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Im Abgrund

Steves Körper ist mit dem Serum gewachsen. Größer, stärker, robuster geworden. Er kann viel einstecken, mehr als früher. Und auch wenn Ketchup nicht das beste Gleitmittel ist, tun die zwei Tütchen ihr Bestes, das Ganze flutschen zu lassen. Fast wie Vaseline. Also tut es kaum weh. Und das macht es fast noch schlimmer. Wenn Cap sich wenigstens an dem Schmerz festhalten könnte. Den Angriff eines Feindes abwehren, und ums Überleben kämpfen müsste. Aber das ist es nicht.

Stattdessen nimmt er alles andere wahr. Den Geschmack von Blut und Ketchup in seinem Mund, Schweißgeruch, Waldboden, Blätter und Rauch von einem Feuer in der Nähe. Ein schwerer Körper, der auf ihm liegt und ihn kaum atmen lässt. Sich aus ihm zieht, wieder rein schiebt, wieder raus, wieder rein, langsam, fast zärtlich. Schmatzende Geräusche, Flammen knistern, ein heißer Atem der an sein Ohr rasselt, so laut, dass er nichts anderes hört. Außer der Musik vom Riesenrad in seinem Kopf.

Cap weint. Er fühlt sich dreckig, schuldig, elend, hilflos. Wieder wie der kleine Junge, der zu schwach zum Kämpfen war, und es doch immer wieder versucht hat. Nur diesmal nicht. Er versucht dem Abgrund zu entfliehen, sagt sich immer wieder: 'Das ist nicht Bucky, das ist nicht er, das ist nicht echt, das passiert nicht...' Doch da haucht ihm sein Freund plötzlich ins Ohr: „Oh Stevie... Stevie, wie eng du bist...“ Da beginnt Steve zu schluchzen. Die Tränen schütteln ihn, er zuckt immer wieder zusammen, und spürt so deutlich, was er nicht wahr haben will.

Er versteht es nicht, will es gar nicht erst verstehen. Wieso sein Freund ihm das an tut, wenn er ihn erkennt. Warum sein Folterer so sanft ist, wenn er ihn verletzen will. Ihn nichts fragt, oder ihn verhöhnt, sondern seinen Namen stöhnt, leise, als solle man sie nicht hören. Nicht erwischen. 'Er hat es nicht gewollt!', versucht Steve sich zu versichern, 'Er will das nicht, er wollte das nicht machen... Es tut ihm leid!' Doch er fühlt sich weiter hundeelend, und würde sich am Liebsten übergeben. Nur, dass er dann ersticken wird. Er hat doch Probleme damit, zu atmen. Ist viel zu schwach und zu klein, um sich zu wehren. Zu leise, um zu schreien. Und er will doch auch nicht, dass jemand sie findet und es sieht. Schließlich darf man das nicht.

Also hält Cap weiter still. Lässt es über sich ergehen, dass diese Kreatur die Hydra erschaffen hat sich an ihm vergeht, während sich in seinem Kopf die Puzzleteile zusammen setzen. Sich eine Erkenntnis nach der anderen einstellt, wie Schläge in die Magengrube, bis ihn der Ekel und die Schuldgefühle noch mehr nieder drücken, als Buckys Gewicht. Aber da beginnt der Winter Soldier, schneller zu werden. Er keucht ihm ins Ohr, rammt ihm sein Glied in den Hintern, dass es klatscht, und endlich tut es weh, rüttelt Steve aus seiner Starre auf, als er merkt, dass der Andere gleich fertig ist. Er will das nicht, es widert ihn an, will sich wehren, den Körper abschütteln, der sich umso heftiger an ihm fest krallt und stöhnt. Da fällt Caps Blick auf das Messer am Stamm.

Wenn er sich genug streckt, kann er vielleicht die Fesseln durch schneiden. Er reckt sich, überdehnt die Muskeln, und wird zur Strafe von der Hand an seinem Gesicht so fest gepackt, dass sie ihm fast den Kiefer bricht und er den Kopf in den Nacken legen muss, aber er hat den richtigen Winkel. Er reißt an dem Seil was ihm das Blut abschnürt, zerrt verzweifelt an dem Strick, während der Mann auf ihm in einer groben Stimme immer lauter schnauft: „Ja... ja... oh ja, Ja! JA!“ Und dann nimmt er endlich seine Hand von Steves Mund und packt stattdessen seine Schultern, Cap kann aufschauen und sieht, dass der Strick fast durch ist, nimmt einen tiefen Atemzug. Und schreit dann gequält auf, als der Winter Soldier ihn noch einmal heftig rammelt, seinen Körper dabei nach hinten krümmt, ihm die Knie in die Waden stößt und den Bauch weiter eindrückt. Alles tut weh, alles ist widerlich, alles ist falsch. Und es ist alles zu spät.

