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"Wisst ihr noch wie wir damals dieses Schloss erkämpft haben?" Sagte Georg. Balthasar und Korr nickten. Ein leichter Wind ging über den Balkon, Korrs Haare flogen ihm ins Gesicht.

„Daran habe ich auch gerade gedacht.“ Sagte Balthasar ohne seinen Blick von der Stadt zu wenden.

„Ich auch und daran, wie wir es gegen die Verlorenen verteidigt haben.“ Korr überlegte, ob er jetzt gehen sollte, er war müde. Dann kam der König völlig betrunken und mit weit geöffneten Armen auf ihn zu und drückte ihn fest an sich.

„KVaaniraVaanirarr!“ Korr sah ihn, mit hochgezogenen Augenbrauen, von oben auf den Kopf.

„Eure Hoheit?“ Ike legte seine Hände auf seine Schultern und sah ihn an.

„Ich muss dir noch von meinen Sünden erzählen. Als Vaanira, pass auf.“ Balthasar und Georg wollten sich gerade in den Festsaal schleichen, als der König mit dreckiger Lache ihnen zurief.

„Hey. Nein, nein, ihr bleibt schön hier, lasst es mich erzählen. Noch maaaaal!“ Korr sah entnervt weg, als der König einen Arm um seine Schultern legte.

„Neulich, das bleibt aber unter uns?“ Der König sah sich verstohlen um. Alle drei nickten und der König fuhr fort.

„Neulich kam Anriel zu mir, weil sie Streit mit Jörn hatte und da hab ich sie so richtig getröstet! Ich hab es dieser kleinen Sau so richtig besorgt.“ Der König machte einen kleinen Satz nach hinten, hielt seine linke Hand flach auf Hüfthöhe, schob sein Becken mehrfach schnell nach vorne und hinten, wobei er mit seiner rechten Hand auf imaginären Pobacken schlug. Dann hob er den Zeigefinger vor seine Lippen.

„Das bleibt aber unter uns?! Jörn und Wilhelm dürfen das nicht wissen und die Königin auch nicht!“

Korr rollte die Augen und drehte sich weg. Der König versuchte sich in seinen Blick zu positionieren.

„Hey was ist denn los, ich bin noch nicht fertig.“ Korr sah ihm direkt in die Augen. Mit sakastischen Unterton, den der König im alkoholisierten Zustand nicht verstand, umging Korr das Gespräch mit ihm.

„Verzeiht mir, Hoheit, ich möchte euch bitten, mir diese Geschichte wann anders zu erzählen. Ich bin noch immer müde von meiner Reise und wenn ich euch vernünftig zuhören soll, muss ich für diese unglaublichen Geschichten ausgeschlafen sein.“ Der König wusste keine Antwort auf Korrs Aussage, also begab er sich tanzend wieder nach drinnen.

„Also gut Jungs, aber ihr wisst ja. Ihr wisst von nichts!“ Die drei sahen ihm nach.

„Er braucht nur die Aufmerksamkeit.“ Murmelte Balthasar.

„Seit wann ist er so? Ich verstehen es nicht.“ Sprach Georg.

„Ich auch nicht. Ob ihm die Krone zu eng sitzt?“ Sagte Korr und sie schmunzelten.

„Wer will noch ein Bier?“ Fragte Korr und die drei schritten in den Festsaal.

Zwei Wochen gingen ins Land und der Winter hatte begonnen. Es lag zwar noch kein Schnee, aber die Temperaturen gingen in Richtung Nullpunkt. Korr war nach ein paar Tagen Erholung wieder als Ausbilder bei den jungen Kadetten und musste feststellen, dass der Nachwuchs keine großen Lernerfolge zeigte. Er hatte sich vorgenommen, bald wieder die Hexe Bell Leana in Dimdor zu besuchen, doch wenn seine Bemühungen als Ausbilder keine Fortschritte zeigten, konnte er nicht ohne schlechtes Gewissen abreisen. Er konnte Wilhelm nicht alleine so einen Trupp unterrichten lassen. Also beschloss er, seinen Besuch bei der Hexe noch etwas zu verschieben. An diesem Tag hatte Korr gerade die zweite Trainingseinheit der Kadetten begonnen, als Pib zu ihnen auf den Übungsplatz eilte.

„Korr, es sind Fremde in der Stadt. Sie kamen durch das Osttor, auf merkwürdigen Reittiere, aber was noch viel komischer ist - sie sehen aus wie Elfen, nur mit grauer Haut.“ Korrs verwundertes Gesicht änderte sich in ein leicht mitleidiges und belächelndes.

