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Der Coronathan
Der Keller

Der Keller

Sein Kopf dröhnt, seine Augen verbunden und der faule, modrige Gestank sticht ihm in der Nase. Eine Mischung aus Schwefel, Eisen und Rauch.

Es ist ein abartiger Gestank, den er noch nie gerochen hat, er ist genauso absurd wie die ganze Situation, in der er sich gerade befindet…

Vor ein paar Wochen ist er für einen Austausch nach New York gereist, alles war gut gewesen. Er wurde von seiner Gastfamilie freundlich aufgenommen, hat sich allmählich an die fremde Umgebung gewöhnt, und ein paar Leute gefunden, mit denen er sich ebenfalls gut versteht. Sein Alltag bestand aus Universität, Freunden, Sport, und natürlich Prokrastination. Ein typischer Student eben.

Doch dies hätte weder er noch der beste Hellseher kommen sehen. Diese Situation ist zu absurd, um sie sich ausdenken zu können. Es kann keinen so kranken Kopf geben, der sich dies ausdenkt.

Vor einem Tag hat er sich spontan entschieden die riesige Stadt, in der er für die nächsten paar Jahre leben sollte, zu erkunden. Rückblickend war dies ein riesiger Fehler, warum muss er auch so abenteuerlustig und neugierig sein?

Er erkundete kleine Nebenstraßen und folgte Katzen, denn diese kennen wohlbekannt die besten Orte. Außerdem sind sie niedlich anzuschauen. Er verlor sich in dem Erkundungswahn.

Als er wieder zu Sinnen kam, zog er blitzschnell seinen Ärmel hoch und starrte auf die runde Armbanduhr, die an seinem rechten Handgelenk befestigt war. Der große Zeiger zeigte auf eine Uhrzeit, die ihm gar nicht gefiel. 3 Uhr nachts. Erschrocken gab er sein Bestes den Weg nach Hause zu finden, glücklicherweise erwies sich dies als kein großes Problem im Zeitalter der Technik. Obwohl New York als „die Stadt, die niemals schläft“ bekannt ist, schien es ihm zu jener Nacht unheimlich leer. Es waren kaum Autos oder Menschen auf den Straßen, die ihn wie gewöhnlich anschnauzen würden, da er eilig umherrennt. Es war eine gewohnte Erfahrung, wenn man zu spät zu den Vorlesungen aufsteht.

Erschöpft und verschwitzt kam er in seiner temporären Heimatsstraße an. Sie war immer noch etwas fremd, aber dennoch ein Ort an dem er gerne ankam.

Das Licht in dem Gasthaus war noch an. Es wunderte ihn, denn eigentlich sollten seine Gasteltern außer Haus auf einem Ausflug sein. Vielleicht hat er es auch vergessen auszuschalten.

Keuchend öffnete er die Tür. Es begrüßte ihn ein schauriges Schauspiel; Er hörte lauter Stimmen und sah Schatten von Menschen, die die Treppen in den Keller des Gasthauses hinunterstiegen. Sie schienen Fackeln zu tragen.

Was sind das für Leute? Was machen die hier?, er musste schlucken. Es fühlte sich so an als schlucke er Nadeln.

Er zögerte, doch seine Neugier überkam ihn. Er schnappte sich die nächstgelegene Taschenlampe vom Wohnzimmertisch, um die, von Schatten befallenen, Stufen zu beleuchten.

Er stieg die Treppe hinunter, ohne sich zu fragen, wie er diese Treppe nie wahrgenommen hat. Mit jedem Schritt ächzte das morsche Holz unter seinem Gewicht. Er konnte das Ende der Treppe nicht erkennen, so lang war sie. Hätte er keine Taschenlampe dabeigehabt, wäre es ihm nicht einmal möglich gewesen seine Hand vor seinen Augen zu erkennen. Jedoch hörte er, wie mit jedem Schritt die Stimmen lauter wurden, konnte jedoch nicht ausmachen, was sie von sich gaben.

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Es wurde immer lauter, bis er einige Sätze verstand, eher hörte, denn es war ihm keine bekannte Sprache, sie klang ähnlich wie Latein, jedoch wich die Grammatik und der Satzbau stark davon ab, sodass seine Vermutung schnell widerlegt wurde. Die Stimmen hatten etwas Bedrohliches an sich und es löste Unbehagen in ihm aus; es fühlte sich so an, als ob ihm ein feuchter Finger über die Wirbelsäule strich, ein ekelhaftes Gefühl. Er merkte, wie er schwitzte. Es war anderer Schweiß als der „Rennschweiß“ von vorher. Klatschnass war er. Seine Gänsehaut warnte ihn, dass nichts Gutes auf ihn warten könne, jedoch wich er nicht von seinem Weg ab.

