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Erkämpfte Freiheit [German/Deutsch]
Heimat der Tapferen, Land der Befreiten

Heimat der Tapferen, Land der Befreiten

Es wurde schon dunkel, als ich in die enge Gasse zurück kehrte, die mich wieder zu Steve bringen sollte. Ich hatte versucht, nicht daran zu denken, und mich bloß auf meine Aufgabe konzentriert, den widerlichen Mistkerl zu entsorgen. Zum Glück fand ich ein paar Autoschlüssel bei ihm, und so konnte ich uns schnell weg vom Ort des Geschehens und runter zu den Docks bringen. Die halbe Stadt war noch auf den Beinen um weitere Heimkehrer zu begrüßen, und so konnte ich sicher sein, durch meine Uniform kein Aufsehen zu erregen.

Im Gegenteil, als ich zurück lief, verschwand ich so mühelos in der Menge, dass sich mein Herzschlag schon wieder beruhigte, ehe ich den Hafen ganz hinter mir gelassen hatte. Ich machte mir keine zu großen Sorgen, was passieren könnte, wenn man den Typ oder seinen Wagen fand. Selbst wenn sich sichtbare Würgemale an seinem Hals halten sollten, würden es seine Kollegen auf die vielen Schuldscheine beim Wettbüro schieben, die in seiner Brieftasche waren. Wenn er nicht gerade offen damit geprahlt hatte, regelmäßig im Puff handgreiflich zu werden. Aber er wird es wohl nicht riskiert haben, dass seine Frau es erfährt.

Eigentlich hätte ich mich schuldig fühlen sollen. Er war trotz allem ein Mensch, er hatte Familie, Freunde, Kollegen. Und keiner von ihnen würde je wieder mit ihm sprechen können. Aber es perlte an mir ab. Ich hatte schon so vielen Männern in die Augen sehen müssen, während sie starben. Freunden und Feinden, Kameraden oder Zivilisten. Von den Meisten hatte ich nicht mal den Namen, wusste nichts darüber, wer oder wie sie waren. Der Krieg macht einen dem gegenüber wohl taub mit der Zeit. Stattdessen dachte ich bloß an Stevie. Wie der Kerl ihn angefasst hatte. Wie herablassend er mit ihm gesprochen hatte. Ihm gedroht hatte, so selbstsicher, so überheblich. Das hielt die Wut in mir aufrecht, und so konnten meine Gedanken kaum darüber hinaus wandern.

Dazu, wie und warum Steve überhaupt an diesen Ort gekommen war. Oder was er dort getan hatte. Wozu er gezwungen wurde. Oder ob er sogar freiwillig... Doch ich schüttelte heftig den Kopf. Nein, die Logik dieses Perversen würde ich nicht zulassen! 'Es gefällt ihm!', hatte er behauptet. Aber natürlich, so kann man es sich ja schön reden! 'Er will das ja so, warum soll ich es dann nicht ausnutzen?' Und dann traf es mich plötzlich wie ein Schlag, gerade als ich das geheime Zeichen gegen die Metalltür klopfen wollte: Wenn es nicht Steve gewesen wäre, hätte ich mir das wohl selbst gesagt! 'Wenn er es anbietet, warum soll ich das nicht genießen? Ich kann ja sanft sein. Es muss ja gar nicht zum Äußersten kommen!' Wie viele Männer hatten wohl schon mit genau diesen Gedanken vor dieser Tür gestanden? Nur um drinnen dann ihre Frau oder Verlobte mit einem der Mädchen zu betrügen? Oder mit Steve...

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Ich wollte es nicht glauben, gar nicht daran denken, also drängte ich die Tränen zurück und klopfte energisch dreimal lang und einmal kurz. Ich stellte mich entschlossen hin und als die Klappe zurück geschoben wurde, raunte ich bloß: „Ich möchte zum Engel!“, während ich diesem Simon fest in die Augen sah. Die Klappe schloss sich wieder, und für eine Sekunde bekam ich Angst, was ich tun sollte, wenn er mich nicht rein ließ. Aber dann öffnete sich die Tür und der Türsteher trat beiseite, um mich ein zu lassen. Ich ging zielstrebig an ihm vorbei, den Gang runter, wobei ich mir versicherte, dass schon alles gut würde. Ich würde Steve retten, ihn hier raus bringen, zu mir, irgendwo in Sicherheit, und ihn für immer beschützen.

