Drittes Zeitalter - Winter des Jahres 2936 - Lothlórien
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Elsas wurde abrupt von der Stimme ihres Vaters aus dem Schlaf gerissen.
»Wach auf Elsa, wir müssen los.« Verschlafen richtete sie sich auf und gähnte
laut. Elsa streckte sich, bevor sie sich erhob und begann ihre Sachen zusammenzupacken.
Als alles verstaut war, stiegen sie auf die Pferde und setzten
ihren Weg nach Caras Galadhon fort. Elsa war bereits sechzehn Jahre alt,
dennoch hatte sie die Hauptstadt des Reiches noch nie besucht. Sie freute
sich darauf andere Elben zu treffen, denn an der Grenze kamen nur selten
Besucher vorbei und man begegnete kaum jemandem.
In den Büchern ihres
Vaters, hatte Elsa von den Wundern der Stadt gelesen und war schon gespannt
darauf, das große Baumhaus, in dem die Herrin des Waldes residierte,
zu sehen. Und natürlich Galadriel selbst. Die Zauberin, die seit Anbeginn der
Zeit lebte, war die mächtigste Elbin, von der Elsa je gehört hatte. »Vermutlich
könnte sie mir einiges über Magie und was man damit zun kann erzählen
und mir ein paar Tricks beibringen.«
Einige Stunden später erreichten sie die Hauptstadt und Elsa war sprachlos.
Der Anblick der gewaltigen Baumhäuser, die auf noch größeren Bäumen
platziert waren und durch hölzerne Brücken verbunden waren, nahm ihr den
Atem. Das grazile Strebewerk, welches die Dächer und überdachten Treppen
überspannte und stützte, zog besonders ihren Blick auf sich. »Beinahe als wäre
es in dieser Form gewachsen. Vermutlich ist es das auch.« , schlussfolgerte
Elsa, stieg vom Pferd und trat neben ihren Vater. Gemeinsam erklommen sie
eine der Treppen nach oben und bald fand sich Elsa hoch über dem Boden,
in den Baumkronen wieder. Es gab kein Geländer auf den Wegen, dennoch
spazierten die Bewohner der Stadt, ohne einen Blick nach unten zu werfen,
von Haus zu Haus.
Als Elsa einen Blick nach unten warf, sahen die wenigen
Elben am Waldboden klein und unbedeutend aus. Erst jetzt fiel ihr auf, dass
sie sich gerade auf doppelter Höhe des Baumhauses ihrer Familie befand.
»Das. Ist. Wirklich. Sehr. Hoch.« Schnell richtete sie ihren Blick zurück auf
den Weg vor ihr und achtete darauf, dem Abgrund nicht näher als nötig zu
kommen. Ein Elb, der lässig an einem Baumstamm lehnte, kommentierte ihr
Verhalten mit einem Lächeln. »Zum ersten mal in Caras Galadhon?« , fragte
er sie. Elsa nickte und beschleunigte ihren Gang, um mit ihrem Vater Schritt
halten zu können.
Vor einer Tür zu einem großen Baumhaus, blieb er stehen
und wartete auf sie. »Ich muss meine Ausrüstung, die ich als Grenzwächter
benötige, instandsetzen lassen. Normalerweise dauert das ganze in etwa eine
Stunde. Wenn ich mich darauf verlassen kann, dass du pünktlich zurück bist,
darfst du in der Zwischenzeit die Umgebung erkunden und dich in der Stadt
umsehen.« Elsa grinste und nickte eifrig. »Ich bin auf jeden Fall pünktlich
zurück.« , versprach sie feierlich. Er öffnete die Tür und drehte sich noch
einmal um. »Na dann viel Spaß.« Elsa wertete dies als Erlaubnis zu gehen
und schlug den Weg ins Herz der Stadt ein. Ohne zu wissen wohin sie gehen
musste trugen ihre Füße sie auf schnellstem Wege zu ihrem Ziel.
Galadriels Palast war das schönste Bauwerk, dass Elsa je gesehen hatte. Unglaublich
fragil wirkendes Strebewerk stützte ein großes Dach, welches mit
hölzernen Schindeln bedeckt war. Ehrfürchtig trat Elsa auf den Eingang zu.
Plötzlich spürte sie einen Luftzug und eine kühle Klinge lag an ihrer Kehle.
Sie drehte den Kopf und blickte in das Gesicht eines Kriegers dessen Kopf
mit einer Kapuze bedeckt war. »Daro!« , sprach er mit ruhiger Stimme. Elsa
schluckte. »Der Eintritt zum Palast der Herrin ist nur auserwählten Gästen
gestattet.« , sagte er. Elsa seufzte. »Aber ich hätte doch so gerne gesehen wie
das Gebäude von Innen aussieht.« , antwortete sie. Der Wachmann lächelte
nun und steckte die Waffe zurück in die Scheide. »Das wird wohl nichts.«
Enttäuscht trat Elsa zurück, betrachtete nun allerdings wieder das Strebewerk
des Hauses vor ihr. »Könnte ich eigentlich etwas derart feines mit meiner
Magie aus Eis herstellen?« , fragte sie sich. Elsa brauchte nur einen Moment,
um sich dazu zu entscheiden, es zu versuchen. Ohne auf den Wachmann vor
ihr zu achten, konzentrierte sie sich auf ihre Hände und ließ die Magie fließen.
Unglaubliche Freude durchströmte sie, als Eis sich vor ihren Augen zu einer
kleinen Miniatur des Palastes formte. Ihr blieb der Mund offen stehen, als
sie sah, dass ihre Miniatur dem Gebäude vor ihr bis ins kleinste Detail glich.
