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Rüste dich zur Ehe

Am Nachmittag erwachte die Bauerstochter wieder. Sie wurde von dem Lärm im Hof geweckt. Als sie aus ihrem Fenster sah, bemerkte sie, dass ein paar Männer aus dem Dorf dabei waren, Tische und Stühle im Hof aufzubauen. Es sollte wohl ein Fest gefeiert werden. Tatsächlich hatte der Bauer in der Dorfschenke so sehr mit seinem neuen Reichtum angegeben, dass die anderen Dörfler es mit eigenen Augen sehen wollten. Und als er dann noch bekannt gab, er suche für seine Tochter einen Gemahl, juckte es die ledigen Männer nur so in den Fingern, sich die Reichtümer anzusehen und sich vielleicht durch eine Hochzeit selbst zu bereichern. Also wurde jetzt ein Fest auf dem Hof abgehalten, damit sich die potentiellen Schwiegersöhne ein wenig umsehen konnten.

Die Bauerstochter sah mit Schrecken, wer sich da alles als Freier eingefunden hatte: Da waren der dicke Metzger und der eitle Goldschmied, der faule Schultheiß, der alte Dorflehrer und der grobe Bürgermeister. Alles Männer, die schon ein- oder mehrmals Witwer geworden waren und nicht mehr im besten Alter standen. Auch hatte keiner von ihnen die Bauerstochter je beachtet, nein, sie grüßten sie nicht mal, wenn sie ihnen im Dorf begegneten. Und jetzt wollten sie sie plötzlich heiraten.

Erbost rief die Tochter den Kater zu sich: „Schau dir das nur an Jungkater, grade die hässlichsten Männer hat sich mein Vater für meine Hochzeit gesucht!" Der Kater sprang auf das Fensterbrett, sah in den Hof und meinte dann: „Fürwahr, die Schönsten sind sie nicht. Doch wohl die Reichsten!" „Und die Gemeinsten! Als uns letztes Jahr die Kuh gestorben ist und meine Brüder uns verlassen mussten, haben sie meinen Vater und mich verspottet. Und jetzt, wo wir es zu etwas Wohlstand gebracht haben, geben sie sich freundlich. Pfui, ich könnte auf sie spucken!", sagte die Tochter. Da klopfte es bei ihr an der Türe und ihr Vater kam herein. Er sprach: „Nun meine Tochter, hast du dich beruhigt? Du siehst, es haben sich einige gute Männer eingefunden, die dich heiraten wollen." „Aber Vater," rief die Tochter, „diese alten Witwer interessieren sich doch bloß für den Reichtum, den unser Hof plötzlich bietet!"

Der Bauer jedoch ereiferte sich: „Ach Irrsinn, diese hohen Herren haben doch selber genug Geld! Warum freust du dich da nicht? Wenn du einen von ihnen heiratest, wirst du es nie mehr schwer haben im Leben. Du wirst nie mehr arbeiten müssen, kannst dir Bedienstete leisten, schöne Kleider kaufen und gutes Essen. Warum kannst du damit nicht zufrieden sein?" „Vater, würden diese Männer mich lieben, hätten sie doch schon vorher um meine Hand angehalten, denkt ihr nicht? Und außerdem bin ich doch längst zufrieden, jetzt wo wir unseren Hof wieder gut bewirtschaften können. Ich will doch gern arbeiten. Und ich brauche keine schönen Kleider! Ich will mein Glück selbst finden. Bitte Vater, schickt diese Männer wieder weg.", flehte die Bauerstochter.

Der Bauer aber herrschte sie an: „Tochter, mich deucht, du bist wahrlich dem Irrsinn verfallen. Ich suche dir dein Glück zu bereiten und so dankst du es mir! Eine letzte Chance gebe ich dir. Ich werde den Herren sagen, dass du dich morgen früh für einen Bräutigam entscheiden wirst. Diese Nacht gebe ich dir noch zum Bedenken. Aber wisse, morgen wirst du heiraten! Oder du sollst nicht länger meine Tochter sein!" Mit diesen Worten warf er die Tür hinter sich zu, schloss ab und ließ so seine Tochter zurück. Da stand sie nun und fühlte sich ganz allein in ihrem Elend.