Doch als ich an dem Fransenvorhang vorbei trabte, hörte ich seine Stimme, wie sie sang: „Bleibe bei mir! Lass mich nicht länger weinen! Versink in meinen Augen, und ich ertrink in deinen.“ Ich blieb wie vom Blitz gerührt stehen. Strich mit einer Hand die Fetzen zur Seite, und sah zur Bühne hin. Dort stand ein zarter, blondgelockter Engel, in einem rosa Kleid, die Augen fest geschlossen, die Arme um sich geschlungen, und den roten Mund leicht geöffnet, um zu einer traurigen Melodie zu singen: „Würdest du mich nur erhören, wäre ich für immer dein! Ich wäre dein Zuhause, und nur dir treu allein!“

Steves wunderschöne Stimme, so sinnlich und flehend, schallte durch den Raum. Ich konnte gar nichts denken, merkte nicht wie ich durch den schummrigen, verrauchten Saal näher ran ging, vorbei an Tischen die teilweise besetzt waren, bis ich vorne an der Bühne stand. Und prompt auf einen Stuhl geschubst wurde, während einer brummte: „Setz dich hin Romeo, andere wollen auch was sehen!“ Doch ich reagierte gar nicht, konzentrierte mich auf Steve, der die Arme nun weit öffnete und schmetterte: „Lass mich dein Kamerad sein, und kehre heim zu mir! Bis ans Ende aller Zeiten, lass uns Seit an Seit streiten, ans Ende aller Wege, da ginge ich mit dir! Kehr heim zu miiiiir!!!“

Die Musik endete, ein paar Männer klatschten Applaus, Steve ließ die Arme fallen, und lächelte selig runter ins Publikum. Und sah mich, wie ich direkt vor ihm auf stand. Er zuckte erschrocken zusammen und starrte mich an. Ich konnte mir nicht helfen, ich streckte eine Hand nach ihm aus und beteuerte: „Ich bin ja jetzt da! Und ich gehe nie wieder von dir fort!“ Neben mir der Tisch begann schallend zu lachen, ein Mann zur Linken rief: „Sie meint dich doch gar nicht, du Trottel!“, und zwei Herren weiter weg kommentierten: „Jetzt hat es noch einen erwischt!“, und „Sie singt aber auch zu herzzerreißend!“ Steve fing sich wieder, lächelte nochmal gezwungen in die Menge und rief: „Danke Jungs! Das war's für heute von mir! Weiterhin viel Spaß bei der Show!“ Dann sprang er flugs von der Bühne neben mich, griff meine Hand und zog mich hinter sich her.

Ein angetrunkener Mann wollte sich in den Weg stellen und lallte: „Mein Bengelchen, kann'se mir nochmal büschen lieb sein?“, aber Steve schob ihn sanft zurück auf seinen Stuhl, wobei er hauchte: „Heute nicht mehr, Charly, ein andermal!“ Er zuckte dann nicht mal zusammen, als der Mann ihm einen Klaps auf den Hintern gab, und schleifte mich um so energischer weg, sodass ich gar keine Zeit hatte, mir für den Typ eine Reaktion zu überlegen. Im Flur kam dieser Simon auf uns zu und grollte: „Der Boss will dich sprechen!“, aber Steve nickte nur ergeben, und machte, dass wir zurück in sein Zimmer kamen.

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Dort angekommen schloss er sofort ab, ließ meine Hand los und machte sich an einer kleinen Kommode zu schaffen, die unter dem Fenster am Bett stand. Er kramte eine Zigarette raus, die selbst gedreht aussah, und zündete sie sich mit zittrigen Fingern an, um sofort einen tiefen Zug zu nehmen. Er atmete schwer, und presste eine Hand gegen die Stirn, wie wenn er Schmerzen hatte. Das Bild kam mir so vertraut vor. Ich wollte ihm gern helfen. Dann roch ich den süßlichen Geruch, der der Metholzigarette bei gemischt war. Ich war sprachlos. Ich hätte nie gedacht, dass Steve Drogen nehmen würde! Aber ich hätte auch nie vermutet, dass er in einem Bordell arbeiten könnte. Oder dass ihm ein Kleid stehen würde. Wie konnte ein Mann in einem Kleid so niedlich aussehen? Und so sexy?

Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu verjagen. Steves Atmung wurde mit jedem Zug ruhiger, und seine Haltung entspannte sich zunehmend. Er stand weiterhin mit dem Gesicht zum blinden Fenster, und hatte den Arm um sich geschlungen, als friere er. Dann hob er die andere Hand mit dem Rest der Kippe und fragte beiläufig: „Willst du auch mal?“ Mir blieb der Mund offen stehen. Aber bei allem, was ich heute schon in Erwägung gezogen und getan hatte, konnte es mir eigentlich auch egal sein. Also trat ich an seine Seite, und nahm ihm mit einem: „Danke.“ den Glimmstängel ab, um den Rest zu rauchen. Der Menthol schmeckte mir nicht sonderlich, aber die anderen Stoffe machten ein wenig benommen, und ließen die Anspannung dahin schmelzen. Steve hielt mir dann einen Aschenbecher hin, in dem ich die Kippe aus drückte.

Endlich drehte er mir sein Gesicht zu, und ich sah, dass er weinte. Doch ehe ich ihn trösten konnte, flüsterte er: „Ging es schnell? Hat er gelitten?“, und sah mir in die Augen. Mein armer Stevie. Er war wirklich ein Engel, dass er mit dem Ekel noch Mitleid hatte. Also beruhigte ich ihn: „Er hat nichts gespürt. Und er wird dich nie mehr verletzen können, keine Sorge!“ Doch er schlug die Augen nieder und presste die Hand an den Mund. Ich wollte ihn in den Arm nehmen, aber er wich mir aus und murmelte nur: „Ich muss mich umziehen. Ich will nicht, dass du mich so siehst.“ Ich versicherte ihm: „Ich sehe dich doch schon. Du bist wunderschön!“, aber er zuckte wie unter einem Schlag zusammen, und machte, dass er hinter den Wandschirm kam.

Ich fragte mich, ob ich ihn wohl damit beleidigt hatte, also stellte ich mich neben die Trennwand und beteuerte: „Ich meine nicht mal wegen dem Kleid, Stevie! Du siehst immer toll aus!“, ich biss mir auf die Lippen, versuchte es nochmal, „Also, schon früher. Aber jetzt halt auch. Du bist ein schöner Mann, Steve. Auch mit Schminke.“ Er machte ein Geräusch, was ablehnend klang, und ich wollte es wieder gut machen, sodass ich mich verhaspelte: „Ich will nur sagen, dein Körper ist schön! Dafür musst du dich nicht schämen. Und du kannst halt sowas tragen, es steht dir!“ Dann schlug ich mir mit der Hand gegen die Stirn. 'Es steht dir.' Verdammt, wie demütigend musste das für ihn klingen? Als ob er wie eine Frau aussah, wie eine Tunte. Ein Schwächling und kein Mann. Aber das stimmte doch so nicht, verdammt!

Ich stöhnte frustriert über meine eigene Inkompetenz, suchte hilflos nach Worten, die es wieder gerade biegen könnten. Aber da streckte er mir die linke Hand über die Trennwand hin und meinte bloß: „Schon gut Bucky. Ist in Ordnung.“ Ich ergriff sie mit beiden Händen und drückte sie einmal fest. Am Liebsten hätte ich ihm noch einen Kuss darauf gegeben. Stattdessen ließ ich schnell wieder los, und er zog sie zurück und sich weiter um. Dann hörte ich, wie eine Flasche entkorkt wurde, und er fragte: „Willst du auch nen Schluck?“ „Du solltest jetzt besser nichts trinken!“, mahnte ich besorgt. Ich hatte das Gefühl, dass er die Flasche eben zum Mund führen wollte, und fügte hinzu: „Bitte Steve! Für mich.“

