Das hat er jetzt davon, dass er Mycroft vertraut hat. Die zwei Agenten, die ihn unterstützen sollten sind tot, ihr Kontaktmann auch, und John lebt nur deshalb noch, weil er von der örtlichen Polizei gestellt und als Hehler verhaftet wurde. Soviel hatte er zumindest bei ihrem schlechten Englisch verstanden. Nun sitzt er in einem Transporter, mit schweren Ketten an Händen und Füßen gefesselt, in einem weißen Overall, zwischen anderen zwielichtigen Typen. Die meisten sind einen Kopf größer als er und viele starren ihn böse an. Er schaut auf seine Füße und tut lieber so, als wäre er tief in Gedanken versunken, doch in Wirklichkeit sind seine Muskeln die ganze Zeit angespannt, falls ihm einer zu nahe kommen sollte.
Als sie schließlich an ihrem Bestimmungsort ankommen, setzt der Transporter kurz zurück. Dann werden die Hecktüren geöffnet und jemand brüllt draußen Befehle. Die anderen Häftlinge stehen auf und verlassen das Fahrzeug. John folgt ihnen, wobei er sich etwas langsam gibt, dafür aber aufmerksam die Umgebung mustert. Sie sind in einer ehemals weiß gestrichenen, zweistöckigen, engen Halle angekommen, die von flackernden Neonlampen erhellt wird. Überall stehen schwer bewaffnete Wächter in blaugrauen Uniformen, teilweise auf dem grauen Betonboden, teilweise auf der überblickenden Gitterkonstruktion, aus der die abtrennende Wände, Treppen und Balustrade bestehen.
Wieder brüllt jemand und John hat den Eindruck, dass es ihm gilt. Da merkt er, dass die andern Häftlinge teilweise schon bis ans Ende des stahlmaschigen Mittelgangs gekommen sind. Ein paar stehen noch an einer Stelle, wo zwischen den Gittern ein Freiraum ist, und strecken die Hände hindurch, damit ihnen die Wächter die Fesseln aufschließen und abnehmen. Also macht John, dass er ebenfalls an die Reihe kommt. Ohne die Ketten fühlt er sich schon deutlich besser, aber ihm ist immer noch mulmig, und er reibt nervös über das Armband mit dem Zahlencode, dass man ihm umgelegt hat. Ihr vergitterter Weg endet an einer schweren Stahlschiebetür. Hinter ihnen wird der Transporter geschlossen und fährt ab, worauf sich auch an diesem Ende eine Schiebetür schließt. Erst als man die Verriegelung einrasten hört, öffnet sich die Tür auf ihrer Seite, gerade so weit, dass ein Mann hindurch gehen kann. Es gibt ein ziemliches Gedrängel, und John ist froh nicht vorne zu stehen und herum geschubst zu werden.
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Auf der anderen Seite sieht es nicht viel anders aus, auch hier ist der Raum in etwa drei Metern Höhe horizontal durch Stahlmaschen getrennt, und Gitterwände trennen auf beiden Ebenen mehrere Areale ab. Hinter einer solchen Wand stehen weitere Häftlinge und mustern die Neuankömmlinge. Kritisch, drohend, oder, wie John findet, unheimlich grinsend. Plötzlich geht mit einem Rumms die Tür hinter ihm zu. Die Häftlinge aus dem Transporter sehen ihn an. John hebt die Fäuste und macht sich kampfbereit. Aus dem Augenwinkel sieht er, wie sich ein paar schmächtigere Männer in eine Ecke drängen, oder sich auf der anderen Seite des Gitters davon stehlen wollen.
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Da legt einer der bulligen Typen mit denen er angekommen ist seine Hand auf Johns Schulter. Er reagiert blitzschnell und schlägt ihm gegens Kinn, worauf dieser zurück stolpert. In dem Augenblick greifen auch die anderen Häftlinge an und es eintsteht eine wilde Schlägerei. Geschrei und Scheppern, wenn ein Mann gegen die Gitterkonstruktion geworfen wird, schallen durch die Halle und John wundert sich, dass keine Aufseher dazu kommen und den Streit auflösen. Auf sich allein gestellt konzentriert er sich, die Angriffe der schweren Jungs ab zu wehren. Er schlägt sich gut, doch als er dabei ist, zwei Typen aus zu knocken, die ihn von beiden Seiten attackieren, hebt ihn so ein Klotz am Hals hoch und presst ihn mit seinem Körper gegen die Wand. Er will sich wehren und versucht sich ab zu stoßen, da greift der Kerl ihm grinsend zwischen die Beine. John sieht ihn erschrocken an, ringt nach Luft, strampelt.
Da ertönen zwei schrille Pfiffe kurz hintereinander, der Mob beruhigt sich, und als der Klotz sich ebenfalls irritiert zur Seite wendet, schafft es sein Opfer einen gutplatzieren Faustschlag zu landen. Er geht benommen zu Boden und lässt John los, der sich abfangen kann und sich keuchend den Hals hält. Gern hätte er dem Bastard noch eine Beleidigung hinterher geschickt, doch er muss erst wieder zu Atem kommen. Zumindest greift ihn keiner mehr an und er stellt mit einer gewissen Genugtuung fest, dass immerhin vier der fünf Schwerverletzten in seinem direkten Umkreis auf sein Konto gehen. Da sagt auf einmal jemand: „Er gehört zu mir!“
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Die übrigen Häftlinge gehen einen Schritt von John weg. Der schaut verdutzt rüber, zwischen den anderen Kerlen durch, zu dem hageren, großen Mann, der gesprochen hat. Ein noch recht junger Typ mit langen, schwarzen Locken und einem dichten Bart, der unterm Kinn spitz zu läuft. Er scheint wesentlich gepflegter zu sein, als die anderen Insassen. Seine blitzenden, blauen Augen scheinen John zu zu zwinkern. Dem stockt erneut der Atem, als er ihn erkennt, und er starrt entgeistert zurück. Da sagt der Typ in Sherlocks charmantester Stimme: „Na Jonathan? Du wirst doch wohl deinen alten Freund Charles erkennen, oder?“, und geht mit einem selbstgefälligen Grinsen auf ihn zu.
Er kann es nicht glauben! Der verdammte Dreckskerl lebt. Was macht er hier? Und dann setzt er dem Ganzen die Krone auf, als er hinzu fügt: „Na komm mein Kleiner, du wirst mir jetzt vor den Jungs doch keine Szene machen wegen damals, oder?“ Ein paar anzügliche Pfiffe ertönen und jemand lacht. Das ist zu viel! John schlägt wütend auf Sherlock ein, doch der duckt sich geschickt, dreht ihm stattdessen den Arm auf den Rücken und schubst ihn frontal gegen die Wand mit den Worten: „Was denn, immer noch so frech, Süßer?“ Jemand jubelt und ein paar Männer feixen. „Sherlock, ich schwöre, wenn du nicht sofort los lässt...“, zischt John darauf drohend, doch ein schnelles: „Tu's nicht!“, was sein totgeglaubter Freund ihm ins Ohr haucht, lässt ihn inne halten. Dann dreht der ihn mit einem Ruck wieder zu sich und tönt gebieterisch: „Prügelt euch wann anders ums Frischfleisch!“, um ihm den Arm um die Schulter zu legen und ihn schnellen Schrittes mit sich weg zu ziehen.
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