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Fabrik

Die Zeit verstreicht im Nu. Die rostigen Tore der Kommune verlieren sich immer weiter hinter ihr. Riesige Türme aus seltsamem grellen Metall nähern sich ihr mit jedem Schritt, welcher Soda weiter von ihrer Heimat entfernt. Selbst innerhalb der Kommune ist sie schon viel auf Trab gewesen, aber sich so weit zu entfernen ? Das hat Soda noch nie gewagt.

Ein Kribbeln wandert bis in ihre Zehenspitzen. Zitternd umklammern ihre Finger den Gurt ihrer Tasche, als ihre Silhouette von dem riesigen Obelisk vor ihr, in einen kühlen Schatten gehüllt wird. Weder ein zwitschernder Vogel, noch das rauschen der Baumkronen im Wind war zu hören.

Im Umkreis von mehreren Metern sind weder Bäume noch kleine Sträucher in der Nähe dieser alten Ruine. Als würde der riesige Turm die Energie aus dem Boden saugen.

„Nur ein paar Platten...danach bin ich weg."

Soda versucht verzweifelt, sich zu motivieren, damit ihre zitternden Beine sich langsam in Bewegung setzen.

„Ich habe keine Angst...absolut nicht."

„Rein und raus, so einfach ist das."

Kaum hebt sie ihr Bein an, um den ersten Schritt zu setzen, schreckt Soda laut auf, als sie ein metallisches Klirren hinter sich hört. Als sie sich umdreht, findet sie jedoch nichts weiter als eine Ratte, die an einer Blechdose verbissen knabbert. Offenbar leben im Umkreis der Fabrik doch noch ein paar Tiere...

Erleichtert atmet sie aus und läuft in den riesigen Bogen, der den Eingang der Fabrik symbolisiert. Alleine dieser ist gut zehn Meter hoch und lässt die ohnehin schon kleine Figur von Soda noch viel mickriger wirken. Wie eine Fliege im Vergleich zu einem Elefanten...auch wenn sie keine Ahnung hat, was ein Elefant überhaupt ist.

Der Eingangsbereich der riesigen Fabrik war steril und weiß mit kalten, glänzenden Steinen geschmückt. Der Geruch von altem Metall bohrt sich durch ihre Nase. Alleine diese Halle war zehnmal größer als die gesamte Kommune.

Warum wohnen wir nicht hier ? Da haben wir ein stabiles Dach für alle...

Denkt sich Soda, als ihr Blick die merkwürdig hohen Decken der Fabrik trifft.

Kein Mensch der Welt braucht so viel Platz. Hier kann man zehn, wenn nicht sogar zwanzig Kommunen ohne Probleme unterbringen. Dennoch fühlt es sich so an, als würde jemand sie beobachten. Kopfschüttelnd unterdrückt sie diesen Gedanken und läuft tiefer in die Fabrik.

Je tiefer Soda in die Fabrik läuft, desto unangenehmer wird es für sie. Die Gänge führen fast endlos nach unten und die Stufen der verschiedenen Treppen sind so riesig, dass Soda von jeder Stufe abspringen muss wie vom Dach einer Metallhütte.

Mit kratzender Kehle und verschwitzten Klamotten, kommt sie am Ende der riesigen Treppe an und nimmt tiefe Atemzüge, während sie sich an der Wand abstützt. Die Metallplatten da hoch zu bekommen, wird ein riesiger Kraftakt werden. Aber wenn es den Leuten im Dorf wirklich helfen kann, ist es das ganze Wert.

Mit neuer Motivation richtet sich ihr Blick auf den düsteren Gang vor ihren Augen. Ein paar grelle und flackernde Lampen beleuchten einen Weg vor ihr, welcher so lang ist, dass man nicht einmal dessen Ende sehen kann.

„Verdammte scheiße..."

Pustet sie angespannt.

Mit genau solchen Sachen fangen die Gruselgeschichten an, welche Blume ihr immer zum Einschlafen erzählt hat. Soda hasst diese Geschichten, sie bevorzugt seine Heldengeschichten oder die Gedichte, welche der alte Mann aus seinen zahlreichen Reisen geborgen hat.

Doch Geschichten helfen ihr nicht weiter. Zumindest jetzt nicht. Ihre Schuhe treten auf den kahlen Boden, ihre Augen versuchen verzweifelt, das Ende des Tunnels zu fixieren. Riesige Tore aus Metall stehen in regelmäßiger Reihenfolge auf beiden Seiten des Ganges nebeneinander. Jedes dieser Tore ist mit mächtigen Ketten verschlossen. Nicht einmal das beste Werkzeug könnte diese Ketten zertrennen.

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Eine absolute Stille umhüllt Soda. Mit schwerer Atmung und nervös-pochendem Herz, entdeckt sie eine der vielen Metalltüren, die sich von den anderen unterscheidet. Sie ist nicht verschlossen. Ein kleiner Spalt – welcher groß genug war, um hindurchzusehen – offenbart ihr, was auf der anderen Seite liegt.

Neben absoluter Finsternis, blicken ihre neugierigen Augen auf eine flackernde Lampe, welche dumpf ein paar Metallgegenstände am Boden beleuchtet.

Plötzlich wirkt ihre Angst wie weggeblasen; sie hat gefunden, wofür sie in diese Fabrik gekommen ist. Mit breitem Grinsen quetscht Soda sich durch den schmalen Spalt und steht inmitten des dunklen Raumes.

„Die werden vor Neid sterben..."