Ich hatte keine Ahnung, ob es nützen würde. Welches Recht hatte ich schon, ihm diesen Trost ab zu sprechen? Drogen, Sex, Alkohol... worin war mein armer Freund da bloß verwickelt worden? Zumindest Mord und Totschlag gehörten wohl nicht auf die Liste, sonst hätte ihn der Vorfall nicht so erschüttert. Der Korken wurde wieder auf die Flasche gesetzt, und Steve murmelte erschöpft: „Dann hätte ich wenigstens was im Bauch, was wärmt.“ Mein Blick fiel auf meinen Rucksack, der immer noch auf dem Boden neben dem Bett stand und ich machte mich eilig daran zu schaffen, während ich anbot: „Du kannst meinen Pulli haben! Und ich hab noch Cracker, wenn du jetzt eine Kleinigkeit brauchst!“

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„Du musst mich nicht bemuttern, Bucky! Ich komm allein zurecht!“, warf Steve aber ein. Ich konnte mir gerade noch ein sarkastisches: 'Sieht man ja!' verkneifen. Ich wollte ihm nicht weh tun. Nicht Steve. Also schloss ich bloß den Riemen wieder und wandte mich ihm zu, um auf zu stehen. Er hatte sich die Schminke größtenteils ab gewischt, wodurch seine Augen jedoch sehr dunkel und etwas verheult wirkten, sein leicht rot schattierter Mund dafür um so einladender. Ich sah schnell weiter, bemerkte die immer noch leicht gelockten Haare, die sein Gesicht umspielten, und ihm auf die knochigen Schultern fielen, an denen sein Unterhemd herunter hing.

Über den Boxern hatte er einen Maler-overall angezogen, sich jedoch die Ärmel um die Hüfte gebunden, statt ihn ganz zu schließen. Ich deutete darauf hin: „Ich denke dir ist kalt? Warum also kein Oberteil?“ Er trat neben mich ans Bett und murmelte: „Die Decke ist viel kuscheliger.“ Ich schaute runter. Mir fiel jetzt auf, dass das Bett zerwühlt aussahen. Ich guckte Steve an, und er blickte zurück, während er nach der Decke griff. Ich wollte glauben, dass er bloß ein Nickerchen gemacht hatte, während ich weg war. „Ich war erschöpft.“, sagte er da auch schon wie zur Verteidigung, und ich entgegnete schnell: „Natürlich! Ich sagte ja auch, dass du dich besser hin legst.“

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Also legte Steve die Decke um sich und setze sich aufs Bett. Ich setzte mich neben ihn. Wir wussten wohl beide nicht, worüber wir als Erstes reden sollten, wo wir anfangen könnten, und so sahen wir uns abwechselnd an und wieder weg. Ich wollte ihn so vieles fragen, und doch am Liebsten nichts davon wissen. Vielleicht ging es ihm genauso. Dann schreckten wir beide hoch, als wir das Klopfzeichen erkannten, mit dem der Mann aus dem Pub mich zu Steve geführt hatte. Der Zuhälter. Steves Zuhälter. Es wirkte immer noch so irreal. Ob er sein Geld haben wollte? Steve war sofort auf gestanden und zur Tür gegangen. Ich sprang ebenfalls auf, und hielt mich bereit, falls ich kämpfen müsste. Doch Steve öffnete bloß langsam die Tür und schaute auf. „Ist er da?“, fragte der Mann. Steve nickte, zog die Tür weiter auf und trat zur Seite. Ich konnte sehen, dass er immensen Respekt vor diesem Kerl hatte. Aber seltsamerweise schien keine Angst mit zu schwingen, was ich eher erwartet hätte. Womit hatte er Steve in der Hand?