Unterdessen saß Galadriel im Inneren des Palastes und las ein Buch. Ihre
Augen glitten über die Zeilen, ohne den Sinn wirklich zu erfassen. Zu viele
Dinge gingen ihr zurzeit im Kopf herum und beherrschten ihre Gedanken
zu jeder Tageszeit. Mit einem Seufzen klappte sie das Buch zu. »Das macht
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ja sowieso keinen Sinn wenn ich mich nicht konzentrieren kann.« Galadriel
lächelte beim Gedanken daran, dass sie als eines der ältesten Geschöpfe
Mittelerdes so leicht abzulenken war wie ein Mensch.
Kaum hatte sie denGedanken fertig gedacht, spürte sie
die Nutzung von Magie in ihrer unmittelbaren
Nähe. »Der Magier. Er ist hier.« Beinahe panisch erschuf sie einen
magischen Schild um sich herum und wartete auf einen Angriff. Als sich
nichts rührte erforschte sie mit ihren Sinnen ihre Umgebung. Innerhalb des
Hauses, spürte sie nur ihre Dienerschaft und die Palastwache, doch außerhalb
befand sich eine unbekannte Präsenz. Langsam tastete sie sich mit ihren Sinnen
an den Geist der Person heran, welcher zurückwich als sie sich näherte.
Als sie es abermals versuchte, konnte sie kurz den Kontakt herstellen und
wurde mit den Gedanken und Erinnerungen einer jungen Elbin überflutet.
Die Intensität dessen was sie sah, ließ sie aufstöhnen.
Der Weiher. Brechendes Eis. Kälte. Schmerz. Triumph. Ein Wald mit Eis
überzogen.
Galadriel brach den Kontakt ab und keuchte auf. Als sie wieder zu Atem
gekommen war, rief sie den Wachmann an der Tür zu sich. »Bring mir das
Mädchen vor der Tür.« , befahl sie ihm. »Aber Herrin wie...« , versuchte er
zu fragen. »Keine Fragen. Los.« , fuhr sie ihn an und sandte den Befehl auch
in seine Gedanken, was ihn überrascht das Weite suchen und durch die Tür
hinausstürmen ließ, um ihrem Befehl nachzukommen.
Unterdessen betrachtete Elsa noch immer ihr kleines magisches Meisterwerk,
als es geschah. Es war als würde sie von jemandem berührt und sie spürte
eine Präsenz in ihrem Geist. Die Erscheinung entfernte sich kurz, bevor sie
rasch näherkam. Wie ein Blitz zuckte das Bild von zwei atemberaubend blauen
Augen durch ihre Gedanken, als würden sie bis auf den Grund ihrer Seele
blicken können. Dann war es vorbei und Elsa blickte sich misstrauisch um.
Aus dem Palast kam nun der Wachmann, der sie weggeschickt hatte geeilt
und hielt direkt auf sie zu. »Meine Herrin Galadriel wünscht euch zu sehen
meine Dame.« , wandte er sich an sie und machte eine einladende Geste in
Richtung des Baumhauses. Elsa schluckte und nickte. »Was geht hier bitte
vor?« , fragte sie sich. Elsa folgte dem Krieger ins Innere des Palastes und
er führte sie in einen hellen Raum, wo eine Elbin mit langen silbrig blonden
Haaren in einem weißen Kleid, auf einem kleinen Sofa saß.
Die Frau vor ihr deutete mit der Hand auf den gepolsterten Sessel, der ihr gegenüber stand
und Elsa setzte sich. Galadriel fixierte sie mit ihren blauen Augen und Elsa,
die den Anblick sofort wiedererkannte, erschauderte. »Deine Magie ist mächtig.
« , sprach die Herrin von Lothlórien mit einer melodischen wohlklingenden
Stimme und sandte die Worte gleichzeitig in Elsas Gedanken. Die junge Frau
zuckte zusammen und Galadriel lachte.
»Ich weiß noch nicht recht wie genau ich sie einsetzen soll
und wofür sie nützlich sein kann.« , antwortete sie
schüchtern. »Keine Sorge, ich bringe es dir bei. Aber nicht heute. Dein Vater
wartet sicher schon auf dich und du hast doch versprochen nicht zu spät zu
kommen.« Elsa unterdrückte ein Fluchen, als sie daran erinnert wurde, dass
ihr Vater sicher schon auf sie wartete. Galadriel lächelte und zeigte auf die
Tür. »Tu dir keinen Zwang an. Ich besuche dich in den nächsten Tagen wenn
ich Zeit habe.« Elsa nickte. »Das wäre schön.« , bedankte sie sich und eilte
zurück zu ihrem Vater.
Ihr Vater wartete an einen Baum gelehnt, als Elsa ihn einige Minuten später
erreichte. »Le abdollen.« , begrüßte er sie mit einem Grinsen. Schuldbewusst
schlug sie die Augen nieder und antwortete leise. »Goheno nin.« Ihr Vater
lachte. »So spät bist du auch wieder nicht, immerhin gibt es hier viel zu
sehen und die Zeit täuscht dich im Herzen des Waldes oft und man hat das
Gefühl, sie würde langsamer vergehen.« Elsa warf einen Blick auf den neuen
Bogen und die Pfeile die er in den Händen hielt. »Hast du alles bekommen,
was du brauchst?« , fragte sie interessiert. Er quittierte die Frage mit einem
Kopfnicken und wies auf die Treppe nach unten. »Gwaem milbar.« , sprach
ihr Vater und sie verließen gemeinsam die Stadt.
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Elbisches:
Daro - bedeutet "halt"
Le abdollen - heißt soviel wie: "du kommst spät"(Ist auch zu hören im zweiten
Teil der Trilogie als Aragorn in Helms Klamm ankommt.)
Goheno nin - eine einfache Redewendung für "Tut mir leid"
Gwaem milbar - steht für "lass uns nach Hause gehen"