„Das sind wohl Aschelfen oder auch Wüstenelfen genannt. Hast du noch nie einen gesehen?“

„Nein.“ Sagte Pib und zuckte mit den Achseln.

„Aschelfen sind ein friedliches Wüstenvolk. Solange man ihre Kultur respektiert. Sie sind bekannt für ihre Reittiere, mit welchen sie Handel treiben. Sie können angeblich Drachen zähmen, aber das halte ich für ein Gerücht. Was sicher ist, dass sie aus der Wüste kommen und wohl schon lange unterwegs sind. Wir sollten ihnen unsere Gastfreundlichkeit erweisen. Bring sie ins Schloss, Pib.“

„Wird gemacht.“ Sagte Pib und salutierte. Korr gab ihn ein Zeichen zu gehen und dies nicht wieder zu tun, schließlich waren sie schon lange Freunde und Pib kein Soldat in Ausbildung. Korr ging zu Wilhelm, welcher am anderen Ende des Übungsplatzes gerade seinen Trupp trainierte.

„Wilhelm, es sind Aschelfen in der Stadt. Wir sollten sie begrüßen. Es ist schon komisch, dass sie sich so weit weg von der Wüste befinden.“ Wilhelm drehte seinen stählernen Körper Korr zu.

„Vielleicht sind es adlige Aschelfen, die neue Bündnisse und Handelspartner finden wollen.“

„Das kann sein, wir werden es sehen.“ Sagte Korr, während er sich am Kinn kratzte.

Die Aschelfen betraten das Schloss durch den Haupteingang, alle fünf ritten auf, für diese Gegend, ungewöhnlichen Reittieren. Vorweg ritten zwei von ihnen auf großen sandfarbenen Echsen mit Dornen am Hinterkopf und Kinn, die wie ein Bart aus Horn aussahen. Sie bewegten sich träge und zischten ab und an mit ihrer gespaltenen Zunge. Ihre langen, dicken, mit groben Schuppen besetzten Schwänze zogen sie hinter sich durch den Sand des Übungsplatzes. Dann folgten zwei robust wirkende Elfen auf zwei Laufvögeln, welche zu den üblichen Reittieren der Aschelfen zählen. Die Vögel hatten eine Schulterhöhe von zwei Metern. Ihre Schnäbel waren groß, kurz und nach unten gebogen. Sie waren so hart, dass sie Schädel und Rüstung brechen konnten. Ihr Federkleid war dicht und gelbrot gefärbt. Den Schweif ließen sie, wie ein Pfau hängen oder stellen ihn auf. In der Region um Vaanira gab es eine Unterart mit blaugrünen Federn und längerem Schweif. Zuletzt stampfte ein Gombron durch das Tor. Ein entfernt mit Rhinozerossen verwandtes Tier, mit einem kurzen, stumpfen Horn auf der Nase. Die Haut des Tieres war ledern, faltig und grau. Es wog mehrere Tonnen und brachte die Erde in Schwingung bei jedem Schritt. Es füllte fast den ganzen Torbogen aus, da es mit viel Reisegepäck behangen war, welches bei jedem Schritt hin und her schwankte. Der massige Schwanz schleifte hinter ihm her und zog eine lange Spur durch den Sand. Auf ihm saß eine junge Aschelfe mit schwarzviolettem Haar und einer langen Narbe von Stirn über Schläfe, Wange und Hals bis zum Schlüsselbein. Sie hatte einen Irokesenschnitt, den sie nach hinten zu einem Zopf, an mehreren Stellen, zusammengebunden hatte. Er hing bis zu ihrem Busen. Trotz der sinkenden Temperaturen trug sie bauchfrei, eine lange Hose, welche sie in die Wildlederstiefel gesteckt hatte und eine Weste über dem kleinen Brustpanzer. Über den Unterarmen und den Händen trug sie fingerlose Lederhandschuhe mit Eisenplatten, auf denen ein Wappen graviert war. Die beiden Soldaten trugen leichte Rüstung. Der größere von beiden hatte kurze Haare, fast schon eine Glatze, eine Weste aus braunem Leder und mit weißen Pelzkragen. Eine Kriegstätowierung war auf der rechten Seite seines Gesichts. Der andere Soldat war dünn und nicht besonders groß, er hatte mittellanges weißes Haar mit leichtem Blaustich. Seine Augen waren ganz klar und himmelblau. Er trug Ohrringe in beiden Ohren und im linken einen zweiten, fast an der Ohrenspitze. Auch er hatte Handschuhe, die die Unterarme schützten und bei denen ein Wappen im Eisenschutz eingraviert war. Die beiden, die an der Spitze ritten, sahen sich sehr ähnlich, obwohl es eine Frau und ein Mann waren. Die Frau war hübsch, zierlich und hatte lange dunkelviolette Haare. Ihre Kleidung war im Gegensatz zu den anderen, in hellem Leder und weißen Metall gehalten. Es sah aus wie Elfenmetall, nur ohne den magischen grünen Schimmer. Goldener Schmuck und Verzierungen ließen annehmen, dass sie eine Adlige war oder zumindest aus gutem Hause kam. Ihre dunkle Haut warf einen starken Kontrast zu ihrer hellen Kleidung. Der Mann war groß und hatte breite Schultern. Er trug einen dunkelroten Umhang. Seine Rüstung war auch hell, wie die der jungen Frau und mit vielen goldenen Verzierungen. Sein Haar war streng nach hinten gekämmt, anscheinend mit Wachs oder Gel damit es hält. Er hatte feminine Züge und war glatt rasiert im schmalen Gesicht. Korr bemerkte die Waffen, drei von ihnen hatten Doppelklingen. Der Anführer, der schlanke Krieger und die Kriegerin. Der große Muskulöse führte eine Lanze mit sich und die Adlige schien keine Waffe zu tragen, doch an ihrem Gepäck erspähte Korr Bolzen für eine Armbrust. Die Neuankömmlinge hielten nach einigen Metern im Innenhof an. Wilhelm und Korr nahmen die fünf in Empfang. Korr ging einige Schritte nach vorne und begrüßte sie mit einer einladenden Handbewegung.