Der Mann schloss die Tür wieder, und lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen. So blockierte er den Ausgang, aber es sah nicht aus, als wolle er uns fest halten, eher so, als habe er keine Geduld mehr, sich irgendwo anders einen Platz zum Ausruhen zu suchen. Er verschwendete nur einen kurzen Blick auf Steve, dann wandte er sich mir zu und grollte: „Hätte ich gewusst, was Sie mir für einen Ärger ins Haus schleppen, hätte ich Sie nie angesprochen!“ Ich ballte die Fäuste, weil schließlich nicht ich es war, der mit brutalen Absichten her gekommen war, und entgegnete trocken: „Ich bin dankbar, dass Sie's getan haben. So konnte ich Schlimmeres verhindern.“ Er schnaubte belustigt: „Schlimmeres? Verhindern? Mein Gott, was seid ihr Jungs von der Truppe weltfremd, man will es nicht glauben! Denken Sie echt, wir hätten keine größeren Sorgen, als Sheriff Burnham gehabt? Dass das der einzige Widerling ist, der mir ins Geschäft pfuscht?“

„Joe, bitte, er wollte mich nur beschützen!“, meldete Steve sich zu Wort. „Was mischt er sich überhaupt ein?“, bellte der ihn jedoch vorwurfsvoll an, „Kannst du dich nicht mehr selbst um sowas kümmern?“ „Was hätte er denn tun sollen, sich einfach von diesem Bastard schänden lassen, während ich zusehe?“, schrie ich aufgebracht, doch er polterte gleichfalls zurück: „Es interessiert mich nicht, was für Praktiken Sie hier ausführen, ich kann keinen Stress mit der Sittenpolizei gebrauchen, kapiert? Wenn jemand Ärger macht, regeln wir das auf unsere Weise!“ „Indem Sie einfach weg gucken, oder was?“, schimpfte ich empört, und Steve schloss sich an: „Er hat doch eigentlich Recht, Joe! Es war nur eine Frage der Zeit, bis Hank mal durch dreht, oder einen von uns mit nimmt! Das hätten wir gar nicht verhindern können, und dann hätte es bestimmt ne Hausdurchsuchung gegeben!“

„Das weißt du nicht, Ben!“, wollte der Zuhälter ihn abwürgen, aber Steve kam richtig in Fahrt: „Er hat oft genug darüber gescherzt! Verdammt Joe, er hat die Mädchen belästigt, er hat die Kunden vergrault, die Bar geplündert, in den Shows rum gepöbelt, und fast nie etwas bezahlt! Er hat sich über uns lustig gemacht, über dich! Doro hat er sogar mal ins Gesicht geschlagen, nur zum Spaß! Irgendwer musste ihn doch stoppen!“ Steves Worte machten mich noch wütender, doch ich sah den Kampfgeist der in meinem Freund wieder erwacht war, und bestärkte ihn: „Genau Steve, sag's ihm, lass dir nichts gefallen!“

Doch statt weiter zu schimpfen, starrte mein Freund mich alarmiert an, und auch Joe wandte sich mir zu, indem er fragte: „Steve?“ „Sein Name ist...“, wollte ich den Typen aufklären, doch er nahm mir den Wind aus den Segeln: „Ich weiß wie er heißt! Ich kenne alle meine Mädels mit richtigem Namen. Aber die geben sie nicht an die Kunden raus!“, er trat drohend einen Schritt auf mich zu, „Wer sind Sie?“, dann an Steve gewandt: „Woher kennt er dich?“ Ich wollte mich schon melden, doch Steve hatte die Hand erhoben um mich zu bremsen, und antwortete stattdessen: „Er kennt mich von früher. Er ist mein Freund.“

Anscheinend war das einen Nachricht, die dem Zuhälter nicht gefiel, denn er lehnte sich wieder zurück und vergrub das Gesicht in den Händen, derweil Steve sich mehr aufrichtete und nervös schluckte. „Dein Freund...“, grummelte Joe, nahm die Hände runter und zischte ihn an: „Was habe ich dir gesagt, als ich dich aufgenommen habe? Keine Ex-Partner, Affären oder Hochschul-Liebschaften! Ich sag es euch immer wieder, lasst euer altes Leben hinter euch, sowas gibt nur Ärger, verdammt nochmal!“ „Er ist nicht mein Ex!“, stellte Steve sofort klar, was mich irgendwie rührte. „Natürlich...“, wollte der Zuhälter abwinken, doch wurde mein Freund deutlich: „Ich habe nicht mit ihm geschlafen! Niemals!“ Ich nickte bloß, denn es war ja die Wahrheit. Aber als Joe meinen Freund nur scharf ansah, fügte der hinzu: „Und das weißt du auch!“

