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Johns Albtraum

Nach dem Treffen mit Big L und seinem Gefolge haben Holmes und Watson kaum Gelegenheit privat miteinander zu sprechen. Es gibt einen Zellenappell, eine Feuerübung und schließlich bricht beim Abendessen eine Massenschlägerei aus. John ist es recht, er kann sowieso nichts runter bringen und Sherlock isst eh nachm Mond. Als dann Lichtaus ist, ruft Sherlock John zu sich. Erst weigert der sich, weil er genug Ärger für einen Tag hatte und endlich etwas Abstand braucht, aber als der Detektiv ihn dann mit seiner autoritären Knaststimme zu sich befielt, hat er keine andere Wahl.

Er klettert also die Sprossen runter und schlüpft zu seinem Kumpel unter die Decke. In letzter Zeit sind solche Situationen häufiger, eben weil Sherlock ihm so seine Pläne am Unauffälligsten zuflüstern kann. Aber es ist John unangenehm, denn nicht nur fühlt sich diese Nähe zu seinem Freund unnatürlich an, er hat auch das Gefühl, dass Sherlock ihn immer wieder, scheinbar zufällig, an Stellen berührt, wo er nichts zu suchen hat. Die Temperaturen sind in den letzten Nächten gesunken und so hat er es immerhin warm, während Holmes ihm die morgige Agenda darlegt. Diesmal allerdings ziehen sich Sherlocks ausschweifende Erklärungen und John dämmert weg. Er schläft unruhig. Er träumt...

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Watson ist wieder in der Baker Street, in ihrem Wohnzimmer. Aber er trägt noch die Knastuniform. Plötzlich steht Sherlock vor ihm und sagt in seinem fordernden Ton: „Ab in mein Bett, Süßer!“, und deutet auf seine Zimmertür. John steht zunächst in Hab-acht-Stellung und gibt ein zackiges „Jawohl“ von sich, doch als er den ersten Schritt macht, kommt er sich auf einmal dumm vor. Was soll das, sie sind doch zu Hause? Aber als er sich Sherlock zuwendet, sieht der ihn mit kalten Augen an. Und sie sind auch nicht mehr alleine. „Los, wir wollen was sehen John!“, ruft Lestrade und klatscht johlend in die Hände. Donoven und Anderson lachen und zeigen auf ihn. Ein paar der Häftlinge sind auch da, pfeifen und lecken sich die Lippen.

John bemerkt jetzt, dass er nackt vor ihnen steht. Er versucht seine Blöße mit den Händen zu verbergen und wird knallrot. „Nein.“, keucht er kläglich. „Ach John!“, mischt sich nun auch Mrs. Hudson ein: „Jetzt stell dich doch nicht so an, wie ne zarte Jungfrau.“ Er schaut hilfesuchend zu Sherlock, doch der beäugt ihn zornig und zeigt weiterhin auf seine Schlafzimmertür. „Nein!“, fleht John noch einmal. Dann wird er nach vorne geschleudert und landet im Dunkeln unvermittelt auf Sherlocks Bett. Auf allen Vieren hockt er auf dem Laken, mit dem Hintern zur Tür, von wo immer noch johlendes Lachen kommt. Er kann sich nicht rühren, nicht mal hinter sich sehen. „Geht doch weg, geht doch einfach alle weg.“, presst er zitternd zwischen den Zähnen hervor.

Da sieht er auf einmal sein Gesicht in einem Spiegel ihm gegenüber. Jemand tritt aus dem Schatten hinter ihm. Johns Herz rast schneller, was nun? Da erkennt er, dass es sein Vater ist. Oh Gott wie peinlich! Er schaut sehr wütend aus. Er öffnet den Mund und spuckt förmlich die Worte aus: „Was bist du doch für ein schmutziger kleiner Junge! Ekelhaft. Du widerst mich an!“ „Aber ich kann doch nichts dafür!?“, versucht sich John zu verteidigen.

Sein Vater schaut ihn jedoch bloß weiter wütend an. „Ich bin nicht schmutzig! Das ist nicht meine Schuld, ich bin nicht schmutzig!“, wimmert John immer wieder unter Tränen, aber sein Vater ist verschwunden. Dann plötzlich merkt er, wie er von hinten gepackt wird. Von einem Mann. Er kann ihn spüren, ihn riechen, er umklammert seinen Körper, lässt ihn nicht los. „Nein, nein, bitte nicht!“, schreit John und versucht strampelnd, frei zu kommen.

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„Schschsch, ich bin's doch bloß, beruhig dich, schschsch.“, flüstert jemand dicht an seinem Ohr. Der Mann gibt ihm Küsschen auf die Stirn und die Wange, einmal auch auf den Mund, aber er ist dabei ganz zart. „Jetzt beruhig dich endlich, oder wir fallen noch auf. Was ist denn los?“ Der Mann hält ihn fest, tut ihm dabei aber nicht weh. Langsam kommt John zu sich. „Sherl...Charly?“, fragt er verwirrt. „Ja, ich bin da mein Süßer. Was ist denn passiert?“, antwortet Sherlock in seiner überheblichen Stimme und zieht die Decke über ihre Köpfe. John zittert immer noch und es ist ihm peinlich, so eng an seinen Freund gepresst zu sein. Hat er ihn wirklich gerade wach geküsst?