„Seid herzlich Willkommen im Namen des Königs von Vaanira in seinem Schloss. Ich bin Lord Korr und das ist Lord Wilhelm, auch wir begrüßen euch an unserem Hof.“ Der Aschelf in der hellen Rüstung schritt auf Korr zu. Er wirkte sehr erfahren als er sprach.

„Ich bin Prinz Arco aus dem Land Großlore vom Hof Zonna aus dem Geschlecht der Zonna. Dies sind meine Schwester, Prinzessin Azura,meine Freunde und Leibgarde, Hotor und Jemas. So wie die Kriegerin Intisa. Wir kommen von weit her und erbitten als Adelsgeschlecht um Unterkunft an eurem Hof.“ Korr reichte dem jungen Elf die Hand, dieser nahm sie zögernd und schüttelte sie dann fest.

„Willkommen, ich sehe ihr seid ehrenhafte Krieger und Nachkommen eines Königs. Das Geschlecht der Zonna ist selbst bei den North bekannt. Wir nehmen euch mit Freuden auf. Der König ist heute Abend wieder im Schloss. Ruht euch bis dahin noch etwas aus, in den Gemächern, die euch zugeteilt werden.“

„Wir haben zu danken Lord Korr, es ist uns eine Ehre.“ Korr und Wilhelm schüttelten allen Aschelfen zur Begrüßung die Hand, wobei Wilhelm nur seinen Zeigefinger nahm, welcher so dick wie ein durchschnittlicher Arm war. Die Elfen wurden zu ihren Zimmern geführt.Als Korr und Wilhelm am späten Nachmittag dem König von den Ankömmlingen berichteten, veranlasste er die Vorbereitungen für ein großes Abendmahl.

Die Tafel war reichlich gedeckt, es gab für jeden Geschmack etwas. Die besten Rindersteaks vom Grill mit Kräuterbutter und Kartoffeln. Zehn Stunden lang, bei niedriger Temperatur gegart, Schweinenacken aus dem Räucheroffen. Goldlachse, welche viel aromatischer und wohlschmeckender waren als herkömmlicher Lachs. Spanferkel, Ente und verschiedenstes Fleisch von Riesenechsen. Dazu gab es Gemüse und Salate in jeder erdenklichen Vielfalt. Von einfachen Erbsen und Möhren bis hin zu Golempilzen, eine Unterart des Steinpilz, die auf dem Rücken von Steinwiddern wachsen, welche drei Meter groß werden können und gigantische Hörner haben. Für die Beschaffung dieser Pilze werden so genannte Gourmetjäger ausgebildet. Sie sind spezialisiert darauf, solche Kostbarkeiten wie den Golempilz oder zum Beispiel die Nachtlichtschnecke, eine Schnecke, die sich nur nachts in den giftigen Sümpfen von Holgor zeigen, zu beschaffen. An der langen Tafel aßen der König und die Königin, die vier Lords des Schlosses und die fünf Aschelfen. Sie hatten ihre Rüstungen nun abgelegt und trugen über ihren leichten Stoffgewändern, Mäntel aus Wildleder. Man sah ihnen an, dass die kalten Temperaturen der Region ihnen nicht gefielen. Während der König sich Wein nachschenkte, führte er sein Gespräch, welches er mit dem Anführer der Gruppe hatte, fort. Der Rest der Gäste war in ihren Gesprächen vertieft.