Das Ende der Treppe war langsam in Sicht und ein kleiner Schwall Erleichterung überkam ihn, er dachte schon, die Treppe ende nie. Jedoch freute er sich zu früh: Es erwartete ihn am Ende der Treppe kein Keller, wie er es dachte, es sah nicht aus wie ein Lager- oder Abstellraum. Es war ein kleiner Raum, etwa drei bis vier Meter im Durchmesser mit einem langen Gang rechts neben der Treppe, die er gerade hinabgestiegen ist.

Der Eingang des Gangs war gewölbt, wie ein Tor zu einem Schloss. Verschiedene Verzierungen, Einkerbungen und Reliefs schmückten diesen. Wieviel Arbeit da drin steckte, fragte er sich mit Erstaunen. Er schaute in den langen Gang hinein, ein Ende war schwer auszumachen, jedoch sah er ein Schimmern von Lichtern.

Mit der Taschenlampe, immer noch in seiner linken, machte er sich vorsichtig auf den Weg. Links und rechts an den Wänden sah er, zu kleinen Räumen führende Türen, ahnte jedoch nicht, was sich in ihnen befand, niemand konnte es, der gesund im Kopf ist. Er hielt inne, die lauten, rhythmischen Geräusche, denen er folgte, vermischten sich allmählich mit qualvollem Geschrei.

Die Wände des Ganges waren mit weißen, geschnitzten Formen geschmückt, ähnlich wie Elfenbein, aber etwas gelblich und beschädigt. Alt aussehende Spinnweben hingen von der Decke und Ratten huschten ab und zu an ihm vorbei.

Es tropfte von der Decke auf seine Arme, es kreuchte und fleuchte zwischen den Ziegelsteinen der Wände, er wollte nicht darüber nachdenken, was sich wohl alles dahinter befand. Es wurde ihm Eiskalt und trotz des schummerig beleuchteten Ganges und seiner Taschenlampe schien ihn eine Dunkelheit zu verschlingen. Immer den lauten Stimmen hinterher und gegen seinen Instinkt der Flucht, folgte er dem Gang.

Nach etwa drei Minuten und einigen Kurven war das Licht der Fackeln so stark, dass er die Taschenlampe ausschalten konnte. Er wusste, dass er nur noch um die Ecke schauen musste, um das, was er so lange verfolgte, zu sehen. Jedoch bevor er sich dazu bringen konnte die Wahrheit hinter den Geräuschen und des Lichts zu stellen, brachte ihn ein plötzlicher Überfall eines mulmigen Gefühls zum Erstarren. Alle seine Instinkte schrien, dass er auf der Stelle umkehren und so schnell wie möglich davonrennen soll. Doch trotz der warnenden Signale, zog ihn etwas an; etwas, was er nicht von sich abschütteln und ignorieren konnte. Seine Hände zitterten, er biss seine Lippe, sie fing an zu bluten, er schmeckte die, nach Eisen schmeckende, Flüssigkeit. Der Schmerz beruhigte ihn ein wenig.

Er packte all seinen Mut zusammen und blickte um die Ecke.

Eine kuriose Szene, merkwürdig verwunderlich.

Er sah, wie hunderte von Menschen singend, falls man es Gesang nennen konnte —es war mehr wie eine Art Gebet— auf dem Boden knieten, Kopf auf dem Boden, Hände unter der Stirn. Er folgte mit seinem Blick in die Richtung in der sich die Menschen in blutroten, kapuzierten Gewändern richteten.

Eine groteske Szene, diabolisch abartig.

Auf einem Altar lag ein Berg aus Leichen, blutverschmiert, teilweise verbrannt, Glieder unregelmäßig und unsauber abgetrennt, doch nirgends zu finden. Fliegen sausten um den Berg herum, er war wohl schon älter. Der Schock über diesen Anblick übertrumpfte seinen Würgereiz.

Bei einem genaueren Blick fiel ihm auf, dass die Betenden auf weiteren Haufen saßen, auf den zuvor vermissten Gliedern. Wie hat er das nicht zuvor bemerkt?

Bei dem Anblick dieses Schauplatzes ließ er seine Taschenlampe reflexartig, mit einem unüberhörbaren Aufprall fallen. Er musste mit all seiner Willenskraft den Drang sich zu übergeben unterdrücken.

Durch den Aufprall der Taschenlampe drehten die Betenden sich schlagartig zu ihm um und hörten mit ihren Gebeten auf. Ohne Vorwarnung schrien die unzähligen Menschen mit schrillen Stimmen wie im Chor: „Der C—than! U—er Erl—r!

Mehr verstand er nicht, er verspürte einen stechenden Schmerz an der Hinterseite seines Kopfes. Es wurde ihm schwarz vor Augen.

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