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Von Problem zu Problem

Der Holo Anruf kam unerwartet. Sam war noch ein wenig müde von seiner kurzen Nacht in einem kleinen Hotelzimmer in Nord-Brandenburg und brauchte einen ganzen Moment, bis er annahm: “Was?” Die professionelle Stimme Saras dröhnte in Sams verkatertem Kopf: “Guten Morgen Frischling. Ich habe gesehen, du hast deinen Auftrag abgeschlossen. Gut gemacht. Außerdem haben mir ein paar digitale Vögelchen zu gezwitschert, dass ein Rogue Runner sich mit einer Corp angelegt hat und für ordentlich Chaos gesorgt hat.” Sara lies ihre Aussage wie in Schwert über Sam hängen, doch bevor er etwas sagen konnte, sprach sie weiter: “Sam... Ich bitte dich, sag mir, dass du damit nichts zu tun hattest.” “Naja was das angeht... Der Auftrag hat mich mental mehr mitgenommen als ich es je vermutet hätte und ich war nicht ganz bei mir. Aber ich habe keine Spuren hinterlassen, die man auf mich oder euch zurückführen kann.!” versuchte Sam sich zu rechtfertigen, doch selbst in seinen eigenen Ohren klang es schwach. Sara lies ein seufzen ertönen und wechselte von ihrem Avatar, der während dem Anruf angezeigt wurde und sendete stattdessen die Digitalisierung ihres Gesichtes. Sie sah erschöpft aus, tiefe Ringe unter den Augen und die Haare ein völliges Chaos. “Warum?” Sie starrte ihm direkt in die Seele. “Ähm, ich, also...” Sam atmete tief durch und erhob sich von seinem Bett. “Es tut mir leid. Wirklich. Aber wie gesagt es lässt nichts auf mich schließen.” “Das muss es auch nicht. Dass eine verdeckte Corpo Abhöraktion aufgedeckt wurde, sorgt für massive Instabilität in der gesamten Umgebung. Die Gangbosse haben schon ein Nottreffen einberufen, um zu besprechen, wie sie damit umgehen. Alle sind auf höchster Alarmstufe, weil es so lange unbemerkt neben allen exisitiert hat.” Sam streckte seine verspannten Muskeln und blickte sich in seinem kleinen Raum um. Grauer Plastik Boden und anthrazit Wände aus einem ähnlichen Material. Das kleine Bett und ein Tisch mit Stuhl waren alles an Möbeln und von der ebenfalls gräulichen Decke schien ein schwaches blau-weißes Licht. Nachdem er gestern von dem großen Gebäudekomplex in dem sich die Corpos befunden haben, hatte er sich das nächstgelegene Hotel gesucht und mit einer falschen Identität eingecheckt. Offiziell war Ahmed Irfan hier, für eine Nacht, vor seinem wichtigen Business Meeting. Es war keine wasserdichte ID, aber das war auch kaum nötig, er hat sichergestellt, dass keinerlei Kameras ihn bis zu diesem Ort verfolgt hatten, also reichten ein Name und fake Beschreibung völlig aus. “Aber sollte uns das wirklich interessieren? Soweit ich weiß hat die Aizutachi hier in Nord-Brandenburg kein eigenes Territorium. Außerdem, sollte uns das nicht die Chance geben ein paar Security Jobs zu schnappen?” “Wie schön es sein muss in deiner Welt zu leben Sam. Aber wir anderen müssen leider in der echten Welt existieren und hier ist nie etwas so schwarz und weiß. Die paar Jobs, die wir hier herausbekommen, ist kaum etwas im Vergleich zu den verlorenen Jobs, die wir zu einer stabileren Zeit gehabt hätten. N paar wichtige Leute haben Ops auf Eis gelegt, bis sich hier alles beruhigt hat. Verstehst du was das heißt?” Sam atmete tief ein: “Eine Menge Verl-” “EINE MENGE VERLUST, richtig!” Sam starrte einen Moment lang in das projizierte Bild Saras, sie war noch nie etwas anderes als vollkommen professionell gewesen. Doch nun brannten ihre Augen voller Zorn und ihre Stimme kochte vor Wut. “Ich bin für dich verantwortlich. Heißt also, wenn du Scheiße baust, geht das auf mich zurück. Ich muss deine Scheiße jetzt ausbaden. Ich vermute mal ich werde heute Mittag eine Nachricht erhalten in eines der oberen Büros kommen zu müssen.” “Oh. Das wusste ich nicht. Fuck, kann ich dir irgendwie helfen?” Saras Zorn schien ein wenig nachzulassen, als sie antwortete: “Möglicherweise. Ich werde dir nachher etwas schicken. Wenn wir etwas erreichen, dass der Aizutachi mehr bringt, als dein Fehler an Schaden angerichtet hat, komme ich womöglich mit all meinen Körperteilen aus dieser Sache hier raus.” “Mit allen Körperteilen?” “Sam, das hier ist keine Gang aus ein paar Gangbangern die Drogen schieben. Hier ist es ernst. Ich muss jetzt gehen. Ich werde dir nachher eine Datei senden, ich will, dass du diese Datei nimmst und einem Corpo unbemerkt gibst. Wenn alles so klappt wie ich es hoffe sollte es dir einen Weg in die Grave Inc Corpo geben. Dort wirst du dann als Neuling ankommen und in deren Trainingsprogramm aufgenommen werden. Einen Maulwurf in einer solchen Corp zu haben ist Millionen wert.” Damit schloss sich dar Anruf und Sam wurde mit seinen Gedanken alleine gelassen. Was meinte sie mit Maulwurf? Würde Sam Undercover in einer Mega Corp arbeiten? Grave Inc., war ein Rüstunternehmen, das vor allem Distanz Waffen herstellte. Von Raketen bis hin zu Orbital Kanonen. Und wie sollte das ganze funktionieren, ein solches Unternehmen muss massive Sicherheitsvorkehrungen haben, um zu verhindern, dass sich Konkurrenten einschleichen. Sam entschied aber fürs erste, dass wildes drauf los raten ihn wohl nicht allzu weit bringen würde und er besser auf die Datei warten sollte. “Ok. Jetzt erstmal was zum Futtern suchen” Er drehte sich zur geschlossenen Tür, drückte den kleinen Knopf mit roter Lampe und als diese sich in grün wandelte, öffnete sich die Tür. Der Flur war verlassen und still, lediglich eine Person war zu sehen. Ein Gast, der sich scheinbar aus seinem Zimmer ausgesperrt hatte und verzweifelt versuchte die Tür mit bloßen Händen aufzustemmen. Er schien nicht der Hellste zu sein, während er mit Gewalt am Rahmen der Tür riss und schwer atmete.