Ich hob die Brauen, aber Steve fixierte bloß entschlossen sein Gegenüber, worauf der mit einem Seufzer einknickte: „Tja. Das weiß ich wohl. Also schön, er hat dich gefunden, wollte dich retten, und als Burnham grob zu dir geworden ist, hat er ihn kalt gemacht. Und jetzt? Reitet ihr beide in den Sonnenuntergang und baut euch hinterm Horizont eine gemeinsame Zukunft auf?“ Damit hat er mich überrumpelt. So bescheuert romantisch es klang, ich hätte nichts dagegen gehabt, genau das zu tun! Alles was ich je wollte, war für Steve da zu sein. Und ich hatte geschworen, ihn hier raus zu holen und zu beschützen. Also antwortete ich spontan: „Ja.“

„Nein.“, gab Steve im gleichen Moment entrüstet zurück und sah dann überrascht zu mir rüber. Ich stammelte ein wenig ungeschickt: „Naja, nicht so. Aber doch.“, ich schaute Joe in die Augen und versicherte: „Sie werden keinen Ärger mehr mit uns haben. Ich nehme Steve mit, und wir verschwinden von hier, Sie werden nie wieder von uns hören!“ Ich sah wie Panik in Steve auf stieg und den entrüsteten Blick in Joes Gesicht, sodass ich versprach: „Wenn er noch Schulden bei Ihnen hat, kriegen Sie das Geld von mir, das ist kein Problem. Und über den Sheriff müssen Sie sich keine Gedanken machen. Der hat noch Stunden gelebt, nachdem er hier raus ist. Ich wette wenn man ihn findet wird es nicht mal ne richtige Untersuchung geben, jedenfalls keine die Sie involviert, dafür habe ich gesorgt.“

Ich dachte, damit sei alles gesagt. Doch als Joe sich dann an meinen Freund wandte, um sich zu vergewissern: „Du verlässt uns?“, widersprach der heftig: „Nein! Nein, das war nicht... Ich...“, er sank jedoch etwas in sich zusammen, als ich ihn verwirrt an schaute und nach hakte: „Wieso nicht, Steve? Gefällt es dir hier etwa?“ Es schien zu phantastisch. Doch statt prustend ab zu winken, biss Steve sich nervös auf die Unterlippe, und sah ratsuchend zu Joe! Der wischte sich erneut genervt über das Gesicht und grummelte: „Ich sag doch immer, das gibt nur Ärger!“, bestimmte dann jedoch knapp: „Alles klar Jungs, macht das unter euch aus! Morgen um 10 will ich deine Entscheidung hören, Ben! Und denk daran, wenn du gehst, darfst du nie wieder zurück kommen, verstanden?“ „Verstanden!“, beteuerte Steve erleichtert, worauf Joe zufrieden nickte.

Ich starrte weiter ungläubig zu meinem Freund hin, doch der schloss nur ergeben die Tür hinter seinem Zuhälter. Kaum jedoch, dass der draußen war, schimpfte er mit mir: „Was sollte das, Bucky? Du kannst doch nicht einfach über mich bestimmen und für mich entscheiden? Ich bin nicht dein Eigentum, ich hab ein Wörtchen mit zu reden!“ Ich war davon gekränkt und so rutschte mir raus: „Ich will dich bloß retten und hier raus holen! Warum regt dich das so auf, aber wenn dir ein Typ an die Wäsche will, versuchst du Kompromisse aus zu handeln?“ Steve ballte bloß wieder die Fäuste und grollte beleidigt: „Erstens habe ich nie darum gebeten, gerettet zu werden, nie! Auch damals nicht, auch nicht von dir! Und Zweitens, du willst hier plötzlich mein ganzes Leben auf den Kopf stellen! Wenn mich jemand bedrängt, geht es nur darum, kommt er jetzt dran, oder später. Oder mal nicht bei mir. Kleinigkeiten eben.“

