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Fieber und Wahn

Als sie alleine sind, hält John Sherlock noch enger an sich gedrückt. Er zittert und die Tränen laufen weiter, aber seine Mimik entspannt sich. Er schaut zu seinem Freund auf und bringt ein kleines Lächeln zustande. Sherlock lächelt gestelzt zurück, räuspert sich dann aber und erklärt: „John, ich glaube du hast etwas missverstanden. Ich finde ja schön, wenn du mir vergeben kannst, aber ich sehe keinen Grund, warum du jetzt wieder gut mit mir stehen solltest.“ John wischt sich die Tränen beiseite und erklärt gespielt lässig: „Naja, wir haben keine Zeit mehr zu verschenken, wozu dir also lange böse sein. Du bleibst trotzdem mein bester Freund, mein einziger… Trost. Ich will dich nicht nochmal verlieren und ich will nicht wieder von dir getrennt sein, also bitte versprich, dass du nicht wieder einfach gehen wirst. Ich will nicht einsam sterben.“

Sherlock versucht sich aus der Umarmung zu lösen, doch John hält ihn eng umschlungen. So bricht es dann aus ihm heraus: „John, du wirst nicht sterben! Und ich werde auch nicht sterben! Niemand wird sterben, der Test war negativ, wie kommst du darauf? Ich denke, du hast uns gehört?“ Das Lächeln auf Johns Lippen erlischt. Er schluckt und geht einen Schritt zurück, lässt seinen Freund endlich los. „Was?“, fragt er, „Aber Molly sagte doch, dass wir es beide haben und dass eine Behandlung sinnlos wäre, weil es sich bald erledigt hätte!?“ „Oh John!“, entgegnet Sherlock leicht genervt: „Das war der Test über Hepatitis! War auch kaum anders zu erwarten in so einem Loch, auch wenn es mich gewundert hat, dass du nicht geimpft bist. Aber die Krankheit ist schon am Abheilen, also brauchen wir nicht eingreifen. Wirklich, wann lernst du, genau hin zu hören und dann erst deine Schlüsse zu ziehen?“

John wird kalt und wieder heiß. Er spürt, wie ihm die Röte ins Gesicht schießt. In dem Moment öffnet Mycroft die Tür und ruft: „Ist das glückliche Paar fertig mit der Diskussion?“ John starrt Sherlock noch mal in die Augen. Ein Herzschlag, zwei Herzschläge, drei Herzschläge. Dann rennt er los. Rennt an Mycroft vorbei, wirft Molly Hooper fast um, die Flure entlang, einfach nur raus, raus, raus! Er hatte sich wieder über alle Maßen blamiert. Vor dem arroganten Mycroft, vor der mitleidigen Molly, vor seinem verdammten, selbstgefälligen, hochnäsigen besten Freund. Er konnte nur froh sein, dass Lestrade nicht auch dabei war, der hätte den Vorfall direkt in seine Sammlung lustiger Anekdoten übernommen. John ist verletzt, beschämt, durcheinander. Und unglaublich wütend. Die Wut hämmert hinter seiner Stirn wie ein Schmerz und lässt sein Gesicht heiß laufen.

Als John schon zwei Querstraßen weiter ist, setzt ein sanfter, beständiger Regen ein, der sein erhitztes Gemüt kühlt. Wohin jetzt? Sie waren gerade erst wieder in London angekommen und direkt zu Molly gefahren. John hat nicht mal Geld oder seine Schlüssel zurück. 'Mrs. Hudson wird sicher da sein und mir auf machen.', denkt John sich. Inzwischen ist ihm kalt geworden, der Regen durchnässt seine Jacke und er zittert wieder. 'Verdammte Kälte', denkt John sich auf dem langen Marsch heim. Immer wieder ist ihm schwindelig und er muss kurz anhalten. Der Schmerz hinter der Stirn ist auch größer geworden und sein ganzer Körper glüht.