Flüstert Soda zu sich selbst, während die Metallgegenstände ihre Finger berühren. Platten und sehr mächtige Barren, die auf merkwürdige Art und Weise miteinander verkabelt sind.

Seufzend kramt sie ein Messer aus ihrer Werkzeugtasche und beginnt eines der vielen dicken Kabel durchzuschneiden. Minuten später ist das Werk vollbracht. Fehlen nur noch mindestens zehn weitere...

Piep

Ein monotones Geräusch fliegt wie ein kalter Schauer über ihren Rücken. Als sie sich umdreht, starrt Soda in absolute Dunkelheit. Nur das flackernde Licht der Lampe sowie die Helligkeit aus dem Türspalt gibt ihr etwas Orientierung.

Der Raum wirkt genauso leer wie vorher. Mit zitternden Händen dreht sich Soda wieder zu den Metallplatten.

Sie sind weg ?!

Die Platten, welche Soda noch vorhin von ein paar Kabeln getrennt hat, sind wie vom Erdboden verschluckt. Ohne ein Geräusch von sich zu geben oder andere Indizien für eine Bewegung aufzuweisen, sind die metallenen Objekte verschwunden.

Piep

Das monotone Geräusch tönt erneut auf. Diesmal ist es jedoch lauter und wirkt...näher. Kalter schweiß tropft von ihrer Stirn. Ihr Atem schneidet sich beißend in ihre Kehle. Mit einer konzentrierten Bewegung dreht sie sich um...

Nichts ?!

Nach wie vor war nichts zu sehen. Die Lampe flackert, die Tür ist geschlossen. Moment.

Die Tür ist geschlossen...

Panisch steht Soda auf und versucht verzweifelt, die übergroße Tür auf festen Metall in Bewegung zu setzen. Natürlich bewegt sich diese keinen Millimeter. Mehrmals stemmt sie ihren Körper gegen die Klinke oder zieht mit aller Kraft an dieser. Ohne jeglichen Erfolg.

„Verdammt !"

Zischt Soda aggressiv und lässt sich verzweifelt auf den Boden fallen.

Klick

Klick

Klick

Metallisches Klappern dröhnt in Sodas Ohren. Als würden dutzende Metallplatten über den Boden geschliffen werden, oder über die Decke... Die Decke !

Ein Blick nach oben lässt ihren ganzen Körper erstarren. Das gelegentliche Leuchten der kleinen Lampe ermöglicht Soda einen spärlichen Blick auf die groteske Kreatur, welche sich über ihr befindet. Kein Wesen dieser Größe sollte sich so unnatürlich und lautlos bewegen dürfen.

Ein kaltes Gesicht aus verbogenen Eisen fixiert sie mit unfassbarer Präzision, während sich der Körper der Bestie über den ganzen Raum erstreckt und keine bekannten Strukturen aufweist. Der Körper – sofern man diesen so nennen kann – besteht aus einer Aneinanderreihung verschiedener Gegenstände, die lautlos umhergezogen werden.

Metallstäbe, Kabel und Platten. Alles, womit man etwas bauen könnte, hängt an der mechanischen Bestie.

Klick

Klick

Klick

Das Klappern verursachen Metallplatten, die größtenteils durch Kabel zusammengehalten werden. Nur eines dieser Kabel ist lose, weshalb eine der Metallplatten lose aus der Reihe dieser merkwürdigen Ordnung tanzt.

Das tote Gesicht aus kaltem Eisen durchbohrt den zitternden Körper von Soda, als diese sich verzweifelt gegen die Tür lehnt, um etwas Abstand zu gewinnen. Der Roboter aus toten Teilen ist gut einhundert mal größer als sie.

„Scheiße...verfickte Scheiße..."

Soda wimmert ängstlich. Hätte sie mal auf Blume gehört und wäre nicht in diese Fabrik gegangen. Doch für Reue ist es jetzt zu spät.

Mit einer merkwürdigen Spannung zieht sich das Gesicht des Riesen zurück.

Greift es mich an ?

Schreiend wirft sich Soda auf den Boden. Wie ein leises Geschoss schießt das Gesicht des Roboters nach vorne. Ein lautes knallen ist zu hören, gefolgt von klappernden Ketten, welche die Visage zurück in den unförmigen Körper ziehen.

Reflexartig beobachtet Soda das Monster vor ihren Augen und sieht wie der Kopf einrastet und sich auf sie fixiert. Noch nie hat ihr Herz so schnell geschlagen. Alles in ihrem Körper schreit nach einer Flucht. Ihre Beine setzen sich in Bewegung und lassen sie aus der zerstörten Tür stürmen.

Klick

Erneut setzt das Biest zu seinem ungewöhnlichen Angriff an und lässt seinen Kopf in die Wand springen. Die sterilen weißen Wände fangen an zu splittern, während sich ein feiner greller Staub aufwirbelt, der Soda die Luft zum Atmen nimmt. Wäre ihr Körper nicht voller Adrenalin, wäre sie wahrscheinlich ohnmächtig geworden oder würde krampfhaft nach Luft ringen.

Hustend schafft es Soda aus der Rauchwolke zu fliehen. Das schlangenähnliche Monster verfolgt sie, da es mit seinen ungleichmäßigen Gliedmaßen seinen Körper nach vorne zieht. Der einst so lange Gang wirkt nun wie ein Katzensprung. Soda hat aber auch keine Möglichkeit darüber nachzudenken, wie lange sie schon vor diesem Ding wegrennt.

„Oh Mist..."

Hechelt die rennende Frau, als sie vor der riesigen Treppe steht, der Roboter nur wenige Meter hinter ihr...