Der Rest des Hotels war ähnlich verlassen, an der Rezeption war nur eine Person, die jedoch gerade in einem Streitgespräch mit der Rezeptionistin war. Sam verlies das kleine Foyer und folgte der Straße nördlich, um etwas zu finden, das seinen Kater zu besänftigen vermochte. Es war noch recht früh am Tag, doch die Straße war bereits voll mit Fahrzeugen und Menschen. Die Läden entlang des Weges waren allesamt offen und hatten bereits Kunden. Der Duft verschiedenster Kulinarischen Leckereien erfüllte die Luft und Sam war verlockt im erstbesten Restaurant etwas zu holen. Ein Koreaner mit langer Theke. Doch Sam wollte sich nicht das erst beste nehmen. Er würde heute schmausen. Nach den ganzen Problemen am Vortag hatte er sich das wahrlich verdient. Er wanderte die gefüllte Straße entlang, bis er auf der anderen Straßenseite ein Restaurant sah, das nur sehr wenige Kunden hatten. Der Eingang war mit hochwertig wirkendem Falschem Marmor und Onyx verziert. Das Schild darüber informierte Sam darüber, dass es dort feinstes Essen aus aller Welt gab. Sam war sich sicher, dass das hier das Haupt Restaurant einer großen Gang sein musste, aber das hatte ihn noch nie gestört, solange man immer bezahlte und ein gutes Trinkgeld hinterließ, waren solche Läden mitunter die sichersten in der gesamten Stadt.