„Ihr seid sehr weit vom Weg abgekommen, nach dem Angriff der Verlorenen, wenn ihr zur Hauptstadt wollt. Ich meine ihr seid hier wieder richtig und es ist so gesehen kein langer Weg mehr, aber der Zeitverlust ist enorm.“ Sagte der König Ike bevor er einen großen Schluck von seinem Wein nahm.

„Ja, und hätten sie uns nicht mit ihrem Fahrzeug gejagt, welches zum Zermetzeln von Lebewesen gedacht ist, hätten wir wohl auch nicht den Weg verloren. Dieses Fahrzeug war groß und an seiner Front drehte sich einen Stahlrolle, welche mit unzähligen langen Stachel besetzt war. Fast einen Tag haben sie nicht locker gelassen, unsere Tiere waren erschöpft wie noch nie in ihrem Leben. Der Gombron ist uns auch noch durchgegangen. Wir haben ihn tagelang gesucht und fanden ihn zum Glück vor den Toren der nächsten großen Stadt. Ich glaube einen Monat Zeit haben wir verloren, wir sollten schon längst in der Hauptstadt sein. Ich habe unsere Leute dort bereits informiert und auch meinen Vater, welcher nicht besonders erfreut war, dass unsere Verhandlungen nun ins Wanken geraten.“ Er schüttelte genervt den Kopf und der König ergriff wieder das Wort.

„Mit den Verlorenen hatten wir auch schon unsere Probleme vor einigen Jahren. Wenn alle informiert sind, ist doch gut. Wir haben hier auch ein Magnitech mit Verbindung zur Hauptstadt, wenn ihr dort noch irgendetwas regeln müsst oder woanders, könnt ihr es gerne nutzen.“

„Nein danke, die Aschelfen in der Hauptstadt wissen Bescheid und erwarten uns nicht vor nächstem Monat. Ich denke aber, wir könnten schon in einer Woche da sein.“ Sagte Arco und biss von seinem Knoblauchbrot ab, bevor er sich ein Stück vom Rindersteak abschnitt und aß. Der König nahm einen weiteren Schluck Wein, dann sprach er weiter.

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„Ihr seid herzlich willkommen bei uns. Bis zum nächsten Monat ist es noch hin, ihr könnt hier ruhig ein, zwei Wochen bleiben und dann weiter ziehen.“

„Erst einmal danken wir für das Mahl und die Unterkunft für die Nacht. Ich hoffe, wir machen euch keine Umstände.“

„Dafür müsst ihr euch nicht bedanken. Ihr seid meine Gäste. Aber Prinz Arco, jetzt erzählt doch mal, warum ihr in die Hauptstadt müsst? Habt ihr ein Handelsabkommen?“ Ike beugte sich zu seinem Gast und wurde etwas aufdringlich. Arco schluckte sein Stück Steak herunter und spülte mit Wasser nach.

„Auch, ja. Wir bringen vier Reittiere in die Hauptstadt und dann wird meine Schwester ihren zukünftigen Mann kennen lernen. Es ist der Sohn des Botschafters der Aschelfen in der Hauptstadt.“ Erklärte Prinz Arco dem König.

„Und wieso kennen lernen? Wenn sie schon weiß, das sie ihn heiraten möchte?“ Fragte Ike mit einer Art, welche die anderen an Pib erinnerte. Arco sah ihn gelassen an.

„Sie kennt ihn nicht und er wird ihr zeigen, wo sie leben werden und ihr sagen, was seine Erwartungen an sie sind, damit sie sich darauf vorbereiten kann.“ Ike bekam große Augen.

„Wie? Sie darf nicht entscheiden, ob sie diesen Mann auch wirklich heiraten möchte? Das wird für sie entschieden und sie muss damit leben?“

„Ja. Es sei denn, sie kann gute Gründe nennen, warum sie nicht möchte und unser Vater kann dieses nachvollziehen oder ihr Zukünftiger ist dagegen. Dies wird nicht der Fall sein, denn sie ist ihm bereits von Bildern bekannt und eine hübsche Prinzessin an der Seite eines zukünftigen Botschafters macht sich immer gut. Es geht eher darum, dass meine Schwester jemanden heiratet, der eine hohe Position hat. Da sie die jüngste ist und es mit unserem Königreich nur noch drei weitere Aschelfen Königreiche gibt, bleibt ihr nur noch einen Politiker von hohem Rang zu heiraten. Mein großer Bruder übernimmt den Thron meines Vaters. Meine große Schwester regiert bereits mit ihrem Mann in Midloree das Reich der Aschelfen. Ich werde mit meinerzukünftige Frau das zweite Reich der Aschelfen in Groß Loree regieren.“

Prinzessin Azura sah mit traurigem Blick auf ihr Essen. Der König sah sie an und fand, dass sie wirklich sehr hübsch war. Eine Elfe hatte er noch nie und dann auch noch eine Aschelfe, die schon jemanden versprochen war. Das macht die Sache für ihn noch interessanter. Nun hoffte er, dass die Aschelfen länger in seinem Schloss bleiben würden. Er sah wieder zu Arco.

