder zu erzählen, von einem Pergament, in dem ein gewisser Eric genau die Geschichte erzählt hatte, die mein bester Freund erlebt hatte, von Zeichnungen und Bauteilen, die gut zu Kingers Zeitmaschiene gehören könnten, und dabei gefunden wurden, und dem Museumskurator, von dem er zum ersten Mal in seinem Leben ‚Eric‘ genannt wurde. „Und jetzt rate mal, was ich in Athen gelassen hab!“ „Besagtes Schriftstück und ein paar deiner Zeichnungen?“ „Genau, und die Zeitmaschine ist auch dort geblieben. Das bedeutet, die Zeitlinie ist trotz Rückkopplung stabil.“ „Gibt’s noch etwas derartiges, was du mir nicht erzählt hast?“ „Nein, keine Sorge, das wars erstmal mit den Zeitreisen für mich.“ „Sehr gut, und wenn du doch nochmal sowas anstellst, lässt du deinen Versuch gefälligst vorher vom interdimensionalen TÜV oder so prüfen, ja?“ Eric schmunzelte. „Ja, mach ich.“ Den weiteren Abend ließen wir mit einem Film ausklingen.

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