Steve bricht zusammen, als der Mann ihn los lässt und sich auf seinem Rücken entspannt. Das zerfranste Seil reißt und fällt nutzlos neben Steves weiterhin abgeschnürte Hände, und er selbst hat Mühe, sich auf zu stützen. Sein Zwerchfell zu entlasten, um zu atmen, während er verzweifelt zu verdrängen sucht, was sich jetzt in ihm befindet, und er betet still: 'Nicht kotzen. Nicht kotzen. Jetzt nur nicht kotzen, nicht auch noch das...' Sein ganzer Körper zittert und seine Zähne klappern aufeinander, doch er versucht auf zu stehen, muss kämpfen, schnell, solange er eine Chance hat. Und dann hört er plötzlich: „Steve?“ Dann nochmal, lauter: „Steve?!“

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Er dreht sich vorsichtig um. Bucky starrt ihn schockiert an. Haucht fast tonlos: „Was hab ich getan?“, um keine Sekunde später zu schreien: „Was hab ich getan? Oh Gott, Steve! Nein! Was hab ich dir angetan?! Nein!!!“ Er springt mit schreckgeweiteten Augen von ihm runter, streckt seine verschmierten Hände von sich und zittert. Steve röchelt mit Mühe: „Bitte mach mich los!“ Bucky wimmert leise, doch er reißt mit einem Ruck den Lederriemen durch, der Caps Füße fixiert. Und als Steve seine blau angelaufenen Hände hoch hält, muss er gar nichts weiter sagen, damit sein Freund eilig um ihn herum kriecht, um das Messer aus dem Stamm zu ziehen, und mit einer geschickten Bewegung die Schnüre durch zu trennen.

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Es ist als ob Caps Finger brennen, gleichzeitig hat er kein Gefühl in ihnen. Und doch reagiert er blitzschnell, als Bucks sich mit der Metallhand ans Gemächt greift und mit dem Messer in der Rechten zustoßen will, und schnauzt ihn an: „Lass den Scheiß!“ „Steve nein, fass ihn nicht an, ich hab dir damit weh getan.“, bittet Bucky, und versucht von ihm weg zu rücken, weil Steve seine Hände ebenfalls auf sein Geschlechtsteil gelegt hat. Aber der beharrt: „Lass es!“ „Ich hab dich verletzt!“, heult Bucks auf. „Es geht.“, versucht Cap zu behaupten. „Du blutest!“, insistiert sein Kumpel bebend, aber Steve braust auf: „Tu ich nicht! Du hast wieder Ketchup benutzt, deshalb sieht das so aus!“ Bucky starrt ihn entsetzt an. Zitternd fragt er: „Wieder?“

Steve vermeidet Blickkontakt und fordert stattdessen: „Gib mir das Messer! Und dann pack ihn ein, ohne dir weh zu tun, klar?!“ Buckys Hände öffnen sich, sodass das Messer zu Boden fällt, aber er wiederholt nur: „Wieder??“ Cap schnappt sich die Klinge und packt sie in eine Tasche, dann zieht er schnell seine Hosen hoch und muss husten. Sein Hals schmerzt und die Übelkeit lauert immer noch, sodass er nicht sprechen will. Als sein Freund also weiter bohrt: „Wieder? Ich hab dich...“, schreit er ihn plötzlich an: „Vergiss es einfach, okay?“ Doch sein Freund schreit genauso zurück: „Wie denn???“, sodass Cap zusammen zuckt. Er sieht die Verzweiflung in Buckys Blick, als der langsam seine klebrigen Hände an die Schläfen presst und wimmert: „Wie... bitte... ich weiß es doch nicht...“ Dann schließt er gequält die Augen und bibbert bloß noch vor sich hin.

Cap nutzt das Messer um seine Beine komplett frei zu bekommen, während er weiter seinen alten Kameraden beobachtet, der immer noch entblößt auf dem Waldboden kniet. Er muss sich zusammen reißen. Er kann sich jetzt nicht ekeln, nicht erschrecken, nicht weinen. Bucky ist zurück, er ist wieder er selbst, und er braucht ihn. Steve will ihn nicht wieder verlieren. Also versucht er sie beide zu beruhigen: „Das... es ist nicht so schlimm, ich komm klar. Wir müssen hier weg, komm!“ Aber sein Freund zittert weiter mit zu gepressten Augen. Er fordert erneut: „Zieh dich wieder an, Bucky. Ohne dich zu verletzen! Okay?“ Doch der reagiert nicht.