Von innen war es noch imposanter als von außen. Feine Goldakzente zogen sich durch die Ebenholz Theke und eine Auswahl sehr seltener Alkohol Flaschen, war entlang der Wand hinter der Bar aufgereiht und zeugte von der Klasse und Exklusivität dieses Ortes. Es ließ sich nicht direkt erschließen welcher Gang dieser Laden gehörte, doch es musste eine der Top 5 sein, da es ein wahres Macht Statement, solch einen teuren Ort hier so prominent zu präsentieren. “Guten Morgen. Willkommen im Goldenen Weinfass. Ein Tisch für einen?” begrüßte Sam eine kleine gutaussehende Kellnerin, mit goldenen Synthhaaren und perfekt sitzender Uniform. “Ja gerne. Ich brauch auch am besten direkt ein Konterbier, war ein langer Abend.” “Natürlich, Sie können sich jeden Platz im Hause aussuchen, bisher gibt es noch keine Reservierungen.” Mit diesen Worten zog ´sie sich in die Küche zurück und Sam sah sich zwischen den Tischen um. Es gab zwei Arten von Tischen, für Paare und für vier Personen Gruppen. Er suchte sich einen Paar Tisch am hinteren Ende aus, der direkt vor einem großen Kunstwerk saß, welches Sam noch nie gesehen hatte, doch er erkannte den Stil des Künstlers. Es musste wohl eines der unbekannteren Werke von einem 2020 Künstler namens Banksy sein. Was den Wert dieses Etablissements noch weiter nach oben schoss. Die weichen Sitze des Stuhles waren ein Geschenk der Götter für Sam, er genoss die Bequemheit bis die Kellnerin mit einem Bier und einem kleinen Tablet erschien. “Hier bitte”, sie stellte es direkt vor Sam, es war dunkel und kalt, mit schöner Schaumkrone, “das ist ein Bier, das hier in der Stadt hergestellt wird, nach der Art der vergangenen Zeit.” Sie reichte ihm auch das Tablet, auf dem bereits ein Menü angezeigt wurde, welches Sam das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. “Wenn sie gewählt haben, wird es sofort für sie zubereitet, in der nächsten Stunde ist auch noch das Frühstück verfügbar.” Damit zog sie sich wieder zurück und ließ Sam allein. Er war zwar ein großer Freund von gutem Essen, doch war er meistens außerhalb der Stadt und kam dadurch selten dazu fein zu dinieren. Das Geld war ein anderer Punkt, der Sam davon abhielt jeden Tag so zu essen. Doch da er in letzter Zeit einiges an Geld durch die Aizutachi verdient hatte, konnte er sich auch mal was gönnen. Das Menü listete, wie das Schild draußen versprach, eine Vielzahl an Gerichten aus verschiedensten Kulturen auf, mit einer großen Auswahl an Getränken, die in den Preisen abundzu ein gewöhnliches Auto in den Schatten stellen könnte. Sam entschied sich nach langem und schwierigem Erwägen, für ein “Tokyo Den Steak” er wusste nicht ganz, was es war, doch online hatte das die besten Bewertungen. Während er auf sein Essen wartete, sah Sam, wie drei Mann den Laden betreteten. Der vorderste war klein und breit, aber in teuren Stoff gekleidet, die beiden neben ihm schienen Bodyguards zu sein, ebenfalls gut gekleidet doch viel subtiler und mit offensichtlichen Waffen, die an ihre Beine geschnallt wurden. Große Revolver, die vermutlich in erster Linie zur Einschüchterung benutzt wurden. Das dreier Gespann machte sich auf den Weg in den hinteren Teil, in Richtung Sam und beim Näherkommen erkannte er, dass es sich um Latano Gurisha handelte, einem Mob Boss, der die kulturell vielseitigste Gang in ganz Neu-Berlin leitete. Erklärte die Auswahl im Menü, dachte sich Sam.

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Gurisha war bekannt dafür in den Taschen fast aller Corps zu sein und die erste Wahl war, wenn gefragt wurde wer am gefährlichsten war. Sam versuchte sich nicht einschüchtern zu lassen, vergebens. So versuchte er zumindest es sich nach außen hin nicht anmerken zu lassen, mit einem bisschen mehr Erfolg. Als der Boss an seinem Tisch vorbeikam, hob Sam das Bier im Gruß und ließ den Kopf respektvoll sinken. So machte man das doch, oder? Da Sam noch in einem Stück war, ging er davon aus, dass er sich richtig verhalten hatte. Ihm standen die Haare auch noch einige Zeit, nachdem die Drei bereits in ein Hinterzimmer verschwunden waren. Doch das Essen, das sich nun auf seinen Weg machte, half Sam sich zu beruhigen. Der feine Duft von Soja in der Soße erfüllte seine Nase und er hatte beinahe seinen pochenden Kopf vergessen, bis er in seinem HUD eine Nachricht bemerkte. Das Symbol für Ungelesen blinkte langsam vor sich hin und Sam öffnete es, während er ein Essen wie selten zuvor genoss. ‘IdentityAdminRun.fl’ war vder Name des geschickten Pakets. Die Datei von der Sara vorhin erzählt hatte. “Na dann lass mal schauen” murmelte Sam vor sich hin als er es öffnete und studierte. Es schien ein Daemon zu sein der einen neuen Eintrag für Sam anlegen konnte und das System so infiltrierte, dass das Identitäts Programm permanent überwacht werden konnte. Das war ein mächtiger Daemon. Der musste hunderttausende Wert sein. Warum wurde ein so teures Werkzeug verbrannt nur um Sam in eine Corp zu stecken. Sam versuchte den Code des Daemon zu studieren, doch war er zu komplex, um ihn mit seiner Hardware richtig analysieren zu können. Sam hatte das unangenehme Gefühl in etwas hineingezogen zu werden, das weit über seine Fähigkeiten und Einfluss reichte. Als würden Götter ihn benutzen, um Schach zu spielen. Aber wenn er so dafür sorgen konnte, dass er und Sara nicht bestraft wurden, war es das wohl wert. Sara würde hart bestraft werden, aber Sam würde vermutlich ohne jegliche Spur verschwinden, nur um Wochen später am Fluss Ufer gefunden zu werden. Aber vielleicht konnte Sam die Situation auch für sich nutzen. Wann hatte man schon die Möglichkeit tief in ein Unternehmen zu kommen, von denen Trainiert zu werden und dafür auch noch bezahlt zu werden. Wie viel er wohl bekommen würde, er musste auch Sara unbedingt fragen, ob er von der Aizutachi auch Neuros erhalten würde. Aber besser nicht sofort.

