Kapitel 7: Das Dunkle in dir
Meine Gedanken rasen. Wie? Warum? Währenddessen legt der Junge einen weiteren Pfeil an die Sehne. Ironisch langsam hebt er den Bogen und eine Eisenspitze lächelt mich an.
Er zielt und schießt. Der Pfeil kommt rasant näher. Ich stoße mich ab und rolle mich zur Seite. Der Pfeil verfehlt mich nur um wenige Zentimeter.
"Was soll das Noah?", fragt der alte Waldläufer, "Hörst du wohl auf damit!"
"Womit denn, du alter Kauz? Ich verschieße nur das, was du willst. Ich bin das Ergebnis deiner Lehren", säuselt er.
Seine Augen sind glasig und seine Stimme hat sich verändert. Sie ist tiefer und unheimlicher. Eine dunkle Aura lässt mich erzittern. Es ist Angst, Todesangst, die ich spüre. Ich schaue zu und versuche unbemerkt wieder auch die Beine zu kommen. Doch mein Umhang wird immer noch vom Pfeil am Boden festgehalten. Verdammt jetzt hat er mich, denn die nächsten drei Pfeile sind schon auf dem Weg.
Lesren, der neben mir steht, springt vor mich schützt mich mit seinem Schild. Zwei der Pfeile holt er mit Präzision mit seinem Schild aus der Luft. Der letzte aber erwisch fliegt knapp an ihm vorbei. Zitternd bleibt er neben mir im Boden stecken.
Etwas Warmes fließt über meine Wange und ich verstehe. Der Pfeil hat mit nicht vollständig verfehlt. Lunor eilt zu mir und zieht schnell den Pfeil aus dem Boden. Und ich kann mich wieder bewegen und springe auf die Füße.
Der alte Waldläufer Borgiander zieht ein Messer und wirft es auf den Jungen. Es passiert so schnell, dass ich es kaum erkenne. Der Junge reagiert zu langsam. Sein Schrei lässt die Lichtung erzittern, als das Messer tief in der Bogenhand stecken bleibt.
Er lässt seine Waffe fallen, während der Pfeil unkontrolliert durch die Gegen schießt. Der Schuss war ursprünglich auf Borgiander gerichtet. Nun aber steuert er auf einen der Kameraden von Noah zu.
Borgiander stürzt nach vorn und knallt den Knauf seines zweiten Messers gegen die Schläfe des Jungen. Dieser sackt zusammen und fällt in die Arme seines Lehrers.
Keiner kann reagieren, als der Pfeil schließlich sein Ziel findet, aber an einer Barriere aus Licht abprallt. Talia konnte den Kameraden von Noah vor seinem Schuss retten. Der Pfeil löst sich in Luft auf. Keiner scheint ihn bemerkt zu haben. Was war das für ein Geschoss? Wie kommt es, dass ich es sehen konnte. Die Kameraden Noahs eilen zu ihm.
"Bringt ihn zur Kutsche. Wir reisen ab!", sagt der Waldläufer. Die Jugendlichen tragen ihren Freund in Richtung der Ställe.
"Wollt ihr nicht noch bleiben?", fragt Talia,
"Wir haben eine Krankenstube, genügend Essen und Betten. Wir können..."
"Nein, wir fahren jetzt", sagt er und marschiert los. Keine fünf Minuten später knallen die Peitschen und das Gefährt der anderen verlässt den Stall und unsere Lichtung. Wir starren fassungslos hinterher.
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"Talia, was war das gerade?", fragt Auelia.
"Das ist eine Antwort, die ich euch jetzt nicht geben kann", antwortet sie, "Ihr habt jedenfalls bestanden. Morgen werdet ihr auf Reisen gehen. Erholt euch heute gut und macht euch einen schönen Tag."
Mit diesen Worten verschwindet Talia im Haupthaus. Wir bleiben zurück und schauen uns fragend an. Was ist geschehen. Seit wann bekommen wir keine Antworten. Wir bekommen sie jetzt nicht, aber wann? Auch die anderen wissen nichts und als ich sie nach dem letzten Pfeil frage, antworten die anderen, dass sie diesen nicht gesehen haben. Er war da. Es war gefährlich. Sonst hätte Talia nicht eingegriffen, da bin ich mir sicher.
„Der Schockt sitzt tief“, meint Lunor.
Sie alle sehen geschockt aus. Ich fahre mit meinem Finger über die Wunde, die die eiserne Spitze hinterlassen hat. Es quillt noch immer Blut heraus. Ich lecke meinen Finger ab. Warum es auf den Boden tropfen lassen, auch wenn ich das nicht verhindern kann.
„Ein Pfeil hat dich erwischt!“, stellt Auelia fest und kommt besorgt näher, um sich die Stelle anzuschauen.
„Was?“, ruft Lesren und kommt hinzu. In seinem Blick ist Angst und Panik, aber nur für einem Moment. Dann übernimmt die Ruhe und sein Heilerinstinkt. Er schnappt sich den Pfeil und reißt ihn aus dem Boden, um die eiserne Spitze zu identifizieren.
„Nicht vergiftet“, sagt er. Schnell zieht er ein Stück Stoff aus seinem Notfallkid und stoppt die Blutung. Dann schmiert er eine Salbe auf die Wunde, die übelst brennt. Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen. Es gelingt mir nur mäßig.
„Es tut mir leid, dass ich ihn nicht abfangen konnte. Ich dachte er könnte dich gar nicht treffen. Aber da habe ich wohl falsch gedacht. Es tut mir wirklich leid“, sagt er und eine kleine heimliche Träne verlässt sein Auge. Er umarmt mich, drückt mich ganz fest an sich.
„Es ist nicht deine Schuld. Ich hätte ihm nur den Bogen wegnehmen müssen. Mein Fehler.“, sage ich und löse mich aus der Umarmung. Das wird mir langsam zu viel. Also muss ich die Situation drehen. „Ich bin dir nicht zu Hilfe geeilt, sondern mit Auelia zu Lunor gerannt. Vielleicht hätte ich das da verhindern können.“ Ich deute auf die Schramme.
„Da hättest du auch nichts tun können. Ich war unachtsam. Einfach nur…“
„Ebenso wie ich, also ist keiner Schuld. OK?“, sagte ich und beende mit einem nachfolgendem Blick die Diskussion, „Wir haben gewonnen, also lasst uns feiern.“
„Wills du dich nicht ausruhen und dich von dem Schock erholen? Du hast nicht einmal die Wunde durch Schmerz bemerkt.“, fragt Auelia.
„Mir geht es gut!“, sage ich und vernichte sie mit meinem nächsten Blick.
„Gut, dann treffen wir uns in einer Stunde im Gemeinschafftssaal. Zieht euch erstmal um.“, meint Lunor.
Wir nicken und eilen auf unsere Zimmer. Ich werde nie wieder daran denken. Oder zumindest jetzt nicht. Spiel und Spaß sind jetzt angesagt.