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Als John endlich die 221B Bakerstreet sehen kann, ist er so erleichtert, dass er einen Moment nicht auf seinen Weg achtet und über seine Beine stolpert. Er knallt die Länge nach hin und landet in einer Pfütze, wobei sein Schädel hämmert, als sei er unter einen Zug geraten. Als er sich aufrappeln will, spürt er wie ihn zwei starke Arme aus dem Dreck ziehen und aufrichten wollen. Aber John ist plötzlich so müde, dass er seine Beine nicht aufrecht halten kann. Er knickt ein, aber die Arme halten ihn. Er hört wie in der Ferne jemand seinen Namen ruft. „John! John!“ Dann wird ihm wieder schwindelig und alles dreht sich weg. Er hört wieder den Ruf. John. John.

„John!“, ruft Sherlock. John blinzelt. Sherlocks Gesicht ist ihm ganz nah. Was war passiert? 'Bin ich immer noch im Gefängnis?', denkt John. Er stöhnt, versucht sich zu drehen und merkt, dass er in eine Decke gehüllt ist. Und darunter ist er anscheinend nackt! Seine linke Hand liegt auf seinem nackten Brustkorb, seine rechte an seinem nackten Oberschenkel. John blinzelt wieder und fragt dann duselig: „Was ist passiert? Was hast du mit mir gemacht?“ Sherlock antwortet gelassen: „Du bist auf der Straße zusammen gebrochen, ich hab dich rein getragen und wir haben dir die nassen Klamotten ausgezogen.“

„Wir?“, fragt John verwirrt, aber da kommt auch schon Molly in sein Blickfeld mit einer Tasse Tee und sagt streng: „Eigentlich kommt der Körper auch allein mit der Infektion klar, aber nur wenn man sich schont und nicht mit Fieber durch den kalten Regen rennt! Was hast du dir dabei gedacht, John Watson?“ Bevor er reagieren kann, beugt sie sich jedoch zu ihm runter und flößt ihm den Tee ein. Die Wärme lässt ihn erneut zittern, doch sein Körper entspannt sich, sobald sie sich in ihm ausbreitet. „Danke Molly“, erwidert John schwach.

Und fügt dann beschämt hinzu: „Ich hab euch missverstanden und mich vor euch lächerlich gemacht. Als mir das klar wurde, hab ich's nicht mehr ausgehalten. Die letzten Wochen waren nervlich sehr anstrengend Molly, es war einfach zu viel für mich.“ Sherlock runzelt etwas die Stirn, aber Hooper nickt ihm mit einem Lächeln zu. Dann richtet sie sich wieder auf und sagt: „Okay. Ich denke mal, ihr kommt dann zurecht. Wenn ihr noch was braucht, könnt ihr mich ja ansimsen.“ Und damit geht sie.

John versucht sich vom Sofa auf zu richten, aber er ist so schwach, dass er fast zur Seite runter rutscht, als Sherlock ihn aufhält und meint: „Warte, tu dir nicht weh.“ „Ich will lieber ins Bett Sherlock! Das Sofa ist nicht gerade bequem.“, erklärt er mürrisch, sieht den Detektiv jedoch nicht an. „Und wenn du auf Toilette musst fliegst du die Treppe runter, oder was?“, hakt Sherlock nach. „Hast du ne bessere Idee?“, fragt John immer noch benommen und müde.

Sherlock schaut ihn kurz an, dann packt er ihn und trägt ihn in Richtung seines Zimmers. John bekommt Flashbacks und ruft nervös: „Halt? Was soll das, was hast du vor?“ „Ich bring dich ins Bett.“, erklärt Sherlock schlicht, während er ihn rein bringt, „Mein Zimmer ist näher dran und du musst nicht Treppen steigen. Ich benutze es eh nicht.“ John will zwar widersprechen, aber das Fieber greift nach seinen Sinnen, und so vergisst er seinen Protest, während er wieder weg dämmert.

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