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Der Zauberkater [German/Deutsch]
Aller guten Dinge sind drei

Aller guten Dinge sind drei

Am anderen Morgen wurde die Bauerstochter wieder von dem Rufen ihres Vaters geweckt. „Ach Himmel sei Dank! Ach dem Herrn sei Dank! Tochter, komm auch hinzu und sieh dir dies Wunder an! Über Nacht haben uns die Engel einen Brunnen gebaut!“ Als die Tochter dies hörte, trat sie wieder ans Fenster und blickte hinunter. Da sah sie einen herrlichen Springbrunnen, mit einem großen runden Becken, in blau und grün gehalten, und lustige Tierfiguren standen darin und um den Rand herum, manche aus Bronze, andere aus Marmor und sogar eine schöne Nixe aus Gold stand im Becken und spie wie die anderen Wasser in den Himmel hinauf, sodass über dem Brunnen ein wunderbar schillernder Regenbogen schimmerte.

Die Tochter war überwältigt von all dieser Schönheit, doch sie fasste sich bald und rief hinunter: „Aber Vater, hatte ich nicht gesagt, ich und mein Katerchen würden dir einen Brunnen schaffen? Nun siehst du, dass ich nicht gelogen habe!" Der Bauer aber entgegnete: „Ach Tochter, was redest du! Ich habe doch gesehen, wie wenig du hier ausrichten konntest! Erzähl keinen Unsinn. Wie sollen denn du und dein Kater ein solch prächtiges Werk geschaffen haben?" Und so schärfte er seiner Tochter noch ein, sie solle ihr Tagwerk diesmal ohne Träumereien bestellen und ging dann ins Dorf, um allen von dem Wunder zu erzählen, dass sich wieder auf seinem Hof ereignet hat.

Daraufhin ging die Bauerstochter in die Küche. Mürrisch machte sich daran, ihr karges Frühstück zu essen. Der Kater setzte sich vor ihr auf den Tisch und fragte: „Nun, was bedrückt dich? Habe ich dir nicht zu einem feinen Brunnen verholfen? Wenn du genau hinsiehst, wirst du feststellen, dass die Nixe darin dir ähnlich sieht! Oder bekümmert dich dein Vater?" Die Bauerstochter errötete und meinte nur: „Ach nein Jungkater, mir will nur das Frühstück nicht recht schmecken. Und wie sollte es auch, wir haben weder Wurst noch Käse, nicht einmal Milch, die ich mit dir teilen könnte." „Wie auch, wenn ihr nur eine Hand voll Hühnern und einen alten Ochsen besitzt!", entgegnete der Kater. "Du hast recht. Aber wenn wir dieses Jahr endlich eine gute Ernte erzielen, können wir uns nächstes Jahr schon ein paar Gänse und ein Kalb holen, vielleicht sogar ein Schwein. Es sei denn..", plötzlich sah die Bauerstochter den Kater begeistert an, „Es sei denn, dir fiele eine Möglichkeit ein, wie wir schon jetzt an ein paar Tiere kommen könnten! Steht so etwas auch in deiner Macht?"

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Der Kater sah sie mit halb geschlossenen Augen an. Dann gähnte er, streckte sich einmal und meinte schließlich: „Ach, Jungfer, immer wieder bittest du mich um so leichte Aufgaben. Ein paar Tiere zu zaubern ist wohl die leichteste Übung von allen. Vorausgesetzt, man hat schon welche bei sich!" Die Bauerstochter verstand nicht: „Jungkater, wie meinst du das? Tiere zaubern, die schon da sind? Willst du unsere vier Hühner in Kühe verwandeln?" „Ganz so ähnlich Jungfer, ganz so ähnlich!", antwortete der Kater, „Geh hinaus auf die Weide, und sammle ein, was dir vor die Füße kommt: Heupferde und Schnecken, Asseln und Käfer, Würmer und Raupen, was du so findest. Bring sie alle in den Hof, und setzte sie in Kisten, jeweils eine Art zur anderen. Wenn das getan ist, wasche dich und lege dich schlafen. Und vergiss nicht, dein Sprüchlein aufzusagen!"

Gesagt, getan. Die Bauerstochter sammelte auf der Weide alles an Käfern, Würmern und anderem Getier ein, was sie nur finden konnte. Sie hatte dabei gar keine Scheu, sondern war vergnügt und freute sich über jede noch so kleine Ameise, die sie erwischen konnte. Sie dachte dabei an die Zeit, als sie noch mit ihren Brüdern über die Wiese getollt war. Als der Bauer aus dem Dorf zurück kam, wunderte er sich, was seine Tochter auf dem Feld zu tun hätte. Als er jedoch sah, dass sie allerhand Schnecken und Insekten in ihre Schürze sammelte, fuhr er sie an: „Tochter, was machst du da für einen Unsinn! Wirf dieses Geschmeiß weg! So arm, dass wir uns von Käfern ernähren müssten, sind wir nicht!" Die Tochter aber sprach: „Vater, lasst mich! Ich sorge dafür, dass unser Hof zu Tieren kommt. Wartet nur ab, wenn morgen die Sonne aufgeht!"

Darauf verließ sie der Bauer bestürzt. Er dachte wohl, seine Tochter sei dem Irrsinn nahe. Er konnte nicht begreifen, warum sie an der Idee festhielt, sie und der Kater wären verantwortlich für ihr Glück, wo es doch bloß das Werk von Engeln sein konnte, die sich ihrer Armut erbarmt hatten. Die Tochter aber sammelte weiter Tierchen um Tierchen ein und als es Abend wurde, war ihre Schürze schwer von all den Krabbeltieren. Sie brachte sie in den Hof und gab ein jedes in ein Kästchen mit Stroh, die Schnecken beieinander, die Würmer beieinander, Käfer zu Käfern, Asseln zu Asseln und auch die Ameisen, Raupen und sogar ein paar Spinnen, alle je in ein Kästchen. Als sie fertig war, bemerkte sie, wie schmutzig sie geworden war. Also wusch sie sich und reinigte anschließend ihr Kleid, hing es auf die Leine und ging dann müde, aber froh, dreimal um ihr Bett und murmelte dabei: „Jungkater prächtig, deine Magie ist mächtig!" Dann legte sie sich wieder zu dem Kater und war bald darauf eingeschlafen.

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