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Engel und Macher

Auf dem Heimweg reden die beiden kaum miteinander, Steve würde das Ganze am Liebsten verdrängen. Doch unvermittelt schimpft er: „Im Endeffekt hatten die Leute damals doch recht! Sowas wie ich ist abartig und sollte es nicht geben!“ „Sag sowas nicht!“, ereifert sich Bucky sofort und dreht ihn an den Schultern zu sich, sodass er ihn ansieht, „Die hatten keine Ahnung, du bist eben anders, das ist doch...“ Aber Steve fällt ihm ins Wort: „Bucks, sieh es doch ein! Seit wir klein waren hat man immer wieder gesagt mit mir stimmt was nicht! In der Schule, in der Uni, bei der Musterung, ich war einfach nie gut genug! Nie... nie männlich genug! Und jetzt wissen wir auch, warum!“

Er will sich los reißen und weiter stapfen, aber sein Freund hält ihn zurück. Er möchte ihn unbedingt trösten und zermartert sich das Hirn, bis ihm etwas einfällt. Dann fragt er sanft: „Weißt du noch, vor ein paar Woche, was der Reverend da in der Predigt erzählt hat?“ Steve schaut verwundert zu ihm hoch und er fährt fort: „Dass die Engel unbefleckt sind, dass sie weder Mann noch Frau sind, weil sie das göttliche Licht erfüllt und sie somit über den Menschen stehen?“, er lächelt ihn an, „Ich habe immer schon gedacht, du bist zu gut für diese Welt, Stevie. Vielleicht bist du wirklich bloß ein Engel, der vom Himmel gefallen ist! Kann doch sein, oder?“ Er streichelt seine Wange. Dies versöhnt seinen Liebsten etwas mit seinem Zustand und ringt ihm ein leichtes Lächeln ab.

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Dennoch nagt die Angst an ihm. Als sie Abends ins Bett gehen wollen, nimmt ihn Bucky bei Seite und flüstert: „Hör mal Steve... Du weißt schon, es gibt Wege, wie man sowas... beenden kann, oder?“ Steve schaut ihn groß an und rückt dann von ihm ab, wobei er alarmiert keucht: „Du willst es weg machen?“ Bucky hebt abwehrend die Hände, doch er sieht Steve in die Augen und sagt: „Nicht weil... Ich... Steve, mir geht es dabei um dich!“ Er schaut ihm auf den Bauch und erklärt leise: „Ich fände es schon schön, mit dir Kinder zu haben. Aber nicht, wenn du darunter leidest! Deshalb, ich will dir da nicht rein reden, aber wenn du es nicht aushältst...“, er schaut ihm wieder in die Augen, „dann musst du es auch nicht für mich. Das ist alles, was ich dazu sagen wollte. Ich würde dir nie einen Vorwurf deswegen machen.“

„Ich mir aber!“, gibt Steve heftig zurück und schlingt die Arme um seinen Bauch, als wolle er den Inhalt beschützen. Bucky rutscht wieder neben ihn und säuselt: „Ist ja okay, ich will dich doch nicht drängen Steve, wirklich nicht! Ich freue mich doch auch! Nur, du bist mir wichtiger, ich will, dass es dir gut geht. Darf ich mal fühlen?“ Er hält seinem Freund versöhnlich die Hand hin und Steve lockert seinen Griff etwas, um ihm Platz zu machen. Bucky streichelt seinen Bauch, legt den anderen Arm um seine Schultern, um ihn noch näher an sich ran zu ziehen, und gibt ihm einen Kuss auf den Scheitel.

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Die zwei Freunde bereiten sich also auf das Kind vor, es soll ein Mädchen werden. Sie gehen regelmäßig nach der Öffnungszeit zum Arzt, der sie weiter berät. Und ihnen freundlicherweise finanziell entgegen kommt. Bucky hatte als Versicherungsmakler zwar versucht, für Steve auch eine Krankenversicherung aus zu handeln, doch bei all seinen Vorerkrankungen waren die Prämien für die beiden einfach unbezahlbar. Wobei fraglich wäre, ob die in dem Fall überhaupt gegriffen hätte.