Also robbt Steve auf Knien zu ihm, und als er vor seinem Kindheitsfreund hockt, erklärt er so ruhig er kann: „Okay, dann mach ich es, ja? Erschrick bitte nicht, ich fass dich jetzt an...“ Er greift vorsichtig nach dem Stoff, und auch wenn Bucks sich krümmt, wird er nicht aggressiv, als Steve ihm die Hosen hoch zieht und schließt. Dann aber raunt er leise: „Und du fragst noch... Nachdem ich...“ Steve will relativieren, auch weil er sich wirklich so fühlt: „Ich hab es geschehen lassen, es ist auch meine Schuld...“

Darauf öffnet sein Kumpel die Augen wieder und sieht ihn entgeistert an. „Oh Gott nein!“, wimmert er erneut, „Bitte... es tut mir so leid, Stevie!“ „Hör auf, das warst nicht du! Dich trifft keine Schuld.“, versichert ihm sein Freund wieder etwas ruhiger. „Doch!“, beharrt Bucks, und als Cap erneut etwas einwenden will, erklärt er: „Du sagtest 'wieder'! Ich hab es 'wieder' getan! Also hab ich dich schon mal missbraucht!“ Steve will einwenden: „Nein, das war nicht...“, aber Bucky entgegnet aufgeregt: „Und ich kann mich auch erinnern! Ich... oh Gott... ich weiß es wieder... ich hab...“, dann bricht er zusammen, lässt den Kopf hängen und heult gequält: „Ich hab's verdient, dass sie das mit mir gemacht haben! Nach allem, was ich dir angetan habe... Ich hab's verdient...“

„Nein! Hör auf, hör auf Bucky, das stimmt nicht!“, ereifert sich Steve und greift seine Hände, „Das ist nicht wahr, sowas hast du nicht getan...“ Doch sein Kumpel sieht ihn fest an und fleht: „Bitte lüg nicht Stevie! Bitte! Ich weiß doch kaum noch, was real ist und was nicht! Bitte sag die Wahrheit! Warum erinnere ich mich daran, wenn es nicht passiert ist?“ Cap sieht seinen alten Freund mitleidig an, und der erzählt ihm: „Bitte Steve! Sie haben mir so vieles eingeredet, sie haben mich belogen und manipuliert und gezwungen, bis ich überhaupt nichts mehr verstanden habe, aber ich kann mich erinnern!“, er zittert und seine Augen sind weit aufgerissen, „Bitte, ich kann es vor mir sehen, ich kann es spüren, es ist doch was passiert, bitte sag mir die Wahrheit! Warum hast du 'wieder' gesagt? Bitte Stevie, lüg mich nicht an! Bitte! Keine Lügen mehr!“ „Okay, okay, ich erzähle es dir! Ich sag dir, was passiert ist.“, verspricht Steve da, und als er sieht wie Bucks reumütig zusammen zuckt, versichert er: „Zumindest soweit ich mich erinnere. Und es ist nicht so, wie du denkst!“

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Er spürt, wie sich sein Kindheitsfreund etwas entspannt, auch wenn er weiterhin verdächtig auf seine Tasche mit dem Messer schielt. Um ihn ab zu lenken fragt Cap also: „Sind wir noch in der Nähe des Flusses? Ich würde mir gern die Hände waschen und etwas abkühlen.“ Bucky blinzelt kurz ein wenig perplex, erklärt aber: „Ich habe uns so weit weg gebracht, wie ich konnte. Aber hier ist ein See in der Nähe.“ „Gut, dann bring mich da hin.“, fordert Steve, froh sich um etwas Organisatorisches, Unpersönliches kümmern zu können. Er steht auf und sein alter Kamerad tut es ihm gleich, doch er bleibt zunächst stehen. „Also?“, versucht er ihn an zu stupsen. Bucks blinzelt erneut unsicher, streckt dann eine Hand aus und deutet: „Da entlang.“ Cap nickt, deutet ebenfalls und findet: „Okay. Geh vor, ich folge dir.“ Bucky schaut ihn wieder etwas verloren an, doch dann stapft er einfach los. Steve tritt noch die Feuerstelle aus, deren Glut im Grunde schon runter gebrannt ist, und geht dann seinem besten Freund nach.