Der Tag begann wie jeder andere. Ich kämpfte mich morgens um 5 Uhr aus dem Bett, da ich rechtzeitig zu meiner Frühschicht im Hotel ankommen musste. Auf dem Weg ins Bad stieß ich mir den kleinen Zeh, was mich endgültig aufweckte. Bei einem Abstecher in die Küche schaltete ich die vorbereitete Kaffeemaschine ein. Nach meiner Morgenroutine im Fliesenzimmer goss ich mir in der Küche den ersten Kaffee ein. Ich überprüfte mein Smartphone und war wenig überrascht, als es nur die üblichen Updates wie das Wetter anzeigte. Ich schnappte mir meine Bluetooth-Kopfhörer und machte mir ein Hörbuch an, während ich das heiße, schwarze Wunder in meinem Becher langsam in mich hinein goss. Nachdem ich mich nun endlich wie ein Mensch fühlte füllte ich den Rest aus der Kanne in meinen XXL-Thermobecher. Nachdem ich mich für die Arbeit angezogen hatte schnappte ich meinen Becher und verließ das Haus. Ich wohnte seit ein paar Jahren in der Stadt, was mich als Landei noch immer völlig aus der Bahn warf. Ich mochte diesen ganzen Stress einfach nicht. Auch wenn die Bezahlung für meine Arbeit in der Stadt besser war, sehnte ich mich doch danach, dass ich den blühenden Raps riechen konnte, wenn ich auf dem Weg zur Arbeit war. Hier gab es nur die Düfte von Reifenabrieb, getrockneter Pisse aus der Seitenstraße und kaltem, hartem Beton. Ich hatte den Job an der Rezeption in dem 4-Sterne Hotel noch nicht lange und ich war immer wieder versucht einfach alle Bedenken in den Wind zu schießen um wieder zu meinen Eltern zu ziehen. Ich hatte noch etwa einen Kilometer zur Arbeit. Aber meine Schicht sollte niemals beginnen.
Gerade als ich eine Straße überquerte, traf mich eine Druckwelle und warf mich wie eine Puppe durch die Luft. Nichts hatte diese Druckwelle angekündigt. Es gab kein entferntes Donnern einer Explosion und kein Beben des Bodens. Dessen war ich mir sicher, denn ich hatte es mir zur Angewohnheit gemacht, immer nur einen Kopfhörer zu tragen, wenn ich auf die Straße ging. Als ich wieder auf die Füße kam bemerkte ich, dass es stockfinster war. Sämtliche Lampen, Lichter und Laternen waren aus. War das ein EMP?, fragte ich mich. Dann merkte ich, dass aus meinen Ohren noch immer die Stimme von B. Scheibe ertönte. ich nahm mein Smartphone heraus… kein Empfang. Ein EMP hätte sowohl mein Handy als auch meine Kopfhörer gegrillt. Aber die Lichter waren trotzdem alle aus. Naja fast alle. Auf einem Balkon über mir sah ich eine kleine Lampe in einem Blumenkasten stecken. Diese wurde wahrscheinlich mit Solarenergie betrieben. Also hatte was auch immer das war anscheinend die allgemeine Stromzufuhr lahm gelegt. Wie groß war dieses Ereignis? Ich hatte schon Stromausfälle in der Stadt erlebt aber meistens war es so, dass bereits nach wenigen Sekunden der Notstrom wieder Leistung brachte. Aber nichts dergleichen geschah. Auch fiel mir auf, dass keine Autos fuhren. Etwas, das mir hätte früher auffallen sollen, allein des Umstandes wegen, dass ich mitten auf der Straße stand. Ich sammelte meinen Thermobecher wieder auf und hatte Glück, er war nicht ausgelaufen.