„Und wenn sie ihn nicht heiraten will? Dann wäre doch ein Adliger bestimmt gut oder?“ Hakte König Ike nach.

„Natürlich.“ Erwiderte Arco.

„Je höher im Rang desto besser. Aber wie gesagt, es gibt keine weiteren Adligen in Loree. Mein Vater hat vier Kinder. Der zweite Aschelfen König in Groß Loree zwei und der Einzige König in Midloree eins.“ Erläuterte Prinz Arco. Ike zeigte auf sich selbst.

„Also, wenn ich als der König Interesse hätte, dann…“ Arcos begann zu lachen wie jemand der schon viel getrunken hatte. Dabei trank er nur Wasser. Die Königin warf dem König einen bösen Blick zu. Ike nahm diesen wahr, schenkte ihm aber keine weitere Beachtung. Während Arco weiter lachte.

„…Ihr…Ihr wollt allen Ernstes. Nichts gegen euch, aber sie braucht einen Mann, der Würde und Ehre ausstrahlt. Der sie beschützen kann. Verzeiht mir, aber ihr seht mir nicht wie jemand aus, der sich selbst die Hände schmutzig macht.“ König Ike sah den Prinzen böse an, in seinem Kopf schmiedete er jetzt ernste Pläne, wie er die junge Aschelfe verführen könnte. Das musste er sich nicht bieten lassen, dachte er sich.

„Und nur, dass ihr es wisst, ihr seid kein Aschelf, sondern ein Mensch, also wird da sowieso nichts draus, eure Hoheit.“ Ike sah ihn verwundert an.

„Moment, sie muss auch einen Aschelf heiraten und darf keinen Menschen oder jemanden aus einem anderem Volk zum Mann haben?“

„So ist es. Wäre sie keine Adlige, wäre es wieder etwas anderes, aber als Prinzessin darf unsere Linie nicht verschmutzt werden. Früher hatten wir Aschelfen einen Groll gegen alle Völker von Delija. Weil sie uns in die Wüsten von Loree getrieben haben aufgrund unserer Erscheinung. Wir worden für Dämonen oder böse Kreaturen gehalten. Selbst andere Elfen Völker fürchteten uns und jagten uns. Das liegt natürlich Urzeiten zurück und unser Verhältnis mit andern Völkern hat sich mittlerweile ja normalisiert. Doch früher wurden Mischlinge aus Aschelf und einem anderen Volk verstoßen und getötet von uns Aschelfen. Wir haben sie Kreaturen geschimpft und gehasst. Wir waren nicht besser als die Anderen. Es hat sich geändert und wir akzeptieren Mischlinge. Aber sie haben es immer noch schwer. Und am Königshof darf es nicht vorkommen. Unsere Tradition ist uns sehr wichtig und wir mögen es gar nicht, wenn sie mit Füssen getreten wird, eure Hoheit.“ Es war keine Aggression in seiner Stimme. Sie hatte eher etwas Belehrendes. Arco nahm einen Schluck Wasser. Ike schüttelte den Kopf.

„Ich verstehe. Mir sind eure Geschichte und eure Tradition nicht bekannt. Das muss ich gestehen. Ich komme aus Contor, also von einem anderen Kontinent und dort gibt es so gut wie keine Aschelfen. Sie haben dort auch kein Königreich. Ich kann das mit der arrangierten Hochzeit und der reinen Linie nicht nachvollziehen. Wie kann man denn so denken, wenn wir heutzutage in einer…?“ Korr unterbrach ihn.

„König Ike. Ich denke, ihr solltet unsere Gäste nicht versuchen in ein Gespräch zu verwickeln, in dem es um den Glauben von Jemand geht. Verzeiht, Prinz Arco.“ Der König wusste nicht, was er darauf sagen sollte, der Aschelf nickte Korr mit einem freundlichen Lächeln zu.

„Einen klugen Lord habt ihr dort gewählt, Eure Hoheit. Er weiß anscheinend, was Respekt anderen Zivilisationen und Völkern gegenüber bedeutet, schließlich kommt er ja auch aus einer anderen Kultur. Und er kennt sich auch allgemein aus.“ Korr sah den König nur mit ernstem Blick an, der König verdrehte die Augen, schüttelte den Kopf.

