09.10.2024, 14:00 Uhr, Steinfurt
Gerade war ich in die Planung eines Projekts vertieft, das ich aus Hamburg mitgebracht hatte, als es an der Tür klopfte. Das musste der dieser Mensch sein, der sich am Montag angekündigt hatte. Ein Museumskurator, der unbedingt persönlich mit mir sprechen wollte. Ich fand das zwar ungewöhnlich, aber er hatte mich auch neugierig gemacht, es ging wohl um ein paar Reste einer antiken Maschine mit ungeklärter Funktion und vielleicht konnte man sich ja noch etwas abschauen – die Ingeneure dieser Zeit waren schließlich nicht gerade für ihre Dummheit bekannt. Also rief ich: „Herein!“ Die tür öffnete sich und ein großgewachsener, leicht untersetzter Mann mit einer großen Tasche in der Hand trat ein. „Hallo, Sie sind bestimmt Herr Mesgen, oder?“, bergrüßte ich ihn. „Ja, genau der bin ich“, erwiderte er. Er schien ein bisschen nervös, aber das hatte ich schon fast erwartet, so wichtig, wie ihm das Thema offensichtlich war. Also lächelte ich ihm freundlich zu und fragte ihn: „Nun, Herr Mesgen, was haben Sie mir denn heute mitgebracht?“, und sah ihn interessiert an. „Am besten zeige ich es Ihnen direkt“, antwortete er und öffnete seine Tasche. „Ich weiß, einige der verwendenden Materialien sind gelinde gesagt etwas ungewöhnlich für die Zeit, aus der die stammen und ich sie deswegen anfangs für eine Fälschung hielt“, fuhr er fort, während er vorsichtig diverse Baugruppen auf meinem Schreibtisch ausbreitete, deren Ähnlichkeit zu modernen Konstruktionen tatsächlich auch mich an deren Echtheit zweifeln ließ, „deshalb habe ich Ihnen den Bericht unseres Museumslabors mitgenommen.“ Anschließend legte er eine Mappe direkt vor mich. Skeptisch überflog ich den Bericht. Ein Drehkolben, eine kleine Antenne, ein Modul mit Heizpatronen, aber gleichzietig auch einem Kühlmittelkreislauf, und eine Platine mit teilweise nicht bekannten Bauteilen. Da war ich aber mal gespannt, wie die Laboranten des Museums für antike Geschichte mir das als fast dreitausend Jahre alte Bauelemente verkaufen wollten. Also sah ich mir an, was sie getan hatten, um das Alter dieser Einheiten zu bestimmen. Tatsächlich wurden laut der Dokumentation mehrere übliche Verfahren verwendet, die alle zum selben unglaublichen Ergebnis kamen. Deshalb fragte ich: „Herr Mesgen, ich will die Kompetenz Ihrer Kollegen ja nicht anzweifeln, aber hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Ihre Komponenten an unserer Labor für Werkstofftechnik weitergebe, um diese Untersuchungsresultate zu überprüfen?“ Er sah mich einen Moment verblüfft an, aber er entgegnete: „Ja, natürlich. Wenn Sie mir erst dann Glauben schenken, dann habe ich nichts dagegen.“ Er lächelte. Auch ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. So unrealistisch es auch war, dass diese Bauteile wirklich aus der Antike stammten, so faszinierend wäre es auch, wenn mir meine Kollegin Melanie dies auch bestätigen könnte. Ich nahm mir die Platine und sah sie mir genauer an. „Gibt es schon einen Hinweis darauf, welche Funktion dieses Modul haben soll?“ „Ich bin natürlich kein Experte“, erwiderte Herr Mesgen, „aber ein Bekanner sagte mir, es handle sich möglicherweise um einen Router für das subatomare Tunnelsystem im Zeitbereich und damit ein wichtiger Bestandteil eines intertemporalen Verschiebesystems. Allerdings weiß ich nicht, was das bedeutet.“ Amüsiert sah ich ihn an. „Na, da haben Sie aber einen schlauen Bekannten.“ Einen solchen Router gab es natülich nicht, aber Herr Mesgen schien wohl wirklich überzeugt davon. „Alles klar“, sagte ich nach einem kurzen Moment der Stille, „Vielen Dank, dass Sie da waren. Gibt es sonst noch irgendwas?“ Er nickte. „Einer Ihrer Studenten – Eric, ich kenne leider nur seinen Vornamen – haben Sie ein Auge auf ihn, ich glaube, er wird noch wichtig für Sie.“ Ich hob eine Augenbraue. „Kein Problem.“ Herr Mesgen stand auf und wir verabschiedeten uns. Ich konnte mir beim Besten willen nicht vorstellen, was ein Student damit zu tun haben sollte. Wenn das ganze hier ein Scherz war, wäre er selbst für jemanden wie mich sehr aufwendig durchzuführen, und wenn nicht… Welche Rolle dieser Eric – den ich bestimmt noch kennen lernen würde – in dem Ganzen spielte, darüber würde ich nachdenken, wenn Melanie die Bauteile untersucht hatte.
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Ein paar Tage später, in einem Flur der FH
„Lars! Du wirst es nicht glauben!“ Sofort drehte ich mich um, als hinter mir Melanies aufgebrachte Stimme hörte. „Ich habe die Module, die du mir gegeben hast, auf jede erdenkliche Art und Weise auf ihr Alter untersucht. Rate mal, was ich herausgefunden habe!“ „Willst du damit sagen…“ „Ja, sie sind wirklich so alt! Unvorstellbar!“ Erstaunt sah ich meine Kollegin an. Vor Überraschung fing ich an, laut zu lachen. Es war unfassbar. „Wo hat dieser Herr Mesgen bloß diese Bauelemente her?“, fragte Melanie. „Ich weiß es nicht. Angeblich einfach so im Archiv gefunden. Vielleicht gibt mir diese Platine einen Anhaltspunkt, wenn ich nur wüsste, wie sie funktioniert…“, erwiderte ich. „Da kann ich dir nicht helfen, du bist der bessere Elektrotechniker von uns“, meinte Melanie, „Aber halt mich auf dem Laufenden, ja?“ „Mach ich. Und selbst wenn ich nicht herausfinde, woher diese Technologie stammt, ein Router für das subatomare Tunnelsystem im Zeitbereich für ein intertemporales Verschiebesystem klingt trotzdem spannend – viellercht erfüll ich mir noch den Traum vom Zeitreisen!“ Ich kicherte. „Du bist ja verrückt“, sagte Melanie, während sie sich ein Lachen verkniff, „Viel Glück noch, ich habe gleich Vorlesung. Bis morgen!“ „Bis dann!“ Nun war es amtlich, Herr Mesgen hatte zumindest im Bezug auf die Bauteile nicht gelogen. Jetzt galt es nur noch deren Aufgabe, insbesondere die der Platine zu klären. Und Eric… in der Statik-Praktikumsgruppe, die nächsten Montag dran war, gab es einen Eric Aschmer… Vielleicht meinte Herr Mesgen ihn, andererseits war Eric auch kein seltener Vorname. Dennoch war ich mal gespannt.