Hinter sich hörte Sam zwei dumpfe Schüsse und das Fallen von schweren Körpern. Zeit sich zu verziehen. Er stand auf und schickte der Kellnerin das Geld plus Trinkgeld und machte sich auf den Weg zum Ausgang, doch er war nicht schnell genug gewesen. Die Hintertür wurde aufgeschlagen und der kleine Mob Boss stapfte heraus mit großer Hand Shotgun in der Hand. Während er quer durch das Restaurant ging, rief er der Kellnerin zu: “Sina, Schätzchen, kannst du bitte aufräumen? Boris war der Meinung mich in Fragestellen zu müssen und Dieter wollte ich schon seit einer Weile feuern... Hehe. Feuern.” Sam versuchte sich aus dem Laden zu schleichen, doch schien Gurisha gute Augen zu haben, denn Sam hörte hinter sich: “Hey du da, komm mal her” Verdammt. Langsam drehte er sich um und hob langsam die Hände: “Ich habe weder etwas gesehen noch gehört” sagte er schnell, doch der kleine Mann schulterte seine Waffe und lachte: “Keine Sorge, ich werde dir nichts tun, aber ich brauch jemanden der eine Nachricht überbringt, ohne das NEt zu nutzen. Du siehst mir jung und sportlich aus. Gurisha nahm einen kleinen gefalteten Zettel aus seiner Hosentasche und stapfte auf Sam zu. “Der hier muss zu Derv, einem Fixer in Downtown. Kennst du ihn? Hängt meistens in der Atlantis Bar herum, sag ihm Gu hat dich geschickt” Bevor Sam etwas erwidern konnte, wurden ihm 2000 Neo-Euros auf das Konto geschickt. “1000 für die Aufgabe und 1000, damit du nicht auf den Zettel schaust. Haben wir uns verstanden?” “Oh, ähm ja, natürlich” kam von Sam der mit dem Gedanken spielte sein Glück zu testen und einfach loszurennen.

“So ists brav Junge, also los, beweg dich!” Sam war noch kurz in Gedanken verloren doch drehte sich dann um, verstaute den Zettel ungeöffnet und verließ den Laden. Hinter sich rief Gurisha noch “Ich hab deine Daten bei meinem Runnern, also mach keinen Scheiß!” Sam war sich recht sicher, dass ein Runner die Fallen ausgelöst hätte, sollte einer versucht haben Sams Data Safe zu knacken. Aber die Drohung an sich war genug, um davon auszugehen, dass es wohl das Beste war, wenn er einfach den Zettel übergab. Egal was hier los war, er war ein kleines Zahnrad, das nach der Aufgabe nicht mehr von Nöten war und verschwinden konnte.

So machte Sam sich daran eine Aufgabe zu erledigen für Leute die so weit über ihm standen, dass er sich nicht einmal vorstellen konnte, was der große Plan dahinter war. Und danach würde er eine weitere Aufgabe erledigen, die ebenfalls so weit über seiner Gehaltsklasse lag, dass er nur spekulieren konnte, worauf die über ihn hinauswollten. Wunderbar. Der Tag fängt so scheiße an wie der letzte geendet hat. Sam seufzte und rief über sein HUD sein Motorrad und wartete am Straßenrand bis der Autopilot es vor ihn fuhr. Die schwer kontrollierbare Macht des Superbikes, vermochte seine Laune zumindest ein wenig zu heben. Downtown, hu? Da würde er zwischen den ganzen super schicken Corp Autos fahren, umgeben von Cops ohne Ende, heißt er würde sich also an die Straßenregeln halten müssen. Großartig.