Die Sonne senkte sich in Richtung Horizont und ein leichter Wind ging durch die Bäume. Im Schulungsbereich des Schlosses war Vincent gerade in den letzten Zügen seines Unterrichts über Ungeheuer und Dämonen, effektive Magie und Kampfstrategien. Korr lehnte in der Tür des großen Unterrichtsraums, in dem rund hundert Schüler Platz hatten. Die meisten waren junge Magier, aber es waren auch einige sich in der Ausbildung befindende Soldaten unter ihnen. Dieser Unterricht ließ Korr an die Erziehung bei den North denken. Waren die North vier oder fünf Jahre alt, so wurden sie das Allgemeinwissen der North gelehrt. Begonnen hatte dies mit den Grundgesetzen und der Kultur der North. Dazu gehörten die Götter, welche die North verehrten, die Geschichte des Landes und die Entwicklung des Volkes. Die Grundgesetze waren jedem North geläufig, Ehre das Leben, Töte niemals ohne Grund, Respektiere jeden so lange er es verdient hat und beschütze die Schwachen. Dies waren die vier großen Punkte, die im Kodex standen. Es ging dann weiter mit Tier und Pflanzenkunde, Überleben in der Wildnis, Jagen, Monster und Dämonenwissen und Geografie. Später kamen noch Unterrichtsstunden, die den jungen North die anderen Völker der Welt näher brachten und auch deren Kultur, zwar nicht besonders tief, aber immerhin gut, erklärten. War ein Northschüler dann bereit am Kampftraining teilzunehmen, teilte der Unterricht sich auf. Nach zwei Jahren Waffenunterricht mussten sich die Northkinder auf eine Waffe festlegen. Mit sechzehn Jahren sollte sich ein North überlegen, wenn er weiter Dienst an der Waffe führen wollte, ob er ein Krieger oder ein Monsterjäger werden will. Dann teilte sich die Ausbildung ein weiteres Mal. Sollte ein North einen anderen Weg wählen wollen, so standen ihm alle Türen offen, nach und schon während der Ausbildung. Die meisten Schüler wurden mit zwölf, oder sogar schon mit zehn, im bewaffneten Kampf unterwiesen. Korr war acht.

Korr wurde aus seinen Gedanken gerissen als Vincent ihn mit seinen Katzenaugen ansah, während er weiter über zweiköpfige Seeechsen redete. Der Katzenmensch registriert Korr und nickte ihm zu.

„…bedenkt immer, dass ihr Schwachpunkt auch ihre Stärke ist. Die langen Hälse können sehr flink nach vorne schnellen und wieder auf Distanz gehen. Wie immer empfiehlt es sich gezielt mit Blitzmagie gegen Wasserkreaturen vorzugehen. Das Risiko hier ist, selbst einen Schlag zu bekommen. Diese Monster beherrschen selbst keine Magie und können daher auch mit Erdmagie angegriffen werden. Ein gezielter Blitzschlag ist bei einem Rückzug des Monsters ins Wasser vielleicht angebracht. Bis auf seine dicke Beschaffenheit ist die Haut des Monsters auch mit Klingen und Kugeln verletzbar." Nun blickte Vincent in überwiegend gelangweilte, junge Gesichter. Er fuhr mit den Fingern seiner rechten Hand durch seine Mähne an Kinn und Hals.

„Ich denke, wir sollten ein anderes Mal weiter machen, es ist ja auch schon fast dunkel. Denkt an die Prüfung, die nächste Woche in Pflanzenkunde ansteht. Ab Morgen unterrichtet Balthasar wieder Monsterkunde. Thema Giganten Schildkröten, von zwei bis zwanzig Meter. Also einen schönen Abend noch.“ Noch bevor Vincent den letzten Satz beendet hatte, verließen die ersten den Raum. Sie gingen an Korr vorbei. Manche beachteten ihn nicht, einige grüßten ihn und ein paar der jungen Mädchen tuschelten und kicherten, als sie ihn passierten. Eine von ihnen kam Korr bekannt vor. Als der letzte Schüler aus dem Raum war, schritt Korr die Treppe zu Vincent herunter, der am Rednerpult seine Notizen zusammen packte.

„Korr. Was verschafft mir die Ehre?“ Fragte Vincent ohne aufzusehen.