Mit meinem Kaffee gewappnet setzte ich den Weg zur Arbeit fort. Ich hatte gelernt, dass Städter fürchterlich irrational wurden, wenn es keinen Strom gab. Und ich hatte wahrscheinlich als einziger die Möglichkeit, den Gästen zur Hand zu gehen, falls etwas sein sollte. Nach etwa zehn Minuten Erreichte ich meinen Arbeitsplatz und schloss die Haupteingangstür auf. Da es keinen Strom gab deckte ich mich mit Teelichtern ein und erhellte mit ihnen die Treppen sowie den Eingangsbereich und den Frühstückssaal. Jan, mein Kollege aus der Küche, traf ein und begann, nach einer kurzen Begrüßung, das Frühstück vorzubereiten. Jan war mit 1,70 Metern etwa 10 zentimeter kleiner als ich und trug ebenso ein kleines Wohlstandsbäuchlein vor sich her. Nicht falsch verstehen aber mit etwa 110 Kilogramm war ich tatsächlich etwas über meinem BMI. Außerdem begünstigen unsere Berufe Menschen wie Jan und mir, die zur Übergewichtigkeit neigten, schnell einen netten Rettungsring anzulegen.
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Die ersten Gäste, die ich sah, verließen das Hotel fluchtartig durch den Seiteneingang, den ich von meinem Platz am buffet im Restaurant gut einsehen konnte. Dann hörte ich die ersten Schreie im Treppenhaus und ein wahrer Strom aus Gästen flüchtete,teilweise im Pyjama, durch den Seiteneingang und das Restaurant. Ich hielt einen der panisch Flüchtenden auf und wollte wissen, was passiert war. mit gehetztem Blick und schweißnasser Stirn sah er mich an und schrie aus vollem Halse: “MONSTER!!!!” Als er wieder zu laufen begann riss er mich fast von den Füßen.
Aus der Küche kam Jan ebenfalls mit panischem Blick und als er gerade etwas rufen wollte fiel er vornüber und wurde wieder in die Küche gezogen. Als ich wortlose Schreie und das unmenschliche Brüllen aus dem Treppenhaus hörte wurde mir klar, dass ich etwas tun musste.
Ich fackelte nicht lange und ergriff einen Schürhaken vom Kamin im Foyer, als ich selbst die Flucht nach draußen antrat. ich hatte noch immer das große Brotmesser, mit dem ich eigentlich gerade dem Schwarzbrot zu Leibe rücken wollte. So bewaffnet trat ich in das Dämmerlicht auf den Straßen und sah überall, flüchtende Menschen aus den Häusern strömen. Ich entschied mich dafür, als erstes die Straßenschluchten der Stadt hinter mir zu lassen. Ich hatte keines der Monster wirklich gesehen, aber irgendetwas sagte mir, dass sie so ziemlich genau das waren, was ich aus den vielen Fantasy-Spielen kannte.
Ich rannte so schnell ich nur konnte, und zwar entgegen dem Strom der Menschen, was mich zwar beunruhigte, aber mich nicht von meinem Plan abhalten sollte. Als ich an der nächsten Kreuzung nach Links abbog sah ich auch bereits mein Ziel: die Bahntrasse. Wenn ich von der Straße dort hoch gelangte, könnte ich ihr erst durch die weniger dicht besiedelten Industriegebiete und dann aus der Stadt hinaus gelangen. Als ich die Böschung an der Seite der Unterführung hinauf kletterte riss ich mir meine verdammte Stoffhose auf. Auf der vom Sonnenaufgang abgewandten Seite des Bahndammes Lief ich nun, geduckt, mit zerrissener Stoffhose Hemd und Weste. Meiner Fliege hatte ich mich bereits während der ersten Meter, auf den jetzt mit panischen Menschen überfüllten Straßen, entledigt. Ich folgte dem Verlauf der Schienen für etwas über eine Stunde. Als ich das Industriegebiet fast hinter mir hatte, fiel mir ein Lager des Versandriesen auf, über den ich auch meine Hörbücher bezog.