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Mitleidig stupste sie der Kater in die Seite und meinte: „Das ist ja ein schöner Schlamassel, den ich dir eingebrockt habe!" Die Bauerstochter nahm ihn in die Arme und vergrub das Gesicht im schwarzen Fell. Leise murmelte sie: „Ach ich bin doch selbst Schuld. Wenn ich mir nicht diesen Reichtum gewünscht hätte, wäre ich jetzt nicht in dieser Situation. Ich hätte einfach weglaufen und mein Glück in der Ferne suchen sollen. Oder mir direkt schöne Kleider von dir wünschen sollen. Dann hätte mich vielleicht ein Ritter oder ein Edelmann auf der Durchreise bemerkt und mich von hier fort gebracht."

Sie setzte sich mit dem Kater aufs Bett und sah ihm in die Augen: „Sagt, Jungkater, könnt ihr nicht das Geschehene rückgängig machen? Oder mich von hier fort bringen?" Der Kater sah sie lange mit großen Augen an. Er sprach: „Jungfer, ich will dir gern helfen. Ungeschehen machen kann ich die Dinge nicht. Und dich einfach von hier fort zaubern, steht auch nicht in meiner Macht. Aber willst du das denn wirklich? Du hast dich doch so gefreut über diesen Wohlstand!" „Ach Katerchen"; schluchzte die Bauerstochter, „ich möchte schon gerne hier bleiben. Aber wenn ich morgen früh noch hier bin, so muss ich mir einen Mann erwählen. Und das will ich nicht! Zumindest will ich an keinen dieser alten Witwer verkauft sein!" Und dann setzte sie noch hinzu: „Wenn ich schon heiraten müsste, sollte mein Gemahl so sein wie du."

Dem Kater schnellten die Ohren hoch. „Wie ich?"; fiepste er und ergänzte dann: „Jungfer, ihr beschämt mich. Hätte ich euch nicht in diese Lage gebracht, würdet ihr nicht solchen Leichtsinn sagen." Die Tochter meinte darauf: „Es ist kein Leichtsinn. Du hast mir Gesellschaft geleistet, als meine Brüder nicht mehr da waren. Du hast mir zugehört, wenn ich jemandem von meinen Sorgen erzählen musste. Du hast mich getröstet, wenn ich mich in den Schlaf weinte. Und jetzt hast du mir so viel geschenkt. Das ist in jedem Fall mehr Gutes, als man von diesen Freiern sagen kann." Daraufhin streichelte sie dem Kater über den Kopf und stellte sich wieder ans Fenster.

Es war inzwischen dunkler geworden und im Hof begannen die Dörfler zu singen und auf zu spielen. Da sprach der Kater noch einmal zu der Tochter: „Höre Jungfer, ich werde tun, was in meiner Macht steht um dir zu helfen. Sagt Jungfer, könnt ihr mir euren wahren Namen sagen?" Überrascht wandte sich die Bauerstochter dem Kater zu und meinte dann: „Rosemarie. Mein Name ist Rosemarie! Aber wozu musst du das wissen?" Der Kater zwinkerte ihr zu. Dann sprang er ohne ein weiteres Wort zu sagen auf den Fenstersims, von dort hinaus aufs Dach und verschmolz mit der Dunkelheit. Nur einmal noch blitzte das Grün seiner Augen zurück aus der Nacht. Dann war er verschwunden.

Die Bauerstochter schaute noch eine Weile ins Dunkel und lauschte den Gesängen im Hof. Schließlich aber wandte sie sich ab und machte sich fertig zur Nachtruhe. Mit gemischten Gefühlen dachte sie an den nächsten Tag. Ob das Katerchen ihr wirklich noch einmal aus der Klemme helfen könnte? Als sie sich gerade ins Bett legen wollte, fiel ihr ein, dass sie noch einmal die Zauberformel aufsagen könnte um dem Kater zu helfen. So schritt sie denn ein letztes Mal dreimal um ihr Bett und sprach: „Jungkater prächtig, deine Magie ist mächtig!" Dann legte sie sich hin und fiel in einen unruhigen Schlaf. Sie merkte gerade noch, wie sich der Kater wieder zu ihr legte und bei seinem Schnurren wurde sie ruhig.

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