„So überrascht mich zusehen, mein altes Zottelchen?“ Vincent stoppte in der Bewegung, drehte langsam seinen Kopf und sah Korr mit hochgezogener Augenbraue an. Dann ließ er die Zettel sinken, die er soeben noch mühevoll zusammen gesucht hatte. Er verschränkte die Arme. Vincent war einen guten Kopf größer als Korr, seine mächtige Mähne ließ ihn sehr imposant aussehen, obwohl er die wohl ausgeglichenste Person war, die Korr kannte. Nicht einmal Balthasar war so tiefenentspannt wie Vincent.

„Okay? Was ist los, Korr? Bist du betrunken?“ Korr machte ein freundliches Gesicht.

„Deine neue Angebetete ist also eine Schülerin von dir, du alter Lüstling.“ Vincent verdrehte die Augen und atmete schwer aus.

„Schon gut. Bei euch Felise kann man das Alter ja zum Glück schwer schätzen. Wie viel Jünger ist sie fünf, zehn oder gar zwanzig Jahre als du?“ Kraftlos gab Vincent seine Antwort und bereute es zu gleich.

„Fünfzehn, Korr.“

„Oh, Fünfzehn ich war ja gar nicht so schlecht.“ Freute sich Korr

„Korr, was willst du, wenn das alles ist, dann geh jetzt, bitte.“ Vincent zeigte mit der flachen Hand zur Tür.

„Ganz ruhig, mein Bester, ich wollt dich doch nur etwas aufziehen. Ich wusste nicht, dass du sie so jung magst. Schön, ich freu mich für dich Pelzkopf.“

„Es ist schwer genug eine andere Felise auf diesem Kontinent zu finden. Sie ist sehr klug und auch noch schön, also kannst du mir jetzt bitte sagen, was du eigentlich willst?“

„Oh, die Katze zeigt die Krallen!“ Scherzte Korr.

„Das ist nicht dein Ernst? Willst du jetzt die ganze Zeit solche schlechten Witze machen? Ich glaube, dass die dir nämlich schnell ausgehen, mein Freund.“ Vincent legte den Kopf leicht schräg.

„Entschuldige, Vincent, ich habe leider kein Wollknäuel für dich zum Abreagieren hier.“ Zwei Sekunden Stille, dann drehte sich Vincent um und packte weiter seine Sachen.

„Ich gebe es auf. Du bist und bleibst ein Idiot.“

„Jetzt sei mal nicht so Vincent. Es geht um Ike.“ Vincent drehte sich wieder zu Korr um, verschränkte die Arme erneut und sah ihn erwartungsvoll an. Korr fuhr fort.

„Ich glaube, er hat etwas sehr dummes vor. Ich meine, hast du mitbekommen, wie er sich den Aschelfen gegenüber verhalten hat, als es um ihre Einstellung zum Thema Beziehungen und Ehe ging?“ Vincent nickte und schwieg einen Moment.

„Ja, ich muss sagen, Ike hält nicht viel von den Kulturen anderer Völker. Er meint halt, dass ihre Ansicht veraltet und dumm ist. Sie ist veraltet. Ja, das stimmt, aber man sollte da nicht so forsch dran gehen und mit dem Finger auf diese Personen zeigen. Dumm ist die Ansicht nicht. Und Prinz Arco hat ihm ja einen Auszug der Geschichte der Aschelfen gegeben. Ich denke, man kann nachvollziehen, warum das Königsgeschlecht Wert darauf legt, rein aus Aschelfen zu bestehen. Ike hat Glück, dass der Prinz so gar nichts von ihm hält und ihn auch nicht ernst nimmt.“ Vincent überlegte kurz.

„Ike bringt den Aschelfen keinen Respekt gegenüber. Ich sage nicht, dass die Ansicht der Aschelfen die Richtige ist, aber in ihrer Kultur ist es halt noch so geregelt. Er sollte dass einfach so hinnehmen.“ Korrs Blick wurde sehr ernst.

„Ganz meine Meinung. Allerdings glaube ich, Ike könnte etwas sehr Dummes vorhaben, Vincent.“

„Was soll er schon machen.“ Wollte Vincent wissen.

„Vincent, ich weiß nicht, wie weit du in der Materie von Ikes Affären bist. Doch ich denke mal, es ist auch dir zu Ohren gekommen.“ Vincent räusperte sich.

„Mir ist bewusst, dass Ike Cathwin mit Anriel betrogen hat, aber ich denke nicht, dass er vor hat, sich noch weiter Affären anzulachen.“ Korr sah sich kurz um.

„Ich habe es bis jetzt nur Balthasar gesagt, aber eins der Dienstmädchen aus meinem Flügel hat mir erzählt, dass sie mit ihm schlafen musste. Er erzählte ihr, es sei keine Stelle mehr für sie frei.“ Vincent zuckte leicht mit den Schultern.