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Bucky hängt sich bei seiner Arbeit auch deshalb richtig rein, nimmt sich oft Papiere mit nach Hause, damit sein Einkommen gesichert ist. Denn Steve wird zumindest nach der Niederkunft nicht arbeiten können. Sie meiden das Thema, aber insgeheim gehen sie beide davon aus, dass Steve wohl kündigen und zuhause bleiben muss. Auch um seinen Zustand und ihre Beziehung vorerst weiter geheim zu halten. Mit ihrem Einverständnis weiht Bester jedoch zwei Personen über die Situation ein: Seinen guten Freund Samuel Roberts, einen Anwalt für Familien-, Straf- und Arbeitsrecht, und eine Hebamme, Wanda Rhodes, die früher Schwester in der Praxis war. Beide sollen bei der Geburt dazu geholt werden, um Zeugen zu sein, damit keiner die Vater-, oder eher Mutterschaft von Steve anzweifeln kann.

Der hat es auf seiner Arbeit derweil zunehmend schwerer, mit den anderen Schritt zu halten. Er muss immer wieder Pausen machen, was sowohl den Chef als auch seine Kollegen monieren, und Bucky macht sich Sorgen, ob Steve vor Erschöpfgung beim Streichen von der Leiter fallen könnte. Als Bester ihnen dann ebenfalls dringend rät, Steve für die letzten Wochen vor dem geschätzten Termin krank zu schreiben, nimmt er das Angebot dankbar an, auch wenn ihm zuhause fast die Decke auf den Kopf fällt, und er so auch Buckys Hausarbeiten oft übernimmt. Immerhin hat der so mehr Zeit für seine Akten.

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Bucks Ehrgeiz beeindruckt seinen Vorgesetzten durchaus, sodass der ihm bald eine Beförderung in Aussicht stellt. Allerdings bekommen seine Kollegen auch mit, dass er und sein Mitbewohner ein paar verdächtige Einkäufe tätigen. Also konfrontiert ihn Wilson, mit dem er gedient und der ihm den Job vermittelt hat, in ihrer Mittagspause: „Sag mal James, hat sich eine deiner Verflossenen bei dir gemeldet?“ „Was? Warum?“, fragt der verwundert zurück. „Naja, gibt eigentlich nur wenige Gründe für nen Junggesellen plötzlich Windeln und ne Wiege zu kaufen!“, erklärt sein alter Kamerad laut, sodass es auch ein paar Umstehende hören, „Also komm schon: Wie heißt die Glückliche?“

Sein älterer Kollege Green mischt sich ein: „Hey, aber erst heiratet ihr doch wohl, oder?“ „Wird's denn ein Junge oder ein Mädchen?“, will ihr jüngster Kollege Parker wissen und Lexfield, ein kräftiger Typ mit Brille, ruft rein: „Zur Geburt müssen Sie uns dann aber ein paar gute Zigarren mitbringen!“ Bucky will sich erst noch wehren: „Äh, so ist es nicht...“ „Ach komm, du kannst uns nichts vormachen, mein Schwager arbeitet in dem Geschäft, wo ihr eingekauft habt!“, grinst der andere Veteran jedoch. Parker witzelt: „Naja, vielleicht kriegt ja sein kleiner Freund den Nachwuchs?“ „Als ob!“, meint Lexfield. „Den lässt doch keine ran.“, ruft Trueberg rein, ein Typ der etwas abseits sitzt und raucht, und dem Bucky gern eine verpassen würde. Doch da fragt Green gespielt ernst und mit erhobenem Zeigefinger: „Oder macht ihr zwei etwa kranke Spielchen?“

Ein paar kichern daraufhin, mustern ihn aber um so neugieriger. „Nein, das... Okay. Ja es stimmt, es ist was unterwegs.“, gibt Bucky also hilflos zu, doch noch während die anderen pfeifen strafft er die Schultern und erklärt mit festem Blick: „Aber es ist leider nicht sicher, dass alles gut geht! Mehr will ich nicht sagen. Und es geht euch auch nichts an!“ Damit lässt er seine Kollegen einfach stehen und macht sich wieder an die Arbeit. Er geht ihnen danach mehr aus dem Weg, zum Einen, weil er nicht noch mehr blöde Sprüche hören mag. Zum Anderen aber auch, weil er seine Erklärung, die gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt ist, am Liebsten vergessen will.

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