„Was hast du geträumt John? Es klang schrecklich.“, flüstert Sherlock nun ganz leise und mit so etwas wie bedauern in seiner Stimme. „Ach... bloß ein Albtraum. Aus meiner Zeit in Afghanistan.“, lügt John. Er hofft Sherlock merkt es in der Dunkelheit nicht. „So so.“, meint der dazu: „Habt ihr damals so viel Ärger bekommen, wenn eure Stiefel staubig waren, oder warum hast du darauf beharrt, dass du nicht schmutzig bist?“ John läuft rot an, schweigt aber. Langsam wird es stickig unter der Decke. Sherlocks Geruch ein zu atmen hat etwas gleichzeitig Beruhigendes und Bedrohliches an sich. Ohne Warnung legt Sherlock seinem Freund eine Hand auf die Brust. John zuckt zusammen. Was sollte das nun wieder? Aber warum war er auch so schreckhaft, er lag schließlich eh schon in seinen Armen, was schlimm genug war.

„John, dein Herz klopft als hättest du gleich einen Infarkt. Sag doch einfach was dich so beunruhigt.“ „Ich muss hier raus!“, antwortet John prompt. „Ich halte es nicht mehr aus. Dieser Knast ist für mich jetzt offiziell schlimmer als Afghanistan. Ich kann nicht schlafen, ich muss mich ständig verstellen, ich muss immer Angst haben angefasst zu werden. Ich fange schon an, Dinge zu sehen. Verdammt, ich fange schon an, Dinge zu spüren! Ich kann nicht mehr Sherlock, hol mich raus hier. Bitte, lass uns fliehen oder irgendwas, aber ich kann nicht mehr!“

Johns Stimme war immer flehender und eindringlicher geworden, sodass er zum Schluss Angst hat, dass die Anderen ihn vielleicht verstanden haben. Aber ihre beiden Zellengenossen scheinen normal weiter zu schnarchen. „Ich arbeite daran John. Ich habe bald alles geregelt, was ich brauche und dann werden wir von hier verschwinden. Hab noch etwas Geduld. Wenn du dich nachts nicht sicher fühlst, dann schläfst du ab jetzt eben immer bei mir, an der Wandseite. Da kann dir nichts passieren.“, schließt Sherlock trocken.

Oh nein, jetzt soll er auch noch jede Nacht mit Sherlock schlafen? 'Nur in einem Bett John, nur in einem Bett, mehr nicht!', schärft er sich ein. In den letzten Nächten hatte ihn Sherlock so informieren können. Und es ist schließlich wirklich kalt geworden in letzter Zeit. Es wäre nur logisch. Es wäre okay, oder? „Komm, kletter über mich drüber, dann kannst du an der Wand schlafen. Ich bin eh nur wach und überlege.“, bestimmt Sherlock dann. Auch das noch. Blieb John diese Nacht denn nichts erspart? Aber er ist müde und will keine Diskussion anfangen. Also versucht er sein Bein über Sherlock zu schwingen, aber weil er zu viel Schwung hat und noch in der Decke festhängt, landet er stattdessen voll auf ihm drauf. „AAH!“, quietscht er daraufhin viel zu laut. Scheiße! John ist gottfroh, dass es zu dunkel ist um ihm an zu sehen, wie verdammt peinlich ihm das alles ist. Aber Sherlock bleibt einfach nichts verborgen und so flötet er halblaut: „Nana, nicht so hastig Süßer!“

„Bitte Sherlock, lass das doch.“, flüstert John, als er neben ihn rutscht. Anscheinend hatte sein Schrei vorhin doch eine größere Wirkung, denn es kommen mehrere ungehaltene Kommentare. Meist nur ein Murmeln, Flüche, Verlangen nach Ruhe, aber auch ein „Seid ihr bald fertig.“, sowie ein „Fickt leiser, sonst komm ich rüber!“, von jemandem, der sich wohl besonders wichtig machen will. Sherlock nimmt die Gelegenheit jedoch sofort wahr, um seine Vorherrschaft in dem Trakt zu zeigen, indem er brüllt: „Halt die Fresse Chalso, sonst komm ICH rüber und fick dich so hart durch, dass du die nächsten drei Nächte im Stehen schläfst!“

Danach ist schlagartig Ruhe. Auch John ist zusammen gezuckt. „Du hast dir vielleicht ein Vokabular angeeignet hier.“, kommentiert er vorsichtig. Doch Sherlock wünscht ihm bloß eine gute Nacht und dreht ihm den Rücken zu. John ist immer noch unruhig, teilweise auch wegen des unerwarteten Wortausbruchs seines Freundes. Aber er muss ihn schon dafür bewundern, dass er mal wieder sofort erkannt hatte, zu wem die freche, gedämpft nuschelnde Stimme gehörte. Er selbst ist sich nicht mal sicher, wer Chalso ist. Entweder der große Dicke mit der Narbe, oder der Kleine mit der Hakennase. Ist ja auch egal. Bald dämmert er weg und fällt zum Glück in einen traumlosen Schlaf.

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