„Jetzt ist die Frage, wem traut man. Sie könnte auch lügen, um ihn eventuell noch etwas anzuhängen. Es würde wohl Aussage gegen Aussage stehen. Ich persönlich weiß nichts von weiteren Affären des Königs.“ Sie sahen sich an. Vincent zog die Augenbrauen hoch. Dann ergänzte er.

„Ja, gut. Du hast Recht, die Sache mit Ellie. Das sollte man nicht vergessen.“

„Ich könnte mir vorstellen, dass er die Aschelfen Prinzessin verführen möchte und ich befürchte, dass sie darauf eingehen könnte. Es kam mir so vor, als sei sie selbst mit ihrem Schicksal unzufrieden.“ Vincent sah nachdenklich zu Boden.

„Wenn das raus kommt, beziehungsweise sollte es dazu kommen, dann haben wir hier einen Krieg. Ich glaube nicht, dass die Aschelfen da Spaß verstehen. Für ihre Ehre töten sie alles und jeden, wenn es sein muss. Wir hätten jetzt, wo wir Adlige vom Hofe Zonna zu Gast haben, gute Chancen auf Handelsbündnisse. Die Linie des Zonna ist eine der mächtigsten und größten Aschelfen Linie. Wenn ich alleine an die Reittiere und die Rohstoffe denke, dann...“ Vincent stoppte, da er merkte wie er abschweifte.

„…Aber ich denke, dass ist ein anderes Thema.“ Vincent sah Korr wieder an. Korr dachte sich, dass Vincent wohl ein weitaus besserer König gewesen wäre als Ike. Nicht nur aufgrund seines Intellekts, sonder auch, weil er von allen Bereichen, die wichtig für das Regieren eines Schlosses waren, etwas verstand. Und er hatte ein großes Allgemeinwissen. Vincent sprach mit ruhiger Stimme.

„Ich vermute, du hast Recht, Korr. Doch man kann nie wissen, ob es soweit kommt. Vielleicht zeigt die Prinzessin ihm gegenüber auch nur Abneigung. Was wohl das Beste wäre und ihn maßlos ärgern würde. Vielleicht schlafen sie miteinander und es kommt niemals raus und wir brauchen keine Angst vor einem Krieg haben. Genauso könnte es den Elfen egal sein...“ Vincent legte eine nachdenkliche Pause ein.

„…oder nicht und wir werden von ihnen angegriffen.“

„Was denkst du, sollten wir machen?“ Vincent überlegte einen längeren Augenblick. Dann seufzte er.

„Wenn ich das wüsste, Korr. Wenn ich das nur wüsste. Ich denke, wir sollten mal alle mit ihm reden. Alle zusammen. Vielleicht gibt ihm das ja was zum Nachdenken. Er muss einfach nur die Gefahr dahinter verstehen.“

„Ich denke auch, dass ein Gespräch notwendig ist. Wenn wir alleine mit ihm reden, dann ist es ihm egal. Es wird ihm wohl auch so egal sein, aber einen Versuch ist es wert.“

„Gut. Ich denke dass ist das Richtige. Was ist mit dir, Korr? Wolltest du nicht die Tage die Hexe Bell Leana besuchen? Ich hätte da noch einige Kräuter und Tränke, die ich ihr schulde, die könntest du doch mitnehmen, oder?“

„Ja, das mache ich noch beizeiten. Ich sag dir Bescheid, wenn ich aufbreche. Jetzt braucht Wilhelm erstmal meine Hilfe bei den neuen Rekruten.“

„Gut, dann weiß ich Bescheid. Wenn du mich entschuldigst, ich habe einiges zu erledigen.“ Sagte Vincent, während er sich seine Bücher und Unterlagen unter den Arm klemmte. Korr lächelte ihn an.

„Aber natürlich und schön vorsichtig mit den Krallen.“ Vincent atmete entnervt aus und Korr machte ein übertrieben dummes Grinsen.

„Ist schon gut, Korr. Ich freu mich, dass auch du mal 'lustig' sein kannst.“ Bei dem Wort lustig, hob Vincent seine rechte freie Hand und bewegte seinen Zeige- und Mittelfinger zweimal schnell auf und ab. Jetzt sah Korr ihn verwundert an.

„Was sollte das mit den Fingern?“

„Nichts, ich muss jetzt los.“ Die beiden schlugen freundschaftlich und kräftig die Hände zusammen. Dann verließ Vincent den Schulungsraum. Korr rief ihn noch nach.

„Was sollte das mit den Fingern Vincent?! Sag es mir!“ Als Vincent abbog, zeigt er Korr noch kurz den Mittelfinger über die Schultern und rief.

„Fick dich, Korr!“ Korr lächelte und begab sich in seine Gemächer.