„Sowas nennst du Kleinigkeiten?“, schnappte ich perplex nach Luft, worauf er entgegnete: „Du musst ja nicht so leben!“ „Du auch nicht!“, bestimmte ich energisch, und kam näher, legte meine Hände auf seine Schultern und wiederholte: „Du musst nicht mehr so leben, ich hol dich hier raus! Bitte Steve, ich kann für dich sorgen, du musst das nicht mehr tun!“ Er guckte verwirrt zu mir hoch und hakte nach: „Du willst mich versorgen? Wir, wir sind doch nicht verheiratet, warum solltest du... Ich will doch keine Almosen von dir!“ „Es sind keine Almosen, wir sind doch Freunde! Freunde passen aufeinander auf, das haben wir uns doch versprochen!“, beharrte ich, „Wir wollten füreinander da sein, bis zum Schluss! Also bitte Steve! Ich will doch nur für dich da sein!“ Ich sah wie sich ein Lächeln in sein Gesicht drängte, und versuchte ihn zu ermutigen, indem ich ebenfalls lächelte.

Doch er entwand sich plötzlich meines Griffs, um sich wieder auf dem Bett in die Decke zu hüllen, das Gesicht von mir abgewandt, wobei er murmelte: „Als wir uns das geschworen haben, da sah es auch noch so aus, also ob ich dir ebenfalls mal helfen könnte. Und jetzt? Was wäre dabei für dich drin?“ Unsicher setzte ich mich neben ihn. „Kann man nicht einfach so nett zu jemandem sein?“, fragte ich. Er schüttelte leicht den Kopf und zog die Decke enger. Ich hörte wie sein Magen knurrte. Ich wollte, dass er mich an sah, also legte ich ihm eine Hand aufs Bein, und beharrte: „Und wenn man den anderen sehr mag? Wenn man nur bei ihm sein will? Einfach so?“ Er drehte sich langsam zu mir, guckte aber runter auf meine Hand, die etwas über seinem Knie lag. Dann öffnete er die Decke ein wenig, vielleicht unabsichtlich, aber er schaute mich mit großen Augen an und fragte skeptisch: „'Einfach so' gibt es nicht. Also was willst du von mir?“ Ich runzelte die Stirn, aber dann zog ich schnell die Hand weg und betonte: „Auf jeden Fall nicht das!“

Es verwirrte mich, dass er gekränkt aus sah. Doch dann senkte er beschämt den Kopf und zog die Decke wieder enger. Ich konnte nicht verstehen warum Steve sich so sehr dagegen sträubte meine Hilfe an zu nehmen. War er trotz allem zu stolz? „Warum willst du nicht mit mir gehen?“, fragte ich spontan. Er zuckte, als läge ihm eine Antwort auf den Lippen, aber er blieb stumm. Dafür grummelte sein Bauch erneut. 'Vielleicht lässt er sich eher auf was Kleines ein, und ich kann ihn darüber erreichen!',kam mir die Idee, und so schlug ich vor: „Okay, würdest du denn mit mir was Essen gehen, Stevie?“ Er lächelte, aber gab lapidar zurück: „Ich hab kein Geld.“ „Aber Hunger!“, versuchte ich zu scherzen, „Komm schon, ich geb dir nen Hotdog aus! Dann kann ich dir zeigen, dass ich inzwischen gelernt habe, nicht zu kleckern!“

Es schien zu funktionieren, Steves Haltung entspannte sich etwas, und mit einem Grinsen wandte er sich zu mir: „Ach wirklich? Naja, wundert mich nicht, wenn du keinen hattest, der für dich die Flecken aus den Hemden wäscht.“ Ich schenkte ihm mein charmantestes Lächeln und gab ihm Recht: „Eben! Was das angeht bin ich ohne dich echt aufgeschmissen.“ Das wischte zwar sein Grinsen beiseite, aber als ich nachsetzte: „Komm schon. Um der alten Zeiten willen!“, gab er endlich nach: „Also schön. Um der alten Zeiten willen. Mal sehen, ob wir überhaupt was kriegen.“

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